Freitag, 23. Februar 2024

Alte Zeitungsgeschichten

Im Linzer Volksblatt und im Prager Tagblatt konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.



Linzer Volksblatt 16. September 1917
Auszug aus dem Artikel Urlaub, der das Stodertal vor rund 100 Jahren beschreibt.
„Mostschädel" nennen manche Leute geringschätzend den Oberösterreicher. Mostschädel! Ja, hätte der Kaiser nur lauter Mostschädel in seinen weiten Landen, nichts Besseres könnte er sich und wir ihm wünschen. Und zwischen Wald und Obstgarten schimmert golden das Korn, dort und da Weizen, Hafer; „böhmische Weintrauben" lassen sich auch gut an; man nennt sie hier Erdäpfel.
In diesem einsamen, wunderschönen Tal lebt ein gesundes, kräftiges Volk; wortkarg, aber freundlich, heiteren Sinnes, das dem Fremdling nie den Gruß versagt und arbeitsam, genügsam und hellen Kopfes seinem Boden den Lebensunterhalt abringt. Das die Leiden und Freuden seiner Heimat auskostet und erträgt mit jener Ruhe, wie sie eben den Gebirgler auszeichnet.
Mitten im Tal liegt anmutig hingebettet das freundliche Dörfchen mit dem kleinen Gotteshaus, dem Schul- und Pfarrhaus, Wirts- und Kaufmannshaus und dem Postamt. Telegraph und Telephon bringen den lieben Deinen zu Hause in wenigen Minuten Gruß und Nachricht und gleich auch die Antwort wieder. Und am Kirchenplatzl steht am Sonntag alt und jung, Männlein und Weiblein einträchtig beisammen und plauschen von diesem und jenem. Dann kommt der Briefträger und gibt denen, die gar weit auf den Bergen oben hausen, die Botschaft, die für sie in der vergangenen Woche in das stille Tat gefunden hat. Und abends wenn des Mondes silberhelle Scheibe am Himmel aufzieht, rauscht leise das Flüsschen durch das Tal, in den Bäumen säuselt und raunt es, die Blümlein all' recken und strecken sich und lassen sich vom Vater Mond den Gute Nacht-Kuss geben. Vater Mond küsst so lind und leise, er dürft schon ein Großvater sein. Da ist Frau Sonne schon viel leidenschaftlicher; sie küsst in heller Glut, dass gar manchem Blümlein das Köpfchen welkt. Und so ging es hier zu: Bei Tag im herrlichen, sonnendurchleuchteten Tal, das linder Duft und prächtige Luft durchzieht, behütet von trutzigen Berggestalten, die Gott als Riesenwälle gegen Nord und Süd und West ausgestellt, nachts hilft des Flüsschens Rauschen in das Traumland der Wunder hinüber. Und leise segelt dann der alte, gute Mond über die öde Fläche des Hochgebirges hinüber und sieht verwundert über all das versteinerte Getier herunter, das er schon gesehen, als es noch lebend die Gegend bevölkerte.
Und als ich kurze Zeit in dem Wunderland lebte, spürten Füße, Hände, Arme, Herz, Muskeln und das rote, warme Blut den Zauber des gottbegnadeten einsamen Tales und sie alle gaben die „passive Resistenz" bedingungslos auf.
Ich spürte wie mir allmählich die Flügel wieder wuchsen und dass ich wieder imstande sei, dem Herrn, der dieses Eden geschaffen, meinen tiefgefühlten Dank auf der höchsten Spitze des Hochgebirges selbst abzustatten. Ich war aber weder in Indien, noch in Ägypten, noch in der Schweiz, sondern nur in dem viel zuwenig- bekannten: Hinterstoder!
Schmalzerhof, 30. August 1917. Carl Eckart.

