Freitag, 27. Juli 2018

Innerstoder und das Stodertal wie es Anton von Ruthner im Jahr 1870 beschrieben hat.

Dr. Anton Edler von Ruthner (geb. 1817, gest. 1897) war von Beruf Jurist und aus Begeisterung  Bergsteiger und Alpinschriftsteller. Er bestieg mehr als 300 Gipfel der Österreichischen Alpen darunter viele zum ersten Mal. So unter anderem auch im Jahr 1841 den Großvenediger 3657m . Ruthner war der erste, der als Pionier der Alpinistik und Hochtouristik die Bergwelt der österreichischen Alpen erforschte und sachgemäß beschrieben hat. Er war Mitbegründer des Österreichischen Alpenvereins (Gründungsdatum 1862) und gehörte bis 1870 dem Vorstand des Alpenvereins an.
Dr. Ruthner beschreibt in seinem Feuilleton  "Von Aussee nach Innerstoder über den Salzsteig" seine Eindrücke von dieser Tour.
Wie er das Stodertal sah soll hier auszugsweise wiedergegeben werden.



"Auch im Jahre 1870 hat es mich bereits - ich glaube es war mein achter Besuch dort - hineingezogen in das nach meinem Urteil schönste Kalkalpental Österreichs, nach Innerstoder (Hinterstoder).
Den Weg, welcher mich diesmal nach dem Stoder geführt hat ist allen Gebirgsfreunden aufs angelegentlichste anzuempfehlen. Das betrachte ich als eine Pflicht. Ich ging den kürzesten aus dem Salzkammergut in das oberste Steyrtal,  nämlich unmittelbar vom Grundlsee nach Innerstoder.
Diese Partie zählt wegen der Abwechslung und Großartigkeit der auf ihr sich darbietenden Bilder zu den denkbar interessantesten in den Österreichischen Alpen".
Es folgt eine Beschreibung der Bergtour.

Den Weg über den Salzsteig beschreibt Dr. Ruthner folgendermaßen:
"Wir haben von der Höhe über dem Salzsteig bis der schon von dort auf lachendem grünen Anger sichtbaren unteren Popen-Alpe eine Stunde benötigt. Zuerst bis zum Bärenschlagerreuth noch stark abwärts, von da an auf erträglichem, oft durch Wald geführten, doch viel auf- und absteigenden Fahrwege und in der letzten Stunde schon an den einzelnen Bauernhöfen vorbei bis zu Vogl`s Gasthaus zwei starke Stunden.
So oft ich ihn gemacht, würde ich diesen Gang doch sogleich gerne wieder machen, denn immer imposanter entwickelt sich der Talschluß und allmählich tauchen auf der Nordseite im Hintergrund der wundervollen Taleinbuchtungen der Dietelhöhle und Polsterlucken über dem kühn geformten Osterwitz und dem zierlichen Klinserkogel die Prachtgestalten der Spitzmauer und des Hohen Priel auf, herzerfreuend und fast unwiderstehlich zum Besuch ihrer Höhen einladend".
Der Artikel ist natürlich im Stil von 1870 geschrieben und wurde geringfügig an die heutige Schreibweise angepasst.
Nachstehend noch eine Empfehlung im Originaltext.

  

Baumschlagerreith dahinter der Salzsteig

Der Salzsteig von der Höss aus, dahinter der Dachstein

Die Poppenalm


Ursprung der Steyr




Das Stodertal, dahinter der Salzsteig

Freitag, 20. Juli 2018

Gams Urban - Deserteur, Wildschütz und Schürzenjäger aus dem Stodertal

In seinen Skizzen aus dem Kremstal und Umgebung berichtete der Arzt Franz Steindl aus Kirchdorf in der "Tages-Post" vom 14. Juli 1883 über eine Ersteigung des Großen Priels in Innerstoder (Hinterstoder).
Er beschreibt die Beschwerden und Mühen der Bergtour, aber auch die prachtvolle Aussicht und das Erlebnis des Sonnenaufgangs inmitten von Berggipfeln und Felswänden. Steindl erzählt aber nicht nur von der herrlichen Berglandschaft, er erinnert auch daran, dass in einer Höhle zwischen Hochkasten und Spitzmauer der..." im Volksmund des Stodertals ewig fortlebende Gams Urban als Deserteur und Wildschütz sein Unwesen getrieben hat". Im Sommer bewohnte er diese Felsenhöhle und im Winter wusste er sich geschickt in den entlegenen Gehöften des Stodertals zu verbergen. Die Bauernmägde und Sennerinnen auf den Almen scheinen gegen seine Liebesbewerbungen gerade nicht spröde gewesen zu sein, da er einunddreissig Mal Vaterfreuden erlebt haben soll.

