Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.
Im Jahre 1796 befand sich ein kroatisches Regiment auf dem Durchmarsch durch das
Land ob der Enns und bezog das Nachtlager in der Nähe von Ebelsberg. Als im Morgengrauen der Übergang über die Traun erfolgte, fand man in der Nähe des Flusses ein etwa zwei Jahre altes Knäblein weinend auf der Uferböschung liegen, das nur mit einem Hemdchen bekleidet war.
Leute, die sich seiner annahmen, wollten eine Zigeunerin gesehen haben, die im Begriffe war, das arme Würmchen
ins Wasser zu werfen, doch in ihrem schändlichen Tun aufgescheucht, eilte sie den abziehenden Kroaten nach und übergab das Kind den Kroaten.
Als die Soldaten mit dem nackten Kindlein in Ebelsberg eintrafen, vermochte sich niemand seiner zu entsinnen und auch keiner von den guten Ebelsbergern schien gewillt, sich seiner anzunehmen. Da trat aus einem der Gasthöfe am Hauptplatz ein Mann heraus, der sich offensichtlich auf der Durchreise befand. Er nahm, sobald er sich der Umstände vergewissert hatte, kurzer Hand den Knaben an sich und fuhr mit ihm davon. Es war just ein alter Junggeselle, der sich da rasch entschlossen zu einem Pflegevater aufgeschwungen hatte. Er war der Pfleger (Verwalter) des weitab gelegenen Gutes Zellhof im Mühlkreis namens Reser.
Bei ihm wuchs der Knabe auf und der alten Köchin des Hagestolzes (kauziger Junggeselle) wurde seine Erziehung anvertraut. Sie hielt es damit vielleicht nicht zum besten, denn nach etwa Jahresfrist fand sich der Findelknabe allein in der Küche und bekam eine Wergrupfe (zur Verarbeitung von Flachsfasern) wie solche besonders im Mühlviertel zum Spinnen vorbereitet gehalten werden, in die Finger. Das Kind nahm die Rupfe um den Hals, fing damit am offenen Herde Feuer und stand alsbald, den Kopf von Flammen eingehüllt, da. Auf sein Geschrei lief die alte Köchin herbei und hatte mit ihrer Schürze bald das Feuer erstickt. Nur ein Brandmal blieb als Denkzeichen auf der Stirn zurück. Als die Schwester des Pflegevaters, eine verwitwete Frau von Berner, von dem schrecklichen Ereignis erfuhr, beeilte sie sich, den Findling zu sich in die Stadt Enns zu nehmen und mit größerer Sorgfalt aufzuziehen. Im Jahre 1805, als der Knabe etwa elf Jahre zählen mochte, ward über ihn beschlossen, dass er ein tüchtiges Handwerk erlernen sollte. Da er immer besondere Neigung zum Zeichnen bezeugt hatte, wurde er nach Linz dem Schildermaler Rieger in die Lehre gegeben. Der Meister gewann den begabten Knaben lieb und bestimmte zum Abschluss seiner dreijährigen Lehrzeit eine feierliche Taufe, bei der er selbst Pate stand. Da es unsicher war, ob er schon früher einmal getauft worden war, wurde er am 2. April 1808 getauft und erhielt den Namen Franz nach dem Heiligen des Tauftages sowie den Familiennamen Stirnbrand nach dem Brandmal auf seiner Stirn.
Seine künstlerische Weiterbildung sollte nun der Zimmermaler Hefner übernehmen und als dies wenig fruchtete, kam er zu Anton Hitzentaler, der ein tüchtiger Schüler des berühmten Malers Kremser-Schmidt war. Schon nach Jahresfrist fühlte sich der Junge Franz Stirnbrand in der Malkunst so sicher, dass er seinen Lehrmeister und die Heimat überhaupt verließ. Er machte sich auf die Wanderschaft und es sollte lange währen, bis er mit seinem unruhigen Künstlerblut weit in der Ferne wieder sesshaft werden sollte.
