Sonntag, 28. Juni 2020

Der „Schwarz Steg“ über die Steyr.

Mit der Rundwanderwelt Hinterstoder verfügt die Region über ein Wanderwegenetz, das neben 14 erlesenen Wanderrouten auch ein lückenloses Beschilderungs- und Orientierungssystem aufweist.
Viele Spaziergänger, die früher den Flötzersteig entlang der Steyr wanderten, wünschten sich immer wieder bei der Kneippanlage einen Steg über die Steyr, damit sie nicht über die manchmal stark befahrene Landstraße zurück in den Ort gehen mussten.
Hofrat Dipl. Ing. Friedrich Schwarz, ein Nachbar an der Steyr, ergriff schon in den 1980er Jahren die Initiative zur Errichtung eines Steges über die Steyr. Gemeinsam mit Rainer Hackl, dem Grundbesitzer, wurde der erste Steg geplant und mit Unterstützung der Nachbarn, der Gemeinde und Holzspenden von Waldbesitzern errichtet.
Der Holzsteg, der mittlerweile bei Einheimischen und Wanderern sehr beliebt wurde, überlebte allerdings das Hochwasser vom 12. und 13. August 2002 nicht.
Die Gemeinde mit Bürgermeister Helmut Wallner organisierte mit der Flussbauleitung und der Fa. Schoisswohl unverzüglich den Bau eines neuen, mit betonierten Widerlagern und Eisenträgern versehenen Steg.
Zum 90. Geburtstag von Dipl. Ing. Schwarz wurde der Steg am 28. Juni 2020 mit einer Feier nach dem Initiator „Schwarz Steg“ benannt.











                                                                     Fotos: Traude Schachner

Freitag, 26. Juni 2020

Verzweiflungstat am Großen Priel 1919




Das "Weltblatt" vom 20. August 1919 berichtet von einem "Selbstmordversuch auf der Spitze des Großen Priel".
Bergsteiger fanden auf dem Gipfel des Großen Priel, neben dem eisernen Kreuz, einen verwundeten jungen Mann, der sie vorher beim Aufstieg überholt hatte und vorausgeeilt war. Er wollte offensichtlich Selbstmord begehen, denn er hatte sich mit einem Revolver eine Kugel in den Kopf gejagt und sich schwer verletzt. Die Touristen  legten ihm sofort einen Verband an und einige blieben bei ihm, bis die Kälte der Nacht sie veranlasste zur Schutzhütte abzusteigen.
Der Verletzte aber wollte, als er alleine war, auch zur Schutzhütte zurück. Er schleppte sich mühsam bergab, rutschte am Schneefeld aus und zog sich Verletzungen an den Händen zu.
Mittlerweile waren die vorausgegangenen Touristen eilig in den Ort abgestiegen und hatten die Gendarmerie verständigt. Sofort stieg ein Wachtmeister und einige Bergretter auf, brachten den Lebensüberdrüssigen in Sicherheit und legten ihm einen Notverband an. Dann brachten sie ihn zu Bett. Am Morgen wurde er auf einer Sackbahre zu Tal gebracht, mit der Bahn nach Linz und anschließend  in das Krankenhaus überführt.
Aus Abschiedsbriefen ging hervor, dass der Selbstmordversuch aus unglücklicher Liebe geschah; der Verletzte gab aber später an, dass er die Tat verübte, weil er keine Anstellung finden konnte und es in seiner Familie Zwistigkeiten gab. Zum Glück waren die Verletzungen nicht so schwer, dass die Ärzte meinten er könne wieder ganz gesund werden.



