Wenn in Hinterstoder
ein Viehtransporter Kunstwerke vom Berg ins Tal fährt und Raumplaner in der
Sechser-Gondel die neuesten Entwicklungen im Städtebau diskutierten, dann ist
der „Landinger Sommer“ ins Tal gekehrt. Die Veranstaltungs- und
Vernetzungswoche lud auch dieses Jahr von 13. bis 21. Juli zu einer
Sommerfrische der besonderen Art.
„Der Landinger Sommer
ist eine einwöchige Ausnahmesituation in einer inspirierenden Umgebung. Hier erfahren
lernfreudige Menschen manchmal etwas über Themen, von denen sie zuvor gar nicht
wussten, dass es sie gibt“, sagt Initiator Christof Isopp. Seit 2012 treffen
sich kreative Köpfe aus Stadt und Land um gemeinsam die Bergkulisse zu genießen
und laut über die Zukunft nachzudenken. Die Wanderschuhe gehören dabei genauso
selbstverständlich zur Ausstattung eines Besuchers wie Laptop und
Visitenkarten.
Die diesjährige
Themenpalette reichte vom Innovationsmotor Stadt, über Kunst im Dorf bis hin
zum Containertransport. Diese Vielfalt brachte Kommunalpolitiker, Forscher,
Architekten, Stadtplaner, Kunstinteressierte und Regionalentwickler an einen
gemeinsamen Tisch. Auch dieses Jahr standen die Türen der Hinterstoderer Hösshalle
für alle offen, die eine Woche oder auch nur einen Nachmittag zuhören und
mitreden wollten.
Das Programm startete mit dem
vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie initiierten „Smart-Cities-Thementag“. Bereits zum vierten Mal versammelten
sich Stadtentwickler aus allen Ecken Österreichs zum ungezwungenen
Ideenaustausch. Im Veranstaltungssaal, bei einer Fahrt mit der Gondel und an
den Stehtischen am abendlichen Schmankerl-Buffet drehten sich die Gespräche um
die Stadt als Motor für Innovation.
Dass nicht
nur in der Stadt sondern auch am Land viel Neues entsteht, zeigte sich tags
darauf. Vertreter aus innovativen Gemeinden in Österreich und Deutschland
vernetzten sich bei einer Veranstaltung der Plattform Zukunftsorte mit dem
Titel „Co-Kultur – Über eine Kultur des Kooperierens & Teilens“. Neun
Vortragende präsentierten nachahmungswürdige Kooperationen am Land über
Altersgrenzen, Unternehmensgrenzen und Gemeindegrenzen hinweg. Zusammenarbeit,
so das Fazit, spart Ressourcen, macht den Tourismussektor wieder fit,
ermöglicht Integration und setzt neue wirtschaftliche Impulse.
Das Projekt
von Florian Radner zeigte etwa, wie in einer Gemeinde wie
Hinterstoder eine mobile Bibliothek entstehen könnte. Ein spezieller
Bibliotheks-Anhänger könnte von Ort zu Ort reisen und nebenbei auch als
Lesebühne oder Klassenraum dienen. Mehrere Gemeinden teilen sich eine Bücherei
auf Rädern und sparen damit Geld und Personal.
Das Kunstprojekt „Landschaft
revisited“ diente als Beispiel bereits realisierter Kooperationskultur. Der
Bayrische Künstler Peter Lang empfing die „Landinger Sommer“-Besucher am 15.
Juli bei rauem Wetter auf der Hutterer Höss in seinem Atelier-Container. Hier
lebt und arbeitet der Landschaftsmaler einen Sommer lang auf über 1.800 Meter
Seehöhe, um die Lichtstimmungen der Kalkalpen auf Leinwand zu bannen. Dabei
geht es ihm um mehr als nur die schöne Bergkulisse: “Wenn, man die Landschaft
versteht, versteht man auch die Leute”, sagte Lang zu seinem Besuch.
Dass der Atelier-Container
nach Aufenthalten in Patagonien und Island nun auch Hinterstoder besucht,
verdankt der Ort ebenfalls dem Landinger Sommer. Vergangenes Jahr entwickelte
der bayrische Soziologe Klaus Zeitler gemeinsam mit Hinterstoderer Vordenkern
in der Sommerfrische-Woche die Idee, Peter Lang einzuladen. Ein Jahr später
hängen die Früchte dieser Vernetzung sichtbar in der Hösshalle. Bei der
Vernissage am 15. Juli präsentierte der Künstler erste Werke aus seinem
reisenden Atelier. Dazu beförderte ein Viehtransporter die meterlangen
Großleinwände mehr als 1200 Höhenmeter ins Tal hinab.
“Dieses Projekt ist ein weiterer Meilenstein
für uns”, sagt der Hinterstoderer Bürgermeister Helmut Wallner. Der Ort
profitierte nicht nur direkt von den Landschaftsportraits, sondern gewann auch
wichtige Kontakte zur Kunstwelt. So fand die Ausstellung Peter Langs in Reinhard
Spieler, Direktor des Sprengel Museum Hannover, einen prominenten Kurator.
Zwischen
konzentrierten Vorträgen und Kunstgenuss fand auch gemütliches Beisammensein
seinen festen Platz im Programm. Auf die Vernissage folgte das feierliche
Maibaum-Umschneiden.
Auch das so-genannte
„Bänkle-Hock“ besetzt einen Fixplatz im Zeitplan des Landinger Sommers. Das
gemeinsame auf der Hausbank-Sitzen bei Kaffee oder einem Bier gehört für
Bürgermeister Helmut Wallner zu den Höhepunkten: „Hier
trifft man sich in gemütlicher Atmosphäre und bespricht Ideen nach. Man
begegnet sich viel ungezwungener als auf einer Konferenz und kann gemeinsam
Projekte entwickeln.“
Sich begegnen, austauschen und mit neuen Kontakten und Ideen
wieder nachhause fahren – das ermöglichte der Landinger Sommer in
verschiedensten Settings und zwischen unterschiedlichen Gruppen. Genau das
macht ihn für Christof Isopp zur erfolgreichen Ideenschmiede: „Neues entsteht dort,
wo Unterschiede verknüpft werden – und daher oft bei Begegnungen von Menschen,
die einander im Alltag nie treffen würden.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen