Dienstag, 31. Dezember 2019
Freitag, 27. Dezember 2019
Wie Bruckners Adagio in seiner 7. Symphonie entstand
Anton Bruckner, der großartige oberösterreichische Komponist, dessen Symphonien Millionen musikbegeisterte Menschen weltweit zutiefst berühren, war gerne in Hinterstoder und spielte auch immer wieder auf der Orgel unserer Pfarrkirche.
Diese Anekdote über Anton Bruckner und seine Begeisterung für Richard Wagner von Josef R. Harrer ist in der Oberdonau-Zeitung vom 26.8.1944 nachzulesen.
Es war ein Februar-Abend des Jahres 1883; kalter Wind brauste über Wien. Anton Bruckner, den so viele verlachten und verspotteten und den nur wenige in seiner hervorragenden Größe erkannten, ging langsam durch die Gassen der Inneren Stadt. Nun kam er auf den Stephansplatz. Wieder, wie so oft in den letzten Wochen, fühlte er seltsame Trauer, während in seinem Herzen die Akkorde seiner neuen Symphonie einem Meer gleich wogten. Mit kalten Lippen summte er die Melodie des Adagios (für langsames Tempo). Seit drei Wochen arbeitete er an diesem Adagio, das in seiner Süßigkeit und schwebenden Anmut wie aus einer anderen Welt in diesen irdischen Winter herüberblühte. Bruckner blieb stehen. Er blickte zum dunklen Himmel empor, wo sich die Spitze des Stephansturmes im Ungewissen verlor Da kam ihm ein Herr entgegen. Das Licht einer Laterne fiel auf den Komponisten. Der andere stutzte, dann ging er auf Bruckner zu: "Das ist doch der Bruckner! Aber, verehrter Meister Anton, du wirst dich verkühlen! Bei dieser Kälte stehst du da und betrachtest den Turm?" Bruckner lächelte verlegen. "Schimpf nur mit mir! Du hast recht, lieber Weinwurm!"
Rudolf Weinwurm, der Chormeister des Wiener Männergesangvereines und einer der Getreuen Bruckners, schob seinen Arm unter den des Meisters. "Und jetzt wollen wir einen warmen Platz aufsuchen, sonst erfrierst du mir, mein Lieber. Oder fühlst du schon das Nahen des Frühlings? Der ist noch weit, der lebt nur unvergänglich in deiner Musik!" Während Weinwurm so sprach, näherten sie sich der Gastwirtschaft "Zum Deutschen Haus". "Eigentlich sollte ich weiter über das Adagio meiner Siebenten Symphonie nachsinnen!" meinte Bruckner. "Nichts da! Komm’ nur mit! Auch im warmen Zimmer werden die Noten bei dir bleiben!" Beim geliebten Glas Pilsener Bier plauderten sie. Bruckner sprach von seiner neuen Arbeit. "Ich glaube, lieber Weinwurm, dass ich mit meiner Siebenten Symphonie endlich großes Glück haben werde. Schon das erste Thema des 1. Satzes ist großartig!" Weinwurm traute seinen Ohren nicht. Erstaunt unterbrach er ihn: "Bruckner, du selbst nennst es so?. Du, der Bescheidenste von allen? Nie noch hast du so selbstbewusst gesprochen! Dann muss es wirklich groß sein!" "Ja!" Bruckner nickte. "Aber es ist nicht von mir! Im Traum hat mir ein Freund aus der Linzer Zeit das Thema diktiert... Muss ich da nicht endlich Glück haben?" "So bist du, Bruckner! Dir selbst schenkst du nicht das Vertrauen, dir und deiner Kraft! Aber dem Traum vertraust du! Wann wirst du endlich wissen, dass du der größte Musiker bist, der lebt!" Bruckner wehrte entschieden ab. "Das himmlische, sag’ das nicht, Weinwurm! Solche Worte sind Sünde! Das Größte ist der verehrte, der geliebte Meister Richard Wagner!"
"Richard Wagner, ja, er wäre der Größte, wenn er noch lebte!" murmelte Weinwurm. Da erbleichte Bruckner. Er starrte den Freund fassungslos an. Nur mühsam fand er die Worte. "Was sagst du? Wenn Wagner noch lebte". "Du weißt noch nicht, dass Richard Wagner gestern in Venedig gestorben ist?" Da faltete Anton Bruckner die Hände. Leise, fast zu sich allein, sagte er: "So ist es doch geschehen, was ich seit Wochen fürchtete, was mich traurig machte, was immer in der Zeit, da ich am Adagio arbeite, wie ein drohender Schatten um mich war, was mich auch heute abends so bedrückt wie eine schwere trübe Last!... So ist Wagner tot, der Geliebte, der Größte!... Dem steten Denken an den Leidenden in Venedig verdanke ich das Adagio. Immer wieder versuchte ich in Tönen Trost und Hoffnung zu erlangen.., und jetzt ist er tot!... Jetzt werde ich das Adagio, das unfertige, beenden müssen, während Wagner kalt und tot auf der Bahre liegt. Ja, ich werde das Adagio als eine Trauerweise bilden, die ihm gilt, meinem lieben Richard Wagner, meinem toten Wagner!" Er verstummte. Auch Weinwurm, vom Leid Bruckners gerührt, sprach kein Wort. Bald schieden die Freunde...
Anton Bruckner wanderte durch die winddurchtobte Nacht heimwärts. Ihm war, als stürmten von allen Seiten die Klänge auf ihn ein. Laut und gewaltig waren die feierlichen, überirdischen Töne der Nibelungentuben (Blechblasinstrumente) Wagners, die in sein Adagio hinüber griffen. Noch in der gleichen Nacht schrieb Anton Bruckner an dem Adagio; und er schrieb damit die größte Trauermusik, die je ein Komponist einem anderen Komponisten gewidmet hat: das himmlische Adagio seiner Siebenten Symphonie.
Diese Anekdote über Anton Bruckner und seine Begeisterung für Richard Wagner von Josef R. Harrer ist in der Oberdonau-Zeitung vom 26.8.1944 nachzulesen.
Es war ein Februar-Abend des Jahres 1883; kalter Wind brauste über Wien. Anton Bruckner, den so viele verlachten und verspotteten und den nur wenige in seiner hervorragenden Größe erkannten, ging langsam durch die Gassen der Inneren Stadt. Nun kam er auf den Stephansplatz. Wieder, wie so oft in den letzten Wochen, fühlte er seltsame Trauer, während in seinem Herzen die Akkorde seiner neuen Symphonie einem Meer gleich wogten. Mit kalten Lippen summte er die Melodie des Adagios (für langsames Tempo). Seit drei Wochen arbeitete er an diesem Adagio, das in seiner Süßigkeit und schwebenden Anmut wie aus einer anderen Welt in diesen irdischen Winter herüberblühte. Bruckner blieb stehen. Er blickte zum dunklen Himmel empor, wo sich die Spitze des Stephansturmes im Ungewissen verlor Da kam ihm ein Herr entgegen. Das Licht einer Laterne fiel auf den Komponisten. Der andere stutzte, dann ging er auf Bruckner zu: "Das ist doch der Bruckner! Aber, verehrter Meister Anton, du wirst dich verkühlen! Bei dieser Kälte stehst du da und betrachtest den Turm?" Bruckner lächelte verlegen. "Schimpf nur mit mir! Du hast recht, lieber Weinwurm!"