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Alexandre Dumas (geb.1802, gest.1870)
 
Prager Tagblatt 16.12.1920
Anekdote von Alexandre Dumas.
Dumas Großmutter war bekanntlich eine Mulattin. Als einst ein Journalist zu Dumas kam um ihn zu interviewen spielte er auf diese Tatsache an. Und fragte,“Ist es wahr Meister, dass ihre Großmutter eine Mulattin war. Da antwortete ihm der berühmte Dichter gereitzt und ungeduldig: “Ja mein Herr, meine Großmutter war eine Mulattin, meine Urgroßmutter eine Negerin und deren Eltern waren Affen. Meine Familie hat dort angefangen wo die ihre aufgehört hat.“

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Anekdote:
Die ehemalige Prinzessin Sch. ist ebenso fromm wie wohlerzogen. Sie geht durch ihren Wald. Ein Förster, den sie leutselig anspricht, klagt über die neuen hässlichen Zeiten. „Wäre es denn früher möglich gewesen, Durchlaucht, dass die Liebespaare schon an Wochentagen im Wald verschwinden? Und wissen sie was das Gesindel heutzutage im Wald macht. Die Prinzessin erbleicht und errötet.
„Sie werden es nicht glauben, Durchlaucht, was diese gottlosen Menschen im Wald tun:...sie rauchen!“

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Prager Tagblatt 2.Oktober 1896 
Ein seltsames Abenteuer wird aus Rom mitgeteilt: Der Genueser Handelsreisende Bolognini, der sich erst vor Kurzem mit einem hübschen jungen Mädchen vermählt hatte, musste bei Ausbruch des Krieges gegen Menelik (Kaiser von Äthiopien) als Militärpflichtiger nach Afrika ziehen. Bei einer Belagerung kam er zwar mit dem Leben davon, dagegen ereilte ihn ein Telegramm, welches ihm in dürren Worten mitteilte, dass seine Gattin ihn für gefallen wähnte und aus Verzweiflung Selbstmord begangen habe. 
Nach dieser Trauernachricht zog es Bolognini nicht mehr so sehr nach der Heimat. Als er nach einigen Monaten wieder italienisches Land unter die Füße bekam, ging er auch nicht nach Genua, seinem Wohnort, sondern besuchte erst seine Eltern in Cagliari (Sardinien), um im väterlichen Haus das Geschehene zu vergessen. Geschäfte führten ihn aber schließlich doch nach Genua, und dort erfuhr er zufällig von einem Freund, dass seine Frau offizielle Nachricht von seinem erfolgten Tod erhalten und bereits einen Anderen geheiratet habe. Bolognini setzte sofort alles in Bewegung um den Aufenthalt seiner Gattin zu erfahren und es gelang ihm auch bald, sie im kleinen Ort Calvizzano zu entdecken.
Nun stellte es sich heraus, dass die Beiden dem Schurkenstreich eines ehemaligen Verehrers der Frau zum Opfer gefallen waren. Dieser ließ der Frau eine gefälschte offizielle Todesanzeige zugehen und sandte andererseits dem Gatten die falsche Anzeige vom Selbstmord der Frau. Bald darauf gelang es ihm, die „Witwe" zu überreden, ihn zu heiraten. Der gewissenlose Intrigant ergriff die Flucht, als er den ersten Mann in seinem Haus erblickte, während das wiedervereinigte Paar, voll des Glückes, nach Genua segelte.

Freitag, 16. Februar 2024

Was heute Autos sind, waren damals Pferde- oder Ochsenwägen.

Was heute Autos sind, waren bis vor rund 100 Jahren in einem Bauernhaus Pferdekutschen oder Ochsenkarren, wie man einem Leserbrief aus einer Salzburger Zeitung von 1890 entnehmen kann. Als zugkräftige, sparsame Wägen wurden Ochsengespanne für Transporte und als empfehlenswert für Kirch- und Behördenwege sind Steirerwagerl mit einem Pferd angesehen worden.

Einmal kommt die Zeit, in der auch die einst so begehrten Fahrzeuge und Arbeitsgeräte der bäuerlichen Vorfahren ausgedient haben. Sie werden vergessen, weggeworfen und verrotten. Ein Bauer erzählt:  

