Freitag, 22. November 2024

Als vor 100 Jahren Touristen das Stodertal entdeckten.

In der Zeitschrift die "Moderne Welt" konnte man schon vor ca. 100 Jahren den mit Begeisterung geschriebenen  Artikel über unser Stodertal lesen. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst. 


Moderne Welt: Jahrgang 10, Heft 21 1929
Das Stodertal.
Viel zu wenige kennen dieses schönste aller Alpentäler! Vielleicht, weil es erst seit
einigen Jahren als Hochgebirgssommerfrische, Luftkurort und Wintersportplatz entdeckt worden ist, vielleicht, weil es ein wenig abseits der Heerstraße liegt. Von Linz zweigt die Bahn nach Selzthal ab. An freundlichen Orten im Kremstal geht es vorbei. 
Bei Klaus beginnt sozusagen erst die „Landschaft“. Immer höher werden die Berge, die immer näher an die wildpolternde, glasklare Steyr drängen und mit einem Male ist die kleine Schnellzugsstation Dirnbach-Stoder erreicht, in der das schmucke Postauto bestiegen wird, das nun an den steilen Nordflanken des Kleinen Priel vorüber den Weg in das Alpenparadies nimmt, das seinerzeit ängstlich von hohen Herren vom Fremdenverkehr abgeriegelt war, um die reiche Jagd, die auch heute noch viele anlockt, nicht zu stören. 
Nun geht es in Windeseile über eine vorbildlich schöne Autostraße durch die wilde Enge
der Steyr mit stets wechselnden großartigen Naturbildern, imponierende Gipfel und Kammerhebungen ragen aus den erstarrten Faltenbändern einstiger Sandbänke empor, tosende Wasserfälle stürzen herab, plötzlich wird das Tal weit und über einem wundervollen, sonnbeglänzten Kessel, den Obsthaine, bunte, blumenverzierte Bauernhäuschen, prächtige Villen, Gehöfte und der stürmisch rauschende Fluss beleben, schmiegen sich dichte, tiefdunkle Nadelwälder als grünsamtener Talar unvermittelt gegen den Himmel. Die pittoreske Barriere des unvergleichlich herrlichen Toten Gebirges, das in diesem gottbegnadeten Tal zu überirdisch schöner Geltung kommt, bildet eine märchenhafte Kulisse.
Die von der riesigen Felswüste in schroffen Wänden und Hängen, kaminartigen Rissen und Schluchten herniederbrechenden gigantischen Abstürze, die Kühnheit des Aufbaues der Felsendome, die wildzerklüfteten Karenfelder, die grausigen Schutthalden, die kahlen scharfkantigen Klippen und nicht zuletzt das wunderbare Farbenspiel, das den hellen Kalkhünen zwischen dem Rotgoldglanz der Sonne und dem Dunkelblau der Schatten hält, verursachen, dass die Kalkberge an Großartigkeit, an Abwechslung auch den höchsten Eis- und Schneethronen über sind.
Der Große Priel ist der unumstrittene, meistumworbene König des Hochplateaus. Mehr als zehn Anstiege führen zu ihm empor, auf dessen Spitze
(2515 m) der Blick vom Schneeberg bis zu den Karawanken, auf den Böhmerwald, das bayrische Flachland, über die Hohen Tauern bis zum Kaisergebirge frei wird. Ein 224o kg schweres Eisenkreuz— dessen Entwurf in einer Pension des Tales zu sehen ist— wurde von Einheimischen hinauf getragen. Nach ihm genießt der zweithöchste Berg, die Spitzmauer (2446 m) hohes Ansehen, deren kühngeformte Felspyramide in den Himmel sticht. Auch der Hochmöbling (2332 m) mit herrlichem Fernblick, das Warscheneck (2386 m), die interessanten Übergänge über das Tote Gebirge in das Steirische Salzkammergut, das Riesenplateau selbst mit den zahllosen Unterkunftshütten— das Tote Gebirge hat 5o Gipfel über 
2000m und 100 über 15oom— lassen es leicht begreiflich erscheinen, dass das Stodertal ein berühmtes Touristenstandquartier ist. Für den gemütlichen Spaziergänger sind schön gepflegte Wege vorhanden, zu verschiedenen Jausenstationen, durch das ganze fünf Kilometer lange Stodertal, das einem einzigen, unsagbar schönen Garten gleicht, den das Postauto bis zum letzten Winkel erschließt. Bequeme Waldwege führen auch nach Vorderstoder, zur Dietlhöhle und in die schon oft zum Malermotiv gewählte Polsterlucke mit dem romantischen Talschluss, vom Hohen Priel und der Spitzmauer gestellt, deren lichte Konturen sich im mitisgrünen Schiederweiher spiegeln.
Zu all den Vorzügen der Natur findet der Gast, der überall gerne gesehen ist, denn der Wert des Fremdenverkehres ist hier längst erkannt, auch überaus ansprechendes Wohnbehagen. Erstklassige, mit allem Komfort wie Zentralheizung, Badezimmer, Warm- und Kaltwasser, Tanzdiele, Liegehallen, Garagen usw. ausgestattete Häuser dienen dem verwöhntesten Ausländer. Einfache Gasthöfe und Pensionen entsprechen der Kasse des Mittelständlers, an den hier erfreulicherweise vielfach gedacht ist. In Bauernhäusern gibt es auch Sommerwohnungen mit Küchen und ganz bescheidene, aber nette reine Zimmer, kaum ein Haus, das nicht auf Fremdenbesuch eingestellt ist, ein Verdienst der rührigen Fremdenkommission des Stodertales, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, dieses herrliche Stück Alpenwelt dem großen Fremdenverkehr zuzuführen. Sie hat auch ganz besondere Pläne, die von einem Riesenhotel am Eingang der Polsterlucke, einem Strandbad inmitten des Tales träumen, nur fehlt es vorläufig, wie überall, am Geld! Aber sie tut auch jetzt schon das Menschenmöglichste. Es gibt stimmungsvolle Sommerfeste, eine Parkmusik, Tanzabende, an denen die schönen Mädchen und Frauen des Tales in ihrer kleidsamen Tracht mit der ,,Linzerhaube“ erscheinen. (Viele von ihnen aber sind zum Bubikopf übergegangen und auch der kurze Rock ist an der Tagesordnung.) Eine neue prächtige Turnhalle, die auch als Theater- und Kinosaal Verwendung finden wird, hat in ihrem Garten Turn - und Sportplätze. Überall arbeitet man für den fremden Gast. Bauernhäuser bauen Stockwerke auf, setzen Holzbalkons an, Gasthöfe errichten Dependencen, machen Speisesäle und Glasveranden, alles ist frisch „geweißigt“ und gestrichen. Sogar die großen Hofhunde der einzelnen Gehöfte und Gasthäuser sind anscheinend zu besonderer Liebenswürdigkeit angehalten, denn Lord, Bosko, Fricka und wie sie alle heißen, wedeln fremdenfreundlich, ja selbst das zahme Reh, Butzi, das sich ungeheurer Popularität erfreut, lässt sich ausnahmsweise streicheln.
Hinterstoder ist auf den Glanz hergerichtet. Alle seine Stammgäste, zu denen zwei deutsche Fürsten zählen, die nach dem Umsturz Besitztümer erwarben, Getreuen aus Wien, Beamte, Industrielle und Ärzte sind hier zur Erholung. Sie machen aber wenig Propaganda dafür, denn sie lieben das stille festlich geschmückte Tal eben wegen seiner Abgeschiedenheit, seines berückendschönen atemberaubenden Panoramas, seiner würzigen Bergluft und seines nervenstärkenden Klimas. Sie übersehen dabei aber, dass das Stodertal von solcher Ausdehnung ist, dass auch bei einem vielfachen Fremdenverkehr noch immer der Zauber seiner idyllischen Einsamkeit unberührt bliebe!