Großer Priel 2515m

Gemälde E.T.Compton

Freitag, 19. Juni 2020

Tiere sehen den Sommergast

Eine Geschichte im "Wiener Magazin" vom Oktober 1933 erzählt humorvoll, wie möglicher Weise die Tiere Sommergäste in ihrer Umgebung sehen und beurteilen. Natürlich kann man darüber nur Vermutungen anstellen. Die Geschichte schrieb Peter Mahr, illustriert hat sie Stefan Wessely. 
Zum besseren Verstehen wurde der Artikel etwas gekürzt und geringfügig der heutigen Schreibweise angeglichen:



Eine dankenswerte Aufgabe wäre es für geschulte Psychologen, einmal die Einstellung der ländlichen Tiere den Sommergästen gegenüber zu erforschen. In folgenden Zeilen können nur einzelne Vermutungen und Kombinationen  aufgestellt werden. Die ländlichen Tiere zerfallen für den Stadtmenschen in drei Gruppen:

a) solche, die ihn stören und die er stört (Hunde, Katzen, Gänse, Enten, Pferde, Schweine, Rinder);
b) Tiere der Wildnis (Ameisen, Mücken, Wespen, Bienen, Rotwild und so);
c) Tiere, die es gar nicht gibt (Gemsen, Edelweiß usw).

Die lodengepanzerten Städter umzingeln tückisch ein Bauerngehöft, nehmen dort Quartier und verfallen automatisch dem Familienanschluß im weitesten Sinne. Schon des Morgens, unter der breitästigen Linde, wird der Sommerfrischler herzlichsten Ovationen teilhaftig.
Jungschweinchen tummeln sich mit Soprangrunzen um die morschen Holzbeine des Frühstückstisches, das Kätzchen, die Nase noch feucht vom Mäuseschmaus, aalt sich heran und stößt die Milchkanne um, der treue Nero (Karo, Sultan,) macht treue Augen und schnappt diesen oder jenen Bissen. Die Insekten und sonstiges Geflügel stürzen sich in den Honigtopf und ertrinken aus Kummer darüber, dass die Menschen sich zu wenig um sie kümmern.
Interessanterweise ändern die meisten Haus- und Hoftiere für die Zeit von Juni bis September ihre Stimmen und passen sie der Sommersaison an. Der wachsame Haushahn erwacht zuerst, fliegt schnell die Morgenzeitung durch und liest die Notizen über die ersten Züge ins blaue Gebirge. Kummervoll fliegt er auf den Zaun und ruft mit nervös zugekniffenen Augen nicht etwa „Kikeriki!“, sondern- „Sie sind schon hie-ie-ie-ier! Siiiie sind schon hiiiier!“ Die Hennen sind als Frauen praktischer. Sie gackern jetzt nicht mehr „Kod-kod- ko-daak“, sondern „Ei-er-preis steigt! Ei-er-preis steeeigt!“ Und so ist es auch.
Der Hund weiß, dass er jetzt wieder von Kindern geritten werden wird und Stöcke aus dem seichten Bach apportieren muss. Er jault und heult: „Beschütz ...schütze Haus und Hof! Haus und Hof! Hau und Hof! Hau hu Hof! Hau hu hoff hoff hoff!“ Nichtsdestoweniger ziehen die Menschen ein und finden es paradiesisch.
„Wie viel Eier legt so eine Henne im Tag?“ Die Bäuerin schmunzelt. Schmunzeln ist eine der wenigen Waffen, die das Landvolk gegen die „Stadtfräcke“ hat. Dass eine Henne keine kernweichen Eier legt, nehmen die Stadtleute wieder mit gutmütigem Schmunzeln hin. … Furchtbar gern möchten die Menschen der Stadt einmal ein Pferd beim Pflügen sehen. Wie ein Pferd den Pflug zieht, natürlich, nicht wie es, ein Liedlein summend, hinterm Pflug hergeht.
Dummerweise aber fällt der Sommer meist in die Zeit der Ernte, die Felder werden hauptsächlich abgemäht und das wackere Rößlein fährt höchstens Jauche, Mist oder Heu. Um dem Gaul dennoch ihre Sympathien zu beweisen, verscheuchen ihm die Städter wenigstens die Bremsen von Maul und Nase. Das Pferd versteht das falsch, macht einen kleinen Seitentritt und der Frischler geht ein paar Tage in Filzschuhen. Er ist beleidigt und das Pferd auch und letzteres wiehert: „Das war noch nie-ie-ie da-ha-ha! Niiie da-a-a!“ Enten und Gänse sind schwer zu unterscheiden. Beide sind weiß und Vögel sind sie auch und nur selten begreift es einer, dass eine Gans soo einen Schnabel hat und eine Ente soo einen. Aber frech sind sie doch und ziehen mit höhnenden Rufen an den Sommerfrischlern vorüber zum Dorfteich. „Pack! Pack! Pack! Pack!“ sagen die Gänse.
Also zieht der Sommermensch motivgierig auf die Weide hinaus, um die Kühe mit den schönen Augen zu photographieren. Die bleiben misstrauisch eine Weile stehen, in ihren schönen Augen ist nichts zu lesen, dann aber weichen sie ganz komisch nach der Seite aus und werden ganz rot, wenn sie das Objektiv auf sich gerichtet fühlen. Ihr Muhen klingt gequält: „Gebt Ruuuh! Ruuuh! Ruuuhü“ Es gibt Kühe mit braunen Flecken, die geben fertige Schokolade. Bei Schweinen bleiben die Menschen mit Überwindung und Interesse stehen und sind originell: „Na, der Geruch hier . . .“ Das Schwein ist anderer Meinung. Es scheuert Rücken und Hinterteil an den krachenden Planken und sagt: „Duft! Duft! Duft!“ Die Bäuerin bringt sein Mittagessen, das Schwein schmatzt und rülpst und verhustet sich und sagt: „Gut! Gut! Gut!“ Wie kann man nur so leben. 