"Es ist das der Luxus der unnötigen Pferde, der Luxus bei Hochzeiten, Leichenbegängnissen und dergleichen. Für das Gebirge sind kräftige Ochsen die beste Zugkraft des Bauern. Fütterung, Hufbeschlag, Sattler-, Schmied- und Wagnerrechnunqen sind bei Gebrauch von Ochsen weit billiger, als bei Pferden. Wenn ich Ochsen als Zugtiere nicht mehr gut verwenden mag, so kann ich sie mästen und der Fleischhauer bezahlt mir ein nettes Sümmchen dafür. Und ein Pferd, wenn das einmal anfängt zu altern, so ist es von Jahr zu Jahr weniger und endlich gar nichts mehr wert. Freilich kann die Bäuerin mit Pferden und „feschem Zeugs" in Kirche und Stadt fahren, während Mutter und Großmutter noch zu Fuß gingen. Der Bauer fährt auf jeden Markt im Umkreise, zu jeder politischen Versammlung; so mancher Bauer gerät dadurch in's Wirtshausleben und — geht zu Grunde.
Ich lasse mir ja gerne in einschichtig gelegenen Bauernhäusern ein Pferd und ein Steirerwagerl gefallen, wo es die Wirtschaft trägt. Aber den reichen Großbauer nachäffen, dort, wo der Schmalhans Stallmeister ist, mit zwei Pferden und Landauer (viersitzige, gefederte Kutsche) in den Markt fahren, wo Sparkasse, Vorschussverein und Steueramt fort und fort schon ungeduldig zu Zahlungen drängen, das tuts nicht überall! Ich bin gewiss ein religiös gesinnter Mann und halte meine Anverwandten im Grabe in Ehren. Wenn aber ein Bauer, eine Bäuerin stirbt, ein paar hundert oder tausend Gulden hinterlässt, auf die schon Kinder oder Enkel mit schwerem Herzen warten, um nicht unter den Hammer zu kommen (der Hof wird versteigert) — dann ist und bleibt eine "Ganz-Konduktleiche" (großes Begräbnis) ein Luxus. Auch bei Hochzeiten könnten es manche Bauern, die ihr Anwesen mit schweren Schulden übernehmen müssen, „etwas stader (ruhiger) geh'n lassen." Sparen muss man, wo man sparen kann und ein wirtschaftliches Opfer bringen dort, wo es sich lohnt, wie z. B. sich einen ordentlichen Viehstall, eine gute Düngerstätte, ein gesundes, freundliches Wohnhaus herrichten, Ochsen halten, wo ein Pferd nicht hingehört; bescheiden leben muss der Bauer, christlich sterben und sich standesgemäß als guter Wirtschaftsmann und nicht kavaliermäßig begraben lassen".

Gemälde: Dr.Wladimir Iwasiuk









Samstag, 10. Februar 2024

Abschied von Herrn Oberförster Johann Kainz am 10.2.2024

 











                                                            Fotos: Traude Schachner

Freitag, 9. Februar 2024

Aus der "Allgemeinen Österreichischen Gerichtszeitung" 25. Dezember 1862

 