Sonntag, 17. November 2024

Eine Zeltstadt am Fuße des Toten Gebirges.














Die Mühlviertler Nachrichten vom 24.Juni 1932 berichten von einem großen Zeltfest der Pfadfinder in Hinterstoder.

Das wird das erste Korpslager des Oesterreichischen Pfadfinderkorps St. Georg werden. Alle Bundesländer rüsten,- alle Gruppen möchten dabei sein; bei den Wanderungen ins Gebirge und daheim bei den großen Lagerfeuern! Festtage pfadfinderischer Kameradschaft sollen es werden, die Tage von Hinterstoder. Das große Lager wird am 16. Juli eröffnet und dauert bis 27. Juli. Die verschiedenen Lagerämter sind eifrig an der Arbeit; die Pfadfinder wollen und werden diese Kraftprobe — das ist das Korpslager — in Ehren bestehen. Die Öffentlichkeit sieht dem Korpslager mit größter Aufmerksamkeit entgegen.
„Ich habe zur selben Zeit noch drei Urlaubstage, zwei spare ich für Hinterstoder; so ein Schauspiel sieht man nicht alle Jahre". So und ähnlich hört man reden. Eine ganz besondere Auszeichnung für die Pfadfinder bedeutet es, daß sogar der Herr Bundespräsident Miklas seinen sicheren Besuch im Korpslager zugesagt hat.



Freitag, 8. November 2024

Vom frühen "Fremdenverkehr" und alten Ansichtskarten


Karl Krahl Schutzhütte erbaut 1884

Schutzhöhle am Priel errichtet 1875


Hinterstoder ca.1910

Ca.1920

Ca.1930

Vorderstoder vor  1881,
 denn da wurde der Kirchturm in die derzeitige, neugotische Form umgebaut.



Freitag, 1. November 2024

Ausflug von Windischgarsten auf den großen Priel.

Der große Priel (2515 m) war für Bergsteiger schon immer ein begehrtes Ziel, wie die Zeitschrift "Adler" berichtete. Allerdings war das Bergsteigen mit der Ausrüstung vor rund 200 Jahren, eine Herausforderung der man gewachsen sein musste.
Der Artikel wurde etwas gekürzt und an unsere Zeit angepasst.



Den 3. September 1840 ging ich mit dem würdigen Hrn Pfarrer Knoll, meinem verehrten Vetter Müllhofer, Hrn. Religionsprofessor Riedl aus Linz, Hrn. Schullehrer Westermaier, einem Techniker und einem Modeherrchen aus Wien, von Windischgarsten nach Hinterstoder, einem Dörfchen am Fuße des Priel, ganz von hohen Bergen eingeschlossen.
Beim Herrn Pfarrer Weiß in Stoder, wo wir freundliche Aufnahme fanden, nahmen wir ein tüchtiges Essen ein, und befeuerten uns auf die zu bestehenden Beschwerlichkeiten mit gutem Österreicher und feurigen Steiermärker.
Der uns führende Jäger erhielt einen ziemlichen Sack mit Weinen und Mundvorrat. Jeder von uns erhielt einen starken mit Eisen beschlagenen 6 bis 8 Fuß hohen Stock (1 Fuß = 30 cm). Bergeisen (Steigeisen) war nur ein Paar für den Hrn Professor vorhanden; Bergschuhe nahmen nicht alle, nur musste sich das Modeherrchen gefallen lassen, dass man seine Tanzstiefelchen mit Nägeln beschlug. So ausgerüstet zogen wir (mit Ausnahme des Hrn. Knoll und Hrn. Müllhofer, welche beim Hrn. Pfarrer Weiß zurückblieben) vorwärts.
Die ersten vier Stunden ging es gut, dann schon beschwerlicher. Wir mussten über steile Felsen, neben tiefen Höhlen, wo man alle Sinne zusammen nehmen musste. Der Modeherr war schon sehr müde und wollte jeden Augenblick ausruhen. Seine eleganten, hier unzweckmäßigen Kleider hinderten die Bewegung, bis Rock und Beinkleider aufsprangen.
Endlich gelangten wir um 8 Uhr Abends in die oberste Alpenhütte; doch war hier schon alles ausgezogen, die Tore verschlossen, die Fenster so klein, dass niemand durchschlüpfen konnte; wir waren daher genötigt, die Türe einzuschlagen; dann machten wir am Herd ein tüchtiges Feuer an, und bemerkten, als sich der Rauch verloren hatte, noch eine andere Türe, welche vom Jäger geöffnet wurde. Hier fand sich guter Schmetten (saure Milch) vor, in dem sogleich Brot eingebrockt wurde, welches in einem großen vorgefundenen Milchschöpfer der Reihe nach herum gegeben wurde. Dann ging es an unseren Mundvorrat und mit einigen Zügen aus der Weinflasche schlossen wir unsere Abendmahlzeit.
An ein Schlafen war nicht zu denken, denn es war in der Hütte zu wenig Raum, und weder Stroh noch Heu vorrätig, um ein Lager bereiten zu können. Wir waren froh, einiges Holz und Reisigbündel zu finden, um das Feuer unterhalten zu können, da es ziemlich kalt wurde. Die Nacht war sehr hell und die Sterne blinkten freundlich auf unsere idyllische Wirtschaft herab. Wir waren 5400 Fuß hoch. Um 2 Uhr früh brachen wir auf.
Nun hörte, mit Ausnahme einiger Alpenkräuter, die Vegetation auf. Es wurde sehr frisch, wir knöpften uns die Röcke zu. Ich kletterte gleich nach dem Jäger, und so empfand ich bald eine Erwärmung. Das Steigen wurde nun immer beschwerlicher, nicht so sehr über die nackten Felsen, als über lose Steine, wo man oft wieder herabrutschte, was man mit Mühe und Anstrengung erklommen hatte. So ging es über zwei Stunden, immer mehr began. Es begann zu dämmern, die Sterne schwanden und endlich erglänzte im Rosenlicht der Gipfel des Priel. Ein erhabener Anblick! Unten alles noch im Dunkel gehüllt, hier schon Tag. Nun ruhten wir eine Viertelstunde, taten einige Züge aus der Weinflasche. Aber der Wein wollte nicht in der Nähe der Gletscher und Schneefelder wirken. Da gab uns der Jäger, unser tüchtiger Führer, Branntwein; das tat wohl und wärmte. Nachdem wir uns so gestärkt, stiegen wir über einen steil hervorragenden Felsen, wo Einer dem Anderen half, in eine Ebene, welche sich gegen die Bergseite zu immer mehr emporhob. Hier kamen wir zum ersten Gletscher. Es ist ein eigenes Gefühl, im Sommer unter eine solche Eismasse zu kommen. Ich dachte mir ein Eisfeld recht glatt, indessen fand ich Unebenheiten, wie durcheinander geworfene Steine und was das gefährlichste ist, Sprünge und Spalten, wo kein Auge das geheimnisvolle Dunkel durchdringt; nur tief unten hört man die Wasser dumpf brausen. Mit Furcht und Freude betraten wir das Eisfeld. Der Professor kam so ziemlich mit seinen Steigeisen darüber, wir anderen behalfen uns mit den Stöcken so gut als möglich, doch ging es mühsam. Zuerst machten wir eine Art von Stiege und schwangen uns dann mit den Stöcken von einer Stufe zur anderen; so hatten wir dreiviertel des Eisfeldes überschritten. Nun konnten wir nicht mehr weiter. Es ging zu steil, und ein unvorsichtig gewagter Schritt, ein einziges Ausrutschen würde uns das Leben gekostet haben. Jeder grub sich daher ein großes Loch und setzte sich hinein; die Füße waren vor Kälte beinahe erstarrt. In diesem Moment bekam unser Modeherrchen das Bergfieber. Er wurde bleich, konnte sich kaum mehr halten, und schloss, um sich des Schwindels zu erwehren, die Augen. Mit großer Mühe trug ihn der Jäger mit Hilfe des Hrn. Professors über das Eisfeld die steilen Felsen hinauf. Hier kamen wir zu einer furchtbaren Spalte, unten hörten wir die Wasser brausen und doch mussten wir hinüber. Wir legten daher unsere Stöcke über den furchtbaren Schlund und bildeten so eine Art Brücke und krochen einer nach dem anderen auf den festen Felsen hinüber. Alle erhoben auf einmal ein Freudengeschrei, als wir wieder festen Fuß fassen konnten. Hier rasteten wir wieder, nahmen einige Erwärmungen aus der Flasche; der Patient, dem wir ebenfalls Branntwein mit Eis und Brot vermischt darreichten, fühlte sich außer dem Bereich des Eisfeldes besser, jedoch schwach und blieb hier in einer Felsenhöhle, bis wir zurückkommen würden. Bis zum Gipfel hatten wir noch eine Stunde. Wir stiegen schnell und gerade unserem Ziele entgegen, als wir bei einem Felsenstück wieder ein neues Hindernis fanden. Der Fels war ganz locker und drohte bei der mindesten Berührung herabzustürzen und uns zu zermalmen. Wir nahmen daher einen Umweg über noch steilere Felsen (den sogenannten Gamssteig). So arbeiteten wir uns eine viertel Stunde fort als der Jäger stehen blieb, sein Fernrohr nahm und mit gespannten Augen die Spitze des Priel betrachtete. — Mit furchtbarem Ernst verkündigte er uns, dass all unsere Müh' und Anstrengung vergebens sei, denn wir müssen sagte er schleunigst umkehren, indem bald ein Nebel eintreffen werde. Und wirklich, wir machten noch Vorstellungen, als sich am Gipfel eine Nebelwolke senkte, die sich mit reißender Schnelligkeit allenthalben verbreiterte und uns alle Aussicht nahm, so dass wir kaum auf 10 Schritte sehen konnten. Missmutig wurde umgekehrt, der Patient hatte sich doch erholt, und so stiegen wir auf der anderen Seite des Berges herab. Wir passierten noch 6 Eisfelder, von denen eines mir immer in Erinnerung bleiben wird. Der dichte Nebel begann zu reißen und in wenigen Augenblicken erfolgte ein furchtbarer Gussregen dass das Wasser in Strömen herab floss. Ich rutschte aus, fiel und machte eine Art Rutschpartie über ein Eisfeld, dass mir der Meniskus tüchtig brannte, wobei die Beinkleider ganz zerfetzt wurden. Endlich gelang es mir, mich mit den Händen in eine Schichte Schnee einzukrallen. Der Stock entfiel meinen erstarrten Händen. Die anderen kamen auch nicht viel besser davon und jeder hatte über einen schmerzenden Arm oder Fuß zu klagen. Der Wind war sehr scharf, der Regen so kalt, dass wir vor Kälte zitterten. So stiegen wir 4 Stunden herab ehe wir zur Alpenhütte kamen. Einen Augenblick hielten wir uns nur auf, dann eilten wir noch 5 Stunden bis wir am Fuße des Berges anlangten. Der Regen hatte nachgelassen, die Sonne kam aus den Wolken hervor, und mit Freude und Schmerz blickten wir auf den Gipfel des Priel. Der früher nackte Felsen war ganz mit frischem Schnee bedeckt, welch eine Lage wenn uns das Schneegestöber oben überrascht hätte. Wir wären wahrscheinlich verunglückt, weil wir nicht gewusst hätten, wo wir den Fuß hinsetzen sollten. Dann diese Kälte, kein Proviant — wir dankten dem lieben Herrgott, dass wir noch so davon kamen.

Beim Hrn Pfarrer Weiß im Hinterstoder angelangt erwartete uns schon ein stärkendes Mahl, welches uns unbeschreiblich wohl tat. Mehrere glückliche Ersteigungen wurden von Hrn. Pfarrer erzählt, indessen gehört es auch noch in dieser Gebirgsgegend zur Seltenheit den großen Priel bis zur Spitze bestiegen zu haben. Von dort aus, wo man eine der großartigsten Fernsichten bis Bayern und Tirol genießt. Nach einigen Tagen bestiegen wir das Hoheneck,6405 Fuß. Hier sahen wir von oben herab mehrere Rudel Gämsen ganz ruhig weiden, die Aussicht hatten wir bis Linz. Wir erkannten den Großglockner und den Watzmann, im Salzburgischen, — wie wenig bekannt sind noch diese großartigen Naturschönheiten in diesem Teile von Oberösterreich! Wir staunen über manche Schweizergegend und mit Ausnahme von Montblanc, Chamoune und dem Genfersee haben wir Österreicher dieselben großartigen Naturschönheiten ganz nahe in unserer Heimat.







Freitag, 25. Oktober 2024

Vom stolzen Hutschmuck unserer Gebirgler

Die Oberdonau-Zeitung vom 29.10,1943 berichtet "vom stolzen Hutschmuck unserer Gebirgler"  wie ein Gams-, Hirsch- oder Dachsbart bei der „Bartbinderin“ Rosa Fahrnberger in Micheldorf vor rund 100 Jahren entstanden ist. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Ein kleines Stück außerhalb Kirchdorf an der Krems, auf halbem Weg zum Schloß Pernstein, liegt das „Gasthaus am Buchenhain“ — die „Groileiten“ —, ein beliebter Ausflugspunkt der Kirchdorfer und zahlreicher Fremder, die die Schönheiten des Kremstales näher kennen lernen wollen.
Durch einen schönen Buchenhain, der in allen Farben seines herbstlichen Kleides prangt und den schon die kalten Nebel durch ziehen, kommen wir hinaus in freies Gelände. Gleichzeitig sind wir aus dem Nebel heraus und können nun das wunderbare Schauspiel eines wogenden Meeres bewundern, das sich unter uns breitet und das ganze Kremstal erfüllt, während die herbstliche Sonne warm aus wolkenlosem Himmel auf uns herniederstrahlt. Ein Rundblick zeigt uns, fast greifbar nahe, Schloß und Ruine Pernstein, darüber den Hungerturm, und gibt den Blick frei auf den Hirschwaldstein, dann gleitet unser Auge über die Gipfel des Sengsengebirges, springt hinüber auf die reich gezackte Kette der Kremsmauer,ein weiter auf hügeliges Gelände, von dem uns der Magdalenaberg mit seinem Bergkirchlein grüßt, um schließlich in dem immer breiter werdenden und unter dem Nebeimeer ruhenden Kremstal sich zu verlieren.
Das so malerisch gelegene Gasthaus lädt zum Eintreten ein.
Hier wohnt Frau Rosa Fahrnberger, eine Siebzigerin,(1943) die seit über vierzig Jahren das seltene Gewerbe des Bartbindens ausübt. Ein Besuch in ihrem Stübchen offenbart uns das Geheimnis ihrer Kunst. Ein Tisch und ein Sessel sind ihre gesamte Arbeitsstätte. Auf dem Tisch liegt eine Unmenge von Barthaaren, die durch die Geschicklichkeit dieser Frau bald einen schönen Hutschmuck bilden werden. Frau Fahrnberger hat gerade Bärte von Gemsen, Hirschen, Dachs und Wildschweinen in Arbeit. Die Haare für den Hirschbart stammen vom Hals dieses Königs unserer Hochgebirgswälder, der Gamsbart wird aus den Haaren am Rücken der Gemse gemacht. Auch der Dachsbart stammt vom Rücken des Meisters „Isegrimm“. Wir sehen, wie die Barthaare ausgekämmt werden. Wir staunen wie wenig von einer an sich so großen Menge Haare für einen Bart übrig bleibt. Nun werden die Haare sortiert. Zu diesem Zweck kommen sie in schmale Glasröhrchen, werden geschüttelt, damit die Reifen — das ist das meist lichter gefärbte Ende der Haare — gleich werden und es ist eine äußerst mühsame Arbeit, bis in den zahlreichen Glasröhrchen Haare gleicher Länge beisammen sind. Ein Bart ohne Reifen ist wertlos. Je stärker und breiter und je weißer der Reifen ist, desto schöner, begehrter und teurer ist der Bart.
Die nach Längen sortierten Haare werden nun „gebrückt“, das heißt, das untere Ende der Haare wird in flüssiges Wachs getaucht und nach dem Erhärten sehen die Büschel schon wie kleine Bärte aus. Eine selbstgezimmerte Vorrichtung aus einem Holzklotz, auf dem ein kleines Petroleumlicht brennt und auf einem stehenden, mehrfach eingekerbten Stock ein Löffel verstellbar angebracht ist, in welchem durch das Licht das Wachs zum Schmelzen gebracht wird, dient zum „Brücken“ der Haare. Die gebrückten Büschel werden nun auf dem Tisch wieder nach Längen sortiert und so viele bereit gelegt, als man zu einem Bart braucht. Nun werden die kurzen Büschel, eines nach dem anderen, auf einem Draht zusammengedreht, die längeren außen, und so entsteht vor unseren Augen allmählich der Bart.
Wir erfahren auch, dass ein schöner Bart nur bis zu einem Drittel seiner Gesamtlänge unterbunden sein darf, zwei Drittel der Haarlängen also frei stehen sollen. Auch soll ein Bart stehen wie eine Rose, d. h. die Haare sollen nach allen Seiten leicht und weich auseinanderfallen. Der fertige Bart wird unten noch mit einem grünen Tuch eingefasst.
Aus aller Herren Länder hat Frau Fahrnberger Aufträge und sie zeigt uns manchen Dankesbrief, worin ihre Kunst gewürdigt wird. Der Gams- und Hirschbart ist von unserer landesüblichen Tracht nicht wegzudenken und stolz trägt der Jäger und Förster, genau so wie der Holzknecht, den Bart eines Hirschen oder einer Gemse zur Ledernen, wochentags wie im Sonntagsstaat.
Und ob sich nicht über manchen schönen Bart der Förster den Kopf zerbrechen mag? Heißt es doch im Volksmund, dass der Bart nur dann richtigen Wert hat, wenn man auch das Wild selbst erlegte ...
Wir haben die genaue und feine Arbeit der Frau Fahrnberger bewundert, die trotz ihrer 70 Jahre noch sehr rüstig ist und mit sicherer Hand die schönsten Bärte bindet. Jedenfalls aber lernten wir hier ein Gewerbe kennen, das gewiß mit zu den seltensten gezählt wird.                                                                   Rudolf Fina

