Freitag, 26. Juli 2024

Wilderer und Bergsteiger im Stodertal

In der Linzer "Tages-Post" konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

                                                       Förster stellt einen Wilderer

(Linzer) Tages-Post 1. November 1895
Windischgarsten; Verhaftete Wilderer.
Am 20. Oktober traf der Aushilfsjäger Norbert Fürholzer am sogenannten Luwnigberg drei mit Jagdgewehren bewaffnete Wilderer, welche eine förmliche Treibjagd abhielten. Diese drei Wilderer wurden von dem Jäger erkannt. Es waren der in Vorderstoder wohnende Zimmermann Eggl Primus und Ferdinand und Robert Lindbichler. Letzterer Knecht beim Jagdpächter Pernkopf.
Nachdem diese drei Wilderer, welche noch zwei schulpflichtige Knaben als Treiber mitgenommen hatten, bei der Anhaltung des Jägers Widersetzlichkeit zeigten, so verließ der Jäger das Revier mit der Drohung, die erkannten Wilderer anzuzeigen. Dieser Vorfall kam zu Ohren der Gendarmerie, welche bei dem als professionsmäßigen Wilderer bekannten Ferdinand Lindbichler eine Wohnungsdurchsuchung vornahm und daselbst ein Jagdgewehr, drei Pulverhörner, Schrotbeutel und diverse andere Schussutensilien vorfanden. Lindbichler wurde demzufolge verhaftet. Der Verhaftete ist 34 Jahre alt, lediger Taglöhner und nach Vorderstoder zuständig.
— Am 28. d. M. wurde von dem umsichtigen Titular-Postenführer Brenneis des Postens Windischgarsten bezüglich des bedeutenden Überhandnehmens von Wilderern in Vorder- und Hinterstoder Nachforschungen gepflogen, wobei derselbe in Erfahrung brachte, dass der Bauernsohn Leopold Schmiedleithner, 27 Jahre alt, ledig und nach Vorderstoder zuständig, ein Professions-Wilddieb sei.
Schmiedleithner war wohl im Besitz eines gültigen Waffenpasses und war auch im Besitz der mündlichen Bewilligung, im Gemeindejagdgebiet jagen zu können. Bei der am 28. d. M. vorgenommenen Durchsuchung seiner Habseligkeiten wurden eine unbearbeitete Gemsdecke, ein Paar frisch herausgehackter Gemsgeweihe, weiter noch drei Paar Reh-, drei Paar Gems- und ein Paar Hirschgeweihe, eine weiße und drei rauh gearbeitete Reh- und zwei bearbeitete Gemsdecken vorgefunden. Schmiedleithner gab über Befragen an, diese Geweihe und die drei rauh gearbeiteten Rehdecken von seinem vor 18 Jahren verstorbenen Vater erhalten zu haben. Diese Angaben wurden aber durch die sachverständigen
Herren Forstadjunkten Rottmann und Oberleithner widerlegt, welche angaben, dass die Reh- und Gemsgeweihe erst ein bis zwei Jahre und die Rehdecken im strengsten Fall drei bis vier Jahre alt sein können.
Schmiedleithner will ferner die zwei Gemsdecken von dem Bauernburschen Aigner in Dirnbach gekauft haben. Derselbe wurde verhaftet und dem Bezirksgericht Windischgarsten eingeliefert.

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Linzer) Tages-Post 26. Juni 1902
Gestohlene Rehgeweihe. Aus Stoder wird uns geschrieben:
Vor einigen Tagen bemerkte man, dass 32 Rehgeweihe, welche an der Außenseite der dem Herzog von Württemberg gehörigen Villa in Hinterstoder an einer Tafel befestigt waren, von einem unbekannten Täter entwendet worden waren.
Der Diebstahl dürfte zu Anfang dieses Monats ausgeführt worden sein. Die leere Tafel wurde im Steyrfluss gefunden. Nach dem Täter wird gefahndet.