Allerdings war er nicht der einzige erfolgreiche Schürzenjäger vor rund 150 Jahren, wie in den "Skizzen aus dem Kremsthale und Umgebung" überliefert wurde. Der Autor des Zeitungsartikels berichtet weiter: "Bei meiner letzten Prielbesteigung im August 1865 fragte ich unseren Bergführer Karl Windhaager ob es wirklich stimmt, dass der Gams Urban Vater von 31 Kindern war. Der Führer lächelte verschmitzt und gab dem Gespräch eine andere Wendung. Später unten im Tal erfuhren wir, dass unser  Karl Windhaager der jetzt 60 Jahre alt war, bei den Einheimischen als ein eifriger Don Juan gegolten hat. Er hat seine Gunst nur den Schönsten der Almen und des Tales gewidmet und mit 36 Kindern bei der Vaterschaft den Gams Urban noch übertroffen. 

Im Wilderermuseum St. Pankraz - Sennerin versteckt Wilderer vor dem Jäger,
der beim Fenster hereinschaut, unter ihrem Bett



Freitag, 13. Juli 2018

"Bergfahrt" auf die Spitzmauer im August 1867

Die Zeitschrift "Die Debatte" vom 19.1.1869 berichtet von einer "Bergfahrt" (Bergtour), die der Windischgarstner Mönch, Priester, Familienvater, Bergsteiger, Forscher und Erfinder Hans Hauenschild (geb. 1842 - gest. 1901) im August 1867 gemacht hat. Sein Bericht wird nachstehend, dem Stil unserer Zeit etwas angepasst zum Teil wiedergegeben. - (Siehe auch den Beitrag über Hauenschild in diesem Blog vom 26. April 2016)
Die erste Besteigung der Spitzmauer soll im Jahr 1858 stattgefunden haben. Doch das ist nachweislich ein Irrtum, da schon früher Jäger und Besitzer angrenzender Almen das Österreichische Matterhorn bis zum Gipfel bestiegen haben.
Mit dem Förster Franz Forsthuber und weiteren sechs Bergkameraden begab sich Hans Hauenschild  am 13. August 1867 vom Jaidhaus aus zum Prielaufstieg und erreichte mit Anbruch der Nacht die obere Polsteralm. Dort wurde fröhlich gerastet, gegessen und getrunken. Es war spät als die Bergsteiger den letzten Tropfen Grog schlurften und sich in der Herrenstube zur Ruhe begaben. Diese so genannte Herrenstube ist ein Anbau an den Stall mit einer mit Heu befüllten Schlafstelle. Der Ehrenplatz wurde dem Bergführer überlassen, der bald mit Schnarchen von der Güte seines Bettes Nachricht gab. Weil dort nicht genügend Platz war gingen die anderen Teilnehmer der Bergtour in den ersten Stock bzw. unter das Dach zum Schlafen. Doch auch dort stellte sich trotz des prächtigen  Heus der Schlaf nicht ein. Schuld war das Ziegenvolk, das ebenfalls diesen Dachboden bewohnte und keine Ruhe geben wollte. Besonders der Ziegenkönig schien eine besondere Freude daran zu haben, den nunmehrigen Mitbewohnern wenigstens jede Minute einmal zu zeigen, dass seine umgehängte Schelle noch klingeln kann. Etwas später trug der Nachtwind einen "Stöderer Juchezer" daher, Menschenstimmen wurden laut und gleich darauf wurde deutlich vernommen:

                                            "Wir müssen heute noch ins Biri (Gebirge) gehn,
                                             Rührt sich keine Luft, ist der Himmel schön,
                                             Die Mäuer (Felsen) sind sind so hell und klar,
                                             Schöner wird es kaum mehr dieses Jahr."

