Freitag, 27. Januar 2023

Seltsame Geschichten von berühmten Personen

Im Prager Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen.
Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Gioachino Rossini (geb.1792, gest.1868)
Italienischer Komponist

Prager Tagblatt 4. März 1906

Eine hübsche Rossini-Anekdote erzählt die Zeitung „Gaulois":
Rossini kam eines Tages zu einem seiner Freunde, der in Auteuil wohnte und erklärte ihm, dass er notwendig 4000 Francs haben müsse. „Wenn Du mir sie verschaffen kannst," sagte er zu ihm, „dann will ich dem Gläubiger alle meine Anrechte auf meine neue Oper, an der ich schreibe, überlassen.
„Ist das die Oper, aus der du mir schon einzelne Stücke vorgespielt hast?"
„Ja, die ist es." „Du bist ja verrückt! Diese Oper wird dein Ruhm und Reichtum werden." „Aber ich muss unbedingt 4000 Francs haben und deshalb muss ich sie irgend wem verkaufen." Da erhob sich der Freund, öffnete eine Schublade, entnahm ihr 4000 Francs und gab sie Rossini. „Diese 4000 Francs, sagte er, „sind alles, was ich besitze, ich will sie dir leihen und aus dem Gewinn deiner neuen Oper wirst du sie mir wiedergeben."
„Aber wenn sie nun nicht 4000 Francs einträgt?"
„Sei ruhig, sie wird mehr eintragen." Die Oper, die Rossini in seiner Geldverlegenheit für 4000 Francs hatte verkaufen wollen, war „Wilhelm Tell" und brachte ihm mehr als eine Million ein,

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Marie Ebner von Eschenbach (geb.1830, gest.1916)
Schriftstellerin

Prager Tagblatt 21. Juli 1916

Der „zache" Papagei.
In ihrem „Zeitlosen Tagebuch" erzählt Marie Ebner von Eschenbach ihrem Vater die folgende Anekdote:
Ein österreichischer Kaufherr, der eine Reise nach Australien unternommen hatte, schickte von dort seinem in Wien lebenden Bruder einen ungewöhnlich schönen und gelehrigen Papagei.
Heimgekehrt, war eine seiner ersten Fragen:„Na, wie habt ihr denn meinen Papagei gefunden?" Eine kleine Verlegenheitspause trat ein, dann brachte die Hausfrau schonend hervor: „Ein bisserl zach war er halt."
„Zach"? — um Gottes willen, ihr habt ihn doch nicht gebraten und gegessen? Er hat ja vierzehn Sprachen gesprochen." Der Bruder schlug die Hände zusammen: „Jessas? warum hat er denn nix gsagt?"

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Leopold I, König von Belgien
 (geb.1790, gest.1865)

Prager Tagblatt 20. Mai 1909

Eine Anekdote von Leopold I., 
König der Belgier, erzählt ein französisches Blatt.
Der König verlässt den Palast und sieht an der Schlosstür den Wachposten, der gemütlich ein Stück Pflaumenkuchen verzehrt. „Woher stammst Du, mein Freund?" fragt der König. Der wackere Soldat sieht den König von der Seite an: „Sind sie aber neugierig!" Schließlich gibt er dem Fragenden Auskunft und erkundigt sich nun auch seinerseits: „Und sie, was sind Sie denn eigentlich. Wahrscheinlich Offizier!" „Jawohl." „Verabschiedet?" „Pensioniert; aber raten Sie, mit welchem Rang." „.Hauptmann?" „Nein, höher." „Major?" „Nein." „Oberst?" „Nein." „General?" Nein, noch höher." „Dann sind Sie wohl vielleicht der König selbst?"„Ja." 
„Ach — dann halten Sie mir mal bitte meinen Kuchen, damit ich vor Ihnen salutieren kann ."

Freitag, 20. Januar 2023

Menschengeschichten

Otto von Bismark (geb.1815, gest.1898)
Erster Reichskanzler des Deutschen Reiches

Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt 24. Dezember 1928

Eine unbekannte Bismarck-Anekdote:
Als Bismarck noch der junge, „tolle Bismarck" war ging er einmal mit einem Freund, der in ganz Pommern wegen seiner Faulheit und Dicke bekannt war, auf die Schnepfenjagd. Sie gerieten nun in einen Sumpf, der so mit Gras bewachsen war, dass man ihn für eine Wiese halten konnte. Kaum hatte der dicke Freund diese „Wiese" betreten, als er den Boden unter seinen Füßen weichen fühlte und langsam aber sicher einsank. Er brüllte laut um Hilfe, machte aber in seiner Faulheit keine Anstrengungen, sich selbst am Ufer emporzuziehen. Mit lautem Schimpfen verlangte er von Bismarck, er solle zu ihm kommen und ihm heraushelfen. Bismarck, der dem faulen Kameraden eine Lehre erteilen wollte, sagte nun zu ihm: „Mein Lieber, ich sehe, du bist verloren. Langsam wirst du hier versinken und kein Mensch kann dich retten. Das einzige, was ich für dich tun kann ist, dass ich dich erschieße, um dein Leiden abzukürzen." Damit legte er das Gewehr auf den Dicken an. Kaum sah dieser den Flintenlauf auf sich gerichtet, als er sich blitzschnell an einem Ast emporzog und auf dem Trockenen stand. Bismarck empfing den Wütenden lachend: „Siehst du," sagte er, „wie leicht das gegangen ist, Dicker. Ich wollte dir nur einmal beweisen, dass du ein ganz fauler Hund bist und sich jeder am besten selber helfen kann!"

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Prager Tagblatt 14. Februar 1916

Der Unglücksrabe.
Ein englischer Matrose wurde in Liverpool verurteilt, weil er sich auf einem Transportschiff der Admiralität, für das er angeworben war, nicht eingefunden hatte. Nach der „Times" führte der Angeklagte zu seiner Entschuldigung an, dass die Matrosen gedroht hätten, ihn über Bord zu werfen, wenn er sich je wieder auf einem Schiff blicken ließe. Er hatte nämlich nacheinander auf der „Titanic", der „Empreß of Ireland", der „Lusitania" und der „Florizan" Dienst getan und war beim Untergang aller dieser Schiffe dabei gewesen. Sein Bild mit der Geschichte seiner Abenteuer war durch den Kinematographen (Filmkamera) überall bekannt geworden.

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George Washington (geb.1732, gest.1799)
Erster Präsident der Vereinigten Staaten von
Amerika

Prager Tagblatt 2. Januar 1930

Der letzte mit Namen Washington ist in Österreich gestorben.
In Graz ist vor den Weihnachtsfeiertagen im Alter von 73 Jahren der Gutsbesitzer Baron Georg Washington gestorben. Er war der letzte des nach Österreich übersiedelten Stammes der alten englischen Adelsfamilie Washington, aus der auch der amerikanische Nationalheld und erste Präsident der USA stammte.
Dieser ist seinerzeit nach Amerika gegangen, während andere Angehörige des Geschlechtes sich in Deutschland, in der Schweiz und in der Steiermark angesiedelt hatten.

Freitag, 13. Januar 2023

Geschichten aus der Vergangenheit

Im Prager Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen.

Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

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Ernest Meissoniers (geb.1815, gest.1891)
Berühmter Miniaturmaler

Prager Tagblatt 3. März 1913
Meissonier und der Impresario.

Eine lustige Anekdote aus dem Leben Meissoniers, des berühmten Kleinmalers, wird in einem Pariser Blatt erzählt.
Eines Tages erscheint im Atelier des Meisters ein Theater-Impresario und macht
 dem Künstler den Vorschlag, einen Theatervorhang zu malen. Meissonier ist verblüfft, dass gerade er, der Miniaturmaler, zum Schöpfer eines Theatervorhanges ausersehen werden soll. „Haben Sie jemals ein Gemälde von mir gesehen?" fragt er den resoluten Besucher. „Nein," erklärt der Impresario, „aber darum handelt es sich auch gar nicht. Sie sind berühmt und ich brauche Ihren Namen." „Wie groß soll der Vorhang werden?" erkundigt sich lächelnd Meissonier, der die lustigen Möglichkeiten der wunderlichen Situation vergnügt voraussah. Sehr bestimmt kommt die Antwort: „12 zu 20m." „Lassen Sie mich einen Augenblick nachdenken," erklärt Meissonier, „ich muss im Kopf ein paar Zahlen ausrechnen." Ungeduldig harrt der Impresario auf das Ergebnis dieser Rechenkünste. Endlich ist Meissonier fertig. Und gelassen, mit dem Tone ruhiger Geschäftsmäßigkeit sagt er: „Für meine Gemälde erziele ich durchschnittlich 14.000 M. für den Quadratfuss. Auf dieser Basis stellt sich der Vorhang auf etwas weniger als 4 Millionen M. Ich würde mich außerordentlich freuen, die Arbeit auf dieser finanziellen Basis zu unternehmen, wenn nicht noch eine weitere Erwägung anzustellen wäre. Wenn ich mit ganzer Kraft und so schnell als möglich arbeite, brauche ich gewöhnlich 6 Monate, um ein Gemälde von einem Ouadratfuss fertigzustellen. Wir würden also damit rechnen müssen, dass ich an ihrem Vorhang ungefähr 100 Jahre arbeiten würde, es könnten vielleicht ein paar Jahre weniger sein, vielleicht auch ein paar mehr. Sind Sie ein verstanden?" Aber der Meister erhielt keine Antwort, der Impresario war schon zu weit unten auf der Treppe ...

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Cornelius Vanderbilt (geb.1794, gest.1877)
Multimilliardär

Prager Tagblatt 9. September 1883
Derb, aber treffend.


Eine interessante Anekdote von dem verstorbenen Commodore Vanderbilt erzählen amerikanische Blätter.

In Saratoga, dem vornehmen amerikanischen Badeort, saß eines Tages der Milliardär auf der Piazza seines Hotels, als eine Dame in etwas auffallender Toilette zu ihm heran trat und sich ihm als alte Bekannte vorstellte. Der Commodore erhob sich und sprach leutselig mit ihr, während seine Frau und Tochter die Nasen rümpften. „Vater", sagte Frau Vanderbilt, als der Commodore sich wieder setzte, „erinnerst Du Dich nicht, dass diese vulgäre Frau zu Hause uns Geflügel zu verkaufen pflegte". „Gewiß," entgegnete der alte Herr, „und ich erinnere mich auch, dass deine Mutter Bier, das Glas zu 3 Cents in Jersey auszuschenken pflegte, als ich dort mit Austern aus meinem Boot hausieren ging."

Da diese etwas derbe Antwort von einer Gruppe in der Umgebung der Familie gehört wurde, machten Frau Vanderbilt und deren Tochter während der Saison keinen weiteren Versuch, sich als Aristokratinnen zu gebärden.


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Prager Tagblatt 12. November 1925
Eine Luther-Anekdote.

Martin Luther (geb.1483, gest.1546)

Luther soll einmal,
so wird erzählt, in einer Schenke bei Erfurt aus Versehen eine Bratwurst schuldig geblieben sein. Diese Sage hatte sich in dem betreffenden Wirtshaus bis zum siebenjährigen Krieg erhalten und an der Tür stand mit Kreide geschrieben, dass der Doktor Luther hier noch eine Bratwurst zu bezahlen habe.
Ein preußischer Husar, der sich zufällig in dieser Kneipe einen Schnaps genehmigte, las mit Unwillen, was an der Tür stand: „Herr Wirt", rief er, was kostet eine Bratwurst?" „Fünfzehn Pfennige" lautete die Antwort. Der Husar zog den Beutel und bezahle sie. „Und nun, Halunke", sagte er zu dem Wirt lösche aus! Ich habe für Doktor Luther bezahlt. Komme ich wieder und finde das noch angeschrieben, so hast du für Prügel nicht zu sorgen."

Freitag, 6. Januar 2023

Was man seinerzeit wissen wollte?

Sir Lawrence Alma-Tadema (geb.1836, Gest.1912)
Maler, Zeichner. 

Prager Tagblatt 12. Dezember 1912
Stiefelputzer oder Omnibuskutscher?
In seiner Villa im Londoner Vorort St. John`s Wood hatte Alma Tadema an einem schönen Maiabend die ersten Maler und Bildhauer des Inselreiches versammelt. Dazu die bedeutendsten Kunstfreunde, Kunstkenner und Kunsthändler. Nach dem opulenten Dinner begab man sich über die mächtige Marmortreppe in das nach griechischem Vorbild gebaute und eingerichtete Atelier des Künstlers. In einer Ecke standen zwei Staffeleien; auf der einen lehnte das Porträt eines Mannes, augenscheinlich dem Bauernstand angehörend, auf der anderen das einer einfachen Frau.
Alma Tadema erzählte seinen Gästen, ein junger Mann sei am Morgen bei ihm gewesen und habe ihn um ein Urteil über seine Begabung gebeten. Die Gäste traten vor die Staffeleien, schüttelten den Kopf und das allgemeine Urteil fasste ein berühmter Maler in die vernichtende Kritik zusammen: „Sagen Sie ihm, er soll Stiefelputzer oder Omnibuskutscher werden, aber nicht Maler."

Heute erhielt ich eine Kiste aus Holland mit diesem Brief. Mein ehemaliger Wirt, der heute übrigens ein biblisches Alter erreicht haben muss, schreibt mir darin, er habe gehört, ich sei ein berühmter Maler geworden, was er mir damals schon prophezeit hatte. Ich werde mich vielleicht der Bilder erinnern, die ich zu jener Zeit von ihm und seiner Frau gemalt habe, er schicke sie mir jetzt mit der Bitte, sie mit meinem Namen zu zeichnen, damit sie als wertvolle Schätze sich in seiner Familie vererben.
Meine Herren, Diese Bilder habe ich als Jüngling gemalt. Soll ich nun Stiefelputzer oder Omnibuskutscher werden?"

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Nikolai Wassiljewitsch Gogol (geb.1809, gest.1852)
Ukrainischer Schriftsteller, Dramatiker.

Prager Tagblatt 16. September 1932
Plagiat?
„Der Stoff, den Sie im *Revisor* verwenden, sagte einmal ein Unbekannter zu dem ukrainischen Dichter Gogol. ..“ist schon vor ihnen von anderen Schriftstellern bearbeitet worden. Ich erinnere Sie an die Posse des ukrainischen Dichters Kvitka Osnojanenko *Der Fremde aus der Residenz*. Geben sie selbst zu, Herr Gogol, dass Ihr Stück ein Plagiat ist?"
Gogol sah den Eiferer lächelnd an und antwortete mit unerschütterlicher Ruhe: „Auch sie sind ein Plagiat.“ „..Wieso?“ fragte der Fremde erstaunt".
Gogol erklärte: ..“Sie sind ein Narr — und vor Ihnen hat es auch schon Narren gegeben!"

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Stephen Butler Leacock (geb.1869, gest.1944)
Politikwissenschaftler, Schriftsteller.

Prager Tagblatt 16. September 1932
Mehr Kücken?
Der englische Schriftsteller Stephan Leacock hat von seinen Reisen in Russland eine Anekdote mitgebracht, die charakteristisch ist für die Absicht der russischen Behörden, alles und jedes erzwingen zu wollen.
Zum Fünfjahrplan gehört auch unter anderem die Förderung der Hühnerzucht. Deshalb bestellten die Sowjets bei einem kanadischen Ingenieur einen riesigen Brutapparat, den der Erfinder selber in Russland aufbaute und so tadellos in Schuss brachte, dass er aus 50.000 Eiern nicht weniger als 49.700 Kücken erzielte.
Der russische Aufseher, der nach der Abreise des kanadischen Ingenieurs die Bedienung der Brutmaschine übernommen hatte, war von dem Ehrgeiz beseelt, vielleicht lag auch eine höhere Anweisung vor, noch mehr Kücken zu erhalten.
Es wurden also abermals 50.000 Eier in den Apparat getan und die Temperatur erheblich erhöht. Das Ergebnis bestand in 50.000 steinhart gekochten Eiern.