Freitag, 26. April 2019

Spiel der Natur

Über ein „seltenes Spiel der Natur" berichtete das „Linzer Volksblatt“ am 6.5.1917


 
Vor etlichen Tagen wurde bei der k.u.k. Viehsammelstelle in Urfahr durch die Viehverwertungsgesellschaft eine zweijährige Kalbin aufgetrieben, die wahrscheinlich ein Kreuzungsprodukt zwischen Kuh und Hirsch darstellt. Die Widerristhöhe ist 121cm. ( Der Widerrist ist bei Säugetieren der erhöhte Übergang vom Hals zum Rücken). Die trockene, leicht verschiebbare Haut ist matt und von braungrauer Farbe mit lichteren Flecken, besonders an den Lenden. Der Kopf ist ziemlich hirschähnlich und wird von einem ausgesprochenen Hirschhals getragen. Die Hörner sind kurz und stumpf; die Scheide hirschähnlich. Der Schwanz ist etwa 65 cm lang. Das Tier stammt aus Hinterstoder und es wäre wohl nicht ausgeschlossen, dass eine Kuh auf der Weide von einem Hirschen gedeckt wurde, obwohl vom tierzüchterischen Standpunkt die Vereinigung dieser zwei Spezies angezweifelt wird. Die Möglichkeit einer derartigen Belegung der Kalbin liegt vor, weil sie aus dem Gebiet von Hinterstoder stammt, wo auf den Almen auch Hirsche sind oder sich in nächster Nähe aufhalten. Die Entscheidung der Zugehörigkeit könnte erst nach Untersuchung der Eierstöcke getroffen werden.





Freitag, 19. April 2019

Von einem Besuch des Wiener Bürgermeisters Dr. Karl Lueger vor 121 Jahren.




Von einem Besuch Dr. Karl Lueger´s im Stoder- und Steyrtal berichtet die Zeitung „Reichspost" am 28. August 1898.
(Dr. Karl Lueger geb. 1844 in Wien, gest. 1910 in Wien, war von 1897 bis zu seinem Tod 1910 ein beliebter und populärer Bürgermeister in Wien.)

Der Bürgermeister und seine Reisegesellschaft war zwar von unserer schönen Bergwelt begeistert, doch wurde er auch hier von politischen Spannungen nicht verschont.