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(Linzer) Tages-Post 29. Mai 1896
Man schreibt uns aus Innerstoder am 25. Mai 1896.
Obwohl es am Pfingstsamstag heftig regnete, folgte am Pfingstsonntag klare Witterung. Im Gebirge liegt noch viel Schnee. Die Schneegrenze liegt bei 1000 bis 1300 Meter.
Ein Herr aus Amsterdam unternahm mit dem Bergführer Auer am Pfingstsonntag nachmittags den Aufstieg zum Prielschutzhaus, um am folgenden Tag die Prielspitze zu ersteigen und über das Tote Gebirge zum Grundlsee und nach 
Bad Aussee überzugehen. Nachdem eine Rückkunft zu Tal bis jetzt nicht erfolgte, dürfte die Bergfahrt zur Prielspitze oder durch die Klinserscharte und weiter ausgeführt worden sein. Auer ist noch nicht zurück. Man ist auf dessen Mitteilung neugierig. Dieser Herr aus Amsterdam hat in Wien eine Wette gemacht zu Fuß von Wien in die Schweiz zu gehen, mit Fristung bis 1. August dieses Jahres. Er hat bis jetzt den Schneeberg, Ötscher, kleinen Buchstein und den Gang übers Tote Gebirge gemacht. Es obliegt ihm noch, den Sarstein, Dachstein, Glockner und Venediger zu ersteigen oder doch mindestens einen Jochübergang in diesen Gebieten zu machen. Umgehung der Gebiete auf Straßen ist ausgeschlossen.

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(Linzer) Tages-Post 17. November 1894
Vom „Karl Krahl-Schutzhaus" am großen Priel.
Aus Hinterstoder schreibt man uns: Die Frequenz dieses 1520 Meter hochgelegenen Schutzhauses— dessen wirklich grandiose Umrahmung die Mühe eines Aufstiegs bis nur zu demselben allein schon reichlich lohnt— betrug im heurigen Jahr, trotz der andauernd ungünstigen Witterung, beinahe den ganzen Sommer über 119 Personen (darunter 13 Damen) gegen 189 Personen im Vorjahre. Die Mehrzahl hievon bestieg den „König des toten Gebirges", den 2514 Meter hohen Prielgipfel; Touren über das „tote Gebirge" wurden diesmal nur wenige unternommen, dagegen die „Spitzmauer", 2466 Meter, diese kühn geformte, herrliche Felsenzinne von vier Partien (gegen eine einzige im vergangenen Jahre) angegangen, worunter sich sogar eine Dame befand — bisher, respective mit dieser, erst die zweite Ersteigung durch Damen — und zwar die tüchtige Bergsteigerin Frau Lina Haußner (Janota), Urfahr, welche den anderen Tag auch noch den Priel bestieg.
Im Laufe des nächsten Jahres wird auf die Spitzmauer durch die hiesigen Führer und einem Herrn aus Linz ein um mehrere Stunden kürzerer Aufstieg und zwar der direkt von der „Klinserscharte" aus hinaufführt, angelegt und mit Drahtseilen wohl versichert werden, was diesem einzig schönen, imposanten Gipfel gewiss mehr Besteiger zuführen wird.
Für Botaniker dürfte die Nachricht nicht uninteressant sein, dass Herr Georg Schachinger junior — auch heuer, wie gewöhnlich der „letzte Tourist" im Schutzhaus oben — gelegentlich einer Partie am 4. und am 5. November, infolge der milden warmen Witterung in den höheren Regionen, blühende Schneerosen (schwarze Nießwurz), Erika und Zyklamen etc. fand und am „kleinen Priel" im „Stückler-Kar" sogar noch ein Sträußchen Alpenrosen pflückte, zu dieser späten Jahreszeit immerhin eine Rarität.

Freitag, 19. Juli 2024

Worüber einst in den Zeitungen berichtet wurde.

