Julia Körber von der Gemeinde Hinterstoder informiert:
Samstag, 27. Januar 2018
Freitag, 26. Januar 2018
Chaos am Ende des 2. Weltkrieges
Als Mädchen hat
eine Stodertalerin diese Zeit miterlebt und später aufgeschrieben.
"Fremdarbeiter,
Zwangsarbeiter, Polen, Ukrainer, jüngere Männer und Frauen aus den besetzten
Gebieten waren zum Arbeitseinsatz an Stelle der eigenen Söhne und eingerückten
Männern bei Bauern untergebracht. Durch die tägliche Zusammenarbeit von
Einheimischen mit Fremdarbeitern entstanden manchmal auch feste Verbindungen
bis zu Intimitäten. Manche Bäuerinnen bekamen ein Kind und wenn der Ehemann
nach Hause kam gab es große Probleme. Der Krieg beeinträchtigte die
Landwirtschaft der Bauern, denn es wurden Pferde beschlagnahmt, Lebensmittel
mussten abgegeben werden und Männer wurden zum Kriegsdienst eingezogen.
Als Hitler kam
brachte er der Bevölkerung Arbeit und damit Geld. Die Not hatte ein Ende, aber
um welchen Preis?
Mein älterer Bruder war Bordfunker. Später wurde er im Kampf gegen Partisanen eingesetzt. Seine Briefe von
der Front machten uns Angst. Manche Sätze schrieb er in Geheimschrift, damit Mutter
sie nicht lesen konnte. Mit 18 Jahren galt er in Südfrankreich als vermisst.
Das Leid einer Mutter, wenn der Sohn nicht mehr zurückkommt ist so groß, dass man es nicht beschreiben kann.
Auch Vater wurde
zum Kriegsdienst verpflichtet. Er musste in St. Valentin in einer
Munitionsfabrik in der Nähe vom Konzentrationslager Mauthausen arbeiten. Von
dort hat er Läuse und anderes Ungeziefer mit nach Hause gebracht. Wenn Mutter
ihm Vorhaltungen machte wurde er wütend und warf die eiserne Bratpfanne nach
ihr. Der Kriegsdienst veränderte seinen Charakter. Er fing zu saufen an und
wurde ein richtiger Grobian. Wir Kinder mussten ihn betrunken vom Gasthaus
abholen, wenn er beim Kartenspiel das ganze Geld verlor. Mutter machte mit ihm
die Hölle durch und es wurde oft gestritten. Er konnte keine Frau, keine
Kittelschürze in Ruhe lassen und betrog ständig meine Mutter.
Es gab Leute, die
meldeten alle, die zur Sonntagsmesse in die Kirche gingen dem NS- Blockwart.
Nach dem Krieg war es für manche eine Genugtuung, wenn sie sahen, wie diese
Leute als Straßenarbeiter oder Totengräber zur Strafe Dienst tun
mussten.
Als der Krieg zu
Ende war kamen aus vielen zerbombten Städten Flüchtlinge und Soldaten die ihr
Heim verloren hatten und die hier eine Unterkunft suchten. Ein US-Militärlastwagen
mit Lebensmitteln stürzte einen Hang hinunter und sofort rannten alle Anrainer
um Schmalzdosen, Konserven, Erdnussbutter, Reis, Kakao und Schokolade
aufzusammeln.
Freitag, 19. Januar 2018
Eine Stodertalerin erzählt von ihrer Schulzeit im zweiten Weltkrieg
"Nach 4 Klassen Volksschule in Hinterstoder kam ich in die
Hauptschule nach Kirchdorf. Ich hatte furchtbar Heimweh und weinte oft. In
einem Jahr war ich gleich bei drei verschiedenen Frauen zur Untermiete. Ein Zimmer
musste ich mit dem 14 jährigen Sohn der Vermieterin teilen. Der griff dauernd in der Nacht unter der Decke nach mir. Eine Vermieterin nörgelte ständig an mir
herum und bei einer Vermieterin wollte sich ein weiterer Mieter, ein alter Mann, immer wieder vor mir nackt ausziehen.
Im 2. Schuljahr kam ich nach Windischgarsten in ein
Internat. Da hat es mir gut gefallen und in der Gemeinschaft mit meinen
Mitschülern fühlte ich mich wohl.
Morgens schon, vor dem Unterricht, spielten wir Völkerball
und machten Waldläufe. Meine Lieblingsfächer waren Zeichnen, Turnen und Singen.
Es gab eine Ausstellung mit den besten Zeichnungen aller Schüler und mit dabei war auch mein
Bild. Kurzschrift machte mir auch Spaß,
nur Mathematik, Chemie und Geometrie mochte ich gar nicht.
nur Mathematik, Chemie und Geometrie mochte ich gar nicht.
Abends wurden im Internat Spiele aufgeführt. Beim Theaterspielen wurde mir meistens die Hauptrolle
zugeteilt. Wenn ich den Text vergaß habe ich aus dem Stegreif weiter gesprochen.
Ich wollte nicht so ein Leben wie meine Mutter führen und wollte deshalb unbedingt Lehrerin werden.
Ich wollte nicht so ein Leben wie meine Mutter führen und wollte deshalb unbedingt Lehrerin werden.
In Bad Aussee musste ich am 20. Juli 1944 zur
Aufnahmsprüfung antreten. Als wir bei der Mathematikarbeit waren, wurde im
Radio vom Attentat auf Adolf Hitler in der Wolfsschanze berichtet.
Im Anschluß an die Prüfung gab es zwei Möglichkeiten die
Lehrerbildungsanstalt zu besuchen. Entweder im Protektorat Brünn oder in Linz.
Aber mein Traum Lehrerin zu werden platzte, weil ich bei der Prüfung nicht die
erforderliche Punkteanzahl erreichte.
Ich musste das von Hitler eingeführte unbezahlte Pflichtjahr machen und kam als
Haushaltshilfe nach Hinterstoder zu einer Frau mit einem Säugling, deren Mann im
Krieg war.
Im Winter musste ich in einer ungeheizten Dachkammer schlafen.
Manchmal hatte ich ein Gefühl als würden sich meine Eingeweide zu einem Knoten
zusammen schlingen. An den Dachrinnen hingen überall große Eiszapfen und ich
musste in der eiskalten Steyr die Windel waschen. Drei Monate habe ich
durchgehalten, dann wurde ich krank.
Als ich wieder gesund war begann ich eine 3-jährige
Fachschulausbildung in Steyr.
In der Ferne tobte der Krieg, der immer näher kam und auch die Hermann
Göringwerke in Steyr wurden nicht von Bomben verschont. Bei Luftangriffen mussten
wir immer wieder in Kellern oder stinkenden Stollen Zuflucht
suchen. Abenteuerlich war es für uns Kinder, wenn die Alliierten Bomberverbände
in unseren Luftraum flogen. Man hörte das Motorbrummen tief und bedrohlich. Am
Fensterbrett klirrten die Mostgläser. Vom Himmel fielen schmale
Aluminiumstreifen zur Täuschung der Abwehr. Jagdflieger flitzten wie Schwalben
durch den Himmel. Bomben wurden abgeworfen. Wenn die Flugzeuge weg waren
sammelten wir Bombensplitter mit spitzen Zacken.
Ausländische Sender im Radio zu hören war strengstens verboten und wurde hart bestraft. Bei Alarm kam ein Kuckucksruf aus dem Volksempfänger-Radio. In
den Zeitungen und im Rundfunk wurde furchtbar auf Juden und Pollaken gehetzt.
In der Zeitung "Völkischer Beobachter" stand: "Hängt die
Pollaken auf". In der Zeitung "Der Stürmer" wurden Juden mit grässlichen
Fratzen abgebildet und immer hatten sie krumme Nasen und Geldscheine in den
Händen. Über Polen und Bolschewiken hörten wir, dass sie kleine Kinder
umbringen, Männer annageln und wie Jesus kreuzigen. Frauen, so konnte man in der Zeitung lesen, werden vergewaltigt,
der Bauch aufgeschlitzt, die Augen ausgestochen, die Fingernägel ausgerissen. - es war eine furchtbare Zeit.
Auch über die Lebensmittelmarken wusste ich Bescheid.
Es gab Marken für 5g Fett, 10g Zucker, 50g Brot, 15g Marmelade, und 6g Fleisch, gerade soviel wie auf einer
Gabelspitze Platz hat. Der Kunsthonig schmeckte wie Seife. Wir sammelten
Löwenzahn und Brennesselblätter um daraus Salat zu machen. Aus
Pfefferminzblätter, Tausendguldenkraut, Lindenblüten und Kamille bereiteten
wir Tee. Die Mutter hat Erdäpfeltorte und Kukuruzbrot gebacken. Die Not machte erfinderisch."
