Im Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg und hinterließ bittere
Not, Zerstörung und Chaos. Wie diese Zeit ein Mädchen aus dem Stodertal damals erlebt und
später aufgeschrieben hat, ist erhalten geblieben.
"In unserem Garten war kein Platz mehr für Gemüse.
Überall hat Vater Tabak angepflanzt. Alle Kammern waren davon voll. Die
Tabakblätter wurden auf Schnüren aufgehängt, gespritzt und immer gewendet bis
die Blätter dunkelbraun waren. Tabak war für den Tauschhandel sehr wichtig.
Vieles konnte man dafür eintauschen. Die Not war so groß, dass in den Städten
Hunde, Katzen und Pferde gegessen wurden.
Damals hatte niemand ein eigenes Fahrzeug und alle Autobusse
waren hoffnungslos überfüllt. Es gab weit mehr Fahrgäste als Plätze und immer
mussten Fahrgäste zurückbleiben und auf einen nächsten Bus warten - wenn einer
kam. Wenn auf den Bänken bereits statt 2 Personen 4 saßen und im Mittelgang
alles zusammengepfercht war, rief der Busfahrer - "geht´s zrück, die
anderen wollen auch noch eini". Oft stieg der Fahrer aus und sah sich von
außen an, ob noch irgendwo eine Handbreit frei war. Dann schob er die Leute mit
den Händen hinein und verriegelte die Tür damit niemand hinausfallen
konnte. Halten brauchte sich keiner bei der Fahrt, denn umfallen konnte man
nicht. Auf der Fahrt wurde die Menschenmenge zusammengerüttelt und wenn man
Glück hatte bekam man soviel Platz, dass man auch den zweiten Fuß hinstellen
konnte. Wenn der Bus am Ziel war stieg eine Menschenschlange aus, dass man es
nicht glauben konnte, dass sie alle in einem einzigen Bus gewesen sind. Ich
fuhr trotzdem lieber mit dem Bus als mit dem Zug. Wenn ich in die Schule fuhr musste ich im Verschiebebahnhof Klaus nach Steyr umsteigen und die Fahrt ging weiter mit der
"Schnackerlbahn". Dieser Zug fuhr so langsam, dass man im Sommer
während der Fahrt aussteigen konnte um Blumen zu pflücken. Später wurde man von
den Amerikanern vor und nach dem Aussteigen aus dem Zug mit
Ungeziefervertilgungsmitteln unter den Armen und am Kopf eingesprüht.
In der Schule wurden uns abschreckende Filme über
Geschlechtskrankheiten gezeigt.
Die Pullover kratzten, denn sie wurden oft aus Verbandstoff und
in Streifen geschnittener Windeln gestrickt. Die Knoten von dem
zusammengebundenen Garn juckten auf der Haut.
Nach der Schule saßen wir manchmal rund um ein Lagerfeuer
zusammen und sangen: " Heilig Vaterland in Gefahren, deine Söhne sich um dich
scharen. Ehe der Fremde dir deine Krone raubt, Deutschland, Deutschland fallen
wir lieber Haupt bei Haupt - oder "Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun
bin auch ich... schwarzbraun muss mein Mädel sein, gerade so wie ich..."
Jugendlager im Stodertal |
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