In der "Welser Zeitung" und im "Neuen Wiener Tagblatt" konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Welser Zeitung 22. September 1933
Römische Funde in Windischgarsten.
Zahlreiche Einzelfunde in der nächsten Umgebung Windischgarstens wiesen deutlich auf die Ausdehnung hin, die das römische Windischgarsten (Ernolatia) hatte, ehe es bei den Stürmen der Völkerwanderung zerstört wurde. An nicht weniger als 15 Stellen wurden bisher Mauerreste und andere Funde unter der Erde festgestellt, wodurch sich das besiedelte Gebiet Ernolatias auf einer Fläche nachweisen lässt, die hinter der heutigen Ausdehnung des Marktes Windischgarsten nur um weniges zurückbleibt.
Der Fremdenverkehrsverein Windischgarsten (Sektion für Heimatkunde) hat nunmehr im Rahmen der Wiederinstandsetzung seines Heimatmuseums an zwei Stellen Grabversuche unternommen, die bereits zu befriedigenden Erfolgen geführt haben. In den bisher durchgeführten Ausgrabungen konnte schon nach kaum dreitägiger Dauer ein großes römisches Objekt in den Ausmaßen 15 Meter zu 10 Meter bloßgelegt werden. Zahlreiche Ziegelfunde mit dem eingebrannten Stempel: LEG II ITA (Legio secunda italica) beweisen zweifelsfrei die römische Herkunft. Darüber hinaus wurden aber bereits mehrere Eisengeräte, Terra figillata Scherben und Knochen gefunden, sowie Bronze- und Silbermünzen des römischen Kaisers Cordianus Pius III., der 238 bis 244 n. Chr. regierte.
Es wäre wünschenswert, wenn das Denkmalamt Mittel Und Wege, vielleicht unter Heranziehung des freiwilligen Arbeitsdienstes, fände, um die so vielversprechend begonnenen Ausgrabungen einem erfolgreichen Ende zuzuführen.