Im Nu waren die Bergsteiger in den Schuhen und im Freien. Die nächtlichen Sänger waren noch weit unten, kamen aber heraufgeklettert und entpuppten sich als zwei Vorderstöderer, die es unten nicht aushalten konnten weil es heute gar so schön ist. Sie wollten unbedingt noch vor Sonnenaufgang am "Größtenberg" (Goßen Priel) sein. Die Nacht war wunderbar schön und die Riesenwände der Spitzmauer glitzerten geheimnisvoll herüber.
Vom Schlaf war keine Rede mehr. Die Gesellschaft ließ sich noch einen kräftigen Kaffee kochen, der wunderbar schmeckte und brachen bei hellem Vollmond um halb zwei Uhr auf. Die beiden Vorderstöderer schlossen sich der Gruppe an. Die Partie sollte nicht ohne Abenteuer verlaufen. Eben war der steilste Teil einer Schneewand zu erklimmen, als plötzlich ein leiser Ruf und das Geräusch eines fallenden Körpers vernommen wurde. Im nächsten Augenblick fuhr auch schon eine dunkle Masse die weite Schneefläche hinunter. Es war einer der Touristen, der durch einen Fehltritt stürzte und Kopf über den Hang hinunter kollerte. Erst im unteren Drittel gelang es ihm den Fall mit seinem Bergstock abzubremsen und stehen zu bleiben. Sein Hut aber setzte die Reise fort. "Da muss man ja nachfahren!" rief der entschlossene Führer und glitt in sausender Eile, doch sehr sicher abwärts. Kaum hatte er den Halbbetäubten erreicht, als eine zweite unfreiwillige Rutschpartie erfolgte. Ein zweiter unvorsichtiger Bergsteiger flog mit solcher Wucht hinunter, dass er den entgegen springenden Führer niederriss, worauf beide bis zum Rand des Schneefeldes hinunterrollten. Das hatte nicht drei Minuten gedauert. Glücklicherweise ging es für alle gut aus, nur einige Hautabschürfungen blieben von diesem Abenteuer zurück.
Um weitere Rutschpartien zu vermeiden, wurden mit einer Hacke (Axt) Stufen in die Schneewand gehauen und auf diese Weise ohne weiteren Unfall die Brodfallwand erreicht, wo die beiden Vorderstöderer schon angekommen waren. Als man über die Wand hinaufkletterte herrschte bereits Dämmerung und auf dem Grat wurde es schon hell. Es war beinahe halb fünf Uhr und es schien fast unmöglich, den höchsten Punkt, die neue Pyramide, vor Sonnenaufgang zu erreichen. Doch die Äußerung "Klammer´s" so hieß der Führer mit seinem Spitznamen - "Wenn wir recht laufen so geht´s schon", gab Signal zu einem Wettrennen, das auf so einem Terrain wohl noch nie ausgeführt worden sein dürfte. Bald standen wir an der Pyramide am Gipfel und hatten bis zum Sonnenaufgang hinlänglich Zeit zum Ausschnaufen.
