Viel zu wenige kennen dieses schönste aller Alpentäler! Vielleicht, weil es erst seit
einigen Jahren als Hochgebirgssommerfrische, Luftkurort und Wintersportplatz entdeckt worden ist, vielleicht, weil es ein wenig abseits der Heerstraße liegt. Von Linz zweigt die Bahn nach Selzthal ab. An freundlichen Orten im Kremstal geht es vorbei.
Bei Klaus beginnt sozusagen erst die „Landschaft“. Immer höher werden die Berge, die immer näher an die wildpolternde, glasklare Steyr drängen und mit einem Male ist die kleine Schnellzugsstation Dirnbach-Stoder erreicht, in der das schmucke Postauto bestiegen wird, das nun an den steilen Nordflanken des Kleinen Priel vorüber den Weg in das Alpenparadies nimmt, das seinerzeit ängstlich von hohen Herren vom Fremdenverkehr abgeriegelt war, um die reiche Jagd, die auch heute noch viele anlockt, nicht zu stören. Nun geht es in Windeseile über eine vorbildlich schöne Autostraße durch die wilde Enge
Die von der riesigen Felswüste in schroffen Wänden und Hängen, kaminartigen Rissen und Schluchten herniederbrechenden gigantischen Abstürze, die Kühnheit des Aufbaues der Felsendome, die wildzerklüfteten Karenfelder, die grausigen Schutthalden, die kahlen scharfkantigen Klippen und nicht zuletzt das wunderbare Farbenspiel, das den hellen Kalkhünen zwischen dem Rotgoldglanz der Sonne und dem Dunkelblau der Schatten hält, verursachen, dass die Kalkberge an Großartigkeit, an Abwechslung auch den höchsten Eis- und Schneethronen über sind.
Zu all den Vorzügen der Natur findet der Gast, der überall gerne gesehen ist, denn der Wert des Fremdenverkehres ist hier längst erkannt, auch überaus ansprechendes Wohnbehagen. Erstklassige, mit allem Komfort wie Zentralheizung, Badezimmer, Warm- und Kaltwasser, Tanzdiele, Liegehallen, Garagen usw. ausgestattete Häuser dienen dem verwöhntesten Ausländer. Einfache Gasthöfe und Pensionen entsprechen der Kasse des Mittelständlers, an den hier erfreulicherweise vielfach gedacht ist. In Bauernhäusern gibt es auch Sommerwohnungen mit Küchen und ganz bescheidene, aber nette reine Zimmer, kaum ein Haus, das nicht auf Fremdenbesuch eingestellt ist, ein Verdienst der rührigen Fremdenkommission des Stodertales, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, dieses herrliche Stück Alpenwelt dem großen Fremdenverkehr zuzuführen. Sie hat auch ganz besondere Pläne, die von einem Riesenhotel am Eingang der Polsterlucke, einem Strandbad inmitten des Tales träumen, nur fehlt es vorläufig, wie überall, am Geld! Aber sie tut auch jetzt schon das Menschenmöglichste. Es gibt stimmungsvolle Sommerfeste, eine Parkmusik, Tanzabende, an denen die schönen Mädchen und Frauen des Tales in ihrer kleidsamen Tracht mit der ,,Linzerhaube“ erscheinen. (Viele von ihnen aber sind zum Bubikopf übergegangen und auch der kurze Rock ist an der Tagesordnung.) Eine neue prächtige Turnhalle, die auch als Theater- und Kinosaal Verwendung finden wird, hat in ihrem Garten Turn - und Sportplätze. Überall arbeitet man für den fremden Gast. Bauernhäuser bauen Stockwerke auf, setzen Holzbalkons an, Gasthöfe errichten Dependencen, machen Speisesäle und Glasveranden, alles ist frisch „geweißigt“ und gestrichen. Sogar die großen Hofhunde der einzelnen Gehöfte und Gasthäuser sind anscheinend zu besonderer Liebenswürdigkeit angehalten, denn Lord, Bosko, Fricka und wie sie alle heißen, wedeln fremdenfreundlich, ja selbst das zahme Reh, Butzi, das sich ungeheurer Popularität erfreut, lässt sich ausnahmsweise streicheln.