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Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 27. Oktober 1914
Nachfolgend geben wir aus dem 1. Weltkrieg den Feldpostbrief eines Arbeiters an seine Frau wieder: 
„Heute ist Sonntag, aber was für einer. Liege seit gestern morgen hier am Bahnhof und warte auf den Weitertransport in die Heimat. Freitag hatten wir bis 
6 Uhr abends frei. Um 6 Uhr war Antreten, um wieder in den Schützengraben zu marschieren. Da kam Christian und brachte mir das große Paket. Sein Hauptmann hatte ihn rufen lassen und ihn gefragt, ob er einen Bruder bei den ...ern hätte. Mein Paket war nämlich auch dort angekommen. Er sagte ja und bekam es und brachte es mir. Er solle sich bei seinem Hauptmann bedanken, dass er mir das Paket 12 Kilometer habe holen lassen. 
Ich nahm mein Paket in die Hand und marschierte damit ab. Im Schützengraben angekommen, legten wir uns zur Ruhe und ich glaubte, das Paket machst du morgen auf. Aber es sollte anders kommen. Vor 5 Uhr wurden wir geweckt, und es hieß: Um 5 Uhr machen wir einen Sturmangriff. Jetzt war guter Rat teuer. Ich schnell mein Paket ausgepackt, Wäsche in den Tornister, das andere in die Taschen und die Strümpfe steckte Fritz T. ein. Dann ging es gegen die Franzosen los. Wir wurden fürchterlich beschossen. Die Unsern fielen wie die Schneeflocken. Mit mir ging es gut. Ich kam bis fast an die Franzosen heran. Da bekam ich einen Schlag von hinten, dass ich vorn herüber fiel. Ich raffe mich wieder auf und sehe nach. Ein Schuß war mir am Tornister hereingegangen, durch meine Konservenbüchse durchgegangen, dann durch beide Absätze der Schnürschuhe und streifte mich leicht am Rücken. Dann ging es wieder weiter. Um halb 12 bekam ich dann den Schuss durch den linken Oberschenkel. Ich drehte mich ein paarmal um mich selbst und dann lag ich hilflos da bis zum Abend. 
Da kamen mehrere Franzosen und schleppten mich in ihre Stellung hinein. Haha, dachte ich, jetzt ist es mit dir zu Ende. Zuerst nahmen sie mir das Kistchen Zigarren ab. Die ließen sie sich gut schmecken. Ich bat sie, mir wenigstens eine zu lassen, aber bekam keine. Dann kamen Schokolade, Birnen und das andre an die Reihe. Es schmeckte ihnen alles famos. Ich armer Kerl hatte mich so lange auf etwas gefreut und die Franzosen ließen es sich gut schmecken. Ich bat sie nun, mich etwas zu verbinden, aber auch dies taten sie nicht, sie zogen schmunzelnd, einen so guten Fang gemacht zu haben, ab. Auch hatte ich mir einige Tage vorher noch für einen Franken Tabak gekauft.
Nun lag ich in meinen Schmerzen die ganze Nacht unter freiem Himmel. Ich fühlte, wie Unterhose und Hose immer mehr mit Blut getränkt wurden. Am Morgen kamen wieder Franzosen und durchsuchten mich. Als es hell geworden war, machte ich mich daran, die Hosen rechts und links aufzuschneiden, was eine schwierige Sache war. Dann verband ich mich mit meinen zwei Verbandpäckchen so gut es ging. Es dauerte allerdings nicht lange, da war schon wieder alles durchgeblutet.
So blieb ich nun drei Tage und Nächte liegen. Ich bekam nichts zu essen und zu trinken. Von Sanitätssoldaten war nichts zu sehen, noch zu hören. Nun hieß es überlegen, was fängst du an? Hier liegen bleiben, das kannst du nicht, sonst musst du elend verhungern. Also, Mensch, hilf dir selbst. Zum Glück hatte ich die starke Schnur, welche um das Paket war, aufgehoben. Diese band ich mir nun unten um den Fuß und hinten um den Rücken. Wie die Luft nun rein war, in der Nacht, machte ich mich ans Kriechen. Ich hatte mir die Richtung genau gemerkt, wo ich hin musste, um in unsre Stellung zurückzukommen. So saß ich denn auf der Erde und rutschte langsam zurück, indem ich mich abwechselnd auf den Hintern und die Hände stützte. So ging es langsam zurück. Sobald die Franzosen mich bemerkten, schossen sie auf mich, dann ließ ich mich wieder umfallen und stellte mich tot. Nachdem ich einige Zeit gewartet harte, ging es wieder weiter, bis dasselbe Manöver sich wiederholte. So wurde es allmählich Abend. Da legte ich mich in einen Chausseegraben, wo ich vor Kugeln sicher war, zur Ruhe nieder. Dort träumte ich wunderbar von der Heimat. Meine Hände konnte ich von dem anstrengenden Fortbewegen nicht mehr auf- und zumachen. Morgens beizeiten ging das Rutschen wieder los. Es war genau so wie am Tag vorher. Abends bei eintretender Dunkelheit kam ich in der Nähe unserer Stellung an, bis 800 Meter. Da kamen zwei Kameraden gelaufen und trugen mich das Stück heran.
Das war eine Freude, als ich unter den Kameraden weilte. Ich bekam einen warmen Schluck Kaffee, das erste seit fünf Tagen und nachher Bouillon mit Reis. Das schmeckte famos. Dann wurde ich nach R. gebracht und verbunden und nun bin ich auf dem Wege zur Heimat. Es geht mir soweit ganz gut. Mache Dir keine Gedanken. Bald werden wir uns Wiedersehen.


