Freitag, 27. Januar 2017

Vom "Blochtreiben" und "Holzschlitteln" der Arbeit meines Vaters im Winter, in den 1930er Jahren.

"Eine ganz besonders gefährliche Arbeit war das "Blochtreiben"(Holzstämme zu Tal bringen). Nur mehr wenige alte Einheimische wissen heute noch von der harten und gefährlichen Arbeit, die gemacht werden musste um die im Sommer geschlägerten Stämme im Winter von den Bergen in das Tal zu bringen. Es gab keine Seilwinden und Kräne wie heute, es gab nur Schlitten und mutige Männer, die diese gefährliche Arbeit machten. Als ich noch ein kleines Mädchen war, damals in den 1930er Jahren wusste ich, meine Mutter und meine Geschwister von der gefährlichen Arbeit, die Vater als Holzknecht im Winter jeden Tag verrichten musste. Wir hatten oft große Angst um ihn.
Die im Sommer geschlägerten Baumstämme wurden zunächst von den Holzarbeitern  zum Winterhaufen zusammen getragen und von dort im Winter mit Schlitten in das Tal gebracht.Trotz der Steigeisen, die die Holzknechte bei dieser Arbeit getragen haben, war es gefährlich auszurutschen und ein falscher Schritt konnte furchtbare Folgen haben.
Eine wichtige Voraussetzung zum "Blochtreiben" war, daß es nicht zu trocken war. Am liebsten hatten es die Holzknechte, wenn feiner, eisiger Schnee war, denn der "schmierte" gut. Über Gräben und Schluchten baute man Brücken aus Stämmen, sogenannte "Riesen", auf denen die Bloche diese unwegsamen Stellen überquerten, konnten.
Mit dem ersten Schneefall begann das "Holzschlitteln".  Auf Bockschlitten wurde das geschlägerte Holz zu Tal gebracht. Vorne auf den Kufen stand der "Ziaga" oder der "Schlittler" und ließ sich mit dem ganzen Gewicht in den Schlitten hineinfallen und lenkte die tonnenschwere Last über steile Hänge, Schneisen und Kurven. Dabei hielt er mit der ganzen Kraft seiner beiden Fäuste die Hebestangen der Bremstatzen, die beidseitig drehbar an den Kufen befestigt waren. Nicht selten bekamen die Schlitten mit ihrer tonnenschweren Last ein mörderisches Tempo, stürzten um und erdrückten ihren Lenker. Viele jungen Männer sind mit dem Holzschlitten verunglückt. Viele Bildstöcke und Marterl erinnern heute noch an diese Unfälle.Wenn sich ein Holzknecht am Berg verletzte, dauerte es oft viele Stunden bis er zu einem Arzt gebracht werden konnte. Es gab keine Wege und keine Fahrzeuge. Ein Verletzter musste auf einer Bahre, bestehend aus Holz und Zweigen stundenlang über Berge und Gräben in das Tal getragen werden. Die Kameraden konnten es oft nicht verhindern, daß er dabei starb.
Heute gehört das "Blochtreiben" und die "Holztrift"der Vergangenheit an. Kräne ziehen heute die Baumstämme aus dem Wald heraus auf die Straße. Dann werden sie maschinell entastet, entrindet und auf die gewünschte Länge zugeschnitten.
Das Geräusch des Holzhackens verband sich in meiner Kindheit harmonisch mit der Natur. Es passte in den Wald wie das Rauschen des Baches oder des Windes in den Wipfeln der Bäume. Es steht ganz im Gegensatz zu dem heutigen zornigen Kreischen der Motorsägen, das die Stille zerreißt und kilometerweit zu hören ist. Man konnte von weitem die frische Rinde riechen und wenn man ein Stück mit der Zunge auf der Innenseite berührte schmeckte sie ganz süß".



