Freitag, 27. November 2020

Die Eisenwurzen, eingebettet zwischen den Bergen.

Der Artikel aus der Oberdonau Zeitung vom 22.6.1943 von Schulrat Rudolf Kusche wurde etwas gekürzt und der heutigen Schreibweise angepasst. 

Mit "Eisenwurzen" gemeint ist der schöne Fleck Erde unseres Landes, der zwischen Totem Gebirge und Phyrgas, zwischen Nock und Warscheneck liegt. Die Täler sind nicht nur wunderschön, sie ernähren auch seit alter Zeit ihre Bewohner.

Die bayrischen und fränkischen Siedler hatten es nicht leicht, dem Wald und den Mooren den Boden zu entreißen um ihm ihr tägliches Brot abzuringen. Zugleich mussten sie den Kampf gegen die "Windischen" führen, die von Süden her eingedrungen waren. Aber sie haben es geschafft. Und weil dieses Land ihnen noch mehr zu geben hatte als Ackerboden, machten sie sich die Fülle des Waldes und die Kräfte des Wassers dienstbar. Der Wald gab Holz, die Köhler brannten Holzkohle und das Wasser konnte Mühlen treiben und Hämmer in Bewegung setzen. Und so wurde unser Gebiet einbezogen in den großen Kreis rund um den steirischen Erzberg, genannt die Eisenwurzen.

Fuhren mit Holz und Kohle rollten hinüber nach Eisenerz, zum Erzberg in das Gebiet der Schmelzöfen. Auf dem Rückweg hatten sie Roheisen geladen. Sie brachten es den Schröckenfux und Pießlingern in Roßleiten, den Grünauern und Weinmeistern nach Spital und Rosenau. Die dann daraus Sensen, Sicheln und Messer fertigten. Unseren Bauern gab das Arbeit. Sie gingen im Winter ins Holz, sie kohlten und fuhrwerkten für die Sensenhämmer. Die Gulden und Kreuzer, die sie dabei verdienten, waren ihnen eine Hilfe über manches schlechte Jahr, das ihnen der karge Boden und die späten Fröste brachten. So war aus dem Bauer auch ein Sensenschmied geworden, ein Holzknecht und ein Fuhrmann. Die Straße, die alte Verkehrslinie über den Pyhrn seit der Römerzelt, war nun auch Lebensader. Und nicht nur die Pyhrnstraße, eine zweite Straße führte über den Hengstpaß und über St Gallen weiter, eine dritte über den Haslersgattern nach Molln. An der Stelle, wo sich diese drei Straßen gabeln, entstanden Einkehrgasthöfe für die Fuhrleute, die man Tafernen nannte.

Sie waren der Anfang des Marktes Windischgarsten. So war Windischgarsten der natürliche wirtschaftliche Mittelpunkt des Tales geworden. Der vielfältige Verkehr brachte es mit sich, dass viele Bürger nicht über "den Zaun" zu heiraten pflegten. Sie holten sich vielmehr ihre Frauen aus dem Gebiet der Eisenwurzen. Dabei mochte sich mancher Fuhrmann einen schönen Kuppelpelz (Vermittlung einer Ehe) verdient haben.

Kulturell und politisch aber war das Tal vom Stift Spital abhängig. Um auch die Pyhrnstraße, als die Straße nach Rom der Kirche zu sichern, gründete im Jahre 1190 Bischof Otto II. von Bamberg dort ein Hospital. Durch Schenkungen geriet fast die ganze Eisenwurzen in Abhängigkeit des Stiftes Spital. Der Propst von Spital nahm von den Bauern und Bürgern des Tales Zehent und Robot (Steuern) und er saß über sie zu Gericht. Kein Wunder, dass sie diesen Zustand drückend empfanden und „unruhige Bewegungen“ im Tal entstanden. Die Untertanen des Klosters Spital waren fast alle "lutherisch" (Protestanten) geworden. Doch die Gegenreformation bereitete dem Aufstand ein blutiges Ende. Graf Gotthart v. Starhemberg kam 1595 mit einer Schar Soldaten und ließ acht Windischgarstner- und Stodertaler Bürger und Bauern, die "lutherisch" waren, hängen. Im 16. Jahrhundert aber war die Zeit noch nicht reif für einen Bauernaufstand. Der Propst hatte gesiegt und die Bauern standen an den Zinstagen wieder mit ihren Fuhrwerken Schlange, um ihren Zehent an ihren geistlichen Herrn abzuliefern. Sie wurden vom Pfleger (fürstlicher Beamter, Richter) in Spital in Eisen geschlagen (in das Gefängnis geworfen), wenn sie sich etwas zu Schulden kommen ließen.