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Welser Zeitung 22. Mai 1931
Aus dem Stodertal. 
Immer mehr und vollkommen berechtigt wird dieses schöne Tal das Ziel vieler Erholungssucher. Aber auch der Touristenverkehr nimmt ständig zu und an Sonn- und Feiertagen kommt eine ganze Reihe von Autos, Motorrädern und Fahrrädern in dieses schöne Tal. Die Gemeinde ist diesem ständig wachsenden Fremdenverkehr auch weit entgegengekommen und durch die jetzt beinahe fertige Umlegung und Verbreiterung der Straße bis zum Johanneshof sind viele gefährliche und enge Stellen beseitigt worden. Eines hat aber damit nur zugenommen und macht beinahe die ganze aufgewendete Mühe vergeblich: die geradezu katastrophale Staubplage.
Wer an einem Sonntag von einer der umliegenden Höhen ins Stodertal hinabsteigt oder herabschaut, der sieht ganz Hinterstoder in eine ständig an- und abschwellende Staubwolke gehüllt und wehe, wenn man eines der Gasthäuser aufsuchen und dabei lieber im Freien als in einer Gaststube sitzen möchte. Kaum sitzt man, so ist schon alles mit einer dünnen Staubschicht bedeckt. Hier wäre es also höchste Zeit, dass von allen am Fremdenverkehr beteiligten Stellen ehestens mit einer Maßnahme gegen die Staubplage — Ölung der Straße — eingeschritten wird, wenn man nicht erleben will, dass der Zustrom der Fremden fluchtartig das schöne Tal wieder verlässt.
Da nun beinahe jeder Hinterstoderer in einer Art am Fremdenverkehr beteiligt ist, fast alle Gasthöfe an der Straße und damit in dieser ständigen Staubwolke liegen, wäre es höchste Zeit, dass hier Abhilfe geschaffen wird.


Freitag, 12. Juli 2024

Richtige oder falsche Entscheidungen?

Im "Linzer Volksblatt" und in der "Linzer Tagespost" konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.
Linzer Volksblatt 24. März 1932
Sühne für den „Mord“ an der zahmen Gamsgeiß vom Gaislitzkogel.
Fast wäre man versucht, einen Vergleich zwischen dem kürzlich von den Geschworenen abgeurteilten, 23 Jahre alten Bäckermeister Oskar Paulingenius aus Hinterstoder, der bekanntlich am Nikolotag des vergangenen Jahres seinen Freund Franz Niederberger durch einen Schuss aus einer Flobertpistole tötete, mit dem am vergangenen Freitag, von den Schöffen des Kreisgerichtes Steyr abgeurteilten 30 Jahre alten Forstarbeiter Adolf Polterauer aus Hinterstoder, welcher am 11. Jänner d. J. die über die engeren und weiteren Grenzen unseres Heimatlandes bekannte zahme Gamsgeiß vom Gaislitzkogel in Hinterstoder niederknallte, zu ziehen. Denn Paulingenius wurde zu neun Monaten schweren, verschärften Kerker verurteilt, Adolf Polterauer zu acht Monaten schweren, verschärften Kerker!
Der naivste Leser wird sich doch da sagen müssen, da stimmt irgend etwas in der
Rechnung nicht. Verwiesen sei nur darauf: dort Geschworene, da Schöffen.

