Freitag, 26. Mai 2023

Worüber man damals sprach

In alten Zeitungen, wie im Grazer und Prager Tagblatt, kann man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Joseph Unger (geb.1828, gest.1913)
Reichsgerichtspräsident
"Vater der historischen Rechtsschule"

Grazer Tagblatt 23. Januar 1930
Der berühmte Rechtslehrer Prof. Joseph Unger war einer der witzigsten Köpfe der alten Donaustadt.
Als bei einem Hofball Kardinal Hahnald, der für schöne Frauen schwärmte, sich mit einer überaus dekoltierten Dame in eine Fernsternische zurückzog, sagte Unger: „Wenn sie sein Kleid nicht schützt, ihr Kleid wird sie nicht schützen.“


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Johann Wolfgang von Goethe
(geb.1749, gest.1832)
Dichter, Politiker und Naturforscher

Eine hübsche Goetheanekdote erzählte Heinrich Zoellner im „Leibziger Tagblatt“.
Als Goethe einst mit einem Freund im Weimarschen Park spazieren ging und sie in einen versteckten Laubengang einbogen, sahen sie wie eine als hochmoralisch bekannte, verheiratete Dame, einen Kavalier des Hofes (mit dem sie nicht verheiratet war) zärtlich küsste. Die Herren traten zurück „Haben sie das gesehen?“ fragte sprachlos vor Entsetzen, Goethes Freund. „Ja, ich habe es gesehen“ erwiderte Goethe, “aber ich glaube es nicht“.

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Edgar Wallace (geb.1875,gest.1932)
Schriftsteller von Kriminalromanen,
Journalist, Dramatiker, Fimregisseur

Edgar Wallace ist als Schnellschreiber bekannt. So hat er innerhalb drei Wochen drei neue Theaterstücke herausgebracht.
Einmal wurde er am Telephon gewünscht. „Bedaure," sagte die Sekretärin, „Herr Wallace ist nicht zu sprechen. Er hat gerade ein neues Stück angefangen und darf nicht gestört werden." Darauf die Stimme: „Da kann ich wohl solange warten, bis er fertig ist?"

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Frank Wedekind (geb.1864, gest.1918)
Schriftsteller, Dramatiker, Schauspieler 

Ein Dramatiker hatte sich vergebens um den ersehnten Bühnenerfolg bemüht. Eines Tages fiel ihm das Glück in den Schoß: Er erbte ein kleines Landgut und eine ansehnliche Jahresrente. Frank Wedekind fragte ihn: „Nun, Herr Kollege, werden Sie trotzdem der dramatischen Kunst treu bleiben?"
„Ich denke gar nicht daran, ich ziehe auf mein Gut und werde in Ruhe meinen Kohl anbauen."
„Na." sagte der boshafte Wedekind, „sehr viel ändert sich ja da nicht an ihrem bisherigen Leben. Nur der Schauplatz — und die Ruhe sind wohl neu."

Freitag, 19. Mai 2023

Kuriose Geschichten

In alten Zeitungen, wie im Prager Tagblatt, kann man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Prager Tagblatt 7. September 1930
Teure Zigarren.
In New York kaufte sich ein Mann ein Kistchen Zigarren und ließ es gegen Feuer versichern. Nachdem er die Kiste ausgeraucht hatte, ging er zu der Versicherungsgesellschaft und verlangte die Summe ausbezahlt. Die Herren weigerten sich. Er brachte die Sache vors Gericht. Das Gericht gab ihm recht. Doch die Versicherungsgesellschaft verklagte ihn nun ihrerseits. Er habe „an ein versichertes Objekt absichtlich Feuer gelegt." Der Mann wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.

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Peter Altenberg (geb.1859, gest.1919)
Österreichischer Schriftsteller

Prager Tagblatt 3. Mai 1930 Anekdoten.
Peter Altenberg kommt zu seinem Hausarzt und lässt sich gründlich untersuchen. „Ihnen fehlt weiter nichts." sagte dieser, „Sie müssen nur weniger rauchen, mehr als drei Zigaretten am Tag kann ich ihnen nicht gestatten." Altenberg entfernt sich schweigend aus dem Zimmer. Der Arzt kommt hinterdrein und sagt:
„Ich bekomme 5 Kronen für die Ordination." „Wieso?" gibt Altenberg zur Antwort, „ich befolge ihren Rat ja nicht!"

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Prager Tagblatt 14. Februar 1929
Frau Müller hat einen Hut gekauft, der ihr nicht gefällt. Sie geht zurück und sagt zur Verkäuferin: „Der Hut, den ich mir vorige Woche bei ihnen gekauft habe gefällt mir nicht recht. Der Vogel darauf ist viel zu klein.“
„Gnädige Frau. Sie haben ja den größten Vogel von unserem ganzen Kundenkreis", war die liebenswürdige Antwort“.

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Prager Tagblatt 4. Oktober 1930
Gewisse Pensionisten müssen bei der Behebung der Pension immer eine Bestätigung des Gemeindeamtes vorlegen, dass sie tatsächlich leben. Nun war ein Altpensionist längere Zeit hindurch krank und so sandte er nur die Bestätigung seiner Existenz für den letzten Monat ein. Er erhielt daraufhin die Pension nur für den letzten Monat.
Die Überweisung der Pension war mit der Anmerkung versehen: „Die Bestätigung des Gemeindeamtes, dass sie im letzten Monat gelebt haben, haben Sie ordnungsgemäß eingesandt, daher überweisen wir Ihnen den Betrag von ….. dagegen können wir Ihnen die Pension für die vorangegangenen Monate nur auszahlen, wenn Sie amtlich nachweisen können, dass Sie auch in diesen Monaten gelebt haben."

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Der Schwur.
Der Multimillionär Lewis hört, ohne mit der Wimper zu zucken, die glühende Rede des jungen Greenboom an, der ihn um die Hand seiner Tochter bittet.
„Schwören Sie mir" sagt er schließlich, „dass sie mit derselben Glut um meine Tochter werben würden, wenn sie keinen Cent mit in die Ehe brächte."
„Ich würde es Ihnen gern beschwören," erwidert Greenboom, „aber unter der Bedingung, dass Sie nach meinem Schwur nicht sagen werden: “Solch einem Idioten gebe ich meine Tochter nicht."

Freitag, 12. Mai 2023

Sonderbare Geschichten

Im  Prager Tagblatt und im Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Ferdinand Raimund (geb.1790, gest.1836) links 
 Volksschauspieler, Dramatiker 
Ignaz Franz Castelli (geb.1781, gest.1862) rechts
    Dichter und Dramatiker 

Prager Tagblatt 1. April 1914

Castelli hat die Geschichte von dem Freund erfahren, der sie selbst erlebt hat. Der ging nämlich eines Morgens spazieren und als er eben durch ein Gehölz wandelte, sieht er von weitem eine sonderbare Gestalt sich nähern. Sie war in einen großblumigen Schlafrock gekleidet, trug eine grüne Kappe auf dem Kopf, hinter jedem Ohr steckt eine Schreibfeder, aus jedem Sack quollen Päcke von Papier hervor, im Busen staken ein paar Bücher, eine Feldflasche hing an einem Band um den Leib und in einer Hand trug er einen dicken Stock, auf dem sich statt des Knopfes ein Tintenfass befand. Als die Gestalt näher kam, erkannte er in ihr Ferdinand Raimund und rief ihm entgegen: „Herr im Himmel! Raimund, wie sehen Sie denn aus?" „Wie soll ich denn ausschauen," antwortete dieser, „wenn ich auf den Bäumen sitze und dichte ?"

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Tagblatt 7. Oktober 1927
Um 1860 kam ein Mann regelmäßig auf die verschiedenen Pariser Versatzämter und lieh sich auf Silberbarren Geld. Natürlich prüfte man diese Barren, stellte ihr Gewicht und den Stempel fest und da der letztere den Wert der Silberbarren vebürgte, wurden sie ohne weiteres als Pfand angenommen. Im Hauptbüro bestätigte man die erste Beurteilung. Da der Mann aber immer wieder mit neuen Barren kam, fiel der Administration die große Anzahl auf. Man sandte sie daher an das Münzamt und entdeckte hier erst die Wahrheit. Sie bestanden nicht aus Silber, sondern aus einer Mischung von Blei, Antimon und Zinn. Aber diese, durch einen erfahrenen Gauner richtig zusammengestellte Mischung, konnten selbst erfahrene Schätzer wie die eines Versatzamtes täuschen. Man verständigte sofort sämtliche Versatzämter und verhaftete den Mann, als er wieder auf einen seiner Barren Geld leihen wollte.
Der aus guter Familie stammende gab zur Entlastung seiner Schuld an, dass er sich seit mehr als 16 Jahren mit Versuchen beschäftige um neue, bisher unbekannte Metallarten zusammenzustellen. Er experimentierte in einer ganz bescheidenen Wohnung, aber niemand hatte ihm noch bei der Arbeit zugesehen. Er verwahrte sich energisch gegen die Beschuldigung der bewussten Täuschung und behauptete, dass die Metallbarren aus einer Mischung bestünden, die wertvoller als Silber sei. Er schlug vor, kostenlos so viel Barren als gefordert würden unter der Bedingung herzustellen, dass das Experiment bei ihm stattfinde, nur in Gegenwart einer einzigen Person, die sich verpflichten müsste, strengstes Geheimnis zu wahren.
Das Gericht überlegte sich die Antwort sehr lange, wohl zu lange für den Verhafteten, denn als er sich eines Tages zu einem Verhör begab, entwischte er den Aufsehern und wurde nie wiedergesehen.