Einem Redakteur der „Reichspost" gab der Bürgermeister ein Interview.
Dr. Lueger erzählte folgendes:
Er sei von Hinterstoder gegen Abend nach Klaus-Steyrling gefahren in Begleitung des Herrn Dr. Brzobohaty, dessen Gattin, einer Baronesse und seines Dieners Pummerer. Dr. Lueger wollte mit seiner Gesellschaft in Klaus-Steyrling übernachten, damit man am nächsten Tag Kremsmünster besuchen und noch am Abend in Wien eintreffen könne. Wir kamen, sagte Dr. Lueger, um 8 Uhr Abends in der Bahnhofsrestauration an, die wir über Empfehlung des Dr. Brzobohaty aufsuchten, der vor 4 Jahren dort gewesen war. Wir begaben uns zuerst in die uns zugewiesenen Zimmer und nahmen dann in der Restauration an dem von dem Wirt zugewiesenen Tisch Platz . Es war dies ein Ecktisch. Neben uns, der Wand entlang, waren einige Tische aneinandergereiht, an denen mehrere Personen saßen, die bei unserem Eintritt in lebhafter Unterhaltung begriffen waren. Ich setzte mich so, dass ich der Gesellschaft den Rücken kehrte, denn ich will nicht angestaunt werden. An dem Tisch mir zunächst hatten einige junge Frauenspersonen und Herren Platz genommen. Ihnen zunächst saß ein älterer Herr, den ich nicht kenne und in unmittelbarer Nähe ein mir gleichfalls unbekannter geistlicher Herr. Der erwähnte alte Herr richtete etwas an der Lampe, die zwischen den beiden Tischen hing, offenbar in der Absicht zu sehen, ob ich wirklich der Dr. Lueger bin. Nach dessen Rückkehr zum Tisch ging die Hetze an. Die Gesellschaft machte einen geradezu unerträglichen Lärm in der Bahnhofsrestauration. Dabei zeichneten sich besonders die in unserer Nähe sitzenden Personen aus. Selbstverständlich fielen an unserem Tisch einige Bemerkungen über das unqualifizierbare Benehmen der Gesellschaft. Über den Charakter und die Absicht des Lärmens konnte kein Zweifel sein. Es galt, sich mir so unangenehm als möglich zu machen. Richtig ist, dass ich mich beim Wirt beschwerte und ersuchte, den Lärm abzustellen, damit wir in Ruhe unser Nachtmahl essen könnten. Ich wählte dabei eine mehr scherzhafte Form. Der Wirt getraute sich nicht, meinem Wunsch nachzukommen, oder wollte nicht. Das Letztere schließe ich daraus, weil er an seiner Uhrkette ein Medaillon mit dem Bildnis Wolff´s trug. Im Gegenteil wurde der Lärm immer wüster. Als der selbe gar zu arg wurde, begab sich der Pfarrer von seinem Platz weg und nahm an der oberen Tischreihe Platz, wo unter den dort sitzenden Leuten ein anständiger Ton herrschte. Dann setzte sich jemand zum Klavier und begleitete den Gesang eines Herrn, der mit stürmischen Heilrufen begrüßt wurde. Sehr charakteristisch für die Gesellschaft aber ist es , dass in dem vorgetragenen Lied, der Sänger an seine Geliebte die Aufforderung richtete, sich zu ihm zu legen und mit ihm zu kosen. Es wurde ebenso elend gespielt als gesungen. Da wir davon nicht gerade entzückt waren, was die Gesellschaft merkte, so stand schließlich ein junger Mensch auf und hielt eine Rede, um den Anstand (!) der Gesellschaft zu verteidigen. Sie meinten, sie seien "entre nous" (zwischen uns ) und könnten sich benehmen wie sie wollten. Wenn dies anderen nicht passe, so mögen sie fortgehen. So sprach der (alldeutsche) Bruder in einer Bahnhofs-Restauration und er schloss selbstverständlich seine Rede mit einem "Heil !", das von den Anwesenden nachgeheult wurde.
Nachdem wir gespeist hatten, wollten wir fortgehen. Dies war das Signal für die Gesellschaft, mich und meine Reisebegleiter in unglaublichster Weise mit Hohnrufen zu überschütten. Ich kehrte mich um und hielt nun an diese merkwürdige Versammlung eine Ansprache in der ich ungefähr folgendes sagte: „Ich muss die Gesellschaft um Entschuldigung bitten, dass ich überhaupt hier hereingekommen bin, da offenbar ein Irrtum auf meiner Seite vorliegt. Ich glaubte in eine Bahnhofsrestauration zu kommen, in welcher ich in Ruhe mein Nachtmahl verzehren könne. Wenn ich gewusst hätte, dass eine geschlossene Gesellschaft hier sei, welche "entre nous" sein will, so wäre ich nicht hereingegangen, da ich mich mit - Schönerianern und Wolffianern - nicht abzugeben pflege. Ich empfehle mich ihnen und wünsche eine gute Nacht.“ Die Ansprache wirkte so verblüffend, dass es plötzlich still wurde.

- Aus Wikipedia zum besseren Verständnis: Georg Heinrich Ritter von Schönerer (geb. 1842 in Wien, gest. 1921 im Schloss Rosenau, Niederösterreich) war ein österreichischer Gutsherr und Politiker. Schönerer hatte von 1879 bis zur Jahrhundertwende Bedeutung als Führer der Deutschnationalen und später der Alldeutschen Vereinigung. Er war ein heftiger Gegner des politischen Katholizismus, ein radikaler Antisemit und übte starken Einfluss auf den jungen Adolf Hitler aus, der ihn als eines seiner Vorbilder ansah.

