Sonntag, 17. November 2024

Eine Zeltstadt am Fuße des Toten Gebirges.














Die Mühlviertler Nachrichten vom 24.Juni 1932 berichten von einem großen Zeltfest der Pfadfinder in Hinterstoder.

Das wird das erste Korpslager des Oesterreichischen Pfadfinderkorps St. Georg werden. Alle Bundesländer rüsten,- alle Gruppen möchten dabei sein; bei den Wanderungen ins Gebirge und daheim bei den großen Lagerfeuern! Festtage pfadfinderischer Kameradschaft sollen es werden, die Tage von Hinterstoder. Das große Lager wird am 16. Juli eröffnet und dauert bis 27. Juli. Die verschiedenen Lagerämter sind eifrig an der Arbeit; die Pfadfinder wollen und werden diese Kraftprobe — das ist das Korpslager — in Ehren bestehen. Die Öffentlichkeit sieht dem Korpslager mit größter Aufmerksamkeit entgegen.
„Ich habe zur selben Zeit noch drei Urlaubstage, zwei spare ich für Hinterstoder; so ein Schauspiel sieht man nicht alle Jahre". So und ähnlich hört man reden. Eine ganz besondere Auszeichnung für die Pfadfinder bedeutet es, daß sogar der Herr Bundespräsident Miklas seinen sicheren Besuch im Korpslager zugesagt hat.



Freitag, 8. November 2024

Vom frühen "Fremdenverkehr" und alten Ansichtskarten


Karl Krahl Schutzhütte erbaut 1884

Schutzhöhle am Priel errichtet 1875


Hinterstoder ca.1910

Ca.1920

Ca.1930

Vorderstoder vor  1881,
 denn da wurde der Kirchturm in die derzeitige, neugotische Form umgebaut.



Freitag, 1. November 2024

Ausflug von Windischgarsten auf den großen Priel.

Der große Priel (2515 m) war für Bergsteiger schon immer ein begehrtes Ziel, wie die Zeitschrift "Adler" berichtete. Allerdings war das Bergsteigen mit der Ausrüstung vor rund 200 Jahren, eine Herausforderung der man gewachsen sein musste.
Der Artikel wurde etwas gekürzt und an unsere Zeit angepasst.



Den 3. September 1840 ging ich mit dem würdigen Hrn Pfarrer Knoll, meinem verehrten Vetter Müllhofer, Hrn. Religionsprofessor Riedl aus Linz, Hrn. Schullehrer Westermaier, einem Techniker und einem Modeherrchen aus Wien, von Windischgarsten nach Hinterstoder, einem Dörfchen am Fuße des Priel, ganz von hohen Bergen eingeschlossen.
Beim Herrn Pfarrer Weiß in Stoder, wo wir freundliche Aufnahme fanden, nahmen wir ein tüchtiges Essen ein, und befeuerten uns auf die zu bestehenden Beschwerlichkeiten mit gutem Österreicher und feurigen Steiermärker.
Der uns führende Jäger erhielt einen ziemlichen Sack mit Weinen und Mundvorrat. Jeder von uns erhielt einen starken mit Eisen beschlagenen 6 bis 8 Fuß hohen Stock (1 Fuß = 30 cm). Bergeisen (Steigeisen) war nur ein Paar für den Hrn Professor vorhanden; Bergschuhe nahmen nicht alle, nur musste sich das Modeherrchen gefallen lassen, dass man seine Tanzstiefelchen mit Nägeln beschlug. So ausgerüstet zogen wir (mit Ausnahme des Hrn. Knoll und Hrn. Müllhofer, welche beim Hrn. Pfarrer Weiß zurückblieben) vorwärts.
Die ersten vier Stunden ging es gut, dann schon beschwerlicher. Wir mussten über steile Felsen, neben tiefen Höhlen, wo man alle Sinne zusammen nehmen musste. Der Modeherr war schon sehr müde und wollte jeden Augenblick ausruhen. Seine eleganten, hier unzweckmäßigen Kleider hinderten die Bewegung, bis Rock und Beinkleider aufsprangen.
Endlich gelangten wir um 8 Uhr Abends in die oberste Alpenhütte; doch war hier schon alles ausgezogen, die Tore verschlossen, die Fenster so klein, dass niemand durchschlüpfen konnte; wir waren daher genötigt, die Türe einzuschlagen; dann machten wir am Herd ein tüchtiges Feuer an, und bemerkten, als sich der Rauch verloren hatte, noch eine andere Türe, welche vom Jäger geöffnet wurde. Hier fand sich guter Schmetten (saure Milch) vor, in dem sogleich Brot eingebrockt wurde, welches in einem großen vorgefundenen Milchschöpfer der Reihe nach herum gegeben wurde. Dann ging es an unseren Mundvorrat und mit einigen Zügen aus der Weinflasche schlossen wir unsere Abendmahlzeit.
An ein Schlafen war nicht zu denken, denn es war in der Hütte zu wenig Raum, und weder Stroh noch Heu vorrätig, um ein Lager bereiten zu können. Wir waren froh, einiges Holz und Reisigbündel zu finden, um das Feuer unterhalten zu können, da es ziemlich kalt wurde. Die Nacht war sehr hell und die Sterne blinkten freundlich auf unsere idyllische Wirtschaft herab. Wir waren 5400 Fuß hoch. Um 2 Uhr früh brachen wir auf.
Nun hörte, mit Ausnahme einiger Alpenkräuter, die Vegetation auf. Es wurde sehr frisch, wir knöpften uns die Röcke zu. Ich kletterte gleich nach dem Jäger, und so empfand ich bald eine Erwärmung. Das Steigen wurde nun immer beschwerlicher, nicht so sehr über die nackten Felsen, als über lose Steine, wo man oft wieder herabrutschte, was man mit Mühe und Anstrengung erklommen hatte. So ging es über zwei Stunden, immer mehr began. Es begann zu dämmern, die Sterne schwanden und endlich erglänzte im Rosenlicht der Gipfel des Priel. Ein erhabener Anblick! Unten alles noch im Dunkel gehüllt, hier schon Tag. Nun ruhten wir eine Viertelstunde, taten einige Züge aus der Weinflasche. Aber der Wein wollte nicht in der Nähe der Gletscher und Schneefelder wirken. Da gab uns der Jäger, unser tüchtiger Führer, Branntwein; das tat wohl und wärmte. Nachdem wir uns so gestärkt, stiegen wir über einen steil hervorragenden Felsen, wo Einer dem Anderen half, in eine Ebene, welche sich gegen die Bergseite zu immer mehr emporhob. Hier kamen wir zum ersten Gletscher. Es ist ein eigenes Gefühl, im Sommer unter eine solche Eismasse zu kommen. Ich dachte mir ein Eisfeld recht glatt, indessen fand ich Unebenheiten, wie durcheinander geworfene Steine und was das gefährlichste ist, Sprünge und Spalten, wo kein Auge das geheimnisvolle Dunkel durchdringt; nur tief unten hört man die Wasser dumpf brausen. Mit Furcht und Freude betraten wir das Eisfeld. Der Professor kam so ziemlich mit seinen Steigeisen darüber, wir anderen behalfen uns mit den Stöcken so gut als möglich, doch ging es mühsam. Zuerst machten wir eine Art von Stiege und schwangen uns dann mit den Stöcken von einer Stufe zur anderen; so hatten wir dreiviertel des Eisfeldes überschritten. Nun konnten wir nicht mehr weiter. Es ging zu steil, und ein unvorsichtig gewagter Schritt, ein einziges Ausrutschen würde uns das Leben gekostet haben. Jeder grub sich daher ein großes Loch und setzte sich hinein; die Füße waren vor Kälte beinahe erstarrt. In diesem Moment bekam unser Modeherrchen das Bergfieber. Er wurde bleich, konnte sich kaum mehr halten, und schloss, um sich des Schwindels zu erwehren, die Augen. Mit großer Mühe trug ihn der Jäger mit Hilfe des Hrn. Professors über das Eisfeld die steilen Felsen hinauf. Hier kamen wir zu einer furchtbaren Spalte, unten hörten wir die Wasser brausen und doch mussten wir hinüber. Wir legten daher unsere Stöcke über den furchtbaren Schlund und bildeten so eine Art Brücke und krochen einer nach dem anderen auf den festen Felsen hinüber. Alle erhoben auf einmal ein Freudengeschrei, als wir wieder festen Fuß fassen konnten. Hier rasteten wir wieder, nahmen einige Erwärmungen aus der Flasche; der Patient, dem wir ebenfalls Branntwein mit Eis und Brot vermischt darreichten, fühlte sich außer dem Bereich des Eisfeldes besser, jedoch schwach und blieb hier in einer Felsenhöhle, bis wir zurückkommen würden. Bis zum Gipfel hatten wir noch eine Stunde. Wir stiegen schnell und gerade unserem Ziele entgegen, als wir bei einem Felsenstück wieder ein neues Hindernis fanden. Der Fels war ganz locker und drohte bei der mindesten Berührung herabzustürzen und uns zu zermalmen. Wir nahmen daher einen Umweg über noch steilere Felsen (den sogenannten Gamssteig). So arbeiteten wir uns eine viertel Stunde fort als der Jäger stehen blieb, sein Fernrohr nahm und mit gespannten Augen die Spitze des Priel betrachtete. — Mit furchtbarem Ernst verkündigte er uns, dass all unsere Müh' und Anstrengung vergebens sei, denn wir müssen sagte er schleunigst umkehren, indem bald ein Nebel eintreffen werde. Und wirklich, wir machten noch Vorstellungen, als sich am Gipfel eine Nebelwolke senkte, die sich mit reißender Schnelligkeit allenthalben verbreiterte und uns alle Aussicht nahm, so dass wir kaum auf 10 Schritte sehen konnten. Missmutig wurde umgekehrt, der Patient hatte sich doch erholt, und so stiegen wir auf der anderen Seite des Berges herab. Wir passierten noch 6 Eisfelder, von denen eines mir immer in Erinnerung bleiben wird. Der dichte Nebel begann zu reißen und in wenigen Augenblicken erfolgte ein furchtbarer Gussregen dass das Wasser in Strömen herab floss. Ich rutschte aus, fiel und machte eine Art Rutschpartie über ein Eisfeld, dass mir der Meniskus tüchtig brannte, wobei die Beinkleider ganz zerfetzt wurden. Endlich gelang es mir, mich mit den Händen in eine Schichte Schnee einzukrallen. Der Stock entfiel meinen erstarrten Händen. Die anderen kamen auch nicht viel besser davon und jeder hatte über einen schmerzenden Arm oder Fuß zu klagen. Der Wind war sehr scharf, der Regen so kalt, dass wir vor Kälte zitterten. So stiegen wir 4 Stunden herab ehe wir zur Alpenhütte kamen. Einen Augenblick hielten wir uns nur auf, dann eilten wir noch 5 Stunden bis wir am Fuße des Berges anlangten. Der Regen hatte nachgelassen, die Sonne kam aus den Wolken hervor, und mit Freude und Schmerz blickten wir auf den Gipfel des Priel. Der früher nackte Felsen war ganz mit frischem Schnee bedeckt, welch eine Lage wenn uns das Schneegestöber oben überrascht hätte. Wir wären wahrscheinlich verunglückt, weil wir nicht gewusst hätten, wo wir den Fuß hinsetzen sollten. Dann diese Kälte, kein Proviant — wir dankten dem lieben Herrgott, dass wir noch so davon kamen.

Beim Hrn Pfarrer Weiß im Hinterstoder angelangt erwartete uns schon ein stärkendes Mahl, welches uns unbeschreiblich wohl tat. Mehrere glückliche Ersteigungen wurden von Hrn. Pfarrer erzählt, indessen gehört es auch noch in dieser Gebirgsgegend zur Seltenheit den großen Priel bis zur Spitze bestiegen zu haben. Von dort aus, wo man eine der großartigsten Fernsichten bis Bayern und Tirol genießt. Nach einigen Tagen bestiegen wir das Hoheneck,6405 Fuß. Hier sahen wir von oben herab mehrere Rudel Gämsen ganz ruhig weiden, die Aussicht hatten wir bis Linz. Wir erkannten den Großglockner und den Watzmann, im Salzburgischen, — wie wenig bekannt sind noch diese großartigen Naturschönheiten in diesem Teile von Oberösterreich! Wir staunen über manche Schweizergegend und mit Ausnahme von Montblanc, Chamoune und dem Genfersee haben wir Österreicher dieselben großartigen Naturschönheiten ganz nahe in unserer Heimat.







Freitag, 25. Oktober 2024

Vom stolzen Hutschmuck unserer Gebirgler

Die Oberdonau-Zeitung vom 29.10,1943 berichtet "vom stolzen Hutschmuck unserer Gebirgler"  wie ein Gams-, Hirsch- oder Dachsbart bei der „Bartbinderin“ Rosa Fahrnberger in Micheldorf vor rund 100 Jahren entstanden ist. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Ein kleines Stück außerhalb Kirchdorf an der Krems, auf halbem Weg zum Schloß Pernstein, liegt das „Gasthaus am Buchenhain“ — die „Groileiten“ —, ein beliebter Ausflugspunkt der Kirchdorfer und zahlreicher Fremder, die die Schönheiten des Kremstales näher kennen lernen wollen.
Durch einen schönen Buchenhain, der in allen Farben seines herbstlichen Kleides prangt und den schon die kalten Nebel durch ziehen, kommen wir hinaus in freies Gelände. Gleichzeitig sind wir aus dem Nebel heraus und können nun das wunderbare Schauspiel eines wogenden Meeres bewundern, das sich unter uns breitet und das ganze Kremstal erfüllt, während die herbstliche Sonne warm aus wolkenlosem Himmel auf uns herniederstrahlt. Ein Rundblick zeigt uns, fast greifbar nahe, Schloß und Ruine Pernstein, darüber den Hungerturm, und gibt den Blick frei auf den Hirschwaldstein, dann gleitet unser Auge über die Gipfel des Sengsengebirges, springt hinüber auf die reich gezackte Kette der Kremsmauer,ein weiter auf hügeliges Gelände, von dem uns der Magdalenaberg mit seinem Bergkirchlein grüßt, um schließlich in dem immer breiter werdenden und unter dem Nebeimeer ruhenden Kremstal sich zu verlieren.
Das so malerisch gelegene Gasthaus lädt zum Eintreten ein.
Hier wohnt Frau Rosa Fahrnberger, eine Siebzigerin,(1943) die seit über vierzig Jahren das seltene Gewerbe des Bartbindens ausübt. Ein Besuch in ihrem Stübchen offenbart uns das Geheimnis ihrer Kunst. Ein Tisch und ein Sessel sind ihre gesamte Arbeitsstätte. Auf dem Tisch liegt eine Unmenge von Barthaaren, die durch die Geschicklichkeit dieser Frau bald einen schönen Hutschmuck bilden werden. Frau Fahrnberger hat gerade Bärte von Gemsen, Hirschen, Dachs und Wildschweinen in Arbeit. Die Haare für den Hirschbart stammen vom Hals dieses Königs unserer Hochgebirgswälder, der Gamsbart wird aus den Haaren am Rücken der Gemse gemacht. Auch der Dachsbart stammt vom Rücken des Meisters „Isegrimm“. Wir sehen, wie die Barthaare ausgekämmt werden. Wir staunen wie wenig von einer an sich so großen Menge Haare für einen Bart übrig bleibt. Nun werden die Haare sortiert. Zu diesem Zweck kommen sie in schmale Glasröhrchen, werden geschüttelt, damit die Reifen — das ist das meist lichter gefärbte Ende der Haare — gleich werden und es ist eine äußerst mühsame Arbeit, bis in den zahlreichen Glasröhrchen Haare gleicher Länge beisammen sind. Ein Bart ohne Reifen ist wertlos. Je stärker und breiter und je weißer der Reifen ist, desto schöner, begehrter und teurer ist der Bart.
Die nach Längen sortierten Haare werden nun „gebrückt“, das heißt, das untere Ende der Haare wird in flüssiges Wachs getaucht und nach dem Erhärten sehen die Büschel schon wie kleine Bärte aus. Eine selbstgezimmerte Vorrichtung aus einem Holzklotz, auf dem ein kleines Petroleumlicht brennt und auf einem stehenden, mehrfach eingekerbten Stock ein Löffel verstellbar angebracht ist, in welchem durch das Licht das Wachs zum Schmelzen gebracht wird, dient zum „Brücken“ der Haare. Die gebrückten Büschel werden nun auf dem Tisch wieder nach Längen sortiert und so viele bereit gelegt, als man zu einem Bart braucht. Nun werden die kurzen Büschel, eines nach dem anderen, auf einem Draht zusammengedreht, die längeren außen, und so entsteht vor unseren Augen allmählich der Bart.
Wir erfahren auch, dass ein schöner Bart nur bis zu einem Drittel seiner Gesamtlänge unterbunden sein darf, zwei Drittel der Haarlängen also frei stehen sollen. Auch soll ein Bart stehen wie eine Rose, d. h. die Haare sollen nach allen Seiten leicht und weich auseinanderfallen. Der fertige Bart wird unten noch mit einem grünen Tuch eingefasst.
Aus aller Herren Länder hat Frau Fahrnberger Aufträge und sie zeigt uns manchen Dankesbrief, worin ihre Kunst gewürdigt wird. Der Gams- und Hirschbart ist von unserer landesüblichen Tracht nicht wegzudenken und stolz trägt der Jäger und Förster, genau so wie der Holzknecht, den Bart eines Hirschen oder einer Gemse zur Ledernen, wochentags wie im Sonntagsstaat.
Und ob sich nicht über manchen schönen Bart der Förster den Kopf zerbrechen mag? Heißt es doch im Volksmund, dass der Bart nur dann richtigen Wert hat, wenn man auch das Wild selbst erlegte ...
Wir haben die genaue und feine Arbeit der Frau Fahrnberger bewundert, die trotz ihrer 70 Jahre noch sehr rüstig ist und mit sicherer Hand die schönsten Bärte bindet. Jedenfalls aber lernten wir hier ein Gewerbe kennen, das gewiß mit zu den seltensten gezählt wird.                                                                   Rudolf Fina

Rosa Fahrnberger




Freitag, 18. Oktober 2024

Aus dem Toten Gebirge.

Bergsteigen und Wandern im Toten Gebirge war schon im 19. Jhdt. für manche Städter ein begehrtes Ferienziel. Der Fremdenverkehr (heute Tourismus) wurde beworben. Bergführer boten ihre Dienste an und Schutzhütten wurden gebaut.




















"Wenn man dem Laufe der Steyr, jenes Flusses, der einer ganzen Stadt den Namen gab entgegenstrebt, erreicht man nach mehrstündigem Wandern einen von hohen und malerisch geformten Bergen eingeschlossenen Talkessel, auf dessen Grund zerstreut liegende Gehöfte und Hütten nebst einer kleinen Kirche den Ort Hinterstoder bilden. Wir befinden uns hier am Fuße des interessantesten und zugleich höchsten Gipfels des Toten Gebirges, nämlich des 2514 Meter hohen Großen Priel.
Von hier aus ist die Besteigung desselben, sowie überhaupt ein Besuch des Toten Gebirges, das sowohl für den Maler als für den Geologen gleich interessant ist, am bequemsten auszuführen. Man erreicht, nachdem man den eine Wegstunde entfernten pittoresken Felskessel die Polsterlucke durchschritten hat, nach 2 Stunden, beinahe immer durch schönen Wald ansteigend, die obere Polsteralm, wo ein bequem eingerichtetes Schutzhaus zur Ruhe einladet. Von hier aus präsentiert sich nun der Große Priel in nächster Nähe und wir können bereits ganz genau das eiserne Kreuz auf seiner Spitze unterscheiden. Nun geht es über Geröll zu einem ziemlich großen schräg abfallenden Schneefeld, dem weithin sichtbaren Wahrzeichen des Großen Priel und nach Überschreitung desselben, vorüber an der alten Schutzhöhle, hinauf über Felsen und grobes Geröll, den zerrissenen Kamm entlang zur Spitze, die wir vom Schutzhaus aus in vier Stunden erreichen. Wir lagern uns nun unter dem 8 Meter hohen und 2240 Kilogramm schweren, schon erwähnten, eisernen Kreuz, und bewundern das großartige und in seiner Art einzigartige Panorama, das sich hier vor unserem Auge aufrollt.
Die weiße, zackige Linie der hohen Tauern, der Dachstein mit all seinen Vasallen, die schroffen Berge des Ennstales, in weiter Ebene die Lieblinge der Wiener, Rax und Schneeberg, noch weiter hinaus die Grenzmarken Ungarns, des Böhmerwaldes und die bayerische Ebene im Westen bilden einen Kranz um uns, an dem sich das Auge trunken schaut; und nun aber, nachdem wir auch unserer näheren Umgebung einige Aufmerksamkeit schenken wollen, finden wir uns auf's Neue und nicht weniger gefesselt durch ein Bild großartiger Wildheit und Verödung. Meilenweit ausgedehnt liegt zu unseren Füßen ein Chaos von Felstrümmern und stellenweise mit Schnee bedeckten Karrenfeldern, oft stundenlang ohne jede Vegetation, ohne Spur von etwas Lebendem; kühn ragen einzelne Kolosse über diese Steinwüste heraus; so in nächster Nähe die zuckerhutförmige, sich aufbauende Spitzmauer, das Rotgeschirr und der Elmkogel.