Als die Sonne aufstieg lagen die fernen Eismassen der Tauernkette noch in kalter Nachtfarbe. Dann rötete sich zuerst der Dachstein, die höchsten Gipfel der Salzburger- und Tiroleralpen  begannen zu glühen und zuletzt umsäumte den ganzen Westen  ein Rosenpurpurgürtel, nur über das Tote Gebirge lag noch ein riesiger Schattenkegel, dessen Spitze bis an den Nordrand des Tennengebirges reichte.
Die Gesellschaft blieb zwei Stunden auf dem Gipfel und labte sich an der Aussicht und am Proviant. Die Stöderer sangen nach Herzenslust, ein Gämsenrudel zeigte sich in der Ferne und verschiedene Bergabenteuer wurden erzählt, unter anderem das nachstehende.
Der verstorbene Erzherzog Ludwig bestieg am 27. August 1819 mit zahlreicher Begleitung den Großen Priel, Unter den Trägern befand sich auch der damalige Schullehrer von Hinterstoder, dem es eine besondere Ehre war das Kaffeeservice der Herrschaften zu tragen. Auf dem höchsten Oberösterreichischen Gipfel wollte man die grandiose Aussicht und eine Tasse Mokka genießen.
Als der Schulmeister den obersten Rand des Schneefeldes schon fast erreicht hatte, glitt er aus und  rutschte das steile Schneefeld mit rasender Geschwindigkeit hinunter. Alle waren erschrocken...die Diener jammerten um das schöne Kaffeegeschirr....die hohen Herrschaften bangten um den verunglückten Schulmeister. Dieser aber nahm keine Rücksicht auf seine Gliedmaßen und auch auf sein Leben. Viel wichtiger war ihm, dass das Kaffeeservice der allerdurchlauchtigsten Herrschaften nicht Schaden nahm. Er hielt mit beiden Händen den Korb hoch über den Kopf und gab seinen Körper schonungslos den Prellungen und Stößen der Rutschpartie preis. Unten angekommen war er zwar arg mitgenommen, hatte zahlreiche Schürfwunden und blaue Flecken aber das Geschirr war größtenteils unbeschädigt. Unter tiefsten Seufzern wollte er zum zweiten Mal aufsteigen, es wurde ihm aber befohlen zur Almhütte zurückzukehren, wo das Service schon noch Verwendung finden werde. Das tat er dann auch und erntete unten stürmische Danksagungen eines Dieners, der bei dem übrigen Gepäck in der Hütte zurückgeblieben war. Dieser Diener machte sich schon die ganze Zeit über die größten Vorwürfe, weil er das Wichtigste vergessen hatte, nämlich den Kaffee für die Herrschaften mit einzupacken. Das Service wäre wohl umsonst hinauf getragen worden.
Die Geschichte berichtet weiter, dass der Lehrer gemeinsam mit der allerhöchsten Gesellschaft in der Alm aus des Erzherzogs höchst eigener, zwar leicht beschädigter, henkelloser Kaffeetasse, zum guten Abschluss einen Kaffee geschlürft habe. Bestimmt ist er ihm weder früher noch später so köstlich über die Lippen gekommen.