Dr. Lueger berichtet weiter: - Als ich auf meinem Zimmer war und mit meinen Reisegefährten das Erlebnis besprach erschienen zu meiner Überraschung zwei Herren der sonderbaren Gesellschaft, die sich unten befunden hatte in meinem Zimmer. Der eine war der geistliche Herr, über den anderen will ich schweigen. Der geistliche Herr stellte sich mir als der Pfarrer von Klaus–Steyrling vor und suchte das Vorgehen der Gesellschaft zu entschuldigen. Dabei verwickelte er sich auch in eine lebhafte Debatte mit meiner Reisegesellschaft, über die ich aus Rücksicht auf den geistlichen Herrn, der den Getränken übermäßig zugesprochen zu haben schien, hinweggehen will. Es ist richtig, dass der Pfarrer mir ein Nachtquatier angeboten hat, was ich selbstverständlich abschlug, indem ich die Bemerkung beifügte , dass ich mich vor "Wolffianern und Schönerianern" nicht fürchte, auch wenn noch mehr kommen sollten. Der zweite Herr, der offenbar wie Pontius ins Credo gekommen war, bat mich flehentlichst seine Anwesenheit bei diesem Auftritt zu verschweigen. Man kann aus dem allein schon schließen, wie wenig dem Anstand entsprechend das Benehmen dieser Gesellschaft war. Selbstverständlich entschuldigte auch er sich und erklärte , wenn er gewusst hätte, dass ich hier bin, würde er alle diese Vorkommnisse verhütet haben.
Dr. Lueger erklärte weiteres über den Pfarrer nicht mitteilen zu wollen, weil er die geistliche Würde in ihm schonen wolle. In der Früh war, fuhr Dr. Lueger fort, mit dem Wirt eine große Veränderung vor sich gegangen. Der große Wolf war von der Uhrkette verschwunden. Er entschuldigte sich höflichst und bat mich, von der Sache keinen Gebrauch zu machen, was ich denn auch bis jetzt getan habe.
Die Bemerkung, dass er auch in Stoder einen schlechten Empfang gehabt habe, bezeichnete Dr. Lueger nicht als zutreffend. Auf der Fahrt von Vorderstoder nach Hinterstoder sei er von einem Sommerfrischler erkannt worden, worauf der Pfarrer von Vorderstoder und viele anwesende Sommerparteien (Gäste) aus Wien ihn in Hinterstoder besuchten.
Der Artikel wurde etwas gekürzt.

Bürgermeister Dr. Karl Lueger


Kaiser Franz Joseph und Bürgermeister Dr. Lueger


2 Schillingmünze 1935 

Luegerdenkmal in Wien

Sonntag, 14. April 2019

Palmsonntag 14. 4. 2019 in Hinterstoder














                                              Fotos: Traude Schachner, Melitta Strasser

Freitag, 12. April 2019

Erinnerung an Sonntagsspaziergänge mit unserem Vater in den 1930er Jahren.