Es ist das Tote Gebirge im vollsten Sinne des Wortes und wann auch dieser Name nicht bei dem ganzen, weit ausgedehnten Gebirgsstock gerechtfertigt erscheint, so ist er doch für den allgemeinen Charakter zutreffend. Wer nun gut zu Fuß ist und einen weiteren Marsch von 8 Stunden nicht zu scheuen braucht, der kann von hier aus eine beschwerliche, aber äußerst interessante Wanderung über das Plateau antreten. Vor Allem gehören aber dazu ein guter Führer und sicheres Wetter: der eintretende Nebel kann verhängnisvoll werden.
Zuerst geht es nun ein Stück den Grat zurück und dann über grobes Gerölle hinab in das mit Felstrümmer und Schnee ausgefüllte Fennerthal, von dem unser unteres Bild einen Teil darstellt; man sieht das Massiv des Rotgeschirrs und mehr in der Mitte grüßt über dem Elmkogel der leuchtende Gletscherschild des Dachsteins herüber. Von hier aus geht's auf und ab über Karre und Trümmerflächen ohne jede Vegetation. Erst nach mehreren Stunden steigen wir einen steilen Hang hinunter und wir begrüßen wieder die ersten Spuren von Baumwuchs. Bald darauf kommen wir auch zu einer Quelle, die unterhalb der langgedehnten Wand des sogenannten Geiernestes hervor rieselt und uns den schon heiß ersehnten Labetrunk spendet. Weiterhin kommt ein kleiner, stiller See, der Elmsee und nun geht es, an dem fürstl. Kinsky'schen Jägerhaus in der Elmgrube und dem tief unten liegenden hinteren Lahngangsee vorüber, durch einen schönen Lärchenwald zur Lahngangalpe am vorderen Lahngangsee, den unser Bild darstellt und der, in einer Höhe von nahezu 1600 Metern gelegen, so recht den Charakter eines Hochgebirgssees trägt. Von hier geht es nun den See entlang, von dessen jenseitigem Ufer nochmals die lichten, kahlen Wände des Roitgeschirrs sichtbar werden und dann über steile Waldhänge, vorüber an der im reizenden Talkessel tief unter uns liegenden Vorderbachalpe, hinunter zum herrlichen Grundelsee, wo wir im Gasthaus der wohlverdienten Ruhe pflegen. Von hier aus darf man auch nicht versäumen, dem einige Minuten entfernten, lieblichen Toplitzsee, sowie dem kleinen Kammersee einen Besuch abzustatten".








Freitag, 11. Oktober 2024

Die bescheidene Haferration

Die Oberdonau-Zeitung berichtete am 6.6.1944 über den berühmten Maler Edgar Degas (geb. 1834, gest. 1917). Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Einer der berühmtesten Impressionisten Frankreichs war der 1917 verstorbene Maler Degas, der die letzten Jahre seines Lebens in einem ziemlich armseligen Atelier im Montmartre verbringen musste, obwohl seine Bilder bei den verschiedensten Versteigerungen sensationellste Preise erzielten.

An einem Frühlingstag des Jahres 1912 wurde zum Beispiel sein Gemälde „Les danseuses ä la barre“, für das er, sage und schreibe, 500 Francs bekommen hatte, mit 435.000 Francs bezahlt.

Ein Journalist, der dieser Versteigerung beigewohnt hatte, geriet darüber, dass der Maler auch nicht einen Centime von diesem Riesenbetrag bekam, in helle Empörung. Er eilte sofort zu Degas und teilte ihm atemlos mit, dass sein Bild „Les danseuses ä la barre“ soeben einen Verkaufspreis von 435.000 Francs erzielt habe. „Das ist ein schöner Preis", sagte Degas, nicht mehr und auch nicht weniger. „Ist das alles, was Sie zu diesem Irrsinn zu sagen haben, Monsieur?“ fragte der Journalist. „Eigentlich ja“, erwiderte der halbblinde Maler. „Ja, sind Sie denn gar nicht empört darüber, dass man sie, den so berühmt gewordenen Künstler, dessen Bilder von Jahr zu Jahr höhere Preise erzielen, in diesem kahlen Atelier hausen lässt? Dass Sie auch nicht einen Centime nur von diesen 435.000 Francs erhalten? Dass die herrlichen Bilder, die Ihre Hand gemalt hat, anderen, die kaum einen höheren Gedanken denken können, Vermögen einbringen?!“

 „Nein, Monsieur", lächelte Degas. „Ich bin eben wie das Rennpferd, das den Großen Preis gewonnen hat: Ich begnüge mich mit meiner Haferration.“ Kopfschüttelnd nahm der junge Journalist Abschied von Degas, der schon längst über den Irrsinn der Welt lächeln gelernt hatte.

Edgar Degas

Edgar Degas Selbstbildnis

                                                                              Gemälde







Edgar Degas