Adolf Polterauer ist ein außerehelicher Sohn der in Hinterstoder 27 wohnhaften
Altersrentner-Eheleute Johann und Sophie Klinser. Nicht vielleicht seit dem
vergangenen Herbst, als er arbeitslos wurde, sondern schon seit längerer Zeit scheint er sich auf bedenklichen Abwegen zu befinden. Einer von diesen ist das Wildern, obwohl er es bis Mitte Jänner d. J., weil es nicht gelang, ihn bei frischer Tat zu ertappen, strikte leugnete. Am 10. Jänner d. J. bekam Polterauer aus irgendwelchem Grunde keine Arbeitslosenunterstützung.
Über das regte er sich derart auf, dass er glaubte; sich an den Mitmenschen, die er dafür verantwortlich machte, rächen zu müssen. Er traf zufällig den in Hinterstoder 29 wohnhaften, 13 Jahre alten Volksschüler Josef Hackl, einen auf sein Alter sehr aufgeweckten Knaben, der mit dem Gewehr schon tadellos umzugehen versteht und offensichtlich für die Jägerei großes Interesse hat. Diesen bat Polterauer, Rehe aufzuspüren, was dem Buben auch gelang. Polterauer wollte sich inzwischen von seinem Freund, dem 73 Jahre alten pensionierten Jäger Josef Frech, Mitbesitzer des Gaislitzkogel-Gutes, ein Gewehr holen, dieser gab ihm jedoch keines.
Daher musste Polterauer für diesen Tag seine Rachegelüste begraben. Am nächsten Tag, begab er sich mit dem in Hinterstoder 5 wohnhaften, 32 Jahre alten Bauer Josef Frech und dem in Hinterstoder 64 wohnhaften, 48 Jahre alten Hilfsarbeiter Josef Kindler zur Holzschlägerung auf den Gaislitzkogel. Gegen Mittag kam die zahme Gamsgeiß in die Nähe des Arbeitsplatzes des Polterauer. An dieser glaubte der noch immer erzürnte, ungeschlachte Bursche sein Mütchen kühlen zu können. Er holte sich rasch von Josef Frech das Gewehr, das er diesmal bekam, eilte zurück, und knallte herzlos das liebe Tier nieder. Revierjäger Franz Kniewasser, der um diese Zeit seine zahme Gamsgeiß zur Fütterung erwartete, war wegen des Fernbleibens seines geliebten Tieres schon unruhig geworden und eilte, Böses befürchtend, auf die Suche. Die Spuren verfolgte er bis zum Arbeitsplatz des Polterauer. Er fragte diesen und die beiden Mitarbeiter, ob sie nicht das Tier gesehen hätten was alle drei im Chor verneinten. Der auf die Spur gesetzte Schweißhund fand sofort die Stelle, wo die erschossene Gamsgeiß unter
geschlagenen Bäumchen versteckt lag. Bei diesem Anblick glaubte Kniewasser,
ihm zerreiße sein Herz. Dass es nur Polterauer getan haben könne, wusste
er sofort, weshalb er von der Stelle weg die Anzeige bei der Gendarmerie  erstattete.
Kurz nach seiner Verhaftung gab Polterauer unumwunden zu, die Tat ausgeführt
zu haben und ebenso, dass er bereits vor Weihnachten 1931 dem Jochems
einen Rehbock wegschoß. Dieser Rehbock sei in die Wohnung seiner Eltern
gebracht, dort zerwirkt und von Eltern und Geschwistern gegessen worden.
Einige Tage später änderte er diese Aussage dahin, dass den Rehbock nicht er,
sondern der Volksschüler Josef Hackl geschossen und sein Stiefbruder Johann Klinser nach Hause gebracht habe, wo er von seinen Eltern und Geschwistern verzehrt worden sei.
Nachmittags stand nun Adolf Polterauer vor einem Schöffensenat unter
Vorsitz des LGR Slanina und hatte sich wegen Verbrechens des Wilddiebstahls,
des Verbrechens der Übertretung des Betruges und der Übertretung des
Waffenpatentes zu verantworten. Mitangeklagt waren Josef Frech und Josef
Kindler wegen Verbrechens der Teilnahme am Diebstahl, Johann Klinser, und Sophie Klinser ebenfalls wegen Verbrechens der Teilnahme am Diebstahl.
Die Verleumdung stellte Polterauer in Abrede und versuchte das Gericht zu
überzeugen, es habe sich um eine wahrheitsgemäße Anzeige gehandelt.
Seinerzeit, als er alles gestand, habe er alle Schuld auf sich nehmen wollen damit
niemand anderer vor das Gericht käme. Josef Frech d. J. und Josef Kindler waren nach langem hin und her des Tatsächlichen geständig.
Johann Klinser d. Ältere, Johann Klinser, d. J. und Sophie Klinser stellten jedes
Verschulden in Abrede und wollen von dem Rehbock nichts wissen.
Adolf Polterauer schleuderte seine Behauptung vor Gericht den Eltern ins Gesicht, doch diese blieben dabei, nichts zu wissen. Der alte Klinser regte sich dabei so auf, dass sich der Vorsitzende veranlasst sah, den Gerichtsarzt Dr. Hain holen zu lassen.
Nach mehrstündiger Verhandlung wurde der Angeklagte Adolf Polterauer im teilweise eingeschränkten Sinne der Anklage für schuldig befunden und zu acht Monaten schweren, mit einem harten Lager verschärfen Kerker verurteilt. Die Angeklagten Frech und Kindler bekamen vierzehn Tage Kerker, verschärft mit einem harten Lager, die angeklagten Klinser Leute wurden hingegen freigesprochen.

