Freitag, 28. April 2023

Zeitungsgeschichten von Damals

Im  Grazer Volksblatt und im Prager Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Enrico Caruso (geb.1873, gest.1921)
Italienischer Opernsänger

Grazer Volksblatt 29. Juli 1930
Caruso und die Feuerwehr.
Als Caruso, der Tenor, das erste Mal in Berlin sang, wäre es beinahe zu einem der bekannten Carusoschen Konflikte gekommen wie in Neapel, seiner Vaterstadt. In Berlin rettete die Situation nur die absolute Anerkennung seiner Göttlichkeit als Tenor.
Es war in „Carmen", Caruso stand, während er nicht beschäftigt war, hinter den Kulissen und zündete sich eine Zigarette an. Doch kaum als das geschehen war, kam ein Feuerwehrmann angelaufen und machte ihn darauf aufmerksam, dass es streng verboten ist im Theater zu rauchen. Caruso zerdrückte die Zigarette und erklärte: „Gut, dann verlasse ich das Theater. Der pflichteifrige Feuerwehrmann schaute mit rotem Kopf zu seinem Vorgesetzten und der erschien rasch auf dem Plan um dem Sänger nach kurzem Wortwechsel „ausnahmsweise" die Erlaubnis zu seiner angeblich unentbehrlichen Zigarette mit den Worten zu geben: „Aber Sie müssen sich der Bedingung fügen, dass in ihrer Nähe stets ein Feuerwehrmann mit gefülltem Wassereimer zu stehen hat. Tatsächlich stand während des ganzen Caruso-Gastspiels hinter dem Zigaretten rauchenden Sänger im Berliner Hofopernhaus immer ein Feuerwehrmann angriffsbereit mit einem gefüllten Wassereimer...

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Prager Tagblatt 3. April 1927
Im Abiturientenexamen eines norddeutschen Gymnasiums begehrt der Professor von einem Prüfling, dem er nicht gerade grün war, folgendes zu wissen:
„Nennen Sie mir eine rhetorische Frage!" Nach kurzem überlegen: “Bist wohl ein bisschen dumm?“ Unter dem Geschmunzel des übrigen Kollegiums beeilte sich der Professor weiter zu examinieren. “Was ist das wesentliche einer rhetorischen Frage?“ Prompt erfolgt die schlagende Antwort. „Man erwartet keine Antwort darauf“.

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Franz Joseph I
Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Böhmen

Prager Tagblatt 18. August 1910
Bei einer unvermuteten Kaserneninspektion, die der Kaiser frühmorgens vornahm bemerkte er einen Soldaten, der verbotenerweise nicht die militäreigenen Hosen anhatte. In ungarischer Sprache wandte er sich streng an ihn: „Du bist ein Ungar, ich sehe es an deinen Hosen,— warum trägst du nicht die militärischen engen Hosen?"— „Majestät", antwortete der Gefragte, „ich trage diese Hosen lieber, weil ich an sie gewöhnt bin, - und dann — diese militärischen halten nicht lange; wenn sie zwei, dreimal gewaschen werden, sind sie zerrissen. Darum trage ich meine eigenen und schone die vom Militär"— „Zeige einmal deinen Tornister!" befahl der Kaiser. Der Mann gehorchte und richtig sah der Monarch zwei Paar neue Militärhosen, sauber zusammengelegt über einigen Virginierzigarren, nebenbei bemerkt auch die Lieblingszigarren Sr. Majestät. „Das ist schön von dir, dass du für den Staat sparst!" meinte der Kaiser lachend und schritt weiter. Am Abend bekam der Soldat ein Paket mit hundert Stück Virginierzigarren vom Kaiser zum Geschenk „als Belohnung dafür, dass er mit den Hosen so schonend und sparsam umgeht."

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Tristan Bernard (geb.1866, gest.1947)
Französischer Rechtsanwalt, Schriftsteller, Dramatiker

Prager Tagblatt 21. September 1929 
Tristan Bernard geht die Treppe hinauf um einen Freund zu besuchen. Unterwegs trifft er einen Möbelträger, der mit großer Mühe eine Standuhr transportiert. An einer Treppenbiegung geschieht das Unglück. Der Möbelträger balanziert schlecht und trifft mit der einen Ecke der Uhr den voluminösen Schädel des Dichters, an dem sofort eine schöne Beule anschwillt. Der Möbelträger ist ein höflicher Mann und entschuldigt sich schuldbewußt. Aber Tristan Bernard lächelt ihm nur zu und beruhigt ihn, es sei nicht so schlimm. Er setzt seinen Weg fort.. Nach einigen Stufen aber dreht er sich um und sagt milde zu dem Möbelträger: „Sagen Sie lieber Freund, könnten Sie denn nicht wie alle anderen Menschen, eine Armbanduhr tragen?"
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Prager Tagblatt 10. Februar 1932
Man unterhielt sich über die Wissenschaft. Jemand erinnerte daran, daß Pascal als Kind seine Kopfschmerzen durch das Erfinden geometrischer Probleme bekämpft habe. „Als ich ein Kind war", sagte Tristan Bernard und strich seinen Bart, „als ich ein Kind war da bekämpfte ich die Geometrie durch das Erfinden von Kopfschmerzen..“

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