Dann aber ist es Zeit, den Rucksack zu satteln, denn eine Reihe stolzer Berge harrt der Erstbesteigung. Und man hat sein Programm. Die Schafherden auf den Almwiesen lassen die Menschen nachsichtig bergwärts ziehen und sagen höchstens untereinander: „Blööd! ööd! Blööd! Ööd!“ Dann aber werden die Pfade steinig, die Vegetation weicht spärlichen Grashalmen. Ein Geschöpf mit schiefem, aber rosigem Maul und spitzen Hüftknochen zieht diese Grashalme durch das rosige Maul. Es ist fast eine Gemse, aber doch bloß eine Ziege. Die Ziegen tragen der Fremden wegen ein Glöcklein um den Hals. Die Menschen trauen sich nicht recht, die Ziege nach der Ernte zu fragen, was sie sonst bei all den Ländlern tun. Auch hat die Ziege so boshafte, grüne dreieckige Augen. Die Menschen bleiben schwitzend stehen und fragen sich: „Wie heißt der Gipfel dort?“ Oder: „Wie weit ist noch bis zum Priel Schutzhaus?“ Da mischt sich die Ziege ungebeten ins Gespräch und sagt: „Steht im Bä-ä-ädeker, Bä-ä-ä-ä- deker!“ (Reiseführer) Die Gemse aber zeigt sich nicht. Kühne Jäger sollen sie auf unzugänglichen Felsgraten gesichtet haben, wo sie die Schutthalden der Moränen abweiden und die gesunde Gletschermilch trinken. Die Gemsen sind bloß huschende dunkle Punkte im Fernrohr. Sie schämen sich, denn man hat ihnen die Gemsbärte als Hutschmuck abrasiert und so wollen sie nicht unter Menschen gehen. Ähnlich ist es auch mit dem Edelweiß, das die feschen Bauernburschen neben den Gemsbart stecken. Das Edelweiß soll eigentlich eine Blume sein, aus weißem Filz. Für den Stadtfrack empfiehlt es sich, das Edelweiß fertig gepflückt in Büscheln zu kaufen, denn beim Selbst -„brocken“ hat sich schon mancher „sakrisch“ weh getan ...