Bis das Freiheitsjahr 1848 schlug ("Bauernbefreiungsgesetz" durch Hans Kudlich). Da hörte all der Jammer auf. Das Pflegschaftsgericht wurde ein Amtsgericht. Es konnte sich aber in seiner Randlage in Spital nicht halten und wurde einige Jahre später laut kaiserlicher Verfügung nach Windischgarsten verlegt. Es hat von seiner Bedeutung nichts verloren, wenn auch mancher Eisenhammer seither verstummt ist. Die Straßen führten es aus der Vergangenheit in die Zukunft. 

Hinterstoder  von E.T. Compton

Vorderstoder

Windischgarsten

In Frankenburg mußten Bauern um ihr Leben würfeln.


Hans Kudlich der Bauernbefreier


An der Linde neben der Filzmoser Kapelle
 in Vorderstoder wurden drei Bauern gehängt.


Köhler aus Windischgarsten


Sensenschmied aus Roßleiten

                                                                                     

Freitag, 20. November 2020

Peter Rosegger zu Besuch in Windischgarsten

Am 1. August 1912 saß auf einem Bankerl vor der Kalvarienbergkirche in Windischgarsten ein berühmter Dichter. Er war an die 70 Jahre alt, herrisch gekleidet und genoß die ruhige Mittagsstunde und den weiten Blick auf Windischgarsten. Im ganzen deutschen Sprachraum und weit darüber hinaus waren seine Werke bekannt, denn seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt worden. Der steirische Schriftsteller Peter Rosegger (geb. 1843, gest. 1918) war beim damaligen Bürgermeister von Windischgarsten, Franz Schröckenfux, zu Besuch um einige Tage Urlaub zu machen.

Man kann nur vermuten wie der Dichter aus Krieglach und der Bürgermeister aus Windischgarsten miteinander bekannt geworden sind. Vermutlich hat der Gewerke (Sensenfabrikant) Schröckenfux den Dichter einmal in seiner Heimat besucht, weil er nach Daten für seine Häuser und Sensenchronik gesucht hat. Die Mürztaler Sensenschmiede waren daher ein interessantes Gebiet zum Nachforschen für ihn. Bei dieser Gelegenheit dürfte Schröckenfux Peter Rosegger eingeladen haben. Es gefiel ihm in Windischgarsten sehr gut und er plante gleich im selben Jahr noch einmal zu kommen. Leider verhinderten seine Asthmaanfälle und seine Schlaflosigkeit einen weiteren Besuch.

Herr Schulrat Kusche, der in seinen „Leutgeschichten“ von diesem Besuch berichtete, besitzt sogar noch ein Schreiben von Rosegger an Schröckenfux in dem er von seiner Krankheit berichtet und versichert, sobald es ihm besser geht … Zitat aus dem Brief: “ So gute Tage, wie der erste August es war, sind selten. Indes, die Hoffnung aufs Besser werden verlässt den Menschen nie, vielleicht wird doch auch mein Traum von schönen Windischgarstner Tagen noch wahr!“

Über eine Prophezeiung von Peter Rosegger sollte man nachdenken: Je länger der sogenannte Volkswohlstand dauert, je häßlicher wird das Land. Die Wälder werden abgeholzt, die Berge aufgeschürft, die Bäche abgeleitet und verunreinigt. Die Wiesen werden mit Fabriken besetzt, die Lüfte mit Rauch erfüllt. Die Menschen unruhig, unzufrieden und heimatlos gemacht. Und so fort. Und alles des Geldes wegen.  