Stodertal - Spitzmauer 2446m , gesehen vom Aufstieg auf den Hoch-Priel



Freitag, 6. Juli 2018

Die Selbstmordkomödie vom Gleinkersee





Die Kronenzeitung  berichtete im Dezember 1930 von einer Tragikomödie deren Schauplatz der
Gleinkersee war. 

"Der letzte Sproß einer alten oberösterreichischen Patrizierfamilie, der 47 jährige Ingenieur Erich Schröckenfux, dessen "Selbstmord" seinerzeit großes Aufsehen erregte, steht in einer für drei Tage  anberaumten Verhandlung wegen versuchten Betruges vor dem Schöffengericht.
Mit ihm ist seine Freundin, Marie Fuchs, eine Hausbesitzerstochter aus Windischgarsten, die in seine Affären eingeweiht und ihm bei der Ausführung seiner Pläne behilflich war, mit angeklagt. Die Anklage legt Schröckenfux zur Last, er habe durch fingierten Selbstmord mehrere Versicherungsgesellschaften um hohe Beträge betrügen wollen.
Die Familie Schröckenfux besaß seit Jahrhunderten eine Sensenfabrik in Roßleiten in Oberösterreich, sie galten als eine der reichsten Familien im Lande. Bis zum Kriegsende wurde das Unternehmen  von den Brüdern Erich und Artur Schröckenfux geführt, unter ihrer Führung musste das Geschäft wegen schlechten Geschäftsganges  und Kapitalmangel in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden; die beiden Brüder  Schröckenfux waren an dem Unternehmen nur noch mit 20 Prozent beteiligt und mussten sich mit einer Anstellung bescheiden. Die Staatsanwaltschaft schreibt die Schuld  an dem Niedergang auch der leichtfertigen Geschäftsgebarung des Ingenieurs Schröckenfux zu, der sich in der Inflationszeit in allerlei Geschäften, von denen er nicht viel verstand, versuchte und auch ein verschwenderisches Leben führte.
Er geriet immer mehr in Schulden und als er keinen Ausweg mehr sah, fasste er den Entschluss nach Südamerika auszuwandern.
Seine Gefährtin auf der Reise sollte die Geliebte sein. Frau und Kinder sollten erst nach der Flucht von seinem Plan erfahren. Die Kosten der Überfahrt und die Existenzgründung in Südamerika sollten Versicherungsgesellschaften bestreiten.
Schröckenfux hatte sich vor Jahren bei mehreren Versicherungsgesellschaften auf insgesamt 446.000 Schilling (Kaufkraft heute ca. 1 330 000 €) versichern lassen.
Er erörterte wiederholt mit seiner Freundin die Möglichkeiten, von den Versicherungsgesellschaften Geld zu erhalten, sie berieten oft darüber ob ein Unfall oder Tod das richtige Mittel zur Erreichung ihres Zweckes wäre.
Im Mai 1929 schritt Schröckenfux an die Verwirklichung des Planes. Er löste für sich und seine Gattin einen Pass und überreichte an Stelle der Photographie seiner Frau, die der Marie Fuchs. Die Geliebte ließ sich aber auch einen eigenen Pass ausstellen. Schließlich veranlasste Schröckenfux einen der Angestellten der Gesellschaft, einen Pass auf den eigenen Namen, jedoch mit der Photographie von Schröckenfux zu lösen.
Als alles für die Reise vorbereitet war, begab sich Schröckenfux zum Gleinkersee um dort für die Versicherungsgesellschaften zu sterben.
Er ließ am Ufer einige Kleidungsstücke zurück, in den Taschen waren Abschiedsbriefe an den Bruder Artur, dem er als Motiv seines Selbstmordes die misslichen finanziellen Verhältnisse und die Furcht vor geistiger Umnachtung angab. Er gibt dann seinem Bruder den Rat, diesen Abschiedsbrief vorläufig geheim zu halten; vielleicht wird die Allgemeine Unfallversicherung einen Unfall annehmen und die Versicherungssumme auszahlen. Werde aber ein Unfall bezweifelt, dann solle der Abschiedsbrief vorgewiesen und Selbstmord in geistiger Umnachtung behauptet werden; in diesem Falle würden nur die beiden anderen Versicherungsanstalten die Versicherungssummen auszahlen.
Die wahre Absicht Schröckenfux` war aber eine andere:
Die Versicherungssumme sollte die Geliebte beheben, die sich mit dem gemeinsamen Pass als seine Witwe ausweisen konnte.
Bezüglich der Assicurationi Generali, bei der er versichert war, ging Schröckenfux noch weiter; er hatte bereits früher die Polizze einem Notar mit dem Auftrag übergeben, im Falle seines Ablebens die Versicherungssumme zu beheben und Marie Fuchs auszufolgen.

                                              Die Flucht.