Revierjäger Franz Kniewasser mit Gamsgeiß

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Linzer Tages-Post 18. Juni 1903
Aus Hinterstoder wird uns geschrieben:
Eine Entdeckung, die derzeit das ganze Tal in Aufregung versetzt, hat der Besitzer des Stögergutes vor einigen Tagen gemacht und zwar bei einer Weganlage auf seinem Berg kam er auf schwarzes Mineral.
Man vermutet Kohle. Sofort wurde eine Grube von mehreren Metern Tiefe gegraben und siehe, das zu Tage geförderte Material, glänzend schwarz, der Anthrazitkohle sehr ähnlich, brennt unter starker Gasentwicklung. Da hier schon früher an verschiedenen Orten wiederholt größere Kohlenstücke gefunden wurden, von denen Schulleiter Angerhofer bereits eine Sammlung anlegte, sieht man mit einer gewissen Spannung der Zukunft entgegen. Es wäre immerhin nicht unmöglich, dass an dieser Fundstelle ein größeres Lager des wertvollen Materials zutage gebracht werden könnte, besonders da eine Versuchsgrabung an der anderen Seite des Berges das gleiche Resultat ergab.
Wie es aber dann mit der Idylle und dem wohltuenden Frieden des Tales bestellt sein wird?
                                                

Freitag, 5. Juli 2024

Interessante und lustige Anekdoten

In alten Zeitungen, Tagblatt und im Prager Tagblatt, kann man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

 Ludwig XIII (geb.1601, gest.1643)

Tagblatt 1. März 1931
Vom Ursprung des Panierens von Speisen.
Eine französische Anekdote weiß darüber zu berichten.
Das Panieren von Fleisch, wie zum Beispiel bei Cordon bleu, erfand man in der Zeit Ludwig XIII. In jenen üppigen Tagen pflegte man Braten, um sie saftiger zu gestalten und das Ausfließen des Saftes zu verhindern, mit einer Speckhülle zu umwickeln. Als nun der König einmal auf Jagd war, geriet man zu weit vom Tross ab und als der Mundkoch das Mahl bereiten sollte, hatte man keinen Speck besorgt. Um den König, der ein gewaltiges Leckermaul war, nicht zu erzürnen, besann sich der Koch auf einen Ausweg um dennoch einen saftigen Braten zu bereiten. Aber in den mitgenommenen Mundvorräten fand sich nichts als trockenes Brot. Nun kam ihm die Idee, das bröselig geriebene Brot mit Eiern zu einem Teig zu verbinden und darin das Fleisch einzuhüllen. Ludwig verzehrte das Gericht mit größtem Appetit, lobte den Koch für diese köstliche Abwechslung und ließ sich von da an des öfteren Fleischspeisen auf diese Art zubereiten.
Und da damals der französische Hof die Hochschule aller feineren Zivilisationen war, verbreitete sich diese neue Speisenzubereitung bald in andere Länder. Von da an war das Panieren, das ursprünglich aus der Not eine Tugend gemacht hatte, erfunden worden.
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Max Liebermann (geb.1847, gest.1935)
 Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus.
                                                                             
Prager Tagblatt 10. Februar 1932
Wer ein bisschen was ist, lässt sich natürlich von Max Liebermann malen. Auch Alfred Kerr, Kritiker vom „Berliner Tageblatt" tat solches. Nach der vierten Sitzung stieg er von seinem Stuhl auf und stellte sich vor das halbfertige Porträt und kritisierte es. „Ich kann mir nicht helfen, ich entdecke noch nicht die geringste Ähnlichkeit," maulte der große Theaterkritiker. Liebermann winkte ab: „Warten Sie noch ein paar Tage. Das wird noch zum „Kotzen“ ähnlich.

