Freitag, 29. März 2024

Der berühmte Maler der Alpen E.T.Compton und das Stodertal

In der "Linzer Tagespost" und im "Volksblatt" konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

       E.T.Compton                          gezeichnet von seinem Sohn
                                                            Edward Harrison Compton ca. 1915 

Linzer Tages-Post 4. März 1920
E. T. Compton in Hinterstoder.

Von dort schreibt man uns: Seit bald sieben Wochen kann sich Hinterstoder glücklich schätzen, wieder Meister Compton, den Maler der Alpen, beherbergen zu können. Der geschätzte Gast weilt nämlich wieder zum Besuch im „Erholungsheim", bei der ihm seit langem befreundeten Familie Schachinger, deren Einladung ihn nach unserem Oberösterreich zog. Sonst wäre er,
da das große Atelier in seinem Künstlerheim am Starnbergersee wegen Kohlenmangels diesen Winter nicht benützbar war, während der schlimmen Zeit mit seiner Frau nach London gegangen, wo sein ältester Sohn Chefarzt im deutschen Hospital ist. Zum letzten Mal weilte Compton im Herbst mehr als zwei Monate hier. Um so herzlicher wurde er diesmal empfangen. Bei seiner Ankunft hatte das Töchterlein des Hauses, Erika, den Eingang mit Tannenreis und Willkommgruß festlich geschmückt und das gemütliche Jägerstübchen im Erholungsheim mutete durch Schneerosen und Waldesgrün wie ein Frühlingserwachen an.
Gleich am Tag nach seiner Ankunft richtete Compton sich sein Atelier ein und machte sich an die Arbeit, noch immer so schaffensfroh und unermüdlich wie in früheren Jahren trotz des überschrittenen Siebzigers. Als erstes Werk entstand diesmal ein Aquarellblatt, sein Künstlerheim darstellend, wobei der Künstler einem Wunsch Schachingers nachkam, dann folgten die großen Ölgemälde „Panorama der schneebedeckten Prielgruppe" und zwei weitere naturwahre und packend gemalte Bilder aus den Felswüsten des Toten Gebirges sowie eine große Anzahl duftiger Aquarelle, feine, entzückend schöne Winterstimmungsbilder aus dem Berchtesgadener Land nach mitgebrachten Skizzenbüchern. Besonders prächtige Blätter hat er auch für Herrn Schachinger aus dem Schweizer Hochgebirge sowie aus dem winterlichen, tiefverschneiten
Stodergebiet geschaffen. So hat denn der Meister den Tag über zu tun, nur gegen Abend unterbricht ein täglich einstündiger Spaziergang seine Atelierarbeit. Eine kurze Mittagsrast in der herrlich klaren Wintersonne auf der Veranda des Erholungsheims bei Zeitung lesen gönnt sich sonst noch der Meister.
Wie geschätzt seine Schöpfungen und Werke sind zeigt die Tatsache dass täglich, auch nach Hinterstoder Anfragen, Aufträge und Wünsche von allen möglichen Seiten einlaufen. 
Der hiesigen Feuerwehr widmete der Meister unlängst für einen Unterhaltungsabend, dessen Reinerträgnis zur Beschaffung von neuen
Schläuchen bestimmt war, ein reizendes Spitzmauerbildchen, das verlizitiert wurde und um das sich ein förmlicher Kampf entwickelte. Schließlich wurde es um 1200 Kronen erstanden. 
Die Linzer haben ja dank Herrn Schachinger erst vor kurzem sich an einer Ausstellung von Comptons Alpenbildern erfreuen können, kein Wunder, dass aus verschiedenen Orten des In- und Auslandes insbesonders von Alpenvereinssektionen, an Herrn Schachinger mit dem Ersuchen herangetreten wurde auch bei ihnen derartige Ausstellungen zu veranstalten. 
Wir in Hinterstoder aber konnten uns der Gegenwart des Künstlers selbst wieder erfreuen, der auch als Mensch so ist wie seine Werke, vornehm, lauter und wahrhaft und von dem der Schriftleiter des Jahrbuches des Alpenvereines H. Heß sagt, dass seine Männlichkeit und Vornehmheit des Denkens und Handelns so gewinnend sind, dass jeder sich glücklich preisen darf, der Comptons Weg gekreuzt hat. Am Donnerstag dürfte leider Compton unser Stodertal wieder verlassen.

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Georg Schachinger

Linzer Tages-Post 20. November 1920
Ein Brief aus der Schweiz.

Jede Schwärmerei hat etwas Liebenswürdiges, solange sie nicht in Narretei ausartet. Die Begeisterung der Theaterbesucher, die sich vor den Wagen einer Diva spannen, ist Narretei. Die Schwärmerei ist um so höher einzuschätzen, je höher ihr Objekt steht und sie kann sich zur wirksamen Förderung einer guten Sache gestalten, wenn sie über platonisches Empfinden hinaus sich praktisch zu betätigen sucht. Ein Musterbeispiel eines solchen praktischen Schwärmers ist unser Landsmann Georg Schachinger aus Hinterstoder, der sich ganz dem Kultus der reifen, in ihrer Art vollendeten Kunst des englischen, längst in deutschen Landen akklimatisierten Malers Compton gewidmet hat.
Compton, der unübertroffene Maler der Hochgebirgslandschaft, hat im Hause Schachingers in Hinterstoder ein zweites Heim gefunden, in dem er alljährlich einige Monate zubringt. Und dort hat er auch einen großen Teil seiner Meisterwerke geschaffen. Es ist rührend, mit welcher Liebe und Begeisterung Schachinger an dem Meister, der ihm ein Freund geworden ist, hängt und wie geradezu leidenschaftlich er für den Künstler eintritt. Als glücklicher Besitzer einer stattlichen Anzahl der schönsten Compton-Bilder geht sein Streben dahin,
das große Publikum mit der Kunst des Meisters, der selbst in bescheidenster Zurückgezogenheit lebt, bekannt zu machen.
In Erinnerung ist noch die prächtige Compton-Ausstellung, die Schachinger den Linzern bot. Dann aber entschloss er sich, seinen Bilderschatz auch weiteren Kreisen des Auslandes vorzuführen und er ging mit seinen Compton-Bildern zunächst in die Schweiz, wo er gegenwärtig noch weilt. Er hat dort bereits in mehreren Städten sehr erfolgreiche Compton-Ausstellungen veranstaltet und er hatte die große Freude, überall entzückte Bewunderer seines Meisters zu finden. Augenblicklich befindet sich Schachinger in einem der schönsten Gebiete der schönheitsreichen Schweiz in Montreux, von wo er uns vor einigen Tagen ein Schreiben sandte, dem wir die folgenden Zeilen entnehmen: 
„Vor kurzem erhielt ich von der „Deutschen Berg- und Sport-Film-A.G in Freiburg eine Einladung zur Teilnahme an einer Tour auf die Cabane Betemps in der Eisregion des Monte Rosa-Massivs. Ich nahm die Einladung dankbar an und weilte in Gesellschaft von zwei Damen und vier Herren die, von Tiroler Führern begleitet, die großen Zermatter Hochtouren künstlerisch verfilmten, inmitten der grandiosen Eiswelt des Monte Rosa, wo zwölf Riesengletscher von allen Seiten herniederströmen. Von dort gings herab ins Rhonetal, in den warmen, sonnigen Süden, an die in allen Reisebüchern als „zauberisch schön" gepriesenen Gestade des Genfer Sees die noch im vollen Rosen- und sonstigen Blumenflor prangten. Reizende Ortschaften, wie Territel, Weyrour, Glion, Caud, Les Planches, Narens, Vevey ziehen sich an den herrlichen Seeufern entlang oder klettern die Berghänge hinauf und bilden viele Stunden weit eine einzige große Kolonie von Hotels, Villen und Landhäusern. Berühmte Weinberge liegen ringsum. Eine gottvolle Gegend, die nachgewiesener maßen die geringste Sterblichkeit in Europa aufzuweisen hat. Ich nahm in Montreux Aufenthalt, wo mir im „Palace Hotel", dem größten und vornehmsten Hotel der Schweiz, zur Veranstaltung der nächsten Compton-Ausstellung ein schöner Saal zur Verfügung gestellt wurde. Hier wurde mir eine freudige Überraschung zuteil.
Dieser Tage erhielt ich durch den Grafen Esterhazy eine telegraphische Einladung nach Schloss Prangins. In der Schnellzugsstation Nyon erwartete mich ein Auto, das mich dann zugleich mit einem Herrn des derzeit in Genf tagenden Völkerbundkongresses nach Pranqins brachte. Der im Telefonbuch der
französischen Schweiz unter Nyon 40 als „Domaine Imperiale de Prangins" bezeichnete Besitz ist ein hochinteressantes, altes, prächtig renoviertes Schloss, das zur Zeit der Revolution eine Zufluchtsstätte des französischen Adels war. Es liegt mit seinen Dependenzen mitten in einem großen Waldpark an einem 
schönen blauen See, der mit seiner Brandung und durch seine große Ausdehnung fast den Eindruck des Meeres macht. 
Wundervoll ist der Ausblick auf die fernen Berge Savoyens, auf den Montblanc—
das Ganze eine friedliche Idylle von köstlicher Schönheit...
Nach meiner Ankunft wurde ich dem Diner beigezogen und hatte dann nachmittags die Ehre, meinen Schatz, die Compton-Bildersammlung im großen Speisesaal des Schlosses der ehemaligen Kaiserfamilie vorlegen und erläutern zu können. Hiebei waren außer dem früheren Kaiserpaar Karl und Zita noch die Mutter Maria Josefa und Marie Theresia (beide sind selbst feinsinnige Künstlerinnen in Malerei und Goldschmiedearbeit), sowie der frühere Erzherzog Eugen anwesend. Später wurde auch noch der ehemalige Kronprinz Otto mit einigen Geschwistern, sowie Graf Ledüchowski und Flügeladjutant Esterhazy beigezogen.
Alle äußerten ihr vollstes Entzücken und eine ehrliche große Freude über die Schönheit der Compton-Bilder und über die Meisterschaft, mit der der Künstler die der Natur der Hochgebirgswelt abgelauschten Stimmungsbilder so unerreicht und vollendet wiederzugeben versteht. Maria Josefa, die schon früher wiederholt die Zermatter Compton-Ausstellung besucht hatte, betonte besonders, dass die
Bilder, je öfter man sie sieht, einem desto mehr gefallen und dass man immer neue Schönheiten in ihnen entdeckt. Das frühere Kaiserpaar dankte mir herzlichst für den schönen Kunstgenuss, erkundigte sich mit lebhafter Teilnahme nach dem Befinden meines Freundes Compton, der leider derzeit an den Folgen einer Blutvergiftung am rechten Fuss leidet und bat mich, dem Künstler freundliche Grüße und die besten Wünsche zu baldiger Genesung zu übermitteln. Dann trugen
sich beide noch in das Gedenkbuch ein und verabschiedeten sich von mir in der liebenswürdigsten Weise. Vor meiner Abreise überreichte mir der Flügeladjutant noch ein Kuvert mit einer wahrhaft fürstlichen Frankenspende für den humanen Zweck, den die Schweizer Compton-Ansstellungen verfolgen.