Bombensplitter |
Freitag, 12. Januar 2018
Schitour auf die Sigistalhöhe 1942m
Freitag, 5. Januar 2018
Geschichte voller Gegenwart Mayr-Melnhofs, die Grafen zu Eulenburg und ihr Prielerhaus
Kommt man nach Hinterstoder, so fällt dem
geübten Auge ein paar hundert Meter über dem Dorfkern eine herrschaftliche
Villa ins Auge, deren vornehme Schönheit Formen der alpinen Architektur mit
denen eines Chalets und einer italienischen Villa mit großer Veranda vereint,
wie man sie von den Bildern des Schweizer Malers Arnold Böcklin kennt. Womit
wir bei der Datierung schon in etwa richtig liegen. Das Prielerhaus, so ist der
Name der Villa, wurde 1906/1907 für das wohlhabende Ehepaar Hugo und Anna
Bachmann von dem ebenfalls aus Wien stammenden Architekten Gustav Richter
erbaut. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sollte Bauen noch zur
Verschönerung der Landschaft beitragen und so läßt sich das Prielerhaus auch
als gern genutzter architektonischer Blickpunkt auf Bildern des berühmten
Alpenmalers Edward Compton ausmachen.
Bachmanns hatten schon 1905 als ersten
Schritt eines der ältesten Stoderer Bauerngüter, den überschuldeten Prielerhof,
mit zugehörigen Gründen als ausgedehntes Jagdrevier erworben. Schon bald
genügte das große, aber einfache
Bauernhaus den Komfortansprüchen des Ehepaars nicht mehr und so ließen sie in
Sichtweite ein neues Domizil errichten. Die Annenvilla, wie sie das Prielerhaus
zunächst nannten, wurde aufwendig mit vollständigem Inventar aus Zirbenholz
versehen, das jenseits des Phyrn-Passes in Liezen hergestellt wurde. Doch schon
wenige Jahre später verkaufte das Ehepaar Bachmann ihr gerade erst errichtetes Refugium.
Eigentümerin wurde im Jahre 1909 Theodora
Gräfin von Kottulinsky, eine geborene Freiin von Mayr-Melnhof, einzige Tochter des
Gründers des bis heute in Österreich bedeutenden Industrie-Imperiums.
Systematisch erwarb die Gräfin in den Folgejahren weitere Höfe und Ländereien
im Stodertal hinzu und formte auf diese Weise aus dem Jagdgut der Bachmanns
einen umfangreichen forst- und landwirtschaftlichen Betrieb, der sich im Kern
bis heute im Besitz ihrer Familie erhalten hat.
Gräfin Kottulinsky hatte keine Kinder, sodass
sie der ältesten Tochter ihres Bruders, Marie, im Jahre 1921 ihre Stoderer
Besitzungen einschließlich des Haupthauses - dem Prielerhaus - übertrug. Marie
Freiin von Mayr-Melnhof hatte bereits 1904 den uradligen Grafen Friedrich-Wend
zu Eulenburg und Hertefeld geheiratet. Eine seltene österreichisch-preußische
Hochzeit von seinerzeit besonderer politischer Bedeutung, war der Vater des
Bräutigams, Fürst Philipp zu Eulenburg, doch enger Vertrauter des Deutschen
Kaisers Wilhelm II., wie auch des österreichischen Kaisers Franz Joseph, der
den langjährigen preußischen Botschafter in Wien besonders schätzte.
Aus dieser Ehe von Marie mit Friedrich-Wend,
dem späteren II. Fürsten zu Eulenburg, gingen die Kinder Ingeborg und Wend
hervor. Wend sollte dereinst Nachfolger seines Vaters auf dem Hauptbesitz
Liebenberg im Brandenburgischen und am Niederrhein werden, die Stoderer Güter
hingegen waren - wie zuvor bei seiner Mutter Marie - zunächst für die weichende
Erbin, also seine Schwester Ingeborg, vorgesehen.
Mit Ende des Zweiten Weltkrieges gingen
allerdings alle ostelbischen Güter der Eulenburgs in Brandenburg, Ostpreußen und
auch Schlesien verloren.
Aufgrund des Verlustes der Heimat im Osten
und der den durch Krieg zerstörten Besitzungen am Niederrhein kam dem Stoderer
Besitz plötzlich eine unvorhergesehene Bedeutung für die Eulenburg`sche Familie
zu.