Rosa Fahrnberger




Freitag, 18. Oktober 2024

Aus dem Toten Gebirge.

Bergsteigen und Wandern im Toten Gebirge war schon im 19. Jhdt. für manche Städter ein begehrtes Ferienziel. Der Fremdenverkehr (heute Tourismus) wurde beworben. Bergführer boten ihre Dienste an und Schutzhütten wurden gebaut.




















"Wenn man dem Laufe der Steyr, jenes Flusses, der einer ganzen Stadt den Namen gab entgegenstrebt, erreicht man nach mehrstündigem Wandern einen von hohen und malerisch geformten Bergen eingeschlossenen Talkessel, auf dessen Grund zerstreut liegende Gehöfte und Hütten nebst einer kleinen Kirche den Ort Hinterstoder bilden. Wir befinden uns hier am Fuße des interessantesten und zugleich höchsten Gipfels des Toten Gebirges, nämlich des 2514 Meter hohen Großen Priel.
Von hier aus ist die Besteigung desselben, sowie überhaupt ein Besuch des Toten Gebirges, das sowohl für den Maler als für den Geologen gleich interessant ist, am bequemsten auszuführen. Man erreicht, nachdem man den eine Wegstunde entfernten pittoresken Felskessel die Polsterlucke durchschritten hat, nach 2 Stunden, beinahe immer durch schönen Wald ansteigend, die obere Polsteralm, wo ein bequem eingerichtetes Schutzhaus zur Ruhe einladet. Von hier aus präsentiert sich nun der Große Priel in nächster Nähe und wir können bereits ganz genau das eiserne Kreuz auf seiner Spitze unterscheiden. Nun geht es über Geröll zu einem ziemlich großen schräg abfallenden Schneefeld, dem weithin sichtbaren Wahrzeichen des Großen Priel und nach Überschreitung desselben, vorüber an der alten Schutzhöhle, hinauf über Felsen und grobes Geröll, den zerrissenen Kamm entlang zur Spitze, die wir vom Schutzhaus aus in vier Stunden erreichen. Wir lagern uns nun unter dem 8 Meter hohen und 2240 Kilogramm schweren, schon erwähnten, eisernen Kreuz, und bewundern das großartige und in seiner Art einzigartige Panorama, das sich hier vor unserem Auge aufrollt.
Die weiße, zackige Linie der hohen Tauern, der Dachstein mit all seinen Vasallen, die schroffen Berge des Ennstales, in weiter Ebene die Lieblinge der Wiener, Rax und Schneeberg, noch weiter hinaus die Grenzmarken Ungarns, des Böhmerwaldes und die bayerische Ebene im Westen bilden einen Kranz um uns, an dem sich das Auge trunken schaut; und nun aber, nachdem wir auch unserer näheren Umgebung einige Aufmerksamkeit schenken wollen, finden wir uns auf's Neue und nicht weniger gefesselt durch ein Bild großartiger Wildheit und Verödung. Meilenweit ausgedehnt liegt zu unseren Füßen ein Chaos von Felstrümmern und stellenweise mit Schnee bedeckten Karrenfeldern, oft stundenlang ohne jede Vegetation, ohne Spur von etwas Lebendem; kühn ragen einzelne Kolosse über diese Steinwüste heraus; so in nächster Nähe die zuckerhutförmige, sich aufbauende Spitzmauer, das Rotgeschirr und der Elmkogel.

Es ist das Tote Gebirge im vollsten Sinne des Wortes und wann auch dieser Name nicht bei dem ganzen, weit ausgedehnten Gebirgsstock gerechtfertigt erscheint, so ist er doch für den allgemeinen Charakter zutreffend. Wer nun gut zu Fuß ist und einen weiteren Marsch von 8 Stunden nicht zu scheuen braucht, der kann von hier aus eine beschwerliche, aber äußerst interessante Wanderung über das Plateau antreten. Vor Allem gehören aber dazu ein guter Führer und sicheres Wetter: der eintretende Nebel kann verhängnisvoll werden.
Zuerst geht es nun ein Stück den Grat zurück und dann über grobes Gerölle hinab in das mit Felstrümmer und Schnee ausgefüllte Fennerthal, von dem unser unteres Bild einen Teil darstellt; man sieht das Massiv des Rotgeschirrs und mehr in der Mitte grüßt über dem Elmkogel der leuchtende Gletscherschild des Dachsteins herüber. Von hier aus geht's auf und ab über Karre und Trümmerflächen ohne jede Vegetation. Erst nach mehreren Stunden steigen wir einen steilen Hang hinunter und wir begrüßen wieder die ersten Spuren von Baumwuchs. Bald darauf kommen wir auch zu einer Quelle, die unterhalb der langgedehnten Wand des sogenannten Geiernestes hervor rieselt und uns den schon heiß ersehnten Labetrunk spendet. Weiterhin kommt ein kleiner, stiller See, der Elmsee und nun geht es, an dem fürstl. Kinsky'schen Jägerhaus in der Elmgrube und dem tief unten liegenden hinteren Lahngangsee vorüber, durch einen schönen Lärchenwald zur Lahngangalpe am vorderen Lahngangsee, den unser Bild darstellt und der, in einer Höhe von nahezu 1600 Metern gelegen, so recht den Charakter eines Hochgebirgssees trägt. Von hier geht es nun den See entlang, von dessen jenseitigem Ufer nochmals die lichten, kahlen Wände des Roitgeschirrs sichtbar werden und dann über steile Waldhänge, vorüber an der im reizenden Talkessel tief unter uns liegenden Vorderbachalpe, hinunter zum herrlichen Grundelsee, wo wir im Gasthaus der wohlverdienten Ruhe pflegen. Von hier aus darf man auch nicht versäumen, dem einige Minuten entfernten, lieblichen Toplitzsee, sowie dem kleinen Kammersee einen Besuch abzustatten".