Damals konnte man Windischgarsten schon per Bahn erreichen. Der Dichter konnte gratis reisen, denn die k.k.Staatsbahnen hatten ihm 1889 eine Freikarte 1.Klasse verliehen. Rosegger fuhr sehr gerne mit der Bahn. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jede Strecke sobald sie eröffnet war, zu befahren und kennen zu lernen. Er war bald nach Eröffnung des Bosrucktunnels 1906 von Graz nach Linz gefahren. Nachstehend ein Link zu einem Bericht in dem er von dieser Fahrt berichtet.

https://stodertalfreunde.blogspot.com/2019/10/eine-eisenbahnfahrt-durch-den.html

Peter Rosegger


Freitag, 13. November 2020

Es soll nicht ungesühnt bleiben

Am 20. März 1946 berichtete die Zeitung "Neue Zeit" vom qualvollen Marsch von etwa 1500 Juden die von NS-Volkssturmleuten im April 1945 von der Steiermark kommend über den Pyhrnpass nach Oberösterreich getrieben wurden. Wenige Tage vor Ende des 2. Weltkrieges sollten sie in das Konzentrationslager Mauthausen gebracht werden. Viele davon mussten in den letzten Tagen des Krieges sterben.
Zum besseren Verstehen wurde der Artikel etwas gekürzt und geringfügig der heutigen Schreibweise angeglichen:






Im April 1945 wurden ungarische Juden zu Fuß über Spital am Pyhrn  gegen Linz getrieben, um in ein Sammellager nach Mauthausen zu kommen.
Dem Verhungern nahe, wankten die Unglücklichen dahin. Sie erhielten von der Bewachungsmannschaft weder Speisen noch Trank. Ihre einzige Nahrung waren einige rohe Kartoffeln. Wer am Weg vor Hunger und Schwäche zusammenbrach, wurde von der Wachmannschaft einfach erschossen und verscharrt. Einige dieser niedergeknallten Opfer wurden kürzlich aufgefunden und geborgen.
Der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde, Dr. Friedmann, ist bemüht, das Schicksal der aus dem Elendszug vom April 1945 Verschwundenen aufzuhellen.  In diesem Zusammenhang wurden zwischen Losenstein und Ternberg drei und bei Reichraming sechs erschossene bzw. erschlagene Juden ausgegraben. Zur Bergung der Leichen hatte man ehemalige bekannte Illegale, herbeigeholt. Unter der Aufsicht des seinerzeitigen Partisanenführers von Losenstein, Anton B. und im Beisein der Ortsgendarmen holten sie die Überreste der unglückseligen Opfer brauner Barbarei heraus, an denen der bei der Exhumierung anwesende Arzt 
Dr. Lederer in drei Fällen Verhungern als Todesursache feststellte. Man begnügt sich nicht damit, die Opfer zu bergen, sondern ging auch daran, die Schuldigen an deren schrecklichem Tod, der Sühne zuzuführen.
Am 13. März wurde bereits ein Teil der Personen, die damals als Begleitpersonen an dem Judentransport teilnahmen, durch die Gendarmerie verhaftet und dem Kreisgericht Steyr eingeliefert. Weitere Verhaftungen sollten bevorstehen.


Baronin Mary von Holzhausen, die in Klaus am Baderkogl wohnte, riskierte ihr Leben, indem sie den Häftlingen zu essen gab. Eine Gedenktafel erinnert daran.


In der Gemeindechronik von St. Pankraz wird über diesen Todesmarsch folgendes berichtet: “Am 17.4.1945 wurden durch St. Pankraz ca. 800 Juden getrieben, dabei wurden 3 wegen Marschunfähigkeit vom Transportführer erschossen und an Ort und Stelle verscharrt. Am 22. 5. 1945 wurden diese 3 Leichen wieder ausgegraben und im Ortsfriedhof zu St. Pankraz beigesetzt. Die hier erwähnten Morde fanden statt: Einer auf der Waldner Höhe, einer beim Krengraben (St. Pankraz) und einer hintern Gasteig (Steyrer Brücke). 1968 wurden alle Opfer exhumiert und vom Friedhof in St. Pankraz in die Gedenkstätte Mauthausen, Quarantänefriedhof, Feld 20 überführt“.

Zwei Frauen erinnern sich noch heute daran. So etwas ist nicht zu vergessen: „Häftlinge sind auf der Straße durchgetrieben worden wie bei einem Viehtrieb. Ich war damals als Dirn in der Landwirtschaft tätig. Ich bin an diesem Vormittag mit der Jause auf die neben der Straße liegende Wiese gegangen, einen Brotlaib unter dem Arm. Ein ganzer Schwung von Häftlingen ist mir entgegengelaufen. "Mensch verschwind sunst daschiaß i di, du Trampl", war die drohende Stimme des Wachtpostens. Ich habe ihnen den Brotlaib zugeworfen. Recht hast g´habt, hat später die Bäuerin zu mir gesagt.