Die Behaglichen gehen um das Dorfkirchlein herum, den Waldrand entlang und in diesen hinein. Hier lebt der stolze Hirsch mit seiner Frau, der Hirschkuh. Der Förster sagt, sie essen nicht, sondern sie äsen, sie gehen nicht, sondern sie wechseln. Schon der Wechsel halber, die sie täglich einlösen, möchte der Städter die Hirschleute gern zu Gesicht bekommen. Aber Rehe und Hirsche bleiben im Walde und nähren sich redlich. Aus diesem Umstand schon sieht man ihre Verwandtschaft mit der Gemse. Der Förster erzählt, der Hirsch könne mit seinem Geweih „woltern“ stoßen! Vorhin ist uns der Hirsch nachgelaufen und wollte stoßen. Gebrüllt hat er auch. Es war aber bloß der Gemeindestier, ein Neurastheniker (Nervenschwäche), der ein scharfes Auge für Moden hat. Er kann es nicht ausstehen, dass die Damen krachrote Dirndlröcke zum schwarzen Samtmieder tragen. Die Ameise aber ist friedlich. Sie lebt in prächtigen Palästen aus Tannennadeln. Sinnend bleibt der Mensch stehen und sagt: „Wie fleißig die Tierchen doch sind, da könnte unsereiner was lernen ...“ Und er lernt und bohrt den schweren Bergstock in den Ameisenbau. Die Ameisen, die ansonsten den Menschen nicht anfallen, schütteln rachedürstig die Fäuste und kriechen dem Menschen in die Kleider.
Weil wir gerade beim Beißen sind, ein Kreuzotterlein kommt auch des Weges. Das Kreuzotterlein hat mit dem Ringelnatterlein ein Abkommen geschlossen. Das eine darf sich immer als das andere verkleiden. Unterscheiden kann mans vorher schwer, an ihren Bissen sollt ihr sie erkennen. Es empfiehlt sich, der Kreuzotter beizeiten eins mit dem Ameisenstock zu versetzen, da läßt sie ihren Schwanz liegen, eilt fluchend ins Gebüsch und ruft von dort: „Ätsch, ätsch, ich bin ja die Eidechse!“ In manchen Gebirgsgegenden ist das Murmeltier, auch „Maukai“ genannt, sehr beliebt. Es schaut aus wie ein sympathischer Hamster und hat eine sehr schlechte Figur. So breit und flach, aber der Pelz ist ganz hübsch und das Fleisch soll gut sein. Früher einmal sollen Savoyardenknaben mit dressierten Murmeltieren herumgezogen sein, die wunderbare Kunststücke konnten. Die Murmeltiere, die sehr bildungsfeindlich sind, leiden heute noch an der Zwangsvorstellung, alle Sommergäste seien Savoyardenknaben und kämen, um sie einzufangen. Sie sitzen vor ihren Löchern auf den Geröllhalden der österreichischen und bayerischen Berge, schwenken die Backentaschen und „mürmeln“, zeigen die langen Nagetierschneidezähne und sehen aus wie eine Werbeannonce für eine Zahnpasta. Taucht ein Mensch auf, so pfeifen sie schrill auf zwei Fingern, das bedeutet: „Savoyarde ahoi!“ Und mit noch schrilleren Pfiffen, die diesmal „Pfui Mensch!“ bedeuten, tauchen sie in ihre Höhlen.
Ein geschmeidiges, haariges Geschöpf gleitet einen Baumstamm hinauf. Es hat keinen buschigen roten Schweif, ist also kein Fuchs. Das Eichhörnchen ist es auch nicht, denn es lässt sich nicht mit einer unreifen Haselnuss locken. Um Gottes willen, eine Wildkatze! Nein, es ist bloß eine zahme Katze vom Bauern. Sie ist ein wenig in den Wald gepilgert, sich ein trillerndes Meislein zum Mittagbrot zu haschen. Wir nähern uns also wieder bewohnten Gegenden. Bloß Hühner gibt es zu Mittag nicht mehr, der Marder ist dagewesen und hat den zwei schönsten Leghennen die Hälschen durchgebissen … Am Waldrand ruht ein kleines, dürres Geschöpf mit tückisch funkelnden Äuglein ... Der? Marder? Nein! Es ist nur der Sommerreporter Peter Mahr.









Samstag, 13. Juni 2020

Ludwig Mooser – Orgelbauer in der Österreichisch–Ungarischen Monarchie

Der Dom von Esztergom in Ungarn ist die Kathedralkirche des römisch-katholischen Erzbistums Esztergom-Budapest, der früheren ungarischen Hauptstadt.
Die Orgel in Esztergom wurde von Ludwig Mooser (geb.1807, gest.1881) gebaut. Mooser wohnte
in Salzburg, aber überall in der kaiserlich-königlichen Österreichisch–Ungarischen Monarchie baute er seine berühmten Orgeln auf, auch in Vorderstoder.
Seine Orgeln werden z.B. im Dom von Salzburg und der Stadtpfarrkirche in Linz eben so gespielt, wie in der Stiftskirche Spital am Pyhrn und wie auch in der Kirche von Vorderstoder. 