Freitag, 11. Oktober 2024

Die bescheidene Haferration

Die Oberdonau-Zeitung berichtete am 6.6.1944 über den berühmten Maler Edgar Degas (geb. 1834, gest. 1917). Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Einer der berühmtesten Impressionisten Frankreichs war der 1917 verstorbene Maler Degas, der die letzten Jahre seines Lebens in einem ziemlich armseligen Atelier im Montmartre verbringen musste, obwohl seine Bilder bei den verschiedensten Versteigerungen sensationellste Preise erzielten.

An einem Frühlingstag des Jahres 1912 wurde zum Beispiel sein Gemälde „Les danseuses ä la barre“, für das er, sage und schreibe, 500 Francs bekommen hatte, mit 435.000 Francs bezahlt.

Ein Journalist, der dieser Versteigerung beigewohnt hatte, geriet darüber, dass der Maler auch nicht einen Centime von diesem Riesenbetrag bekam, in helle Empörung. Er eilte sofort zu Degas und teilte ihm atemlos mit, dass sein Bild „Les danseuses ä la barre“ soeben einen Verkaufspreis von 435.000 Francs erzielt habe. „Das ist ein schöner Preis", sagte Degas, nicht mehr und auch nicht weniger. „Ist das alles, was Sie zu diesem Irrsinn zu sagen haben, Monsieur?“ fragte der Journalist. „Eigentlich ja“, erwiderte der halbblinde Maler. „Ja, sind Sie denn gar nicht empört darüber, dass man sie, den so berühmt gewordenen Künstler, dessen Bilder von Jahr zu Jahr höhere Preise erzielen, in diesem kahlen Atelier hausen lässt? Dass Sie auch nicht einen Centime nur von diesen 435.000 Francs erhalten? Dass die herrlichen Bilder, die Ihre Hand gemalt hat, anderen, die kaum einen höheren Gedanken denken können, Vermögen einbringen?!“

 „Nein, Monsieur", lächelte Degas. „Ich bin eben wie das Rennpferd, das den Großen Preis gewonnen hat: Ich begnüge mich mit meiner Haferration.“ Kopfschüttelnd nahm der junge Journalist Abschied von Degas, der schon längst über den Irrsinn der Welt lächeln gelernt hatte.

Edgar Degas

Edgar Degas Selbstbildnis

                                                                              Gemälde







Edgar Degas 

Freitag, 4. Oktober 2024

Verheerendes Hochwasser im August 1897

Das "Linzer Volksblatt" berichtete von einem gewaltigen Hochwasser am
4. August 1897 in Innerstoder (Hinterstoder) das großen Schaden anrichtete.

"Der Hinterberg und die Polsterlucke wurden am wenigsten betroffen. Erst nach der Vereinigung der beiden Steyrstränge (die Steyr mit der Krummen Steyr) begann das Wasser, insbesondere bei den scharfen Krümmungen, aus den Ufern auszutreten, Schächte zu schädigen, die Dietl-, Goier-, Melch-, Jaidhauser- und Schramthalerbrücke, 3 Stege, 1 Wehre und die Holzsperre "d´Goaßsulz" wegzureißen. Großen Schaden erlitten die Bauern : Klinz, Leitner, Huemer und Steger. Die Strumboding war fast kein Wasserfall mehr; schon bald eben schoss die Flut dahin. Aus dem finsteren Schlund der Kreidelucke strömten große Mengen Wasser.
Seine königliche Hoheit Herzog Philipp von Württemberg weilte mit dem Prinzen Robert und einem Kämmerer zum Jagdaufenthalt hier. Die Jagdhausbrücke war bereits weggerissen, die Kohler- und Stegerbrücke standen in höchster Gefahr ebenfalls weggerissen zu werden. Mit den Pferden war an kein Überschreiten zu denken. Da wurde auf einem Leiterwagen bespannt mit starken Ochsen  im Wasser gestützt von Jägern und kräftigen Männern, die Überfahrt über die schwankende Stegerbrücke gemacht und Herzog Philipp konnte über Vorderstoder abreisen".


 Instandsetzung der Schramthaler Brücke


Die Steyr bei der Schmalzer Kapelle


Rechts im Bild Herzog Philipp von Württemberg nach der Jagd

Freitag, 27. September 2024

Dr. Wilhelm Svetlin, Urlaubsgast und Ehrenbürger von Windischgarsten

Der treue Wiener Gast und "Sommerfrischler" in Windischgarsten, Dr.Wilhelm Svetlin (geb.1849, gest. 1914) war ein bedeutender Arzt und Psychiater. Er gründete die erste Privatanstalt für Gemüts- und Geisteskrankheiten in Wien, die ihres hervorragenden Rufes wegen von Patienten aus vielen Ländern besucht wurde. Auch einige prominente Künstler, wie z.B. der Komponist Hugo Wolf, der Maler Carl Schuch und der Schauspieler Karl Wilhelm Meixner waren seine Patienten. Dr. Svetlin war Mitbegründer der Lungenheilanstalt für Tuberkulosekranke in Alland und er engagierte sich auch sehr um die Fürsorge verwahrloster Kinder.
In Windischgarsten stiftete er der Gemeinde drei Quellen für die Ortswasserleitung und rettete die schmiedeeisernen Grabkreuze des alten Friedhofs. 1908 stiftete er die "Kaiser Franz Josefs Kinderbewahranstalt" und auch das Gut Muetling den Schwestern vom Haus der Barmherzigkeit.

1902 ernannte ihn die Gemeinde Windischgarsten zu ihrem Ehrenbürger. 





