Die Oberdonau Zeitung vom 31.3.1943 berichtete in einem Artikel von Andreas Hernberger über das Leben unserer Vorfahren in der Steinzeit auf 2000m Seehöhe im Toten Gebirge. Siebzehn Jahre forschte Schulrat Otto Körber in den Höhlen des "Salzofens". Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.
Für seine Urahnen hat der Mensch der Gegenwart (1943) viel Interesse übrig. Er forscht den einstigen Wohnstätten nach, setzt sich aus den Funden, die er machte, ein Bild des damaligen Lebens zusammen und kommt dabei zu der Erkenntnis, dass es den Urahnen keineswegs immer gut gegangen ist.
Sie haben, wie es scheint, nur in den verhältnismäßig kurzen Zwischenperioden der Eiszeiten halbwegs erträgliche Lebensbedingungen vorgefunden und sich vor allem von der Jagd ernähren müssen, zu der sie sich die Waffen selbst anfertigten. Waffen aus Stein, aus Knochen und erst viel, viel später aus Erz.
Aus der Steinzeit wissen wir nun schon ziemlich viel. Ausgrabungen und vor allem die Höhlenforschung haben uns Material geliefert, so dass wir uns ein Bild von den Bedingungen machen können, unter denen die Menschen damals gelebt haben. Wir in Oberösterreich denken, wenn wir von den Bewohnern unseres Landes in der Steinzeit hören immer zuerst an die Pfahlbauten, die an den Gestaden der Salzkammergutseen angelegt waren.
Die Menschen der Steinzeit hierzulande blieben aber nicht nur in den Niederungen sondern gingen hinauf in die Berge, bis zu Höhen in denen heute geschlossene Siedlungen nicht mehr anzutreffen sind. Im Toten Gebirge, zu dem auch die höchste Erhebung unseres Landes, der Große Priel, gehört, trägt ein über 2000 m hoher, festungsartiger Bergkegel den Namen „Salzofen“. Otto Körber aus
Bad Aussee hat die im Innern dieses Berges vorhandenen Höhlen seit 17 Jahren durchforscht und ist zu sehr interessanten Feststellungen gekommen nämlich, dass in ihnen Menschen der Steinzeit wohnten. Der Eingang zu den Höhlen ist durch einen Zufall von zwei Jägern namens Ferdinand Schraml und Franz Köberl vor 17 Jahren (1926) entdeckt worden und von diesem Zeitpunkt an hat Otto Körber seine Forschungen aufgenommen.
Die „Haustür“ zu der Siedlung befindet sich in einer Höhe von 2008 m über dem Meeresspiegel — sie dürfte ursprünglich sehr eng gewesen sein, hat sich aber im Laufe der Jahrtausende durch Verwitterung erweitert und ist jedenfalls jetzt ganz leicht passierbar. Anders freilich sieht es im Innern des Berges aus, wo die einzelnen „Räume" nur dadurch erreicht werden konnten, wenn man sich auf dem Bauch fortbewegte.
Hier also hat der diluviale (eiszeitliche) Mensch gewohnt, hier hatte er seine Werkstätte — es ist eine Reihe von Arbeitstischen einwandfrei festgestellt worden — hier lebte er mit seiner Familie, hier kochte er seine Fleischnahrung. Feuer hat er schon gekannt, wie aus den Funden hervorgeht, aber für besonderen „Komfort" war freilich nicht gesorgt. Die einzelnen „Zimmer“ sind so belassen, wie sie aus der Hand der Schöpfung hervorgegangen sind.
Was aß der Mensch von damals? - Das, was ihm die Jagd lieferte. Es muss in jenen Zeiten viel Wild in der Gegend des Toten Gebirges gegeben haben. Festgestellt durch die aufgefundenen Skelette sind: Braunbären und Höhlenbären, Höhlenwölfe, Höhlenlöwen und kleineres jagdbares Getier — auf der Jagd dürfte ja auch der Steinzeitmensch die Höhlen innerhalb des Bergkegels entdeckt haben. Diesen Tieren stellte er mit Beilen nach, die er sich aus Hornstein anfertigte, also aus einem dichten, ziemlich widerstandsfähigen Quarz. Die Bearbeitung dieses Steines, der aber in den Höhlen selbst nicht gefunden wurde, war die eigentliche Tätigkeit der diluvialen Menschen aus dem Miozän (vor 23 bis 5 Millionen Jahren). Dazu hat er seine „Arbeitstische" — große Steine mit einer einigermaßen glatten Oberfläche — in eine größere Höhle gewälzt und da dürften nun diese Steinzeitmenschen beisammen gehockt sein, um das notwendige Jagdgerät zu bearbeiten. Hier waren sie wohl vor der Witterung geschützt, aber Wärme war sicher etwas sehr Rares, denn es war bestimmt nicht leicht, genügend Holz in die Höhlen zu bringen. Vielleicht war das auch die Arbeit der Frauen. Die Männer hatten Werkzeug zur Bearbeitung des Hornsteines, sie hatten allerhand Schabesteine zurechtgemacht — auch aus Muscheln, die man in den Höhlen häufig noch findet. Sie besaßen Messer, Bohrer und ähnliches, wenn auch in einer ziemlich primitiven Form. Es ist von besonderem Interesse, all das in diesen Höhlen festgestellte zu sehen, wie allmählich die reine Zweckarbeit am Werkzeug künstlerische Formen annahm, wie dieser hart bedrängte Mensch doch Zeit dazu fand, seinen Hämmern, Beilen, Äxten hübsche Verzierungen zu geben und so etwas wie eine fortschreitende Kultur zu schaffen. Ein kürzlich in Wien gehaltener Vortrag, mit unter schwierigsten Bedingungen aufgenommenen Lichtbildern, gab ein ungemein fesselndes und anschauliches Bild dieser Höhlen sowie des vorgeschichtlichen Lebens in ihnen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl zu denken, dass vor ungezählten Jahrtausenden hier im Berginneren Menschen wohnten, Menschen, die ein Gefühl hatten, eine Sprache besaßen und sich auch durch Pfeifsignale, Pfeifen aus Röhrenknochen von kleineren Tieren, miteinander verständigen konnten.
Schulrat Otto Körber in der Höhle |
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