Am Sonntag ging Vater, den wir "Taten" nannte, oft mit meinen zwei Brüdern, meiner Schwester und mir spazieren. So ein Spaziergang dauerte meistens mehrere Stunden.
Wenn wir auf dem Weg zu dem Bankerl unter einer riesigen Fichte mit starken Wurzeln kamen setzten wir uns nieder und "Taten" rauchte seine Pfeife. Die Pfeife war aus Porzellan und darauf war ein Gamsbock abgebildet. Vater hatte  immer seine Hirschlederhose an und auf seinen Hosenträgern waren Edelweiß, Almrausch und Enzian gestickt. Selbst auf seinem Hosentürl waren kunstvolle Ornamente. Im Winter trug er unter der Lederhose eine weiße "Gattihose" (lange Unterhose), die dann bei den Knien zu sehen war. Sein größter Stolz war sein Gamsbart auf seinem Hut, mit schönem Reif (weiße Spitzen). 
Er hatte immer wieder neue Einfälle und war mit seinen Zauberkunststücken unschlagbar.
Nichts war ihm zuviel und er machte jeden Spaß mit uns mit. "Taten" kannte sich in der Natur aus. Er wusste die Namen von Blumen, Gräsern und Tieren.
Auf seinem Schoss sitzend überkam mich eine  Ruhe von unaussprechlichem Frieden und Geborgenheit. Auch wenn er nur dasaß, nichts sagte und seine "Vetschina" (Virginia Zigarre) rauchte.
Unterwegs hat er uns mit viel Liebe und Geduld die Namen unserer Berge genannt. Er wusste über Pflanzen, Bäume und Tiere Bescheid. Er erzählte uns von Gefahren und Unglücken, Geschichten von guten und bösen Menschen. Er wusste viele Geschichten von armen Seelen, die in ihren Gräbern keine Ruhe finden und von guten Feen, die hoch oben in den Gipfeln der hohen Berge wohnen.
Wenn wir müde waren, setzten wir uns zur Jause nieder. Vater hat dann in seine Tasche gegriffen und ein Stück Brot herausgeholt. Dazu ein Stück Geselchtes, eingewickelt in Schmalzpapier, das er mit seinem Taschenmesser für uns teilte.
Wohltuend für uns war natürlich auch Vaters Liebe zur Musik. Er konnte Maultrommel und Fotzhobel (Mundharmonika) spielen. Wenn er beides nicht mit hatte, nahm er seinen Kamm, legte Zigarettenpapier darauf und fing darauf an, die schönsten Lieder zu spielen.
Auf den Lärchenwiesen standen die Haflingerpferde und vom Tal herauf klang das sonntägliche Läuten der Kirchenglocken


Unter der kurzen Lederhose eine weiße Unterhose




Friedlbauer mit Zuschauer beim Vogerl schnitzen

Freitag, 5. April 2019

Erinnerung an den k.u.k. Hofbaumeister Johann Schieder, dem Schöpfer des Schiederweihers

Am 10. September 1907 wurde zu Ehren Johann Schieders eine Gedenktafel am Weg oberhalb des Weihers angebracht.


Im Österreichischen Fernsehen, in der Sendung "9 Plätze - 9 Schätze", wurde zum Nationalfeiertrag am 26.10. 2018 von den Fernsehzusehern der Schiederweiher in Hinterstoder zum schönsten Platz  Österreichs gewählt.


Der Weiher wurde nach seinem Erbauer, dem k.u.k. Hofbaumeister Johann Schieder (geb. 1832 in Wien, gest.1902 in Hinterstoder) benannt. Beerdigt wurde Johann Schieder im Friedhof Wien-Kalksburg am 12.9.1902.

Johann Schieder liebte das Stodertal, siedelte sich hier mit seinem Ferienwohnsitz, dem „Koglhof“, an und erwarb ein großes Grundstück hinter seinem Haus. Auf dieser sumpfigen Wiese staute er die krumme Steyr und schuf den Schiederweiher, der 2018 zum schönsten Platz Österreichs gewählt wurde.


Ein Spaziergang zum Schiederweiher und weiter bis in die „Polsterlucke“ ist zu allen Jahreszeiten zu empfehlen. Besonders schön aber ist es im Frühling, wenn die Natur zu neuem Leben erwacht und auf den Wiesen eine Vielzahl unterschiedlichster Alpenblumen erblühen.





           Aus dem alten "Melchschuster" wurde der "Koglhof", Schieders Feriendomizil.


"Melchschuster"

"Koglhof"







                                                   

                                                      Gemälde: Dr. Helmut Schachner