Wenn man alte Gerichtszeitungen durchblättert sieht man, dass der alte Spruch „auf der Alm gibt es keine Sünde“ nicht stimmt. Manchmal kann man lesen, dass Sennerinnen verlassen wurden und aus Verzweiflung Straftaten begangen haben, weil sie ihrem Schicksal nicht gewachsen waren.
Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Verbrechens des Kindesmordes.
Am 24. Mai 1862 bezog Walburga H. 21 Jahre alt, eines verstorbenen Ausseer Salinen-Arbeiters eheliche Tochter, ein Mädchen von sehr einnehmendem Äußeren, als Sennerin des Steffler in Reitern dessen Alm auf der Pötschen oder dem sogenannten Höhentritt liegt. Die von Walburga H. allein bezogene Almhütte enthielt ebenerdig den mit Holz verschallten Rinderstall und die Kochstube so wie die Milch- und Schlafkammer. Von letzterer gelangt man neben dem dort stehenden Bett der Sennerin durch eine Falltür über eine Stiege mit 7 Stufen unmittelbar in den Viehstall hinunter. Gleich nach dem Auftreiben auf die Alm fiel den benachbarten Sennerinnen der Leibesumfang der Walburga H. auf. Dieselbe stellte aber aufs Bestimmteste jede Beziehung auf eine Schwangerschaft in Abrede. Sonntag den 22.Juni klagte sie der benachbarten Sennerin über Kreuzschmerzen. 
Montag den 23. Juni, Früh um 5 Uhr, erschien sie bei der Nachbaralmhütte und bat die dortige Sennerin, für sie wegen ihres Unwohlseins die Arbeit beim Vieh zu verrichten, was diese ohne Anstand tat. Gegen 7 Uhr Morgens besuchten sie benachbarte Sennerinnen, denen sie über Schmerzen im Unterleib klagte. Dazu kam, dass Walburga H. als sie gegen 10 Uhr Vormittags die Almhütte verließ, ganz schlank erschien. Über Vorhalt, ob sie etwa gar ein Kind geboren habe, lachte sie denselben ins Gesicht. Gleiches tat sie als am selben Tag, nachmittags die von ihrem Unwohlsein verständigten Angehörigen, Mutter und Schwester, erschienen waren.
Am 2S. Juni verliess sie die Steffler-Alm, um am Steffler-Gut bei der Wäschereinigung mitzuwirken. Nach ihrer Entfernung beschäftigte die zurückgebliebenen Sennerinnen der Gedanke, dass eine Leibesfrucht der Walburga H. irgendwo verborgen sein müsse. Da glaubte eine Sennerin einmal gehört zu haben, dass eine Mutter ihr Kind unter Dielen verborgen habe. Sie besah daher abends, als das Vieh gemolken wurde, die Dielen und entdeckte unter der Stiege nahe der Wand eine Stelle, wo die Dielen leicht wegzuheben waren. Die Sennerin hob die Dielen in die Höhe. Da lag eine Schicht von frischem mit Stroh gemengtem Kuhmist. Sie räumte eine ziemliche Menge davon weg, da zeigte sich das Füßchen eines Kindes. Ihr Geschrei führte die Sennerinnen der Almhütten herbei. Da sie den Mist weiter beseitigt hatte zogen die Sennerinnen das Kind vollends hervor. Das Kind war weiblichen Geschlechtes mit einem sichtbaren Eindruck an der linken Schläfenseite. Es war unter den letzten zwei Stufen mit dem Kopf nach abwärts, das Gesicht nach unten gekehrt, unter frischem mit wenig Stroh vermengtem Kuhmist gelegen. Eine Sennerin trug das Kind sogleich hinaus, wusch es am Brunnen und bahrte es in ihrer Almhütte auf. Nachdem hierauf vom Totenbeschauer die gerichtliche Anzeige gemacht worden war, erklärten die Gerichtsärzte, dass das neugeborene Mädchen lebend geboren und wenn auch nur kurze Zeit, aber doch vollständig geatmet hatte und am Blutschlagfluss gestorben war, ohne dass bestimmt angegeben werden konnte, ob die wahrgenommenen Verletzungen an der linken Schläfe damit in Zusammenhang stehen.