Rudolf Weinwurm, der Chormeister des Wiener Männergesangvereines und einer der Getreuen Bruckners, schob seinen Arm unter den des Meisters. "Und jetzt wollen wir einen warmen Platz aufsuchen, sonst erfrierst du mir, mein Lieber. Oder fühlst du schon das Nahen des Frühlings? Der ist noch weit, der lebt nur unvergänglich in deiner Musik!" Während Weinwurm so sprach, näherten sie sich der Gastwirtschaft "Zum Deutschen Haus". "Eigentlich sollte ich weiter über das Adagio meiner Siebenten Symphonie nachsinnen!" meinte Bruckner. "Nichts da! Komm’ nur mit! Auch im warmen Zimmer werden die Noten bei dir bleiben!" Beim geliebten Glas Pilsener Bier plauderten sie. Bruckner sprach von seiner neuen Arbeit. "Ich glaube, lieber Weinwurm, dass ich mit meiner Siebenten Symphonie endlich großes Glück haben werde. Schon das erste Thema des 1. Satzes ist großartig!" Weinwurm traute seinen Ohren nicht. Erstaunt unterbrach er ihn: "Bruckner, du selbst nennst es so?. Du, der Bescheidenste von allen? Nie noch hast du so selbstbewusst gesprochen! Dann muss es wirklich groß sein!" "Ja!" Bruckner nickte. "Aber es ist nicht von mir! Im Traum hat mir ein Freund aus der Linzer Zeit das Thema diktiert... Muss ich da nicht endlich Glück haben?" "So bist du, Bruckner! Dir selbst schenkst du nicht das Vertrauen, dir und deiner Kraft! Aber dem Traum vertraust du! Wann wirst du endlich wissen, dass du der größte Musiker bist, der lebt!" Bruckner wehrte entschieden ab. "Das himmlische, sag’ das nicht, Weinwurm! Solche Worte sind Sünde! Das Größte ist der verehrte, der geliebte Meister Richard Wagner!"
"Richard Wagner, ja, er wäre der Größte, wenn er noch lebte!" murmelte Weinwurm. Da erbleichte Bruckner. Er starrte den Freund fassungslos an. Nur mühsam fand er die Worte. "Was sagst du? Wenn Wagner noch lebte". "Du weißt noch nicht, dass Richard Wagner gestern in Venedig gestorben ist?" Da faltete Anton Bruckner die Hände. Leise, fast zu sich allein, sagte er: "So ist es doch geschehen, was ich seit Wochen fürchtete, was mich traurig machte, was immer in der Zeit, da ich am Adagio arbeite, wie ein drohender Schatten um mich war, was mich auch heute abends so bedrückt wie eine schwere trübe Last!... So ist Wagner tot, der Geliebte, der Größte!... Dem steten Denken an den Leidenden in Venedig verdanke ich das Adagio. Immer wieder versuchte ich in Tönen Trost und Hoffnung zu erlangen.., und jetzt ist er tot!... Jetzt werde ich das Adagio, das unfertige, beenden müssen, während Wagner kalt und tot auf der Bahre liegt. Ja, ich werde das Adagio als eine Trauerweise bilden, die ihm gilt, meinem lieben Richard Wagner, meinem toten Wagner!" Er verstummte. Auch Weinwurm, vom Leid Bruckners gerührt, sprach kein Wort. Bald schieden die Freunde...
Anton Bruckner wanderte durch die winddurchtobte Nacht heimwärts. Ihm war, als stürmten von allen Seiten die Klänge auf ihn ein. Laut und gewaltig waren die feierlichen, überirdischen Töne der Nibelungentuben (Blechblasinstrumente) Wagners, die in sein Adagio hinüber griffen. Noch in der gleichen Nacht schrieb Anton Bruckner an dem Adagio; und er schrieb damit die größte Trauermusik, die je ein Komponist einem anderen Komponisten gewidmet hat: das himmlische Adagio seiner Siebenten Symphonie.
Anton Bruckner ( geb. 1824 in Ansfelden, gest. 1896 in Wien) |
Montag, 23. Dezember 2019
In der Heiligen Nacht "redet das Vieh" manchmal im Stall
Der Tiroler Pfarrer und Heimatdichter Sebastian Rieger (geb. 1867 in St. Veit - Deferreggen, gest. 1953 in Heiligkreuz - Hall in Tirol) schrieb unter dem Pseudonym "Reimmichl" Geschichten und Romane aus seiner gebirgigen Heimat - eine Heimat, ähnlich dem Stodertal.
Der
Blaser Riepl horcht was das Vieh redet in der heiligen Nacht
Beim Tengelhofer in Martein saßen die Leute gerade beim heiligen Mahl, welches am hohen Weihnachtsabend nach zwölf Uhr mittags eingenommen zu werden pflegte. Die Pfanne mit dem leckeren Schmalzmus hatte bereits das Feld geräumt oder war vielmehr geräumt worden, der Weihnachtsbrei mit den roten Apfelwangen und den schwarzen Weinbeeraugen hatte auch schon das Tageslicht hinter sich. Nun arbeiteten die tapferen Esser an den eingemachten süßen Krapfen, an denen die Silbertropfen von Butter und Honig wie ein Perlenkranz oder wie schillernde Eiszäpfchen herunter hingen. Peterle, der jüngste Tengelhofer, ließ sich die schwere Arbeit so angelegen sein, dass bereits glänzende Spuren seiner Wirksamkeit im ganzen Gesicht bemerkbar waren und um sein Mäulchen rundherum ein dicker Bart von schwarzen Mohnkörnchen heraus wuchs. — Als nun zuletzt der mit Süßigkeiten gespickte Nußzelten (Kuchen) auf den Tisch rückte, lockerten die Knechte in weiser Vorsicht ihren Bauchgurt um einige Löcher. Riepl (Rupert, der Großknecht, in seiner Heimat der Blaser genannt) schnitt ein breites Stück aus dem Zelten heraus und reichte es der Mitterdirn (Magd) Nandl. Die Nandl blitzte ihn mit ihren dunklen Augen freundlich an und schob einen rotwangigen Apfel an seinen Platz. Da schnitt Thrine, die alte, einäugige Stalldirn, eine bitterböse Grimasse auf die Mitterdirn herüber, denn sie stand von jeher mit der Nandl auf dem Kriegsfuß. Die anderen Dienstboten neckten den Großknecht und die Mitterdirn, diese aber machten sich wenig daraus; denn sie hatten es schon richtig miteinander und um Lichtmess wollten sie zusammen heiraten. Das konnten sie auch tun, denn der Riepl hatte sich mit seinen ersparten Kreuzern einen kleinen Hof gekauft, wo er mit der Nandl zu hausen gedachte. — Die beiden standen nicht mehr im jugendlichen Alter. Nandl ging schon stark in die Dreißig, aber ihr munteres "Herschauen" und die frischen Wangen ließen sie jünger erscheinen. An Riepl erkannte man schnell den Hoch-Vierziger, aber er repräsentierte immer noch einen rüstigen Bräutigam. In Bezug auf die Geistesgaben war die Nandl ihrem Zukünftigen weit über; sie war leichtmerkig, findig und geschickt, der Riepl hingegen war schon von seinen Wiegenzeiten her etwas begriffstützig und vernagelt. Lesen, Schreiben und Rechnen, selbst der Katechismus blieben ihm russische Dörfer; aber in einem Fache kannte er sich aus: er wusste jeglichen Aberglauben, der im weiten Umkreise aus alle Zeiten des Jahres gestiftet war, und glaubte felsenfest an die Unfehlbarkeit derselben. — Als daher nach dem „heiligen Mahle" die Rede auf all die Wunderdinge kam, die sich zufolge alten Volksglaubens während der heiligen Nacht in Haus und Stall ereignen, nickte der Riepl verständnisinnig mit dem Haupte. — Die Grossdirn sagte: "Riepl, möchtest nicht statt in die Christmette heute Nacht zum Vieh in die Schule gehen? — Das Vieh soll gar so gescheit reden in der heiligen Nacht". "Und gar zukünftige Dinge voraussagen!" mischte sich der Bauknecht in die Rede; "die Kühe möchten dir vielleicht gern was erzählen von deiner zukünftigen Bäuerin!" "Der Bauknecht darf einmal sicher nicht in den Stall — Ochsen könnten ihm das Stroh aus seinem Tappschädel herausfressen," gab die Nandl herüber, dann sprang sie auf und huschte zur Tür hinaus; die anderen lachten hell auf, der Bauknecht aber kratzte sich hinter den Ohren. „Wills keinem raten, in der heiligen Nacht das Vieh zu stören," warnte Thrine, die Stalldirn. "Und warum nicht?" fragte der kleine Knecht. "Warum nicht? Weil´s das Vieh nicht leidet. Lass dir´s nur einmal erzählen, wie es dem alten Rindlhofer gegangen ist!" "Wie denn?" "Wie? Er ist halt in den Stall gegangen zu horchen. Das Vieh hat auch geredet. Ein Ochs hat gesagt: "Heut haben wir einen dicken Stock im Barren (Futterkrippe); in drei Tagen werden wir ihn zu Grabe fahren!" — und richtig, am St. Johannistag hat man den Rindlhofer in den Friedhof getragen. Das magst dir merken, Frosch, du grasgrüner!" "Den Quatemberkindern (Kinder die an Quatembertagen - Fast- und Abstinenztagen geboren wurden) geschieht nichts, wenn sie horchen," sagte jetzt der Riepl.
