Freitag, 29. April 2022

Ein Mißverständnis

Das Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 5. 6. 1894 berichtet aus London  folgende Anekdote.
Die Geschichte wurden etwas gekürzt und die Schreibweise unserer Zeit angepasst. 

Lady Aberdeen

Lady Aberdeen fuhr dieser Tage bei einer Musikalienhandlung vor. Sie kaufte mehrere Noten, immer das Neueste: Ruggero Leoncavallo, Berceuse, Sullivan'S Sinfonie, kurz alles was eben in London „en vogue“ ist. Die schöne Frau scheint mit ihren Einkäufen fertig zu sein, denn sie legte ein Goldstück auf den Ladentisch.
„O bitte", sagt sie dabei und sieht den Kommis (Handlungsgehilfen) so seltsam an, dass ihm ganz eigentümlich um´s Herz wurde. „Bitte, geben Sie mir nur noch, einen Kuss bevor ich scheide", (Titel einer Komposition). .Wa... wa... was?" stammelte der junge Mann, der auf alles eher gefasst war als auf das. „Einen Kuss, bevor ich scheide", flötet wieder die Stimme der schönen Käuferin. Soll er sich da noch besinnen? Nein! Einen scheuen Blick noch wirft er um sich, dann schließt er seine Augen, streckt die Arme vor, zieht das Köpfchen der schönen Frau ganz nahe zu sich und drückt einen wonnevollen Kuss auf ihre Lippen.

Ein Schrei, ein Klatsch wie von einer Ohrfeige, ein Auflauf, eine Szene. Der Handlungsgehilfe wird auf der Stelle entlassen, keine Entschuldigung gilt.
Vor Gericht hat die Sache ein doppeltes Nachspiel. Die Gräfin klagt wegen des Kusses, der sie so außerordentlich beleidigt hat, der Kommis klagt wegen der verlorenen Stellung auf Schadenersatz. Er wird in erster Instanz verurteilt und mit seiner Klage zurückgewiesen. In zweiter Instanz wird er freigesprochen, weil er unter dem „unwiderstehlichen Zwang“ der Schönheit Lady Aberdeen's gehandelt hat. Mit seinen Ansprüchen aber wird er abgewiesen, da, wie der galante Richter bemerkte, der Kuss Entschädigung genug für alle Verluste sei. Darauf ist Lady Aberdeen sogar stolz.
Der Kommis aber der ist heute der gesuchteste Handlungsgehilfe im ganzen vereinigten Königreich.

Freitag, 22. April 2022

Bettler und Bürgermeister.














Von dem kürzlich verstorbenen Großindustriellen Eberhard Hoesch berichtete das Czernowitzer Tagblatt am 26. Februar 1908.

Über Eberhard Hoesch der der Stadt Düren ein herrliches Stadttheater schenkte und sonstige Stiftungen im Betrag vieler Millionen vermachte, wird unter anderem folgende hübsche Anekdote erzählt. 

Jeden Vormittag, wenn der fast achtzigjährige Herr seinen Spaziergang machte, stellten sich an seinem Weg eine Anzahl mehr oder weniger hilfsbedürftiger Leute auf. Der alte Herr kannte die meisten von ihnen und im Vorbeigehen ließ er dann, je nachdem, eine oder zwei Mark zur Erde fallen, die dann von den Leuten schleunigst aufgehoben wurden. Anzubetteln wagte den alten Herrn keiner, denn man wusste, dass Hoesch in gewisser Entfernung meistens von einem Polizeibeamten in Zivil begleitet wurde, den die Stadtverwaltung beauftragt hatte, ihn vor Zudringlichkeiten nötigenfalls zu schützen. 