Walburga H. hat sowohl in der Untersuchung, als auch am 2. Dezember vor dem k. k. Gerichtshof bei der Schlussverhandlung zugegeben, das Kind in der Nacht zum 23. Juni im Stall geboren zu haben. Wegen heftiger Kreuzschmerzen und Fieberfrost habe sie damals ihr Lager verlassen und sich in den wärmeren Viehstall hinabbegeben. Da erst habe sie erkannt, dass es zu einer Entbindung kommen könne. 
Nach beiläufig einer Stunde sei das Kind gekommen und auf die hölzernen Dielen aufgefallen. Sie habe das Kind in ihren Schoß gelegt wo sie einen schwachen Herzschlag verspürte. Ratlos sei sie so eine Viertelstunde dagesessen; dann habe auch der Herzschlag des Kindes aufgehört. Sie habe dann das Kind in ihre Schürze gewickelt und es hinaufgetragen. Zuerst wollte sie es am Herd wärmen, musste aber vor Fieberfrost ins Bett. Mit Tagesanbruch habe sie das Kind auf den Milchkasten gelegt, ein Brett vorgeschoben und es dort liegen gelassen, bis sie am 25. morgens von der Alm gehen musste. Vor ihrem Abgehen habe sie dann das Kind unter die Dielen dorthin verborgen, wo es dann am folgenden Abend von den übrigen Sennerinnen aufgefunden worden war. Bei diesem Geständnisse verharrte sie ungeachtet des Vorhaltes, dass ein so langes Liegen des Kindes in der bei der Sonnenhitze noch wärmeren Stube ohne Verbreitung eines die Wahrnehmung unabwendbar machenden Verwesungsgeruches nicht möglich gewesen wäre. Nach diesem Geständnisse haben die Gerichtsärzte erklärt, dass Walburga H. dadurch, dass sie auf harten Stalldielen geboren habe, während sie ja doch auf dem weichen Bett hätte entbinden können, dann dass sie das Kind beiläufig eine Viertelstunde mit noch schlagendem Herzen bis zum Tod ohne alle Wiederbelebungsversuche ruhig auf ihrem Schoss liegen ließ und ebenso wenig die benachbarten Sennerinnen zu Hilfe rief, obgleich sie diese bei und vor der Geburt nach den gepflogenen Lokal-Erhebungen leicht hätte rufen können, eine Unterlassung des bei der Geburt nötigen Beistandes sich habe zu Schulden kommen lassen.
Obschon die Verteidigung kräftigst bemüht war, darzutun, dass die Unterlassung dieses Beistandes eine ganze unfreiwillige war, weil Walburga H. in den Geheimnissen der Geburt noch ganz unerfahren, von solcher überrascht worden war und sich daher bloß eine Übertretung der Geburtsverheimlichung zu Schulden habe kommen lassen, so folgte der Gerichtshof doch dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die dann darlegte, wie aus ihrem Benehmen vor der Tat durch Verheimlichung ihres Zustandes vor Jedermann, selbst der Mutter und dem Liebhaber und durch Unterlassung jeder Vorbereitung zum Empfang des Kindes, durch Unterlassung jedes Hilferufes an die benachbarten Sennerinnen und jedes Belebungsversuches — endlich nach der Tat durch Verbergung und Vergrabung des Kindes die Absicht zur Beseitigung des Kindes durch Unterlassung jeden Beistandes klar hervorgehe. Wozu sie wohl auch dadurch verleitet worden sein mochte, dass dieses Kind während der Abwesenheit ihres eigentlichen Liebhabers im Militärdienst im Umgang mit einem zwischenzeitigen Liebhaber empfangen worden und der eigentliche Liebhaber nicht gar lange vor der Entbindung zurückgekehrt war. Walburga H. wurde daher des Verbrechens des Kindesmordes schuldig erklärt und nach §. 139 St. G. mit Anwendung des §. 286 St. P. O. zu zwei Jahren schweren Kerker verurteilt.