"Riese"

Bauen einer "Riese"



"Holzschlittler"




Holzknechtunterkunft im Wald


                                                                                 Waldbearbeitung heute







Freitag, 20. Januar 2017

Auf dem Weg von Seinerzeit in die Gegenwart

 Erinnerung an die Jugend in den 1930er Jahren.
"Wenn ich an meine Jugend in den 1930er Jahren zurückdenke und sie mit heute vergleiche wird mir erst der große Unterschied in den Lebensumständen bewusst. Wenn ich zum "Greißler" einkaufen gegangen bin hatte der ein Warenangebot das nicht einmal 10% von dem war, das es heute in jedem kleinen Supermarkt gibt.Trotzdem ist uns, außer mehr Geld zum Einkaufen, nichts abgegangen. Wenn wir z.B. damals Butter kauften konnten wir nicht unter zehn oder mehr Arten wählen die aus verschiedenen Ländern importiert wurden. Es gab zwei Angebote. Die Butter von der Molkerei hieß "Teebutter"und es gab Bauernbutter von Bauern aus der Umgebung, die immer frisch geliefert wurde. Wir hatten aber keinen Mangel. Es gab keine Plastiktaschen, denn alles was wir einkauften wurde in Packpapier, Feinkostpapier, das damals"Schmalzpapier"hieß, für Wurst und Fleisch oder z.B. Eier, in alte Zeitungen eingepackt. Alle Flaschen waren aus Glas und wurden zurückgenommen und wieder verwertet. Die Milch bekamen wir nicht in Plastikpackungen sondern wir holten sie in der eigenen Milchkanne ab. Den Begriff Umweltschutz kannten wir zwar nicht, aber wir lebten danach und schonten unsere Umwelt. Diese vielen verschiedenen Verpackungsmaterialien, die es heute gibt und die im Altstoffsammelzentrum sorgfältig getrennt abgegeben werden müssen, gab es damals nicht.

Gedanken und Sorgen macht mir auch die ungeheure Flut an unnützen Informationen und Lügen, die täglich über Zeitungen, Radio, Fernsehen und besonders über das Internet auf uns einströmen. Heute werden wir von den Medien nicht nur informiert, sondern auch sehr stark verwirrt.
 "Zuwenig und zuviel ist aller Narren Ziel" sagte ein uraltes Sprichwort, an das ich mich noch gut erinnere.

Unsere sparsamen Informationen, genau das Gegenteil von heute, bezogen wir in erster Linie aus einem Radio, das mit Strom aus einem Akku betrieben wurde. Die Aufladevorrichtung für den Akku besaß ein Sägewerk in unserer Nähe. Dort durften wir unseren Akku immer 2 Tage lang aufladen ehe wir ihn wieder nach Hause tragen konnten. Das war eine recht umständliche Sache, denn die Flüssigkeit im Akku war sehr scharf. Wenn man sie auf die Kleider spritzte konnte es Löcher geben. Das hin- und hertragen, ohne auszuschütten, war nicht einfach. Besonders dann nicht wenn es sehr kalt war und uns in den Fingern fror. Natürlich wurde mit dem Einschalten des Radios sehr sparsam umgegangen um Strom zu sparen. Die Nachrichten hörten die Eltern fast immer wenn sie Zeit hatten. Mit diesem Gerät ist doch ein Stück  moderner Welt in unsere Bergeinsamkeit gekommen. Manchmal konnte man sogar einen Jugoslawischen oder Tschechischen Sender empfangen. Mein Vater hörte besonders gerne böhmische Volksmusik".

Volksempfänger

Einkauf früher

2015 Einkaufszentrum Plus City Pasching

Mittwoch, 18. Januar 2017

Die Bibel für den Amtseid des US-Präsidenten

Den Amtseid, den alle neu gewählten US-Präsidenten zur Inauguration ablegen, wird im Weißen Haus in Washington auf einer ganz besonderen Bibel geschworen. Am 20.1.2017 legt Donald Trump den Amtseid ab. Jeder Präsident entscheidet auch welche Bibel für den Eid verwendet werden soll.
Präsident Barak Obama legte den Amtseid auf die Bibel von Abraham Lincoln ab. Lincolns Präsidentschaft gilt als eine der bedeutendsten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. 
John F. Kennedy legte angeblich den Eid auf die Gutenberg-Bibel (benannt nach dem Erfinder des Buchdrucks Johannes Gutenberg, geb. 1400, gest. 1468) ab, die, wie auch die Bibel von Abraham Lincoln, im Besitz der Washingtoner Kongress-Bibliothek ist. 
Diese kostbare Gutenberg-Bibel, die in Mainz gedruckt wurde, war einst im Benediktinerkloster St. Blasien im Schwarzwald. Das Kloster wurde durch einen Brand zerstört und die Bibel konnte nur dadurch gerettet werden, dass man sie aus dem Fenster der brennenden Klosterbibliothek warf. 1810 kam das kostbare Buch über Umwege zu uns nach Oberösterreich in das Stift Spital am Pyhrn. Die Mönche von Spital übersiedelten aber weiter in das Benediktinerkloster nach St. Paul und deshalb kam auch die Bibel nach St. Paul im Lavanttal.
Dort blieb das Buch mehr als 100 Jahre bis in den 1920er Jahren eine Sanierung des Klosters anstand und man dringend Geld dafür brauchte. 1930 wurde das kostbare Buch an die Kongressbibliothek zum Preis von 370 000 US Dollar verkauft. Heute bezeichnet die "Library of congress" die Gutenberg-Bibel als eine ihrer größten Schätze und entsprechend aufwendig wird sie im ersten Stock des Thomas-Jefferson-Buildings in Washington präsentiert. Dort sehen sie jedes Jahr rund eine Million Besucher. 
Noch weiß man nicht welche Bibel Donald Trump für den Amtseid wählen wird. 
Quelle: Wikipedia,  Badische Zeitung 17.2.2009