"Du bist ja ein Quatemberkind", bemerkte die Großdirn. "Sell woll!" (Jawohl) — der Riepl. "Dann musst´s doch probieren", neckte der Bauknecht. "Bin nicht neugierig", versicherte der Riepl, dabei lachte er aber so pfiffig, wie er es zustande brachte. Allerdings hatte er sich schon längst den Plan gemacht, in der heiligen Nacht das Vieh im Stall zu belauschen; es brauchte jedoch niemand seine Geheimnisse zu kennen. Er war vollkommen überzeugt, dass das Vieh heuer von ihm und von der Nandl reden müsse. — Durch das Vieh hoffte er in der heiligen Nacht mit Sicherheit zu erfahren, wie es ihm und der Nandl im neuen Stande gehen werde; denn er war ja ein Quatemberkind. — Sagen durfte er aber niemand etwas — selbst der Nandl nicht. Der Bauknecht hatte das pfiffige Lächeln des Riepl bemerkt und sofort richtig gedeutet. — Wenn der Riepl einmal so pfiffig lachte, dann konnte man sich auf ein "hochweises Schildbürgerstücklein" gefasst machen. Im Laufe des Nachmittags hatte der Bauknecht durch verschiedene Kreuz- und Querfragen bereits vollkommene Sicherheit erlangt, dass der Riepl heute im Stalle zu übernachten gedenke. Die Hausräucherung war vorüber, das Nachtmahl ebenfalls, die drei Rosenkränze, welche am heiligen Abend in allen Häusern gebetet werden, kamen heute etwas rascher weg, hernach las das Rosele aus dem alten Evangelienbuch wunderschön die drei Evangelien von der heiligen Nacht und dem Christtag nebst einer frommen Erklärung — dann suchten alle eine kurze Nachtruhe. Vom Kirchturm schlug es gerade 10 Uhr, als eine dunkle Gestalt beim Tengelhofer in die Scheune huschte. — Es war Riepl, der Großknecht. — Drinnen suchte er auf dem Heuboden ein Futterloch, das auf einen leeren Barren in den Stall hinunter mündete. Er warf einige Büschel Heu durch das Loch, und dann rutschte er selber über ein Brett hinunter in den Barren. So vorsichtig und heimlich er seine Abfahrt auch bewerkstelligt hatte, es entstand doch einiger Tumult unter dem Vieh; erst nach geraumer Weile beruhigten sich die Tiere. Es war behaglich warm im Stalle, der Riepl lag weich gebettet im Heu, und doch fühlte er sich nicht ganz Wohl im Viehbarren. Eine unheimliche Stille herrschte, nur ab und zu vernahm man das Hauchen oder das Wiederkäuen eines Rindes — von draußen herein scholl das eintönige Bellen der Habergeiß (Nachteule): „Pipipipipi!" Soeben stieg der Mond hinter dem Walde empor und warf einen geisterhaften Schein durch das trübe Glas der Stallfenster. Dem Riepl wurde von Minute zu Minute unheimlicher. — Auf einmal tönten vom Kirchturm im gewaltigen Chor die Glocken hinaus in die Nacht. Es war, als ob jede eine lebendige Seele habe und aus ganzer Seele ihren Ruf hinaus singe in die Berge und Täler. — Dem Riepl drangen die Glockentöne durch Mark und Bein — so unheimlich hatten die Glocken noch niemals geklungen. — Jetzt schwiegen sie und jetzt setzten sie wieder ein im vollen, majestätischen Dreiklang. — Nun musste die Christmette in der Kirche begonnen haben. Der Riepl wischte sich leise die kalten Schweißtropfen von der Stirn. — Doch was war das? — Ein gespenstiger Laut. — Jetzt wieder ein tiefes, langgedehntes: "Määh!" - Und nun begann es wirklich in menschlichen Stimmen zu reden. Scheck, die alte Kuh im gegenüberliegenden Winkel, eröffnete die Unterhaltung. Sie sagte mit dumpfer Stimme: "Unsere Stunde ist da - sind alle wach?" Das Vieh wurde unruhig, brüllte und riss an den Ketten, nach einer Weile sagte der braune Ochs auf der anderen Seite: "Alle sind wach: Kuh, Kalb, Bock und Schaf!" "Ist keins zuviel?" fragte die Schecke wieder. Nun lachte der Geißbock hinter den Planken hervor und rief im lauten Meckertone: "Einer ist zuviel — der größte Ochs — er liegt im hintersten Barren." "Wie schaut er aus?" fragte die Kuh. Der Bock meckerte wieder: "Kleinen Kopf und große Ohr'n, weites Maul und keine Horn'. . . . meck, meck, meck!" "Was will er hier?" — die Kuh. "Seine langen Ohren strecken!" — der Bock. "Wenn´s ihn nur nicht reut!" — die Kuh. Es entstand eine Pause und der Riepl klapperte mit den Zähnen. Nach einem Zeitl (einiger Zeit) begann folgendes Gespräch: Die Kuh: "Was bringt das neue Jahr?" Der falbe Ochs: "Muh, muh, muh — Fasnacht, Schnee, Peterstag viel Heu, Jakobi schweren Hagel. Die Kuh: "Was noch?" Der braune Ochs: "Dem Bauer Zwilling in die Wieg'n;— aus dem Haus ein Paar — und ein halbes." Die Kuh: "Wieso? Wieso?" Der braune Ochs: "Die Nandl mit dem jungen Birnhofer — und der Riepl mit der einaugerten Thrine. "Ein Schaf: "Nicht wahr, nicht wahr! — Der Riepl kriegt die Nandl. "Der Bock: "Meck, meck, meck — die Nandl kann gut foppen; der alte Krampen ist ihr z'dumm; sie macht ihm`s Maul und nimmt den andern." Die Kuh: „Ist´s wahr? Ist´s wahr?" Bock und Ochs und Kalb: "Auf´s Haar, auf´s Haar, auf´s Haar." Das Schaf: "Der Riepl nimmt die Thrine nicht." Der Bock: "Aber die Thrine nimmt den Riepl! — Meck, meck, meck." Die Kuh: "Wie geht die Geschichte weiter mit der Thrine und dem Riepl?" Der Bock: "Bei der Hochzeit hat er Flausen, nach vierzehn Tag 's Grausen, nach einem Vierteljahr tut sie ihn hussen, und über´s Jahr kriegt er Pumpernussen." Die Kuh: "Ist´s wahr? Ist´s wahr?" Bock und Ochs und Kalb: "Auf´s Haar, auf´s Haar, auf´s Haar." Es entstand eine lange Pause. Der Riepl ballte die Fäuste. Am liebsten wäre er herausgesprungen und hätte den Bock bei beiden Ohren genommen. Aber er wagte nicht, sich zu regen. Jetzt sagte die Kuh: "Die Stund ist aus, gute Nacht!" "Gute Nacht! Gute Nacht!" schollen viele Stimmen durcheinander. Zuletzt kam noch der Bock: "Gute Nacht, meck, meck. . . Glückseliges neues Jahr! meck, meck!" Dann herrschte Stille. Nach langer Zeit stieg der Riepl vorsichtig aus dem Barren und kroch auf allen Vieren aus dem Stall.