Herr Schachinger weist in seinem Schreiben dann noch darauf hin, dass die an ihn ergangene Einladung einen seltenen Fall darstelle, da das ehemalige Kaiserpaar ganz zurückgezogen lebe und niemanden empfange und rühmt die außerordentliche Liebenswürdigkeit, mit der er in Prangins empfangen wurde.
Er werde den Besuch in Prangins als eine der schönsten und interessantesten Erinnerungen seiner an Eindrücken so reichen Schweizer Reise buchen.

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Linzer Volksblatt 26. März 1921
Maler E. T. Eompton gestorben.
Wien, 25. März. Blättermeldungen aus München zufolge ist dortselbst der bekannte alpine Landschaftsmaler Theodor Compton im Alter von 72 Jahren verstorben.
Der Engländer Edward Theodor Compton war 1849 in Stocke Newington bei London geboren und hat am 26 Juli 1919 in voller körperlicher und geistiger Frische seinen 70. Geburtstag gefeiert. Compton lebte schon seit dem Jahr 
1867 in Bayern, das seine zweite Heimat geworden ist. Mit seiner im Jahre 1867
unternommenen ersten Reise in die Schweiz entschied sich für immer die Richtung seiner Kunst. Er wurde zum Maler des Hochgebirges und ist es geblieben bis an sein Lebensende. Selbst Hochtourist, der selbst in hohem Alter noch die schwierigsten Partien machte, schöpfte er seine Bilder durchwegs aus eigener Betrachtung der verschiedenen Gebirgsszenerien.
Man kann ruhig sagen, dass Compton der vollendetste und volkstümlichste Alpenmaler der letzten Jahrzehnte war. Er hat es geradezu zu einer   Weltberühmtheit gebracht und seine herrlichen Bilder machten die Schönheit unserer Alpenwelt in den fernsten Ländern bekannt. Auch zu unserem Oberösterreich stand der verewigte Künstler in engen Beziehungen. 
Durch Jahre hindurch weilte er in den Sommermonaten in Hinterstoder, wo ihn mit der Familie des Herrn Georg Schachinger innige Freundschaft verband. Prachtvolle Bilder mit Darstellungen aus dem Toten Gebirge waren die Früchte dieser Aufenthalte im Stodertal.
Herr Schachinger konnte im Laufe der Jahre eine herrliche Sammlung von Compton-Bildern anlegen, die anläßlich einer Ausstellung in den Räumen des o.österr. Kunstvereines in Linz im Herbst 1919 allgemeine Bewunderung erregten. Im Vorjahr ging Herr Schachinger mit seinem kostbaren Schatz in die Schweiz, wo er derzeit noch weilt. Er veranstaltete in allen größeren Orten Ausstellungen der
Bilder Comtons und hatte, wie aus wiederholten in unserem Blatt veröffentlichten Briefen hervorging Gelegenheit, die Bilder verschiedenen hohen Persönlichkeiten zu zeigen. 
Die Comptonbilder sind durch unzählige Reproduktionen bekannt geworden, aber erst vor dem Original wird einem die ganze Tiefe des Erlebnisses offenbar, das Compton in seine Alpenbilder hineingelegt hat. Das Andenken an den großen Künstler wird stets mit unserem Land verknüpft bleiben.

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