In der Kongressbibliothek  "Library of congress"

Die kostbare Gutenberg-Bibel



Freitag, 13. Januar 2017

Der Kampf um das tägliche Brot

Ganz alte Leute aus dem Stodertal wissen es noch wie es früher in manchen Bauernhäusern zugegangen ist. Es gab viele Hungrige und der Kampf um das tägliche Überleben war hart. Aber Gott sei Dank ist vieles in Vergessenheit geraten.
Kleine Kinder und ihre ledigen Mütter, die auf sich alleine gestellt waren weil sich der Mann aus dem Staub gemacht hatte, bekamen oft die ganze Härte scheinheiliger Bauern, die jeden Sonntag zur hl. Messe gingen, zu spüren. Gegen die Zudringlichkeiten mancher Bauern und manchmal auch Knechte, konnten sie sich oft nicht wehren. Wenn aber Nachwuchs kam, damals gab es keine Verhütungsmittel, waren sie auf sich alleine gestellt. Dabei war es oft noch ein Glück, wenn so eine junge Frau mit einem ledigen Kind, von einem alten, behinderten Bauern geheiratet wurde und somit eine gesicherte Existenz hatte. Damit wurde die Magd zur Bäuerin.
Wenn eine ledige Mutter einen Arbeitsplatz auf einem Bauernhof hatte, so wurde erzählt, verlangten manche Bauern, dass sich das Kind der Magd jeden Morgen vor dem Bauern niederknien und bitten musste, ob es den Tag über mit den anderen Dienstboten mitessen darf. Das zeigt schon den Stellenwert dieser Kinder. Sie wurden als Schmarotzer behandelt, die sich das Essen nicht verdienten. Sie sollten möglichst viel arbeiten, aber möglichst wenig essen und schon gar keinen Schaden anrichten. Als ein etwa eineinhalb jähriges Kind einer ledigen Magd im Ofenloch bei den jungen Hunden schlafen wollte, wurde es vom Bauern mit Fußtritten herausgejagt. Fremde Kinder, die nicht arbeiten konnten, zählten nicht.

Es gab aber auch gutherzige und freundliche Dienstgeber und jeder Knecht, jede Magd war froh wenn sie so eine Arbeitsstelle gefunden hatte.

                          Gemälde: Paula Modersohn Becker (1876 - 1907)

Die deutsche Malerin Paula Modersohn Becker ist eine der bedeutendsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus. Ihre Motive fand sie oft im bäuerlichen Leben.
Der Film "Paula - Mein Leben soll ein Fest sein", über das kurze Leben von Paula Modersohn Becker, ist Ende 2016 in die Kinos gekommen.  






           




Mittwoch, 11. Januar 2017

Eisstockwettkampf Vorderstoder - Hinterstoder am 11.1.2017






Der freundschaftliche Wettkampf endete damit, daß die Mannschaft aus Hinterstoder das Mittagessen bezahlen mußte und Vorderstoder die Getränke.
Die Bilder hat Julia Körber von der Gemeinde Hinterstoder zur Verfügung gestellt

Freitag, 6. Januar 2017

Erinnerungen an die Moarbichlerin aus Windischgarsten.