Als er fort war, wurde es lebendig. Drei dunkle Gestalten kamen hinter den Futterkrippen hervor und hielten sich den Bauch vor Lachen. Es waren der Bauknecht vom Tengelhofer und zwei Burschen aus der Nachbarschaft. Am nächsten Tag, beim festlichen Weihnachtsmahl, saß der Blaser-Riepl wie ein begossener Pudel hinter dem Tische. Er schaute weder links noch rechts, steckte seine Nase tief in die Schüssel und sprach kein Wort. Die anderen Dienstboten neckten und stichelten, — der Bauknecht lachte, dass ihm die Tränen über die Wangen rollten. Da reichte Thrine, die Stalldirn, dem Riepl einen süßen Krapfen herüber und sagte: "Aber Riepl, du machst heut ein Leichenbittergesicht! — Da, iss einen süßen Krapfen — der hilft gegen Herzbrennen!" Der Riepel wurde putenrot, riss den Kopf in die Höhe, warf der Thrine ihren Krapfen mitten ins Gesicht und schrie: "Alte Flatter, du Garstige mich kriegst nicht, und magst dein Katzenauge noch so scheinheilig verdrehen!" Die Thrine spreizte ihre Finger auseinander und wollte dem Angreifer in die Haare schießen; aber Nandl hielt die Rasende zurück und sagte vorwurfsvoll zum Großknecht: "Riepl, was treibst denn? Bist ganz aus dem Häusl?" Da schrie der Riepl aus vollem Halse: "Larve, du falsche! Mit dir red ich überhaupt nichts mehr, — kannst einen andern foppen und dir selber das Maul machen — wir sind miteinander fertig, ein für allemal!" Es gab einen gewaltigen Lärm und Tumult, die Nandl lief weinend zur Türe hinaus. Nun setzte der Bauer eine ernste Miene auf und erklärte: "Riepl, meine Leute lass ich nicht schimpfen, dass du´s weist! Ich mein, du bist wieder einem Schalksnarr auf den Leim gegangen und die Unschuldigen müssen es entgelten." Der Riepl aber schrie: "Ich weiß schon, was ich weiß, und will dir auch was erzählen, wenn du neugierig bist. — Kannst dir eine große Wiege richten, oder gar zwei — bekommst zwei junge Quartierleut. Um Fasnacht macht´s einen großen Schnee und um Jakobi tut´s schauern. Jetzt siehst, dass ich etwas weiß. "Aller Augen richteten sich besorgt auf den Riepl, während der Bauer mit dem Finger nach dem Hirnkasten deutete; — der Bauknecht aber lachte immer noch. Endlich sagte er: "Riepl, bist am End gar heute Nacht im Stall gewesen und hast dir vom Vieh die Neuigkeiten erzählen lassen?" "Das geht niemand nichts an!" knurrte der Riepl. Nun lachten alle wieder zusammen. Die Geschichte war jetzt klar und das Rätsel gelöst. Die Bäuerin aber sprach: "Ein guter Christ geht in der Heiligen Nacht zur Kirche und nicht in den Stall, um sich vom bösen Feind allerlei Träume vorgaukeln zu lassen." Zornig entgegnete der Riepl: "Ich weiß, was ich weiß!" Damit rannte er fort und schlug die Türe hinter sich zu. Vierzehn Tage später trat beim Tengelhofer richtig ein freudiges Ereignis ein — aber es erschienen nicht zwei Buben, sondern ein Mädchen. Der Riepl stutzte. — Sollte der Malefizbock gelogen haben? Am nächsten Sonntag wurde der Birnhofer verkündet, aber nicht mit der Nandl, sondern mit der Rauch-Stine. — Nun verlor der Riepl alle Fassung. Wie ein armer Sünder kam er zur Nandl und bat um Verzeihung. — Das verlogene Bockvieh, dem er noch den Hals umdrehen wolle, habe ihn betrogen und das Unheil verschuldet. Die Nandl wusste bereits alles vom Bauknecht. Sie hatte lange schon gewartet, dass der Riepl komme. Anfangs schmollte sie und stellte sich gekränkt. Dann hielt sie dem Riepl eine gesalzene Predigt über das erste Gebot Gottes. Schließlich zündete sie ihm noch ein großes Licht auf und der Riepl fasste einen bitteren Grimm auf den Bauknecht.
Trotzdem wurde der Bauknecht dem Riepl sein Hochzeitslader und nach vier Wochen gab es eine lustige Heirat. Die Nandl und der Riepl sind heute ein glückliches Ehepaar.