Nicht immer gelangen die Instrumente zur Zufriedenheit der Auftraggeber wie "Salzburgwiki" berichtet.

Zum besseren Verstehen wurde der Artikel etwas gekürzt und geringfügig der heutigen  Schreibweise angeglichen:

Moosers Arbeitsweise und die Qualität seiner größeren Instrumente gaben auch Anlass zur Klage. Unter Berufung auf Anton Bruckners Gutachten (des damals noch nicht weltberühmten Komponisten) aus dem Jahre 1855 zum Zustand der erst 1849 von Mooser erbauten Orgel der Linzer Stadtpfarrkirche meinte Johann Baptist Schiedermayer jun. (Administrator der Linzer Stadtpfarre) am 2. Jänner 1856: "Der Zustand der Orgel sei wirklich in diesem Augenblicke ein so jämmerlicher, dass nicht nur bey den in dieser heiligen Zeit öfter stattgefundenen Hochämtern, durch das Steckenbleiben der Tasten und des Pedals eine größere Störung herbey geführt wurde, so dass der Organist die größte Mühe habe das gewöhnliche Segen- und Messlied zu spielen.
Mooser reagierte gekränkt und fand die Erklärung des gegenwärtigen Organisten, Anton Bruckner, anmaßend, insbesondere weil der sich nicht entblödet hätte, mir vis a vis im Prinzip der Orgelbaukunst über mein Werk böswillig zu urteilen“. 

Wegen der vielen Aufträge aus der Donaumonarchie und des Todes seiner Frau 1863 entschied er sich, mit seinen Söhnen Josef und Karl seine Werkstätte nach Eger (deutsch: Erlau) in Ungarn zu verlegen, während seine Tochter Josefa den Betrieb in Salzburg weiterführen sollte. Verursacht durch sein wirtschaftlich ungeschicktes Verhalten starb Ludwig Mooser verarmt und zudem krank 1881 in Ungarn.

Quelle: "Salzburgwiki" 

Ludwig Mooser


 Dom von Esztergom in Ungarn

Orgel in Esztergom

Orgel in Spital am Pyhrn
 Isiwal wikimedia

Orgel in Vorderstoder

Samstag, 6. Juni 2020

Dieser Stodertal-Blog feiert heute Geburtstag

Am 6. Juni 2012 wurde zum ersten Mal in diesem Blog über das Stodertal und die Pyhrn-Prielregion berichtet.
In 8 Jahren wurde von mehr als 100 Ländern aus 277 071 Mal auf die derzeit 835 Beiträge über Begebenheiten in unserer Region zugegriffen.
Bei allen Lesern möchte ich mich herzlich für ihr Interesse bedanken.
                                                                                       Heinz Schachner                                                                                                                   




Freitag, 5. Juni 2020

Hinterstoder liegt so gut in Europa wie Paris

Die "Kronen-Zeitung" berichtete am 4. September 1942 vom zufälligen Zusammentreffen zweier Soldaten aus Hinterstoder im 2. Weltkrieg am Eismeer. Diese Geschichte dürfte allerdings aus Kriegspropaganda frei erfunden sein.  











Zum besseren Verstehen wurde der Artikel etwas gekürzt und der heutigen 
Schreibweise angeglichen:

Das war draußen in der Tundra auf Stützpunkt drei an dem Tage, da der neue Feldersatz eintraf. Wir standen vor dem Feldbunker, um uns die „Neuen" anzusehen.
Grad stiegen sie, alle sieben, den steilen Hang herauf. Da tat der Oberjäger Sepp Schmadler einen lauten Schrei: „Michl!" Einer von den Neuen riss den Kopf hoch, blieb stehen und stand stramm: „Jawohl, Herr Oberjäger...", dann aber ging weit das Gesicht auseinander: „Sepp!" Der Oberjäger sprang ihm entgegen und stieß ihm die Faust ins Kreuz vor lauter Freude: „Michl!" Dann standen sie beisammen und schauten sich bloß an und konnten nichts mehr sagen, eine Weile lang. „Hinterstoderer" in aller Welt „Das ist nämlich der Michl", erklärte der Oberjäger dann, zu uns gewendet, „der Michl vom Gstatterbauer, von mein Nachbar!" Nun setzen sie sich vor dem Bunker zusammen. „Vorigs Jahr um die Zeit sein wir noch in Hinterstoder beinand g'sessen", meint der Junge, „und jetzt sitzen wir da am Eismeer beinand!" und schüttelt den Kopf, er kann es noch immer nicht glauben. „Und dein Bruder, der Hans?, fragt der Oberjäger. „Der is da bei Moskau umadum!" „Und der Peter?" „Den hats auf Kreta erwischt, aber nit schwer, bloß beim Kopf. Jetzt ist er in Frankreich, drüben am Kanal!" „Und der Rauggl-Lois?" „Der Lois ist noch allweil beim Rommel drenten in Afrika!" „Sakra, sakra", sagt der Oberjäger bewundernd, „wo's heutzutage auf der Welt überall Hinterstoderer gibt, ist nit zu glauben. Der Hipfl Hans, schreibt die Lena, ist gar im Kaukasus!"
Wir hören den beiden zu und haben auch so unsere Gedanken dabei. Der Oberjäger Schmadler, der Michl, sein Nachbar, die Brüder, alle, von denen sie reden, Bauern und Holzknechte, sind früher einmal vielleicht von Hinterstoder nach Vorderstoder gekommen, etlichemal im Jahr sogar nach Windischgarsten. Aber in die Stadt Steyr war es für einen Hinterstoderer schon eine große Reise. Und jetzt sind sie das ganze Deutschland ausgefahren, die Bauern und Holzknechte von Hinterstoder, der Quere nach und der Länge nach und weit noch über die Grenzen hinaus. Polen und Frankreich sind jetzt so nah wie früher Steyr und Gmunden, Norwegen und Griechenland nicht weiter als Salzburg und Linz, das ganze Europa liegt jetzt um Hinterstoder herum wie die Stodertaler Berge. Das Schwarze Meer, das Weiße, das Rote sind nicht mehr weit. Die ganze Welt steht sperrangelweit offen. Und das haben die von Hinterstoder überall, wohin der deutsche Soldat kommt, geht ihm die Tür auf. Er sieht das Land und die Leute mit eigenen Augen und „erfährt" so selber die ganze Welt. Er weiß, dass man in Afrika frieren kann und am Eismeer schwitzen, und dass noch vieles andere nicht stimmt, was man sonst so gelernt und gelesen hat. Selber anschauen ist halt immer das Beste, sagt er. Er sieht auch, dass der Boden am Dnjepr dreimal so gut ist als daheim und an der Loire doppelt, nur voller Unkraut, dass die Almen im Gulbrandstal schöner sind und die Wälder in Finnland größer und dass fast überall, wo er bisher war, die Arbeit des Bauern leichter ist als auf dem steilen, steinigen Acker daheim und das Leben bequemer. Aber grad weil er so viel gesehen hat, was anders ist als daheim, versteht er erst, warum das alles daheim so ist und nicht anders. Je mehr er Leut und Länder kennenlernt, desto sicherer weiß er: Das Schönste in der Welt ist allweil noch das kleine Dörfl tief hinten in den Bergen: Hinterstoder.

So hat ihm erst die Welterfahrung, die er als deutscher Soldat gewonnen hat, die Liebe zur Heimat bewusst gemacht. Alles, was er so in den stillen Stunden, die es selbst im schwersten Kampf gibt, über die Heimat denkt und sinniert, schaut jetzt ganz anders aus. Er weiß, Hinterstoder liegt so gut in Europa wie Paris und es hat in seiner Art genau so viel dabei mit zu tun wie dieses; denn das neue Europa, von dem jetzt überall die Rede ist, wächst nicht bloß von außen her, es wächst auch von innen und ist nirgends lebendiger als im Herzen des deutschen Soldaten.
                                                                                          
Karl Springenschmid: Kriegsberichter