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Ferdinand Moissan (geb.1852, gest.1907)
Französischer Chemiker
1906 Nobelpreis für Chemie

Im Jahre 1919 behauptete ein gewisser Lemoine, dass ihm die Herstellung von Diamanten geglückt wäre. Man war geneigt ihm zu glauben, weil es um 1890 dem Professor Moissan von der Sorbonne, in einem von ihm selbst erfundenen Ofen, gelungen war, aus Kohlenstoff Kristalle zu lösen, welche die Härte und das Gewicht der Diamanten hatten. Nur waren diese Kristalle winzig klein und ihre Herstellung erwies sich als kostspieliger wie das Graben auf Diamantenfeldern.

Als Lemoine behauptete, Diamanten von der Größe wie sie die Juwelenhändler benötigen und zu weit geringerem Preis herstellen zu können, erregte diese Nachricht kolossales Aufsehen bei jenen, die mit dieser Entdeckung Geld zu verdienen hofften. Es waren schon von Haus aus reiche Leute und sie gaben ihm die Summe, die er forderte. Aber es stellte sich gar bald heraus, dass er nicht das geringste erfunden hatte, sondern nur ein ganz großer Schwindler war!
Da es immer Vertrauensselige geben wird, denen man fast alles weismachen kann, so müssen sich die Klugen schon damit abfinden, dass die Dummen nie aussterben werden.

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Madeleine-Sophie Arnould (geb.1740, gest.1802/3)
Französische Opernsängerin

Prager Tagblatt 20. November 1927
Die Stütze.
Der Graf de Lauragnais hatte wegen seiner kecken Angriffe gegen Ludwig XV. aus einem Lettre de Cachet hin eine lange Haft in der Zitadelle von Metz verbüßen müssen. Als er endlich nach Paris zurückkehren durfte, fand er Sophie Arnould, seine langjährige Freundin in den Händen eines Architekten. „Wie können sie sich zu einem Handwerker herablassen?" fragte der Graf entrüstet.
„Lieber Graf“, erwiderte die berühmte Primadonna „mein Ruf ist so baufällig, dass ich einen Fachmann brauche, um ihn zu stützen."

Freitag, 5. Mai 2023

Kaiserliche Geschichten

Im  Grazer Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen. Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Der Deutsche Kaiser Wilhelm II von Preußen ( geb.1859, gest.1941) links
Der Österreichische Kaiser Franz Joseph I (geb.1930, gest. 1916) rechts

Grazer Tagblatt 27. Juni1908

Nach den Tagen der letzten Zusammenkunft, nach einem Kuraufenthalt in Bad Gastein, als das österreichische Herrscherpaar sich vom Kaiser Wilhelm verabschiedete, wollte es sich dieser nicht nehmen lassen, seine Gäste eine Strecke zu begleiten. Die Witterung war aber unfreundlich und rauh, so dass Kaiser Franz Josef seinen kaiserlichen Freund bat, sich dem feuchtkalten Wetter nicht auszusetzen.

Doch Kaiser Wilhelm, der die Oberst-Uniform eines österreichischen Regimentes ehrenhalber trug, wollte durchaus von seinem Vorhaben nicht ablassen. Da sagte Kaiser Franz Josef scherzend: „Dann befehle ich dir, zu bleiben!" Diese launige Bemerkung verfehlte die Wirkung nicht. Kaiser Wilhelm ging auf den Scherz ein, nahm eine stramme Haltung eines Untergebenen an und erwiderte salutierend: „Da muß ich freilich gehorchen!"

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Ein nach Berlin kommandierter höherer Offizier hatte beim Kaiser Audienz. Der Monarch ehrte den Offizier, den er von früher her gut kannte durch eine längere Unterhaltung, wobei er auch auf einen verdienten alten General im Garnisonsort des Offiziers zu sprechen kam. „Ja, ein tüchtiger General," sagte der Kaiser, „nur schade, dass er nicht mehr reiten kann." Nach einer Pause sprach der Kaiser weiter: „Ich kann ja auch nicht mehr reiten und ich sage ihnen"— hier neigte er sich dicht an das Ohr des Offiziers „wenn ich ein gewöhnlicher General wäre, so hätte ich schon längst den Abschied bekommen.“

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Hohenzollern-Anekdote vom alten Kaiser Wilhelm.
Der Kaiser besichtigte 1875 mit seiner Tochter, der Großherzogin von Baden, die berühmte Kaiserglocke, die mit ihrem mächtigen Klang die Andächtigen in den hohen Dom zu Köln einladet. Zu dem Gießer, Meister Hamm, sagte die Großherzogin: „Die Glocke hat Ihnen bis zu der Vollendung gewiss viele Sorgen bereitet?" — „Freilich, königliche Hoheit," entgegnete Hamm, “sie hat mir manche schlaflose Nacht verursacht." Hier fiel der Kaiser ein:
„Glauben Sie mir nur, lieber Meister, das Metall, aus dem die Glocke gegossen worden ist hat auch mir in vielen Nächten den Schlaf gestört!" Das Metall der Glocke wurde bekanntlich im Krieg gegen Frankreich aus den eroberten französischen Kanonen gewonnen.

Die beiden Kaiser in Österreichischer Uniform