Als er fort war, wurde es lebendig. Drei dunkle Gestalten kamen hinter den Futterkrippen hervor und hielten sich den Bauch vor Lachen. Es waren der Bauknecht vom Tengelhofer und zwei Burschen aus der Nachbarschaft. Am nächsten Tag, beim festlichen Weihnachtsmahl, saß der Blaser-Riepl wie ein begossener Pudel hinter dem Tische. Er schaute weder links noch rechts, steckte seine Nase tief in die Schüssel und sprach kein Wort. Die anderen Dienstboten neckten und stichelten, — der Bauknecht lachte, dass ihm die Tränen über die Wangen rollten. Da reichte Thrine, die Stalldirn, dem Riepl einen süßen Krapfen herüber und sagte: "Aber Riepl, du machst heut ein Leichenbittergesicht! — Da, iss einen süßen Krapfen — der hilft gegen Herzbrennen!" Der Riepel wurde putenrot, riss den Kopf in die Höhe, warf der Thrine ihren Krapfen mitten ins Gesicht und schrie: "Alte Flatter, du Garstige mich kriegst nicht, und magst dein Katzenauge noch so scheinheilig verdrehen!" Die Thrine spreizte ihre Finger auseinander und wollte dem Angreifer in die Haare schießen; aber Nandl hielt die Rasende zurück und sagte vorwurfsvoll zum Großknecht: "Riepl, was treibst denn? Bist ganz aus dem Häusl?" Da schrie der Riepl aus vollem Halse: "Larve, du falsche! Mit dir red ich überhaupt nichts mehr, — kannst einen andern foppen und dir selber das Maul machen — wir sind miteinander fertig, ein für allemal!" Es gab einen gewaltigen Lärm und Tumult, die Nandl lief weinend zur Türe hinaus. Nun setzte der Bauer eine ernste Miene auf und erklärte: "Riepl, meine Leute lass ich nicht schimpfen, dass du´s weist! Ich mein, du bist wieder einem Schalksnarr auf den Leim gegangen und die Unschuldigen müssen es entgelten." Der Riepl aber schrie: "Ich weiß schon, was ich weiß, und will dir auch was erzählen, wenn du neugierig bist. — Kannst dir eine große Wiege richten, oder gar zwei — bekommst zwei junge Quartierleut. Um Fasnacht macht´s einen großen Schnee und um Jakobi tut´s schauern. Jetzt siehst, dass ich etwas weiß. "Aller Augen richteten sich besorgt auf den Riepl, während der Bauer mit dem Finger nach dem Hirnkasten deutete; — der Bauknecht aber lachte immer noch. Endlich sagte er: "Riepl, bist am End gar heute Nacht im Stall gewesen und hast dir vom Vieh die Neuigkeiten erzählen lassen?" "Das geht niemand nichts an!" knurrte der Riepl. Nun lachten alle wieder zusammen. Die Geschichte war jetzt klar und das Rätsel gelöst. Die Bäuerin aber sprach: "Ein guter Christ geht in der Heiligen Nacht zur Kirche und nicht in den Stall, um sich vom bösen Feind allerlei Träume vorgaukeln zu lassen." Zornig entgegnete der Riepl: "Ich weiß, was ich weiß!" Damit rannte er fort und schlug die Türe hinter sich zu. Vierzehn Tage später trat beim Tengelhofer richtig ein freudiges Ereignis ein — aber es erschienen nicht zwei Buben, sondern ein Mädchen. Der Riepl stutzte. — Sollte der Malefizbock gelogen haben? Am nächsten Sonntag wurde der Birnhofer verkündet, aber nicht mit der Nandl, sondern mit der Rauch-Stine. — Nun verlor der Riepl alle Fassung. Wie ein armer Sünder kam er zur Nandl und bat um Verzeihung. — Das verlogene Bockvieh, dem er noch den Hals umdrehen wolle, habe ihn betrogen und das Unheil verschuldet. Die Nandl wusste bereits alles vom Bauknecht. Sie hatte lange schon gewartet, dass der Riepl komme. Anfangs schmollte sie und stellte sich gekränkt. Dann hielt sie dem Riepl eine gesalzene Predigt über das erste Gebot Gottes. Schließlich zündete sie ihm noch ein großes Licht auf und der Riepl fasste einen bitteren Grimm auf den Bauknecht.
Trotzdem wurde der Bauknecht dem Riepl sein Hochzeitslader und nach vier Wochen gab es eine lustige Heirat. Die Nandl und der Riepl sind heute ein glückliches Ehepaar.
Freitag, 20. Dezember 2019
Auf Brettern in Oberösterreich
Ein Pionier des Schisports in Oberösterreich erzählt:
Prof. Gregor Goldbacher aus Steyr (geb. 1875, gest. 1950) war oft in Hinterstoder und verbrachte hier in seinem Ferienhaus Freizeit und Urlaub. Er erlebte die Anfänge und die Entwicklung des Schisports in Oberösterreich persönlich mit und hat darüber in der Oberdonau Zeitung am 12.12.1943 berichtet. Der Artikel wurde etwas gekürzt und an unsere Zeit angepasst.
"Wir Alten sind der Meinung, dass die heranwachsende Jugend vielleicht in besinnlichen Stunden doch gerne erfahren möchte, wie sich bei uns dieser freieste aller Wintersporte entwickelt hat, wobei ich hauptsächlich das Gebiet der Ennstaler Alpen im Auge habe. Das Schilaufen (Ski, norwegisch, zu deutsch Scheit), welches in den nordischen Ländern seit Jahrhunderten allgemeines Verkehrsmittel und Volkssport war und noch ist, wurde erst im zweiten Drittel des vorigen Jahrhunderts, zuerst im Schwarzwald und dann in den Alpenländern allmählich bekannt, und zwar zuerst im Dienste des Jagdpersonals, welches mit größter Freude die unförmigen Schneereifen, die ein so anstrengendes Stapfen im Schnee erforderten, mit den flinken Bretteln vertauschte und die auch das Bergansteigen ungemein erleichterten. Bald aber hat sich der Schisport sozusagen lawinenartig ausgebreitet, so dass bei den Olympischen Spielen 1936 die besten Vertreter von 28 Nationen mit den "weltbedeutenden" Brettern aufmarschierten und im schönen Bayernlande um die Palme des Sieges rangen. Von Europa aus trat der Schi seinen Siegeslauf über alle Erdteile an, denn er glitt über den ewigen Schnee des heiligen Berges Fujiyama in Japan ebenso behende wie über die Schneefelder der australischen Alpen, über die weiten Firne der Fünftausender-Vulkankegel am Äquator in Afrika und über die einsamen Schneehalden der Rocky Mountains in Nordamerika.
Heutzutage (der Artikel wurde 1943 geschrieben), wo auch das Schilaufen bei uns schon zum Volkssport geworden ist, sind wir Alten fast ein wenig stolz darauf, dass wir hier, abseits von den großen Sportplätzen, dennoch an seiner Wiege gestanden sind, seine Entwicklung miterlebt und auch zu seiner Verbreitung beigetragen haben.
Als zu Beginn der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Waffenerzeugung in Steyr in voller Blüte stand, da sausten einige Offiziere der norwegischen Gewehrübernahmekommission zum allgemeinen Erstaunen der Zuseher und unter dem Lachen der nachlaufenden Jugend den steilen Straßenzug "Gsangberg" hinunter und landeten in schönem Telemarkschwung vor dem Gebäude wo sie zu tun hatten. Diese Norweger dürften in unserer Heimat wohl die ersten Schiläufer gewesen sein. Bald aber folgten ihnen einige Alpenvereinsmitglieder in Linz und Steyr. Im Jahre 1898 wurde an der damaligen Oberrealschule in Steyr die erste Schülerabteilung gegründet, mit welcher der Schreiber dieser Zeilen durch zwanzig Winter an freien Nachmittagen die Hänge des Damberges befuhr und 1905 den Schiklub "Telemark" gründete, der zehn Jahre seine Tätigkeit entfaltete und durch Wettläufe, die auch von auswärtigen Schisportlern besucht wurden, sowie durch die Ausdehnung des Schilaufes auf mehrere Ennstaler Berge, wie Schoberstein, Almkogel, Bodenwies, Voralpe und Stumpfmauer, Maiereck, Hoher Nock, Lahngang bei Admont und die prächtigen Schiberge von Mitterndorf, zur Ausbreitung dieses Sports beitrug.