Nicht lange nach dem traurigen Fall auf der Pötschen-Alm wurde die Schladminger-Alm der Schauplatz eines gleichen Verbrechens. Elisabeth F., 30 Jahre alt, von nicht weniger einnehmendem Äußeren, Bauerntochter aus Haus bei Schladming, hatte im Dienst des Hundsbichler in Rumberg (Bezirk Gröbming) als Sennerin dessen Alm bezogen. Auch sie war durch ihren Umfang den benachbarten Sennerinnen auffällig geworden, leugnete aber beharrlich ihren Zustand. Am 20. August 1862 zeitig morgens kam Elisabeth F. zu der ihr benachbarten Hinteregger Sennerin und klagte ihr, dass sie sich vor Kreuzschmerzen kaum zu helfen wisse. Die Hinteregger Sennerin heizte sodann die Almütte der Elisabeth F. und besorgte ihr den Stalldienst, während Elisabeth F. auf einem Schemel saß. 
Es war dann beiläufig 9 Uhr Vormittags geworden, da bemerkten die benachbarten Sennerinnen, wie Elisabeth F. mit einer Schaufel am Misthaufen herumarbeitete. Elisabeth F. hatte sich kaum in ihre Hütte zurückgezogen, so eilten beide benachbarte Sennerinnen zum Misthaufen. Als die Hinteregger Sennerin etwa eine schuhtiefe Schichte Mist unter der Dachtraufe weggeräumt hatte, da wurde die Hand eines Kindes sichtbar, deren Finger sich bewegten. Sorgfältig zogen beide Sennerinnen das ganz nackte Kind hervor, aus dessen Mund und Nase schmutzige Jauche hervordrang. Sie reinigten das Kind sogleich und brachten es in die Hinteregger Almhütte. Da suchten sie dem Kind Luft einzublasen und es zu erwärmen. Das Kind röchelte aber nur mehr. Sie gaben demselben die Nottaufe und wurden nach kaum einer Viertelstunde Zeuginnen seines Dahinscheidends.
Die Hinteregger Sennerinen suchten darauf die Elisabeth F., welche fröstelnd beim Ofen saß. Die erklärte, dass es ihr nun etwas besser gehe und sich sodann in ihr Bett begab. Elisabeth F. verschwieg die Geburt so lange, bis ihre Mutter und ihr Dienstgeber auf die Alm kamen und ihr das vorhielten, was bereits offenkundig geworden war. Nach geschehener gerichtlicher Anzeige und vorgenommener Leichenöffnung, haben die Gerichtsärzte erklärt, das Kind weiblichen Geschlechtes, sei vollkommen reif zur Welt gekommen und habe gelebt, sei aber durch einen Fall und durch längeres Verweilen in einem den Atmungsprozess hindernden Medium am Schlag- und Stickfluss zu Grunde gegangen. In Übereinstimmung hiermit hat Elisabeth F. vor dem k. k. Untersuchungsgericht Liezen zugegeben, dass sie ihr Kind, während die Hinteregger Sennnerin ihr den Stalldienst besorgte, in einem Wasser-Schaff („Sechter“) geboren habe. Ganz ratlos und verzagt, zumal der Liebhaber sie lieblos behandelte, habe sie sich nun gedacht, das Kind könne ohnehin nicht lange leben und habe daher den Sechter samt Inhalt hinaus vor die Hütte getragen, dort mit der Schaufel den Mist ein wenig auseinander geschoben und den ganzen Inhalt des Sechters auf den Misthaufen geleert, so dass das Kind, welches mit den Füßen etwas zuckte und ein wenig röchelte, auf der Seite zu liegen kam. Sie habe dann das Kind mittels der Schaufel mit ein wenig Mist bedeckt, so dass es nicht mehr sichtbar war, und sei dann in die Hütte zurückgegangen.
Dieses Geständnis hat Elisabeth F. bei der am 18. November vor dem k. k. Kreisgericht Leoben stattgefundenen Schlussverhandlung unter allen Zeichen der ihr innewohnenden Verzagtheit und der Reue unter Tränen wiederholt.  Sie wurde nach den Schlussanträgen der Staatsanwaltschaft, wobei der Verteidigung ein sehr beschränktes Feld eingeräumt war und nur die Milderungsumstände das Gericht hervorgehoben hat, wegen Vebrechens des Kindesmordes Z. 139 St.  durch absichtliche Tötung schuldig erkannt und mit Anwendung des §. 286 St. P. O- zu schwerem Kerker in der Dauer von fünf Jahren verurteilt.