Die ehemalige "Kaiser Franz Josef Kinderbewahranstalt"



Freitag, 20. September 2024

Anekdoten von Prominenten aus der Vergangenheit

Im  Prager Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Prager Tagblatt 20. Mai 1930
Das gute Brot.
Der verstorbene Münchener Bauernschriftsteller Queri pflegte jeden Samstag in ein Dorf, fast schon bei Freising, zu radeln, wo, wie er behauptete, das beste Landbrot von ganz Bayern gebacken werde. Spät abends erst kehrte er dann, drei, vier Brote, den Vorrat für die ganze Woche im Rucksack, todmüde aber fröhlich heim. Jedermann kannte diese Eigenart und respektierte sie. Um so erstaunter jedoch war man, als man ihn eines schönen Samstag nachmittags im Hofgarten missmutig an einer Virginia saugend vor einem schwarzen Kaffee sitzen sah.
„Bist du denn heute nicht zum Brot holen unterwegs?" fragte man ihn. „Ach nein", antwortete er ein wenig verlegen, „als ich das letzte mal draußen war, wisst ihr da sagte man mir, heute gebe es kein Brot und als ich fragte warum, was glaubt ihr hat man mir geantwortet? Das Auto von München, das immer das Brot bringt, sei heute ausgeblieben."

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Paul Morgan (geb.1886, gest.1938) Schauspieler, Komiker
Liane Haid (geb.1895, gest.2000) Schauspielerin, Sängerin

Der Schauspieler Paul Morgan begeisterte sich einmal sehr für seine Kollegin Liane Haid. Er sucht sie in der Garderobe auf und machte ihr Komplimente. Der Schauspieler Oskar Karlweis traf ihn vor dem Garderobengang und fragte ihn: „Hast du dich in die Haid verliebt?"— Mit rotem Kopf antwortete Morgan: „Nein — es ist nur eine rein künstlerische Begeisterung." „Erzähl mir" sagte Karlweis, wie sind deine Chancen?"—

Und Morgan erwiderte seufzend: „Schwach“! Sie hat zu mir gesagt: „Das geht nicht so von Haid auf Morgan“ ..

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Aristide Briand (geb.1862, Gest.1932)
Französischer Ministerpräsident
1926 Friedensnobelpreis 

Prager Tagblatt 30. September 1931 

Als Briand den Bahnhof verließ, wurde ihm, ehe er seinen Wagen bestieg, von zwei reizenden jungen Mädchen das Geleit gegeben, die ihn um seine Unterschrift für ihr Autogrammalbum baten. Nachdem Briand diese Bitte erfüllt hatte ergriff eines der Mädchen seine Hand um sie zu küssen.
“Oh," wehrte Briand ab, „noch bin ich nicht Kardinal."

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Prof. Adolf Lorenz (geb.1854, gest.1946)
Ehrentitel
"Vater der deutschen orthopädischen Chirurgie"
und Vater von Verhaltensforscher und
 Nobelpreisträger Konrad Lorenz

Prager Tagblatt 4. September 1929
Als Professor Lorenz, der berühmte Orthopäde, nach Amerika fuhr, um dort über
 seine Methode Vorträge zu halten, wurde er von vielen Seiten ersucht, auch einige praktische Behandlungen durchzuführen. Nun schreibt das Gesetz vor, dass sich in Amerika kein ausländischer Arzt betätigen darf, der nicht vorher dort approbiert (anerkannt) worden ist. Und so peinlich es auch war, man konnte bei Professor Lorenz ebenfalls keine Ausnahme machen. Also trat eines Tages eine Kommission zusammen. Professor Lorenz erschien als Prüfling und der Vorsitzende stellte an ihn die Frage: „Was können Sie uns über die Professor Lorenz-Methode erzählen?"

Freitag, 13. September 2024

Aus vergangenen Zeiten.

Auch der Kaiser muss müssen.

Kaiser Franz Joseph I (geb.1830. gest.1916)

Aus Bad Ischl wird berichtet:
Einst ging in Bad Ischl eine Anekdote von Mund zu Mund die sich bei einer Audienz beim Kaiser abgespielt haben soll.
Die Oberin der Krankenschwestern am Kaiserin Elisabeth-Spital, Schwester Sylvia Mrazek, wurde vom Kaiser in Audienz empfangen, um sich für das ihr verliehene Verdienstkreuz zu bedanken.
Die Audienz wurde für Ischl bewilligt, da die Schwester infolge ihres Berufes keine Zeit hatte, nach Wien zu reisen. In der Audienz nun fragte, wie man erzählt, die Schwester, nachdem sie ihren Dank abgestattet hatte: „Wie lange werden Eure Majestät noch in Ischl bleiben? Hoffentlich recht lange bei dem schönen Wetter," worauf der Kaiser erwiderte: „Nein, nein, im September muss ich wieder nach Wien." Da fragte die Schwester: „Majestät, der Kaiser sollte auch müssen?" Nun lachte der Kaiser herzlich: „Ja, auch der Kaiser muss öfters müssen. Wie oft muss ich, wenn ich auch gerne anders möchte."

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Über die Ehescheidung:
Zu einem Pfarrer kam einst eine Bäuerin mit der dringenden Bitte sie von ihrem
Mann zu scheiden, weil er so grob und roh mit ihr sei und häufig über ihre Wirtschaft schimpfe.
Der Pfarrer sagte, eine Scheidung sei unmöglich, aber die Bäuerin antwortete, es sei unmöglich, dieses Leben weiter zu ertragen und es werde ein Unglück geben, wenn die Scheidung nicht komme.
Darauf versprach ihr der Pfarrer, er werde also die Scheidung durchführen, aber nur unter der Bedingung, dass ihm die Bäuerin eine Schüssel Salz bringe, in welche jede Frau im Dorf einen Löffel voll Salz beigesteuert habe. Die Bäuerin, tat wie ihr geheißen und forderte von jeder Nachbarin ein bisschen Salz in ihre Schüssel.
Natürlich wurde sie gefragt, wozu sie das Salz brauche und gab die Geschichte ihrer Ehe zum besten. Darauf lachten alle Nachbarinnen und jede erzählte ihr, wie schlimm es in ihrer eigenen Ehe aussehe und was sie alles geduldig von ihrem Mann ertragen müssen. Als nun die Bäuerin mit der vollen Schüssel zu dem Pfarrer zurückkehrte, fragte sie dieser lächelnd, ob sie sich noch immer scheiden lassen wolle. Die Bäuerin verneinte, denn sie hatte durch Zuhören gelernt, dass keine Ehe ein Bienenstock mit lauter Honig sei.


Lessings Magd.