Sehr bald hatte auch die ländliche Jugend die Lust dieses neuen Sports erkannt, sich seiner rasch bemächtigt, anfangs sogar mit Faßdauben und Spagatschnurbindung die Abfahrten stramm bewältigt und mit Jubel den Weg zur Schule auf den Bretteln zurückgelegt. Kleine Sprunghügel entstanden da und dort und bald sauste die schneidige Jugend kühn über die luftige Kante in den weichen, molligen Schnee. Hatte das weibliche Element anfangs ein wenig gezögert, bei diesem "Männersport" mit zutun, so ergab es sich sehr bald und es stellte sich auch die Mode in den Dienst des Sports. Die Mode beteiligte sich aber auch mit Leistungen von sportlicher Bedeutung. Auch die militärischen Formationen erkannten bald die Bedeutung dieses Wintersports, gründeten eigene Abteilungen und beteiligten sich an den Wettläufen. Den wunden Punkt in den Anfangsstadien des Schilaufes bildete die "Bindung". Zur damaligen Zeit gab es damit immer Schwierigkeiten und gar oft unternahm ein Schi ohne seinen Herrn eine lustige Talfahrt wenn die Bindung allzu locker saß.
Wir begannen ja mit der sogenannten "Norwegerbindung", die aus einem zusammen gebogenen spanischen Rohr, (das alte Schulmeisterstaberl) bestand, mühten uns mit der "Langriemenbindung", versuchten später die "Balata" oder "Patschenbindung", die aus einem Chromlederschuh bestand, der leider im Schnee sehr weich wurde, gingen dann über zur starren "Lilienfelder" und zur militärischen "Bilgeribindung", welche wieder Reparaturen bei größerer Kälte schwierig machten und den Sprunglauf überhaupt nicht erlaubten. Ja, es entstand in den Sportzeitungen damals sogar ein heftiger Federkrieg über den Wert und Unwert der einzelnen Bindungen. Ais aber endlich Huitfeld die einfache "Lederriemenbindung" mit den Eisenbacken erfand, waren wir davon begeistert. Diese Bindung in Verbindung mit dem "Bildsteinstrammer" ist in ihren Grundelementen eigentlich, wenn auch mit verschiedenen Abarten, heute noch allgemein üblich. In den ersten Jahren unseres Jahrhunderts (gemeint 1900), in welche Zeit ja die Anfänge des Schilaufens in unseren Bergen fallen, gab es noch keine Schilehrer, keine Lehrbücher und keine Kurse, so dass wir uns selbst eine gewisse Technik zurechtlegen mussten. Wir fuhren, wie der Schiapostel Zdarsky in Lilienfeld, mit einem langen Bergstock, wurden wohl schneidige Schußfahrer, kamen aber jedoch über den "Stemmbogen" und den eleganten "Telemarkschwung"nicht hinaus.
Die Schiläufer von heute können sich gar keine Vorstellung von der Mühe und Anstrengung machen, weiche beispielsweise eine Besteigung der Berge bei tiefem Schnee mit den Bretteln erforderte, da wir ja damals weder Seehundsfelle noch Steigwachs kannten, so dass wir mit um die Bretter gebundenem Fichtenreisig oder rauhen Tüchern uns notdürftig behelfen mussten. Rechnet man die damals noch so mangelhaften Schibindungen hinzu, so gehörte schon ein gehöriges Ausmaß sportlicher Begeisterung zu solchen Fahrten. Allerdings winkte für die mühevolle Besteigung ein unvergleichlicher Lohn, denn zur damaligen Zeit konnten wir meist nach Herzenslust im unberührten jungfräulichen Schnee unsere Spuren bei der Abfahrt ziehen, in jenem glitzernden Kristallschnee, der so seltsam an den Schispitzen stäubt und knistert und auch so manchen "Stern" sah, aber uns nur in weiße, weiche Wolken hüllte.
Nach fast vier Jahrzehnten stand ich wieder mit den Bretteln am Kalblinggatterl, aber die Abfahrt erkannte ich kaum wieder, denn die moderne Schwung-und Quersprungtechnik verwandelt den Schnee in ein hartes Brett, das uns Alten wenig Freude bereitet. Auch sonst ist vieles anders geworden, unverändert bleibt nur die Winterschönheit in den Bergen unserer Heimat."
G. Goldbacher.
Prof. Gregor Goldbacher aus Steyr (geb. 1875, gest. 1950) war oft in Hinterstoder und verbrachte hier in seinem Ferienhaus Freizeit und Urlaub. Er erlebte die Anfänge und die Entwicklung des Schisports in Oberösterreich persönlich mit und hat darüber in der Oberdonau Zeitung am 12.12.1943 berichtet. Der Artikel wurde etwas gekürzt und an unsere Zeit angepasst.
"Wir Alten sind der Meinung, dass die heranwachsende Jugend vielleicht in besinnlichen Stunden doch gerne erfahren möchte, wie sich bei uns dieser freieste aller Wintersporte entwickelt hat, wobei ich hauptsächlich das Gebiet der Ennstaler Alpen im Auge habe. Das Schilaufen (Ski, norwegisch, zu deutsch Scheit), welches in den nordischen Ländern seit Jahrhunderten allgemeines Verkehrsmittel und Volkssport war und noch ist, wurde erst im zweiten Drittel des vorigen Jahrhunderts, zuerst im Schwarzwald und dann in den Alpenländern allmählich bekannt, und zwar zuerst im Dienste des Jagdpersonals, welches mit größter Freude die unförmigen Schneereifen, die ein so anstrengendes Stapfen im Schnee erforderten, mit den flinken Bretteln vertauschte und die auch das Bergansteigen ungemein erleichterten. Bald aber hat sich der Schisport sozusagen lawinenartig ausgebreitet, so dass bei den Olympischen Spielen 1936 die besten Vertreter von 28 Nationen mit den "weltbedeutenden" Brettern aufmarschierten und im schönen Bayernlande um die Palme des Sieges rangen. Von Europa aus trat der Schi seinen Siegeslauf über alle Erdteile an, denn er glitt über den ewigen Schnee des heiligen Berges Fujiyama in Japan ebenso behende wie über die Schneefelder der australischen Alpen, über die weiten Firne der Fünftausender-Vulkankegel am Äquator in Afrika und über die einsamen Schneehalden der Rocky Mountains in Nordamerika.
Heutzutage (der Artikel wurde 1943 geschrieben), wo auch das Schilaufen bei uns schon zum Volkssport geworden ist, sind wir Alten fast ein wenig stolz darauf, dass wir hier, abseits von den großen Sportplätzen, dennoch an seiner Wiege gestanden sind, seine Entwicklung miterlebt und auch zu seiner Verbreitung beigetragen haben.
Als zu Beginn der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Waffenerzeugung in Steyr in voller Blüte stand, da sausten einige Offiziere der norwegischen Gewehrübernahmekommission zum allgemeinen Erstaunen der Zuseher und unter dem Lachen der nachlaufenden Jugend den steilen Straßenzug "Gsangberg" hinunter und landeten in schönem Telemarkschwung vor dem Gebäude wo sie zu tun hatten. Diese Norweger dürften in unserer Heimat wohl die ersten Schiläufer gewesen sein. Bald aber folgten ihnen einige Alpenvereinsmitglieder in Linz und Steyr. Im Jahre 1898 wurde an der damaligen Oberrealschule in Steyr die erste Schülerabteilung gegründet, mit welcher der Schreiber dieser Zeilen durch zwanzig Winter an freien Nachmittagen die Hänge des Damberges befuhr und 1905 den Schiklub "Telemark" gründete, der zehn Jahre seine Tätigkeit entfaltete und durch Wettläufe, die auch von auswärtigen Schisportlern besucht wurden, sowie durch die Ausdehnung des Schilaufes auf mehrere Ennstaler Berge, wie Schoberstein, Almkogel, Bodenwies, Voralpe und Stumpfmauer, Maiereck, Hoher Nock, Lahngang bei Admont und die prächtigen Schiberge von Mitterndorf, zur Ausbreitung dieses Sports beitrug.