Freitag, 2. Februar 2024

Von einer Bergrettung und einem berühmten Bergsteiger

In den Oberösterreichischen Nachrichten und in der Linzer-Tagespost konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Oberösterreichische Nachrichten 11. Oktober 1952
Die „Oberösterreichischen Nachrichten" konnten am 7. Oktober 1952 von der Rettungstat des Hüttenwirtes Reischl und seines Begleiters Grunewald berichten. Die beiden Alpinisten retteten sechs junge Bergsteiger, die während einer schwierigen Klettertour in der Spitzmauer von ungünstiger Witterung überrascht und festgehalten worden sind. Hüttenwirt Reischl hat uns einen Bericht von dieser Rettungsarbeit zur Verfügung gestellt, den wir nachstehend im wesentlichen veröffentlichen.

Am 5. Oktober 1952 kehrten sechs junge Alpinisten von einer der schwierigsten Kletterrouten in der Spitzmauer, im Toten Gebirge nicht zurück. Schon am späten Nachmittag desselben Tages setzte ein gewaltiger Wettersturz ein. Schnee und Eiskörner hagelten, von wilden Sturmböen gejagt heran, Nebel und Wind verhinderten noch am selben Tage eine Verständigung mit den in der Spitzmauer gefangenen Bergsteigern. Ein wütender Orkan, Eis, Schnee und Kälte herrschten in der folgenden Nacht. 
Gegen Morgen aber heiterte es, bei anhaltendem Sturmwind auf. Schon um sechs Uhr früh war die Verständigung mit denen in der Wand hergestellt, sie gaben „Alpines Notsignal". Von Helfern ließ ich daraufhin die Gendarmerie Hinterstoder und von dieser den Bergrettungsdienst verständigen während ich mit meinem Helfer Paul Grunewald durch die Gruberrinne zum Hochkarpfeilergipfel aufstieg. Mit hundert Meter Seilen, verschiedenen Haken, Karabinern und Hilfsseilen ausgerüstet, mit warmen Getränken und Verpflegung bepackt und auch mit Verbandzeug beladen, schlichen wir uns über die stark vereisten steilen Platten empor. Trotz enormem Sturmwind und mächtiger Staubschneerutscher waren wir um acht Uhr soweit, dass wir uns mit denen in der Wand, von oben herab, verständigen konnten.
In rascher Arbeit wurde nun eine solide Seilverankerung sowie eine zusätzliche Seilsicherung erstellt und dann eine gefüllte Feldflasche am Seil in die Tiefe gelassen. Von unserem Standpunkt aus wurden genau 70 Meter Seil benötigt, um den Bergsteigern, die bereits unter Kräfteverfall und Kälte litten, ein warmes Getränk und ein Sicherungsseil bieten zu können. Schon um 8.30 Uhr konnte der erste Mann von unserem Seil gesichert, den Aufstieg über das teilweise überhängende und stark vereiste Wandstück beginnen. Die 30 Meter Seil, die wir noch ungenützt hatten, wurden ebenfalls hinuntergelassen um dem Aufsteigenden ein Hilfsseil zu bieten, an dem er sich festhalten konnte. Nach kräfteraubendem stärkstem Einsatz hatten wir den ersten Mann nach ungefähr einer Stunde heroben. Abermals rutschte eine gefüllte Feldflasche zu Tal und dieses Mal kam das Mädel, das auch dabei war, zur Himmelfahrt dran. Heißer Tee, ein wenig zu essen und besonders die tatkräftige Mithilfe, die ich von jedem gleich forderte, brachte die erstarrten Glieder und den Blutkreislauf wieder in Ordnung, so dass sich das körperliche Befinden der Geretteten bald besserte. Der Abstieg durch die Gruberrinne erfolgte teilweise über ein von uns erstelltes Geländerseil und durch Abseilen, so dass wir alle bereits um 14.30 Uhr in der Klinserscharte auf dem markierten Weg standen. Die sechs Bergsteiger haben ihre so rasche und reibungslose Bergung zum größten Teil nur der guten und ausgezeichneten Ausrüstung zu verdanken. Man darf in diesem Zusammenhang etwas erwähnen, was allgemein von Interesse ist. Zum Aufseilen wurde ein 40 Meter langes und ein 30 Meter langes, spiralgeflochtenes Perlon-Kletterseil verwendet. Der riesige Unterschied zwischen diesen und den sonst üblichen Hanfseilen ist am besten durch ein kleines Beispiel erklärt.
Wenn 70 Meter Perlonseil zur Tiefe hängen, so kann sie ein Mann mit zwei Fingern wieder einziehen. Bei einem gleich langen Hanfseil plagen sich zwei Mann gewaltig. Zu erwähnen ist dabei, dass all dies bei winterlichen Verhältnissen erfolgte und die Hanfseile in kürzester Zeit durchnässt waren. Der große Unterschied in der Bruchdehnung, Bruchlast sowie das verminderte Gewicht und die absolute Gleichmäßigkeit des Querschnittes der Perlon-Kletterseile beweisen die höchste Sicherheit für den Bergsteiger. Die Besonderheit, aber auch bei Nässe die hundertprozentige Kringelfreiheit zu besitzen, haben nur die spiralgeflochtenen Perlonseile, welche eine heimische Firma in Wels neuestens mit besonders fester Flechtart erzeugt.

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Edward Theodore Compton (geb.1849, gest.1921)

(Linzer) Tages-Post 9. April 1921 
Mit E.T.Compton, der am 22. März in seinem Landhaus am Starnbergersee als Zweiundsiebzigjähriger gestorben ist, haben unsere Berge einen ihrer edelsten Freunde verloren. So wie er hat kein anderer Künstler die Alpen geliebt. So innig, so rein und so treu. Die Liebe zu den Bergen, die in das Herz des Neunzehnjährigen schlug, als er zum ersten mal aus der englischen Heimat in die Schweiz gekommen war und die Jungfrau aus den Nebeln des Thuner Sees tauchen sah, hat Compton durch sein ganzes langes Leben geleite. Sie hat den jungen Angelsachsen, der einem uralten Geschlecht entsprossen ist auch auf den Weg der Kunst gezwungen. Der Eindruck des alpinen Erlebnisses am Thuner See hatte ihn so tief ergriffen, dass er Maler werden musste. 
Statt in die englische Heimat zurück, ging es nach München. Und alles was er lernte — und Compton hat unendlich viel gelernt — hat er für seine geliebten Berge gelernt und aus Wanderungen sonder Zahl trug er seine reiche Kunst in das Hochgebirge. Compton war der erste Alpenmaler großen Stils, der aus unmittelbarer Anschauung schuf, seine Bilder inmitten der Wunder der Bergwelt, Aug in Aug mit der Größe und Einsamkeit der Natur komponierte, seine Bilder waren keine Phantasien von fernher, sie waren erlebt, am Herzen der Natur erlebt. 
Daraus erklärt sich über alles technische Können hinaus auch ihre Wirkung auf den Beschauer. Comptons erstes großes Gemälde „Blick von der Rottalhütte an der Jungfrau", das später die Galerie von Cincinnati erwarb, erregte gewaltiges Aufsehen. Und der Erfolg blieb auch seinen nächsten Werken treu. Immer wieder zog er in die Berge und rang in Eis und Schnee und Schroffen um die Seele der Alpen. Seine Bilder sind von tiefer Naturtreue, über dieser liegt aber doch eine eigene, urpersönliche Stimmung des Künstlers. Comptons alpine Sinfonien, in denen wohl mehr Molltöne schwingen, übten einen mächtigen Einfluß auf die Bergfreunde, zumal ihnen zahlreiche Reproduktionen den Weg in die breitesten Schichten bahnten. Ganz besondere Werbekraft hatten sie in der angelsächsischen Welt. Den Jahrbüchern des Deutschen und Österreichischen Alpenvereines hat der Künstler viele schöne Blätter gewidmet und bald erkannten auch die Männer des Fremdenverkehrs, welcher Helfer ihnen in Comptons Pinsel erstanden ist. Der Künstler wurde mit Einladungen und Aufträgen bestürmt, aber mehr als einmal mussten geschäftstüchtige Fremde erfahren, dass Compton seine Berge nicht in den Schatten der Reklame malen wollte. Zu den schönsten seiner rund 200 Gemälde gehört das wildmächtige „Höllental" aus den oberbayrischen Bergkesseln, „Sommernacht in Lofoten", „Monte Rosa vom Piezo Bianco", „Ortler von St.Valentin". der große „Ortler" für das neue Karersee-Hotel. 

Von den österreichischen Alpenländern darf sich wohl jedes einer Reihe prächiger Compton-Bilder rühmen. Mit besonderer Liebe erging sich der Künstler in den Wundern Salzburgs und unendlich viel dankt ihm auch Oberösterreich. Aus dem Heimfrieden der Familie Schachinger in Hinterstoder fand er in die Schönheiten des Stodertales und zur Erhabenheit seiner Berge empor. Und was er dort künstlerisch erlebt hat, gehört mit zum Schönsten seines Schaffens. Der große Maler war ein grundgütiger Mensch. Der Krieg hat viel Leid in seine sonnige menschheitsgläubige Seele getragen und das größte resultierte wohl daraus, dass sein Vaterland — England — der Träger des Hasses gegen Deutschland war. Gegen die Verehrung die das deutsche Volk dem Künstler zollte war die Kriegsfurie freilich auch in ihrer wildesten Wut ohnmächtig. Und das mag Compton ein Trost im Leid gewesen sein. Vor zwei Jahren, kurz nach seinem 70. Geburtstag hat der Künstler noch den Großglockner bestiegen. Ohne eine Spur von Wegmüdigkeit, ein Bild von Manneskraft. Man dachte nicht, dass so viel Kraft und Stärke brechen könnten. Und nun hat sie lange Krankheit zermürbt. In seinem Landhaus zu Feldafing am Starnbergersee ist der Tod als Erlöser zu ihm gekommen.