Immer schon wurde das Stodertal von der
Familie geliebt, von Klein auf erkundeten Jung und Alt die wundervolle
Bergwelt. 1945 jedoch wurde Hinterstoder zu einer Art Rettungsinsel, auf der
sich die versprengten Teile der Familie wieder sammeln konnten. Doch erst 1952
endete die fast zehnjährige Zwangseinquartierung von Flüchtlingen im
Prielerhaus und es dauerte noch bis 1956 bis Fürstin Marie, seinerzeit durch
Heirat zunächst „Reichsdeutsch“ geworden, die drohende alliierte Enteignung und
spätere Treuhandverwaltung ihres Gutes endgültig aufheben konnte.
Dem Fürstenpaar waren noch glückliche Jahre
bei Ihren Aufenthalten im Stodertal beschieden, in denen der Gutsbetrieb mit
vielen angestellten Stoderern in voller Blüte stand.
Schlusspunkt dieser Ära bildete der Tod von
Fürstin Marie 1960 und ihres Mannes Friedrich-Wend drei Jahre später. Der Besitz
wurde bereits nach Ableben der Mutter unter den Kindern Ingeborg und Wend
aufgeteilt. Erstere erhielt als Hauptwohnsitz, wie vorgesehen, das von ihr
schon seit den 1930er Jahren bewohnte Griesserhaus und den größten Teil und Kern des
Betriebes, der bis heute den Prielerhof und einen grossen Eigenjagdbezirk mit ausgedehnten
Forstflächen rund um den Kleinen Priel umfasst. Für ihre sechs Kinder aus den beiden Ehen mit dem Baron von Engelhardt und Carl-August von Schoenebeck
errichtete Ingeborg noch vor ihrem Ableben im Jahre 2000 eine Privatstiftung,
die sie, vielleicht etwas irreführend, „Privatstiftung Eulenburg und
Hertefeldscher Erben“ nannte.
Ihr Bruder Wend ging andere Wege. Ihm fielen
1960 das Prielerhaus und die Eigenjagd der Klinseralm, das sogenannte Spitzmauer-Revier, zu. Sein Erbteil blieb bis heute ungeteiltes Privateigentum,
das er nach seinem Tod 1986 an seinen einzigen Sohn Philipp vererbte – wie er
auch seine besondere Liebe zu Prielerhaus und Stodertal an die nachfolgenden
Generationen weitergab.
So kommt es, dass eine brandenburgische
Familie mit ostpreußischen Wurzeln und Besitzungen am Niederrhein seit rund 100
Jahren das oberösterreichische Hinterstoder als selbstverständliche Heimat und
wichtigen Teil der familiären Identität versteht. Der Urenkel des Fürsten
Friedrich-Wend, Siegwart Graf zu Eulenburg und Hertefeld, jüngerer Sohn von
Philipp, ist seit 2007 gegenwärtiger Eigentümer von Prielerhaus und Klinseralm.
Die Villa wurde von ihm und seiner Frau Franziska über Jahre hinweg einfühlsam
restauriert. Sie ist damit wieder - ohne jeden Anflug von Nostalgie, sondern "voller Gegenwart" - einer der herausragend schönen Blickpunkte des Stodertals,
wie schon auf den Gemälden Comptons.
Graf Friedrich Wend zu Eulenburg und Hertefeld und Freiin Marie Mayr von Melnhof ca. 1900 |
Theodora Gräfin Kottulinsky erwarb 1909 das Prielerhaus |
Prielerhaus |
Im Vordergrund das Prielerhaus, oberhalb von Hinterstoder |
Fürst Friedrich-Wend zu Eulenburg und Hertefeld, in der Mitte, links Öberförster Hans Diesenreiter, rechts Oberjäger und Bürgermeister Ignaz Herzog in der Spintrigler-Alm ca. 1955 |
Fürstin Marie zu Eulenburg und Hertefeld und Gatte Friedrich-Wend ca. 1955 |
Fürst Friedrich-Wend und Forstverwalter Oberförster Hans Diesenreiter |
Verleihung der Jagdauszeichnung "Goldener Bruch" an Fürst Friedrich-Wend |
Verleihung der Jagdauszeichnung "Goldener Bruch" an Fürst Friedrich Wend |
Fürst Friedrich-Wend zu Eulenburg und Hertefeld, Graf von Sandels ca. 1958 |
Wend Graf zu Eulenburg und Hertefeld Sohn von Fürst Friedrich-Wend und Fürstin Marie ca.1958 |
Philipp Graf zu Eulenburg und Hertefeld, Sohn von Wend mit seiner Familie 1973 |
Siegwart Graf zu Eulenburg und Hertefeld und Gattin Franziska 2017 |
Donnerstag, 4. Januar 2018
Mittwoch, 3. Januar 2018
Abonnieren
Posts (Atom)