Eines Tages wagte nun doch ein ärmlicher Mann an Hoesch heranzutreten und ihn um Hilfe anzugehen. Kaum bemerkte dies der Polizist, als er pflichtgemäß den Mann wegen Bettelns verhaftete und mit zur Wache nahm. Kaum dort angelangt, klingelte es beim Polizeiinspektor: „Hier Polizeiverwaltung".— „Hier Eberhard Hoesch. Sagen Sie mal, Herr Polizeiinspektor, ist soeben eine Person wegen Bettelns eingeliefert worden?"— Polizeiinspektor: „Das wird schon stimmen, Herr Hoesch." Hoesch: „Lassen Sie doch, bitte, den Mann wieder laufen, ich möchte sehr darum bitten." Polizeiinspektor: „Unmöglich, Herr Hoesch, das geht leider nicht; es sei denn, dass der Herr Abgeordnete oder der Herr Oberbürgermeister die Freilassung verfügt."— Hoesch: „Bitte, verbinden Sie mich mit dem Herrn Abgeordneten Dr. L."— Und Hoesch richtete an den Abgeordneten das gleiche Ersuchen, den Mann freizugeben. Abgeordneter: „Leider ganz unmöglich, verehrter Herr Hoesch, wir müssen in solchen Fällen konsequent verfahren."— Hoesch: „Also unmöglich? Herr Abgeordneter, wenn Sie denn so konsequent verfahren müssen, dann wäre mir sehr daran gelegen, dass der Herr Oberbürgermeister ebenfalls sogleich in Haft genommen würde." Abgeordneter: „Das ist Wohl Ihr Scherz, verehrter, Herr Hoesch?" — Hoesch: „Nein, durchaus nicht, denn Ihr Herr Oberbürgermeister hat mich um viele Hunderttausende für die Stadt Düren angegangen, folglich muss ihn ebenfalls die gesetzliche Strafe wegen Bettelns treffen. Der soeben Verhaftete hat dagegen nur für seine kranke Frau und Kinder eine Gabe erbitten wollen."

Man entsprach dem Wunsche des alten Herrn insofern, als der Verhaftete mit einem Verweise sofort entlassen wurde.


Sonntag, 17. April 2022

Ostern in Hinterstoder am 17.4.2022

 




                                                                      
                                                                  Fotos: Traude Schachner



Freitag, 15. April 2022

Die Geschichte wie unser Herrgott den Russen erschuf und über den gallischen Hahn.


Im "PilsnerTagblatt" am 5. August 1906 und am 7. Januar 1915 konnte man folgende Anekdoten lesen.
Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Wie unser Herrgott den Russen erschuf. 

Bekanntlich sind die armenischen Händler, die alljährlich zu vielen Hunderten, meist mit einem Bündel unter dem Arm, die russischen Jahrmärkte überschwemmen, sehr listige und verschlagene Gesellen, die über eine erstaunenswerte Beobachtungsgabe verfügen und namentlich für die kleinen Schwächen ihrer Mitmenschen ein offenes Auge haben. Diese Eigenschaften kommen oft treffend in ihren Erzählungen und Anekdoten zum Ausdruck.

Vor einigen Jahren, es war auf der großen Herbstmesse in Nischni-Nowgorod, nahm ich mir, so erzählt ein Mitarbeiter der Zeitung, einen dieser Burschen zum Führer. Als er von mir hörte, dass ich kein Russe, sondern ein „Ausländer" sei, fragte er mich plötzlich mit verschmitztem Gesicht:
„Herr, Du bist doch ein Studierter, weißt Du aber auch, wie unser Herrgott den Russen erschuf?"
„Nein, erzähle!" „Nun, das war so. Eines Tages ging unser Herrgott mit Christus zusammen über Land. Da er gerade guter Laune war, meinte er: „Weißt Du, Christus, wir haben den Juden, den Griechen, den Armenier erschaffen eigentlich sollten wir nun auch noch den Russen machen."
Christus hatte jedoch Bedenken. „Väterchen," sagte er, „ich bitte Dich, lass das lieber sein; wir werden schließlich nur noch Unannehmlichkeiten haben."
„Ach, was denn," machte der liebe Herrgott und sprach sein Schöpfungswort.... Aber kaum stand der Russe vor ihnen, so herrschte er sie auch schon an:
„Halt! Wo sind Eure Pässe?" „Siehst Du, Väterchen, meinte da Christus vorwurfsvoll, nun haben wir die Geschichte."
Unser Herrgott jedoch griff lächelnd in die Tasche, holte ein Zwanzig - Kopekenstück hervor, drückte es dem Russen in die Hand — und ungehindert durften sie passieren.
„Und siehst Du, Herr," schloss mein Armenier seine Anekdote, „genau so ist es geblieben bis auf den heutigen Tag."

Weshalb der gallische Hahn gern kämpft.

Der gallische Hahn ist zu allen Zeiten sehr kriegsfreudig und rasch in Waffentaten gewesen. Er gilt unter anderem als Symbol für Frankreich.
Auf welchen Grund diese Eigentümlichkeit zurückgeht, kann man aus folgender Anekdote erkennen:
Als Bismarck im Jahre 1867 preußischer Gesandter in Paris war, lernte er einen französischen Marschall kennen, der im Laufe des Gespräches bemerkte: „Wir werden eines Tages die Bajonette kreuzen. "„Gut“, antwortete Bismarck, „Wenn Sie darauf bestehen! Aber warum denn, wenn ich fragen darf?" „Weil wir Hähne (lateinisch galli) sind und weil ein Hahn es nicht gern hat, wenn ein anderer lauter kräht als er selbst."


Sonntag, 10. April 2022

Palmsonntag in Vorderstoder am 10.4.2022

 







                                                                        Fotos: Margit Wright

Freitag, 8. April 2022

Gedanken über Persönlichkeiten der Vergangenheit

Im "Tagblatt" vom 15. Dezember 1929 konnte man Anekdoten über bedeutende Persönlichkeiten lesen. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Der Komponist Joseph Haydn, der unter anderem die Österreichische Kaiserhymne "Gott erhalte, Gott beschütze..."schuf und aus der die heutige Deutsche Bundeshymne entstanden ist, lebte zeitweise auch in England.

George Bernard Shaw  war ein irischer Dramatiker, der 1925 den Nobelpreis für Literatur bekam. Z.B. sein Theaterstück Pygmalion bzw. das Musical "My Fair Lady", das daraus entstand, ist weltbekannt

James Whistler war ein US–amerikanischer Maler, der in St. Petersburg aufwuchs und in England und Frankreich lebte.

Joseph Haydn (geb.1732, gest.1809)

Haydn wird gemalt.

Ein englischer Lord will Haydns Bildnis besitzen und beauftragte den berühmten Maler Reynolds, den Komponisten zu malen. Haydn fühlt sich geehrt und erscheint zur Sitzung, aber sie ist ihm derart langweilig, dass er dabei beinahe einschläft. Reynolds, auf seinen Ruhm bedacht, will einen genialen Mann nicht mit einem trotteligen Gesicht konterfeien. Er bricht die Sitzung ab und bittet Haydn den übernächsten Tag wieder zu kommen.
Aber Haydn langweilte sich noch mehr und sein Gesicht ist nicht minder geistlos. Reynolds beklagt sich beim Auftraggeber. Ich kann den Mann nicht malen, erklärte er. Der Lord weiß ein Mittel. Seine Mutter hat eine bildhübsche Deutsche in ihrem Dienst. Als Sirene kostümiert, Rosen im Haar und einen goldenen Becher mit Burgunderwein in der Hand, wird sie vom Maler hinter einem Vorhang auf einen Thron gesetzt und als Haydn einschlummern will, zieht Reynolds den Vorhang beiseite. „Heil dir, großer Meister“, ruft ihm die Schöne in deutscher Sprache zu. Haydns Gesicht wird sofort lebendig, er beginnt mit seiner Landsmännin zu plaudern und dem Maler gelingt das Bildnis aufs beste.

George Bernard Shaw (geb.1856, gest.1950)

Shaw und der Kaffee.

In einer Gesellschaft sagte einmal ein Schauspieler zu Bernard Shaw: „Wenn ich schwarzen Kaffee trinke, kann ich die ganze Nacht nicht schlafen. Geht es Ihnen auch so, Meister?" „Nein", antwortete Shaw trocken, „Bei mir ist es gerade umgekehrt: wenn ich schlafe, kann ich keinen schwarzen Kaffee trinken."


James Whistler, Selbstbildnis, (geb.1834, gest.1903)

Künstlerstolz.

Der berühmte Maler James Whistler zeigte großes Selbstgefühl. Als im Jahre 1903 die englische Kolonie in Paris zur Krönungsfeier Eduard VII. ein Bankett veranstaltete und Whistler, der sich gerade in Paris aufhielt, ebenfalls eine Einladung erhalten hatte, fragte seine Tischnachbarin, eine hohe Aristokratin: „Wie ich gehört habe, kennen Sie Seine Majestät persönlich ?" „Ich sollte den König kennen? Sie irren sich, Mylady!" erklärte der Maler. „Ich begreife nicht — der König selber sagte mir vor noch nicht langer Zeit in London, er sei persönlich mit Ihnen bekannt." „Mit mir? Ach, Mylady, Sie kannten ja den König schon als Prinzen von Wales und wissen, der renommiert gern," meinte Whistler.

Freitag, 1. April 2022

Persönlichkeiten die Geschichte geschrieben haben.