Sehr bald hatte auch die ländliche Jugend die Lust dieses neuen Sports erkannt, sich seiner rasch bemächtigt, anfangs sogar mit Faßdauben und Spagatschnurbindung die Abfahrten stramm bewältigt und mit Jubel den Weg zur Schule auf den Bretteln zurückgelegt. Kleine Sprunghügel entstanden da und dort und bald sauste die schneidige Jugend kühn über die luftige Kante in den weichen, molligen Schnee. Hatte das weibliche Element anfangs ein wenig gezögert, bei diesem "Männersport" mit zutun, so ergab es sich sehr bald und es stellte sich auch die Mode in den Dienst des Sports. Die Mode beteiligte sich aber auch mit Leistungen von sportlicher Bedeutung. Auch die militärischen Formationen erkannten bald die Bedeutung dieses Wintersports, gründeten eigene Abteilungen und beteiligten sich an den Wettläufen. Den wunden Punkt in den Anfangsstadien des Schilaufes bildete die "Bindung". Zur damaligen Zeit gab es damit immer Schwierigkeiten und gar oft unternahm ein Schi ohne seinen Herrn eine lustige Talfahrt wenn die Bindung allzu locker saß.
Wir begannen ja mit der sogenannten "Norwegerbindung", die aus einem zusammen gebogenen spanischen Rohr, (das alte Schulmeisterstaberl) bestand, mühten uns mit der "Langriemenbindung", versuchten später die "Balata" oder "Patschenbindung", die aus einem Chromlederschuh bestand, der leider im Schnee sehr weich wurde, gingen dann über zur starren "Lilienfelder" und zur militärischen "Bilgeribindung", welche wieder Reparaturen bei größerer Kälte schwierig machten und den Sprunglauf überhaupt nicht erlaubten. Ja, es entstand in den Sportzeitungen damals sogar ein heftiger Federkrieg über den Wert und Unwert der einzelnen Bindungen. Ais aber endlich Huitfeld die einfache "Lederriemenbindung" mit den Eisenbacken erfand, waren wir davon begeistert. Diese Bindung in Verbindung mit dem "Bildsteinstrammer" ist in ihren Grundelementen eigentlich, wenn auch mit verschiedenen Abarten, heute noch allgemein üblich. In den ersten Jahren unseres Jahrhunderts (gemeint 1900), in welche Zeit ja die Anfänge des Schilaufens in unseren Bergen fallen, gab es noch keine Schilehrer, keine Lehrbücher und keine Kurse, so dass wir uns selbst eine gewisse Technik zurechtlegen mussten. Wir fuhren, wie der Schiapostel Zdarsky in Lilienfeld, mit einem langen Bergstock, wurden wohl schneidige Schußfahrer, kamen aber jedoch über den "Stemmbogen" und den eleganten "Telemarkschwung"nicht hinaus.
Die Schiläufer von heute können sich gar keine Vorstellung von der Mühe und Anstrengung machen, weiche beispielsweise eine Besteigung der Berge bei tiefem Schnee mit den Bretteln erforderte, da wir ja damals weder Seehundsfelle noch Steigwachs kannten, so dass wir mit um die Bretter gebundenem Fichtenreisig oder rauhen Tüchern uns notdürftig behelfen mussten. Rechnet man die damals noch so mangelhaften Schibindungen hinzu, so gehörte schon ein gehöriges Ausmaß sportlicher Begeisterung zu solchen Fahrten. Allerdings winkte für die mühevolle Besteigung ein unvergleichlicher Lohn, denn zur damaligen Zeit konnten wir meist nach Herzenslust im unberührten jungfräulichen Schnee unsere Spuren bei der Abfahrt ziehen, in jenem glitzernden Kristallschnee, der so seltsam an den Schispitzen stäubt und knistert und auch so manchen "Stern" sah, aber uns nur in weiße, weiche Wolken hüllte.
Nach fast vier Jahrzehnten stand ich wieder mit den Bretteln am Kalblinggatterl, aber die Abfahrt erkannte ich kaum wieder, denn die moderne Schwung-und Quersprungtechnik verwandelt den Schnee in ein hartes Brett, das uns Alten wenig Freude bereitet. Auch sonst ist vieles anders geworden, unverändert bleibt nur die Winterschönheit in den Bergen unserer Heimat."
G. Goldbacher.
Mathias Zdarsky (geb. 1856, gest. 1940)war einer der ersten Schipioniere und gilt alseiner der Begründer der alpinen Schilauf-Technik. |
Das Alpineum in Hinterstoder zeigt die Entwicklung des Schisports |
Samstag, 14. Dezember 2019
Freitag, 13. Dezember 2019
Von Franz Schubert bis Anton Bruckner
Die Oberdonau-Zeitung vom 25.3.1944 berichtet in einem Artikel von Gregor Goldbacher über über die berühmten Komponisten Franz Schubert und Anton Bruckner. Der Text wurde etwas gekürzt und der heutigen Schreibweise angepasst.
"Im gemütlichen Extrastüberl des berühmten Gasthofes "Zum goldenen Löwen", seit jeher "Bummerlhaus" genannt, dem Treffpunkt aller "Honoratioren" von Steyr, sitzt Meister Anton Bruckner mit seinem "Famulus", (geistigen Verwandten) dem sehr musikalischen Hofmayr, bei einem Viertel guten Weines und einer bescheidenen Jause. Es ist der September des Jahres 1892 und Bruckner, der ja so viele Sommer im Stadtpfarrhof in Steyr verbrachte und hier an seinen Sinfonien arbeitete, wollte bald wieder nach Wien zurückkehren. Wie oft lauschten wir in diesen Zeiten seinem gewaltigen Orgelspiel in der Stadtpfarrkirche, deren "Chrismansche Orgel" er nächst der "Florianer" hochschätzte.
Da erblickte Hofmayr ein altes, kleines Weiblein mit gebeugtem Rücken, auf dem Kopf eine mächtige Haube, mühsam über den Stadtplatz trippeln und machte Bruckner auf die Greisin aufmerksam.
"Der da draußen hat der Schubert Franz noch die Hand gedrückt", meinte er zu Bruckner. Dieser sprang wie elektrisiert von seinem Sitze empor. "Wie? Und das sagst du mir erst heute? Wer ist sie? Wie heißt sie und wo wohnt sie? Den Schubert, den göttlichen, hat sie noch gekannt! Noch heute musst du mich hinführen!" Und am gleichen Nachmittage finden wir die beiden in der Berggasse, wo die damals schon Achtzigjährige ein bescheidenes Heim hatte. Es war Karoline Eberstaller, im Volksmunde die "Krugluger Lini" genannt. Bruckner, ein begeisterter Verehrer Schuberts, konnte sich gar nicht genug tun an Fragestellungen an die Greisin über Schuberts Aussehen, sein Wesen, sein Klavierspiel und seine Leutseligkeit. Bereitwillig und durchglüht vom Feuer der Erinnerung sprach die Greisin mit fast jugendlicher Lebhaftigkeit von seinem schönen Kopfhaar, von seinem Verkehr mit den Steyrer Bürgern und zeigte mit besonderem Stolz Bruckner die Lieder, die er ihr gewidmet hatte, und zwar "Die Erscheinung" (schon 1814 komponiert) und "Sehnsucht" (1813). Bruckner musste erkennen, dass Karoline Einblicke in Schuberts Seelenleben erhalten hatte. Der Meister war beglückt und wiederholte seine Besuche bei Karoline, so oft er in Steyr weilte. Wer war nun Karoline Eberstaller?. Es muss zugegeben werden, dass der größte Teil ihres neunzigjährigen Erdendaseins von Geheimnissen umwittert ist und nur die Zeit Ihrer Jugend und ihre letzten Lebensjahre, wo sie in Steyr lebte, uns näher bekannt sind.