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 Gustave Courbet (geb.1819, gest.1877)
                                                    
Prager Tagblatt 4. Juni 1914
Der unfreiwillige Liebesantrag des Malers Courbet.
Eine drollige Anekdote aus dem Leben des bekannten Malers Courbet. 
Der Romanschriftsteller und Kunstfreund, Champfleury machte gerne einen Spaß und spielte seinen Freunden einen Streich. Lange Zeit besann er sich, wie er Courbet einen Schabernack antun könne und da kam ihm eines Tages der Zufall zu Hilfe. Er saß auf dem Verdeck eines Omnibuses, der in der Richtung nach Auteuil fuhr und wie ungefähr fiel sein Blick auf einen Gepäckträger, der einen großen Korb trug, an dem ein Adressenzettel baumelte: „Fürstin K. in Auteuil," Und Champfleury ging hin und verfasste ein Billett folgenden Inhalts: „Madame, ich liebe Sie mehr als mein Leben und kann ohne Sie nicht mehr sein. Courbet, Kunstmaler, 32 Rue Hautefeuille."
Man wird sich das Erstaunen des verdutzten Kunstmalers ausmalen können als am nächsten Morgen bei ihm ein Herr mit  furchterregenden weißen Bartkoteletten erschien und ihn um eine Erklärung ersuchte, wie er dazu komme, der Fürstin, seiner Frau, einen solch unverschämten Antrag zu machen. Courbet gab vor, von dem Billett nichts zu wissen, ließ sich das Billett zeigen und stellte dann reinen Herzens und der Wahrheit gemäß in Abrede, der Schreiber dieser Zeilen gewesen zu sein. Der Fürst war humorvoll genug, den Schabernack zu verstehen, den man dem jungen Künstler gespielt hatte und zog belustigt ab. Es dauerte auch nicht lange, so wusste man den Urheber des Witzes, nämlich Champfleury.
Nun folgte aber das dickere Ende. Zwei oder drei Jahre waren seit der Geschichte vergangen, kein Mensch dachte mehr daran, da wurde Courbet wieder an sie erinnert. Die Post brachte ihm eines Tages ein Brieflein von zarter Frauenhand, worin folgendes zu lesen stand: „Mein lieber Freund, ich bin hier und erwarte Sie um drei Uhr im Hotel L. Fürstin K.. ," Courbet ging auch wirklich dort hin, man konnte ja nicht wissen, ob sichs nicht um einen ehrenvollen, gewinnreichen Auftrag für Pinsel und Palette handelte. Aber nun enthüllte ihm eine Dame, die schon in jenen Jahren stand, die man die „Besten" nennt, weil die „Allerbesten" bereits vorüber sind: „Ich bin frei, endlich frei. Im vorigen Jahr ist der Fürst gestorben. Aber ich habe sie nicht vergessen!"
Sie hatte alle ihre Güter in Russland verkauft und bot nun Hand und Geld dem Maler zum ewigen Bund an. Der Maler beeilte sich, den Schabernack seines Freundes zu enthüllen, fand aber damit keinen Glauben. „Dass Sie meinem seligen Gatten gegenüber in Abrede stellten, das Billett geschrieben zu haben, ist verständlich. Mir gegenüber ist das aber wahrhaftig nicht nötig, denn ich brenne seit der Zeit danach, sie zu sehen." Indes Courbet fand, dass die Dame schon stark auf die Fünfzig marschiere, im übrigen spindeldürr war und er konnte sich nicht dazu bequemen, über diese persönlichen Nachteile der Millionen wegen hinwegzusehen.