Geschichten über berühmte Persönlichkeiten, wie den bedeutenden französischen Schriftsteller Alexander Dumas, er schrieb die Romane „Drei Musketiere“ und „Der Graf von Monte Christo“, den Schriftsteller und Lyriker der deutschen Romantik Joseph v. Eichendorff  und den württembergischen General und Luftschifferbauer Ferdinand Graf von Zeppelin konnte man im „Tag-Blatt“ von (Pilsen 12.7.1902, Ödendorf 15.1.1941 und Znaim 14.2.1911) lesen.
Der Bericht wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Alexander Dumas (geb.1802, gest.1870) 

Alexander Dumas und der Dieb.

Dumas wurde bekanntlich zeitlebens, trotz seiner großen Einnahmen, seiner Gutmütigkeit halber von Geldsorgen gequält. Gerade in einer kritischen Zeit stieg, geschützt durch das Dunkel der Nacht, ein Dieb durch das Fenster in das Schlafgemach des Dichters und begann im Schein einer Laterne in den Schränken nach Schätzen zu suchen. Er hatte Dumas, der vom Bett aus das Treiben des Spitzbuben beobachtete, nicht bemerkt. Plötzlich begann der Dichter laut zu lachen, darüber ließ der Dieb erschrocken die Laterne fallen und richtete an Dumas die erstaunte Frage: „Warum lachen Sie?“ Der Dichter gab ihm zur Antwort: „Ist es nicht lächerlich, dass Sie dort in der Nacht beim schwachen Schein einer Laterne Geld suchen, wo ich am hell lichten Tag mit dem besten Willen nichts finde!“ Der Dieb stimmte in das Lachen nun selbst ein und entfernte sich auf dem Weg, auf dem er gekommen war.

Joseph Freiherr von Eichendorff (geb.1788, gest.1857)

In einem kühlen Grunde.

In einem kühlen Grunde
da geht ein Mühlenrad.
Meine Liebste ist verschwunden,
die dort gewohnet hat.

Dieses bekannte Volkslied wäre nämlich beinahe der Welt verloren gegangen.
Als sein Dichter, Joseph v. Eichendorff in Heidelberg studierte, übersandte er das Manuskript an Justinus Kerner mit der Bitte, es vor der Drucklegung zu überprüfen. Kerner hatte das Lied mit viel Vergnügen gelesen und dann auf seinen nahe am offenen Fenster stehenden Schreibtisch gelegt, als es plötzlich ein Windstoß hoch in die Luft über Häuser und Bäume fort wirbelte. „Ich bemühte mich," so erzählte Kerner, „viele Stunden lang, des Blattes wieder habhaft zu werden, aber vergebens“. Der Verlust war mir umso empfindlicher, als das Manuskript der Eichendorffschen Gedichtesammlung längst schon zum Druck abgegangen wäre und das Lied als letzter Beitrag noch aufgenommen werden sollte.
Was aber war das Schicksal des herrlichen Gedichtes? Am anderen Tag kam ein mit Maultrommeln, Armbändern und Fingerringen handelnder Tiroler zu mir und siehe da, ich erblickte das Blatt als Umhüllung einer Maultrommel. Aufgeregt fragte ich ihn, wo er das Papier her habe, worauf er mir erzählte, dass er es bei dem über eine Stunde entfernten Dorf Kaisersbach auf einem blühenden Flachsfeld gefunden und als Einwickelpapier verwendet habe. Dass ich ihm die darin eingewickelte Maultrommel, übrigens mein Lieblingsinstrument, mit Vergnügen abkaufte, ist begreiflich. 

Graf Ferdinand von Zeppelin (geb.1838, gest.1917)

Der verkannte „Luftschiff-Graf.

Um die Jahrhundertwende ließ auf dem Pariser Marsfeld ein Unternehmer Fesselballons aufsteigen, in dem „ein geschätztes Publikum für 20 Francs höher in die Lüfte steigen konnte als der Eiffel-Turm hoch ist". Jeder Fahrtteilnehmer wurde nach beendetem Aufstieg geheimnisvoll in das Büro gebeten und erhielt dort ein Diplom ausgehändigt, in dem ihm sein bei dem Aufstieg bewiesener Mut schriftlich bescheinigt wurde.
„Was wünschen Sie?" fragte eines Tages ein solcher Fahrtteilnehmer, als auch er in das Büro gebeten worden war. „Sie erhalten hier ein Diplom", sagte feierlich der Unternehmer, „das Zeugnis für Ihren hohen Mut ablegt, den Sie durch Ihren Ballon-Aufstieg bewiesen haben. Welchen Namen dürfen wir in die Urkunde eintragen?" „Mein Name ist", antwortete der Fremde, „Ferdinand Graf von Zeppelin aus Friedrichshafen!"