Gotthold Ephraim Lessing (geb.1729, gest.1781) war ein bedeutender Dichter der Aufklärung.
In einem verschollenen Aufsatz hat Max Ring eine Lessing-Anekdote erzählt, die er der Mitteilung eines Freundes in Wolfenbüttel verdankte. Dort lebte noch ums Jahr 1840 eine uralte Putzfrau, die bei Lessing gedient hatte.
Einige Verehrer des Dichters suchten die alte Frau auf, um von ihr etwas über das Leben Lessings zu erfahren. Dabei fragten sie sie auch danach, ob der Dichter geraucht habe. Die Magd, die auf ihren früheren Herrn überhaupt nicht allzu gut zu sprechen war antwortete unwirsch in ihrem plattdeutschen Dialekt:
„Hei harre nix. hei kunne nix, un' dachte ok nix, aber schmöken dau hei 'e ganzen Dag." (Er hatte nichts, er konnte nichts und taugte auch nichts, aber rauchen tat er den ganzen Tag.)

Freitag, 6. September 2024

Alte Zeitungen erzählen Geschichten aus der Vergangenheit

In der Linzer Tages-Post, im Linzer Volksblatt und in den Oberösterreichischen Nachrichten  konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst. 


(Linzer) Tages-Post 3. Juni 1893
Aufgefundene Leiche. Am 20. Mai 1893 fand, wie der „Steyrer Alpenbote" meldet, zu Hinterstoder Michael Löger, welcher ausgeschickt war, um Gemskrückel zu suchen, auf dem Berg „Langriegl" auf einem abgelegenen Platz, zu welchen von keiner Seite ein Weg führt, einen männlichen Leichnam, wovon er bei der Gemeindevorstehung in Hinterstoder die Anzeige erstattete. Eine in Klaus zufällig anwesende Gendarmerie-Patrouille, welche dies in Erfahrung brachte, begab sich im Verein mit dem Finder auf den Fundort, woselbst sie den Leichnam unter einem Baum auf der Erde liegend fanden. Derselbe war schon ganz verwest. Bei der Durchsuchung der Kleider fand man in der inneren Brusttasche ein Arbeitsbuch, welches auf dm Namen Thomas Korcensky lautete und nach welchem der Tote in Macicich im Jahre 1875 geboren und dahin zuständig, ledig, katholisch und Schneidergehilfe war und zuletzt vom 1. August bis 19. September 1892 beim Schneidermeister Winkelbauer in Niklasdorf gearbeitet hat. Der aufgefundene Leichnam wurde nach Hinterstoder gebracht, woselbst die gerichtsärztliche Obduktion vorgenommen wurde. Durch diese wurde konstatiert, dass der Mann eines natürlichen Todes gestorben ist, und zwar dürfte zufolge totaler Erschöpfung ein Herzschlag eingetreten und der Tote mindestens acht Monate dort gelegen sein. Der zu Mitterstoder Nr. 7 wohnhafte Josef Hackl erzählte, als er von diesem Leichenfund hörte, dass am 9. Oktober 1892, gegen
4 Uhr nachmittags, zwei Handwerksburschen, ein Schmied und ein Tischler, ganz erschöpft zu ihm kamen und um Nachtherberge ersuchten und auch erhielten. Diese berichteten damals, dass sie noch mit einem dritten Reisegefährten, einem Schneidergehilfen, glaublich von Mitterndorf in der Steiermark weggereist seien, beim Passieren des „Salzsteigs“ sich vergangen hätten und der Schneidergehilfe ganz erschöpft im Gebirge zurückgeblieben sei.

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Linzer Volksblatt 8. Juni 1911 
Eine Fuchsgeschichte.
Es ist schon längere Zeit her, so wird erzählt, dass zwei Jäger einen Fuchsbau auffanden. Der alte Fuchs entkam, die Jungen wurden ausgetrieben. Einer davon wurde erwischt, in den Rucksack gesteckt und dieser auf einen Ast gehängt. Die Jäger eilten sodann den zwei anderen Jungen nach. Doch waren diese schon in Sicherheit. Als man zurückkam, frohen Herzens darüber, wenigstens noch einen Fuchs erwischt zu haben, sah man, dass der aufgehängte Rucksack am Boden lag. Der kleine Gefangene hat es durch seine Bewegungen soweit gebracht, dass der Rucksack auf die Erde fiel. Hier war es ihm nun ein Leichtes zu entkommen.

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Gioachino Rossini (geb.1792, gest.1868)
Italienischer Komponist

Oberösterreichische Nachrichten 1. Juni 1949
Während eines längeren Aufenthaltes m Wien (1821—1823) war der Komponist Rossini des öfteren auch bei Fürst Metternich zu Gast geladen.
Eines Tages fragte ihn der charmante Hausherr:„Womit beschäftigen Sie sich jetzt, Meister?" „Ich arbeite an einer Oper, Durchlaucht, die „Semiramis" heißen soll. Jetzt bin ich gerade bei einer Stelle, wo die assyrische Königin ihren toten Gemahl in einer heroisch tragischen Arie zu beweinen hat, aber" „Aber?... Es fehlt Ihnen wohl ein passendes Motiv dazu?" fragte Metternich. „Durchlaucht haben es erraten!" pflichtete Rossini bei. „Es fehlt mir eine Melodie, die den Schmerz, die Klage gehörig und deutlich zum Ausdruck bringt!"- Da glitt über das schön geschnittene Gesicht des Diplomaten ein schelmisches Lächeln. Dann sagte er:„Solche von Schmerz und Klage erfüllte Melodien haben viele deutsche Lieder. Ich werde Ihnen gleich einmal eines davon vorsingen!" Und zum höchsten Erstaunen der Anwesenden sang Metternich die allbekannte Melodie Nägelis: „Freut euch des Lebens". Rossini war entzückt. Er verstand zwar den deutschen Text nicht und lauschte nur der Melodie. Und als der Fürst geendet hatte, rief er aus: „Ich danke. Euer Durchlaucht für den Genuß, den Sie mir bereitet haben. Aus dieser Melodie spricht in der Tat eine süße, ergreifende und dabei gewaltige Melodie, wie ich sie gerade für meine Arie brauche. So wie ich nach Hause komme, werde ich dieses prachtvolle Thema bearbeiten!" Daher kommt es, dass der Opernfreund in Rossinis Oper „Semiramis" zuerst in der Ouvertüre und dann in der erwähnten Arie plötzlich vertraute Töne an sein Ohr klingen hört: das verarbeitete „Freut euch des Lebens"...