Die mächtigen, künstlerisch wertvollen Patrizierhäuser des Stadtplatzes in Steyr waren einst durch die sehr wohlhabenden Eisenhändler, damals "Eisenverleger" genannt, erbaut worden. Im Hause Nummer 12, welches die reichste Barockfassade ziert (Hochrelief "Die fünf Sinne"), wurde Karoline am 2. März 1812 als Tochter des bürgerlichen Handelsmannes Franz und der Katharina Eberstaller geboren. Durch die würdige Taufpatin Theresia Koller, Eisenhändlerin am Stadtplatz 16, kam sie schon als Kind mit Schubert in Berührung, der wiederholt (1819, 1825 und 1827) in Steyr weilte und im Kollerschen Hause wohnte. Schubert musizierte, wie eine Gedenktafeln zeigt, auch mit seinem Freund, dem Opernsänger Johann Michael Vogl (Gedenktafel an seinem Steyrer Geburtshaus), dem Wegbereiter und ersten Sänger der Schubertschen Lieder, der ihn in diese kunstbegeisterte Familie einführte. Schubert unternahm mit Vogl öfters Ausflüge in die Umgebung von Steyr, die er in einem Briefe an seinen Bruder "über alle Maßen schön" bezeichnete. Es ist gewiss, dass er die mächtige, „tausendjährige Linde“, das herrliche Naturdenkmal in der "Stelnwänd", eine Stunde von Steyr entfernt, im Ramingtal, besuchte und der Überlieferung nach, in deren Schatten eine Komposition geschaffen hat. Welche, ist allerdings unbekannt.
Die Eltern der Karoline Eberstaller starben frühzeitig, so dass sie in dem Medizindoktor Franz Xaver Krugluger einen Ziehvater erhielt, der in dem prächtigen Schellmannhaus am Stadtplatz 34 wohnte. Auf diese Weise kam Karoline ("Krugluger Lini") neuerdings mit Schubert in Berührung, der in der Familie Schellmann häufig verkehrte und dort musizierte. Die junge, erblühende und musikbegeisterte Karoline wurde bald mit Schubert bekannt und war ihm in inniger Freundschaft zugetan. Überlebte sie den Liederkönig auch volle fünfundsiebzig Jahre, so hat sie ihn doch nie vergessen können. Oberhalb ihres Bettes hing zeitlebens Schuberts Bildnis und noch als Neunzigjährige sah sie mit Andacht und Rührung zu ihm empor. Als Karoline dann zehn Jahre vor ihrem Tod wieder einen Mächtigen im Reich der Töne, Anton Bruckner, kennen lernte, war sie vielleicht die einzige Sterbliche, welche zwei so weit auseinander liegende Musikepochen in ihren hervorragendsten Meistern persönlich kennen lernte. Mit dem Jahre 1828 verlieren sich die Spuren der letzten Freundin Schuberts; sie scheint Steyr verlassen zu haben und nun beginnt über ihr weiteres Schicksal der Schleier des Geheimnisses sich niederzusenken. Sicher ist nur, dass sie zeitlebens unvermählt blieb. Unbestätigten Erzählungen nach war Karoline von außerordentlicher Schönheit, lebte eine zeitlang in München, wo in einer Gemäldegalerie ihr prächtiges Jugendbildnis, jedoch mit dem Namen einer Aristokratin, hängen soll. Sonderbar ist jedenfalls, dass sie in Steyr nicht im Familiengrab der ihrigen begraben wurde, weil sie angeblich von ihrer Familie enterbt und verstoßen wurde. Ihr Ziehvater, Dr. Krugluger, starb am 12. Juli 1855.
In den Achtzigerjahren taucht Karoline wieder in Steyr auf, mühselig und auf die Güte edler Patrizierfamilien angewiesen, besonders die Familie Almenroth nahm sich der Hilfsbedürftigen kräftigst an, jene Familie, wo auch Bruckner recht oft zu Gast war und ihm seine Leibspeise, der "Lungenstrudel" aufgetischt wurde. Karoline wohnte zuerst in der Berggasse, dann in der Bindergasse 7 (im sogenannten Hundsgraben), wo die Neunzigjährige nach einem letzten Blick auf das Bild Schuberts am 25. März des Jahres 1902 ihr bewegtes Leben beendete. Bei dem verstorbenen Steyrer Maler Josef Diltsch, mit dessen Mutter Karoline gut befreundet war, saß sie diesem kurz vor ihrem Ableben zu einem Bilde und erzählte immer wieder von Franz Schubert. Im Museum der Stadt Steyr befindet sich ebenfalls ihr wohlgetroffenes Bildnis von unbekannter Hand. Erwähnt mag noch werden, dass Viktor Trautzl im Buch "Wahrheit und Dichtung über Karoline Eberstaller", ihr Leben zu einem kurzen Roman verarbeitete.
Unter den Familien, welche die Karoline häufig unterstützten, befand sich auch die des Rechtsanwaltes Dr. Hermann Spängler, der den Schreiber dieser Zeilen im Jahre 1927 beim Herannahen des Schubert Gedenkjahres auf die verwahrloste Grabstätte der Freundin Schuberts aufmerksam machte und sich für eine Abhilfe einsetzte.
Bald stand ich vor dem mit dichtem Gras überwucherten Grabhügel am stimmungsvollen alten Arkadenfriedhof von Steyr, wo der Weitblick die Alpenkette vom Traunstein bis zu den steirischen Bergen umfasst. Nur wenige Steyrer haben gewusst, wer unter diesem ungepflegten Hügel schläft, wie viel Freud und Leid dieses neunzigjährige Leben trug. Kräftig setzten in allen Sängerkreisen die Vorarbeiten für das Schubertjahr 1928 ein und so kam es Sonntag, den 29. April 1928, zur feierlichen Enthüllung des Grabkreuzes für Karoline Eberstaller, welches Schlossermeister Hans Schartinger in Steyr in kunstvoller Schmiedeeisenarbeit ausgeführt hatte, wozu der bekannte Künstler Professor Hans Gerstmayr eine prächtige Kupfertreibarbeit beigesteuert hatte. Sämtliche Gesangvereine Steyrs und eine Abordnung des Wiener Schubert-Bundes nahmen an der Feier teil, bei welcher Rechtsanwalt Dr. Spängler, damals Ehrenvorstand des Männergesangvereines "Kränzchen", über Karoline Eberstaller sprach. Hieran schloss sich ein Festzug durch die beflaggte Stadt und eine würdige Feier vor dem Wohnhaus Schuberts am Stadtplatz.
Das Grabdenkmal wurde in die Obhut der Stadtgemeinde übernommen.
Möge die Erinnerung an die letzte Freundin des Liederfürsten nie verblassen!"
G. Goldbacher.
Karoline Eberstaller (geb 1812 in Steyr, gest. 1902 in Steyr) Gemälde von Josef Diltsch |
Franz Schubert (geb.1797 Wien, gest.1828 Wien) |
Anton Bruckner (geb.1824 Ansfelden, gest. 1896 Wien) |
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