Auch am Wohnhaus von Baronin Mary v. Holzhausen zog dieser Elendszug vorbei: Wie Schafe sind sie auf die Wiese gegangen und haben Gras gegessen. Als die Baronin einen Häfen Erdäpfel hinausstellte, entging sie nur mit Glück einer Verhaftung.

Wie es eine Eintragung in der Gendarmerie-Chronik bestätigt, war der Zug in St. Pankraz nur mehr 800 Personen stark. Handelte es sich tatsächlich um jenen Transport, der in Graz abgegangen war, so war er bis zur Landesgrenze auf 2/3 seiner ursprünglichen Größe, also um rund ein drittel reduziert worden, was soviel heißt, dass mehr als 400 Menschen ihr Leben lassen mussten.

Immer wieder hört man, dass beobachtet wurde, wie diese vor Hunger und Anstrengung völlig Entkräfteten und von ihren Bewachern Gepeinigten, Würmer und Schnecken sammelten und vom Straßenrand Gras abrissen. Dies wird auch von Klaus von mehreren Augenzeugen übereinstimmend berichtet. So auch eine damals 22jährige Frau: „Als ich beim Fleischhauer unter dem Schloss, nahe der ehemaligen Schlosstaverne ging, kam ein ganzer Zug elendiger, verhungerter und gänzlich ermatteter Juden daher. Da ich neben der Straße ging, konnte ich alles aus nächster Nähe betrachten. Die Begleiter hatten Schlagstöcke und Gewehre. Sie sind dann hingetrieben worden bis zum Schinagl, sie kamen ja über den Pyhrn. Da war eine große Wiese beim Grübmerhof, dorthin trieb man sie. Dort mussten sie einen Draht herumziehen, dass keiner entweichen konnte. Man kochte ihnen heißes Wasser und goss es in ihr Geschirr. Das Ärgste kommt aber noch. Als sie wieder weggetrieben wurden, war kein Gras mehr auf der Wiese. Es war ca. 10cm hoch gewesen. Sie haben es gegessen.

Freitag, 6. November 2020

Prominente Persönlichkeiten im Stodertal

Gerne waren prominente Persönlichkeiten in Hinterstoder und dem Stodertal. Manche verbrachten hier regelmäßig ihren Urlaub, manche hatten hier einen zweiten Wohnsitz und manche wohnten ständig hier. Zu Allerseelen soll an diese Freunde des Stodertales gedacht werden.



Hilde Zadek (geb. 1917, gest. 2019) Opern-, Konzertsängerin und Gesangspädagogin besaß mehr als vierzig Jahre lang ein Ferienhaus in Hinterstoder.



Ernst Koref, (geb. 1891, gest. 1988) der langjährige Bürgermeister von Linz (1945 bis 1962) der in der Nachkriegszeit sehr viel für unser Land getan hat, verbrachte oft mit seiner Familie den Urlaub in Hinterstoder.




Peter Alexander (geb. 1926, gest. 2011) Sänger, Schauspieler, Entertainer, erholte sich gerne mit seiner Familie im Haus "Prielkreuz" bei Frau Muck.

  


Herbert Boeckl, auf dem Bild mit Studenten, (geb. 1894, gest. 1966) war ein bedeutender Maler und gilt als Vertreter der österreichischen Moderne. Er war gerne Gast in Hinterstoder.


Maxi Böhm (geb. 1916, gest. 1982) Schauspieler und Kabarettist verbrachte hier seinen Urlaub mit Familie.

Oskar Pollak (geb. 1895, gest. 1963) war von 1931 bis 1934 und von 1945 bis 1961 Chefredakteur der Arbeiterzeitung. 

Oskar Just (geb. 1895, gest. 1964) hatte in Hinterstoder seinen Wohnsitz. Er porträtierte in Skandinavien Präsidenten und Minister.



Walter Just (geb. 1921, gest. 2012) war Unternehmer und baute die Firma TRODAT zum Weltmarktführer aus. Den Koglhof in Hinterstoder, den einst der Schöpfer des Schiederweihers besaß, erwarb er als Zweitwohnsitz.

Heribert Sasse (geb. 1945, gest. 2016) war Schauspieler, Regisseur und Theaterintendant. Er war schon als Kind mit seinen Eltern auf Urlaub hier. Seit vielen Jahren wohnte er ständig in Hinterstoder.