Ende Mai fuhr dann Schröckenfux über Berlin  nach Hamburg. Dort wartete er auf das Eintreffen der Freundin. Indessen wurden seine Kleider am Ufer des Gleinkersees  von der Gendarmerie gefunden. Taucher suchten den See nach seiner Leiche ab, doch selbstverständlich ohne Erfolg. Als man die Weisung Schröckenfux`an seinen Bruder gelesen und dann festgestellt hatte, dass Schröckenfux und seine Geliebte mehrere Pässe gelöst hatten, glaubte man nicht mehr an den Selbstmord. Aus Berlin kam die Nachricht, dass man den Selbstmörder dort gesehen habe.
Es wurden Erhebungen in allen Hafenstädten eingeleitet und nach einigen Tagen konnte Schröckenfux  in einem Hamburger Hotel verhaftet werden. Er wurde an Österreich ausgeliefert, befand sich einige Monate beim Kreisgericht  Steyr in Haft, dann wurde er auf freien Fuß gesetzt und für die Durchführung seines Strafprozesses an das Wiener Landesgericht delegiert.
Schröckenfux erklärte sich für nicht schuldig. Wenn ihm die Anklage leichtfertige Geschäftsführung vorwerfe, so müsse er darauf verweisen, dass er jederzeit bestrebt gewesen sei, die von ihm geleitete Sensenfabrik aktiv zu erhalten. Leider sei die wirtschaftliche Lage nach dem Krieg schlecht gewesen, weil der Hauptabnehmer für Sensen, Rußland, nur mehr de Hälfte der früheren Bestellungen beanspruchte.
Ausführlich begründete der Angeklagte den Abschluss von Lebensversicherungen bei verschiedenen Gesellschaften und gibt als Motiv für den Abschluss der Versicherungen zugunsten seiner Geliebten Marie Fuchs an, dass er die Zukunft seiner Braut sicherstellen musste, weil sie seinetwegen zwei Heiratsanträge ausgeschlagen hatte.
Über seine Ehe sagte der Angeklagte: Ich habe 1911 geheiratet, die Ehe war von Anfang an unglücklich, meine Frau war hysterisch. Obgleich ich bestrebt war, ihr das Leben so angenehm als möglich zu gestalten, hat meine Frau mich immer beschimpft. Dazu kam eine wahnsinnig, grundlose Eifersucht meiner Frau.
Vorsitzender: Konnten sie nicht diese Lage durch eine gerichtliche Scheidung ändern?
Angeklagter: Nein, meine Frau wollte davon nichts wissen.
Vors.: Sie haben sich dann für andere Frauen interessiert?
Angeklagter: Erst im Jahre 1928, als ich Fräulein Fuchs kennen lernte. Andere Beziehungen zu Frauen hatte ich nicht, es wurde mir nur fälschlich nachgesagt.
Vors.: Wann ist in ihnen der Entschluss zur Auswanderung nach Südamerika gereift?
Angeklagter: Im Winter 1928 las ich eine Annonce, dass ein Betriebsleiter für ein Eisenwerk in Brasilien gesucht wurde. Um diese Stelle bewarb ich mich. Nach fünf Monaten erhielt ich die Antwort, ich möge mich Ende Mai in Hamburg bei dem Bevollmächtigten der brasilianischen Firma vorstellen.
Da ich meinem ehelichen Leid um jeden Preis ein Ende machen wollte, beschloss ich, Selbstmord vorzutäuschen, um aus Europa ohne Schwierigkeiten verschwinden zu können.
Schröckenfux erzählte weiter, dass er die Fuchs für den 26. zum See bestellt habe. Dort habe er ihr mitgeteilt, dass er am nächsten Tag weggehe. Sie sollte gleich mit ihm kommen. Das Mädchen aber meinte dass sie ihm nachkommen werde. Der Angeklagte bemerkte, dass Marie Fuchs gefragt hat, ob man sein Vorgehen nicht als Versicherungsbetrug auslegen werde. Er habe ihr aber das ausgeredet. "Ich war", sagt Schröckenfux, "felsenfest davon überzeugt, dass man mein Vorgehen niemals als Verbrechen wird auslegen können."
Vors.: Wie sind sie überhaupt bei dem Gespräch mit der Fuchs auf die Versicherung zu sprechen gekommen?
Angeklagter: Die Fuchs meinte, ich solle doch die Versicherung für meine Familie hier lassen. Ich aber sagte ihr drüben gäbe es keine Versicherungen und wenn mir etwas geschehe stünde sie hilflos verlassen in der Welt.
Schröckenfux erklärte, die Marie Fuchs habe nur um die zwei zu ihren Gunsten abgeschlossenen Versicherungen gewußt. Weisung wegen Behebung des Geldes habe er ihr nicht gegeben. Ende Mai habe er sich aus seiner Wohnung entfernt und einige Tage auf der Stofferalm verbracht. Am 27. Mai nachmittags habe er seine Kleider am Seeufer niedergelegt.
Dann sei er in der Nacht von der Station Spital am Pyhrn mit dem Schnellzug nach Deutschland abgereist."
Marie Fuchs bestreitet eine Mitschuld..........

Gleinkersee

Taucher am Gleinkersee
  
Tages Post 4. Dezember 1930