Die "Moarbichler" aus Windischgarsten waren seit vielen Generationen als Beineinrichter und Naturheiler im südlichen Oberösterreich und im Norden der Steiermark bekannt. Ihr Wissen wurde stets an Nachkommen oder Verwandte weitergegeben. Bis Ende des 2. Weltkriegs war Ottilie Schöngruber aus der Moarbichlerfamilie eine viel konsultierte Naturheilerin und danach wirkte Zäzilia Helml als ihre Nachfolgerin . Sie starb 1984 mit 86 Jahren im Altersheim Ried im Innkreis.               (Rudolf Kusche - "Leutgeschichten")

Erinnerungen einer Schülerin an die Jugendzeit in den 1930er Jahren:
"Einmal hat sich meine Schwester beim Schlittenfahren  drei mal den Arm gebrochen. Es konnte uns nicht schnell genug gehen und so gab ihr die Peperl vom Nachbar noch einen Schubs, daß sie wie ein Blitz den Berg hinuntersauste. Die Folge war ein riesiger Sturz. Sie hat geschrien wie am Spieß. Ihr stürzten die Tränen wie ein Sturzbach aus den Augen.
Mutter hat meine Schwester in eine Decke gepackt, sie mit Stricken am Schlitten befestigt und wir sind mit ihr 3 Stunden zur Moarbichlerin nach Windischgarsten gefahren. Dort wurde ihr der Arm wieder eingerenkt. Meine Schwester brüllte und weinte herzergreifend.
Die Moarbichlerin war Heilpraktikerin und hatte einen großen Zuspruch von Leuten aus Nah und Fern. Besonders nach dem Kirchgang am Sonntag war ihre Stube voll. Der Medizinkasten war ihr Schatzkasterl. Die Medizin wurde in kleinen Fläschchen verabreicht. Sie bestand aus Kräuteressenzen, auch aus der Apotheke war etwas dabei. Z.B. Hoffmannstropfen, Melissengeist, Baldrian, Wermutstropfen, gestoßene Enzian- und Chinawurzeln. Diese Kräuteressenzen ergänzte sie mit verschiedenen Kräutertees, mit Honig und kalt gepresstem Himbeersaft. Sie machte für jede Flasche eine besondere Zusammenstellung nach ihrer Diagnose. Die Diagnose erstellte sie aus dem Morgenurin. Die mitgebrachte Urinflasche mußte 15 - 20 Minuten an einem warmen Ort stehen. Ich sah wie die Moarbichlerin die Flasche gegen das Tageslicht hielt. Es durfte kein künstliches Licht sein. Sie schüttelte die Flasche und erstellte dann die Diagnose. Ihre Medizin half fast immer. Auf keinen Fall hat sie jemals geschadet. Die Moarbichlerin bekam fast nie Geld für ihre Arbeit. Ihr reichte ein "Vergelts Gott" oder sie bekam Naturalien. Wenn es hoch herging bekam sie ein Schweinderl, eine Fuhre Heu oder etwas Schmalz und Butter. Selten bekam sie Geld. Meistens wurde ihr etwas versprochen, aber sie bekam es nie. Wenn es eine arme Bauernmagd war, was konnte die ihr schon geben.

Die Moarbichlerin sammelte alle ihre Kräuter selbst. Die Kräuter und Wurzeln wurden auf ihrem Dachboden getrocknet. Es duftete immer nach Schafgarbe,  Huflattich, Kamille, Hollunderblüten und Kümmel. 

Ottilie Schöngruber ( geb. 1881, gest. 1945)

Zäzilia Helml (geb. 1898, gest. 1984)



Die Fraisen – abgeleitet vom Mittelhochdeutschen „vreise“, was soviel wie Angst, Wut, Schrecken bedeutet –, „in Froas fallen“, im Osten Österreichs auch Bockerlfraß genannt, war einst eine der gefürchtetsten und gefährlichsten Kinderkrankheiten. Die Anfälle im frühen Kindesalter waren die häufigste Todesursache bei Säuglingen. Die Ursache war ein durch die fast ununterbrochenen Schwangerschaften der Mütter hervorgerufener massiver Kalkmangel – was allerdings lange Zeit nicht bekannt war. Gegen eine so rätselhafte Krankheit konnten also nur magische Kräfte helfen. Da die Ursache unbekannt war, versuchte man das Kind sowohl mit religiösen als auch mit abergläubischen Heilpraktiken – ”Frais-Briefen”, Hexensprüchen, Beschwörungen, Abwehrzaubern oder dem Gebrauch von Fetischen und Amuletten – zu schützen.