Zunächst fand Stirnbrand in Frankfurt festen Halt, wo er von 1809-1812 in einer Blechwarenfabrik mit dem Bemalen von Tassen und Schnupftabakdosen beschäftigt war. Hauptsächlich waren es weibliche Bildnisse, mit denen er die verschiedensten Blechgeräte verzierte und als er darin genügend Übung erlangt hatte, zog er aus Frankfurt fort und begab sich 1813 nach Stuttgart als Bildnismaler. Als erfolgreicher Porträtmaler kam er 1816 nach Linz zurück, fand auch hier in den Bürgerkreisen manchen lohnenden Auftrag, brach aber 1820 schon wieder auf. Durch Süddeutschland und die Schweiz reiste er nach Paris, ging über Luxemburg und Trier nach Karlsruhe und verblieb dort bis 1824.
Nun lockte ihn die Kunst Italiens. Er begab sich nach Rom und brachte es auch dort zu solchem Ansehen, dass er den Papst Leo XII. malen durfte, dessen Bildnis sich jetzt im Stift St. Florian befindet. Im Jahre 1825 verließ er Rom, einer ehrenden Berufung der Königinwitwe Charlotte Mathilde von Württemberg, Tochter Georgs III. von England, nach Ludwigsburg folgend. Stirnbrand wurde der Maler des Württembergischen Hofes und setzte diese Tätigkeit auch in Stuttgart fort, wo er 1830 endlich seinen bleibenden Wohnsitz aufschlug.
Ein wenig steif, aber voll Anmut und verblüffend lebenstreu, schuf er seine Bildnisse der hohen und höchsten Herrschaften.
Das Findelkind war der Maler der Könige geworden. Er malte die offiziellen und oft wiederholten Bildnisse der Könige Wilhelm I. und Karl von Württemberg, der Königinnen Katharina Paulowna, Charlotte und Mathilde. Aber auch anmutige Szenenbilder waren von ihm auf den verschiedensten Ausstellungen in deutschen
Städten zu sehen, wie etwa die vier Jahreszeiten, dargestellt durch vier schwäbische Mädchen in Nationaltracht.
So kam Stirnbrand zu Ehren und Wohlstand, heiratete ein Mädchen aus alter schwäbischer Familie und baute sich ein hübsches Haus in Stuttgart, das einen geselligen Mittelpunkt der Hauptstadt bildete. Der Sohn des großen Dichters, Karl von Schiller, dessen Bildnis Stirnbrand malte, Geibel, Lenau, Dingelstedt, Hackländer gehörten zu seinen Freunden. Hackländer hat ihn in seinen Lebenserinnerungen als geselligen Mann lebensfrisch geschildert: „Stirnbrand. ein stiller, freundlicher, stets harmonisch und froh gestimmter Mann von unverwüstlichem Humor, war auch wegen seiner Talente, eine Gesellschaft zu erheitern, bekannt und geliebt.
Wie drastisch und komisch stellte er, mit einem Offiziersfederhut auf einem Stuhl reitend, den Einzug der drei Monarchen in Paris vor. Wie ergötzlich wusste er die Geschichte vom Sohn der Wäscherin zu erzählen, der sich mit seinem weißen Höschen auf das frischgeschriebene Epitaphium (Gedenktafel für einen Verstorbenen) setzte und dann einen korrekten Abdruck der Grabschrift mit sich herumtrug. Wir krümmten uns oft vor Lachen, wenn er hinter einem Vorhang die Leiden jener alten Frau schilderte, die durch Applikation eines gewissen Instrumentes Linderung suchte, dann aber in quälender Unruhe verharren musste, bis der Schreiner kam, um den defekt gewordenen gewissen Stuhl (Leibstuhl) zusammenzuflicken. Wie vortrefflich war sein Schusterbube, der den Auftrag zu besorgen hatte, aber nie über die Worte, die er zuletzt weinend wiederholte hinauskam- „A Komplement vo meim Meister und meiner Meisterin". Glückliche Stunden und Abende, die wir in dem heiteren gastfreien
Hause verbrachten, bei den liebenswürdigsten Wirten und der stets auserlesenen Gesellschaft von Künstlern aller Art, Schauspielern und Sängern.“
Im Jahre 1882 ist Stirnbrand, der über neunzig Jahre alt wurde, in Stuttgart gestorben.
Im Jahre 1882 ist Stirnbrand, der über neunzig Jahre alt wurde, in Stuttgart gestorben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen