Freitag, 2. November 2018

Wie wohnten Stodertaler Bauern in den 1930er Jahren? (Teil 3/3)

Viele der alten Bauernhäuser gibt es heute nicht mehr. 
Ein Hinterstoderin, die hier in einem kleinen Bauernhaus in den 1930er Jahren  aufwuchs, erinnert sich an ihre Kindheit im Elternhaus.  

"Der Mittelpunkt unseres Hauses war die Stube mit dem Kachelofen. Gleich neben dem Ofen stand der sogenannte "Kupfer" (Truhe), darin bewahrte man die Leintücher, Pullover, Flanell- und Barchent-Unterröcke, Sacktücher (Taschentücher), Kopftücher, Schürzen und Unterhosen auf. 
Rund um den Esstisch mit dem "Vergeltsgott" (Fußabtreter) war eine Bank und darüber der Herrgottswinkel. In der Tischschublade war das Brot in einem Tuch mit Kreuzstichmuster eingepackt. 
Die Stubenfenster waren in eine tiefe Hauswand eingelassen, weil im Winter der Schnee bis zu den Fenstern reichte. Die Fenster waren mit einem eisernen Gitter in der Mitte in vier Teile geteilt.
Von der Küche aus kam man durch eine Eichen-Falltüre in den Keller. An einem handgeschmiedeten Eisenring wurde sie hochgehoben und gegen die Wand gelehnt. Unterhalb der Falltür war eine schmale Stiege, die zum Keller führte. Dort wurden die Erdäpfel und das Sauerkraut eingelagert. Besonders wichtig aber waren die Fässer mit dem Apfel- und Birnenmost. Mostbirnen- und Äpfel , die einen besonders guten Most ergaben waren zum Essen ungenießbar. Beißt man da hinein, zieht sich durch die Säure der ganze Mund sofort zusammen. Manchmal tröpfelten die "Mostpipen" (Zapfhähne) und der ganze Keller roch säuerlich. Die Essigfässer mit dem Mostessig lagerten auch im Keller. Über dem Essig lag eine dicke Essighaut.
Nach dem Sauabstechen (Schweine schlachten) wurde das Surfleisch in einem Holzbottich zubereitet. Dazu wurden viele Gewürze verwendet: Koriander, Majoran, Kümmel, Knoblauch, Lorbeer, Wacholderbeeren, Pöckelsalz usw.
In einem Kasten waren die Zwetschken-Schnapsflaschen verstaut. Der Obstschnaps hatte nicht so einen guten Geschmack und wurde zum Einreiben z.B. für schmerzende Füsse verwendet. Mit dem Zwetschkenschnaps verbesserte man den Geschmack des Tees.
Gleich anschließend an unser Wohnhaus war der Stall mit 2 Kühen, 1 Kälbchen, 1 Hahn mit 10 Hühnern und der Schweinestall.
Zwischen dem Schweinestall war in einer Mulde der Abort, der aber keine Türen hatte. Wenn man darauf saß konnte es jeder sehen. Es kostete immer eine große Überwindung, nachts, mit einer Laterne oder Taschenlampe über den dunklen Hof zum Klosett zu gehen.
Meistens gingen wir auf den "Scherm" (Nachttopf). Leider war das nicht immer möglich, weil man ja auch Stuhlgang hatte. Besonders arg war es nach dem Mostpressen. Nach dem Genuss des frischen Süßmosts war der Abort sehr stark frequentiert. Unter dem Abort war die Jauchegrube, die bei uns "Odlgrube" hieß. Der Misthaufen und die  "Odlgrube" waren für uns ungeheuer wichtig. Unser Boden war so steinig und karg, dass ohne düngen mit Mist nichts gewachsen wäre. 
Oberhalb unseres Schweinestalls wurden Schlitten, alte Schier, Holzreifen, Holzkörbe. Stangen und Ochsenkummet (Geschirr) aufbewahrt.
Über dem Kuhstall war der Futterboden mit dem Heu.
Auf dem Hang stand die Haarstube, wegen Brandgefahr etwas abgesetzt vom Wohnhaus, in der man bei Bedarf auch wohnen konnte. Die Haarstube wurde  zum Trocknen des Flachses beheizt und  aus Flachs wurde Leinen  erzeugt. Im Vorraum lagen in einer Ecke Pechkrüge, Grubenlampen, Karbidlampen und Holzreifen.
Eine Streu- und "Laubahüttn" vollgestopft mit Stroh und Laub hatten wir auch.
Neben dem Haus war die Preßhütte zum Obst pressen um daraus Most zu machen. Im Winter wurde darinnen die Wäsche getrocknet, die vom Frost oft steif wie ein Brett wurde.
Am Hang unter dem Haus war der Krautgarten mit Stachelbeeren- und Ribiselstauden, ein Kräuterbeet mit Zeller, Schnittlauch, Kren, Rüben und Petersil. 


Gemälde von E. T. Compton ca. 1900






  

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