Freitag, 27. August 2021

Legendenumsponnenes, stilles Schloß im See.

Eine der meist besuchten Sehenswürdigkeiten im Salzkammergut ist das Seeschloss Orth am Traunsee.

In der Oberdonau-Zeitung am 6.6.1944 berichtete L.G. Bachmann über die bewegte, wechselhafte Geschichte des Schlosses.
Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Zwei Schlösser sind es, die in einer stillen Bucht des Traunsees, ostwärts von Gmunden, vor dem großartigen Hintergrund des Traunsteins aufragen; das seinen Grundmauern nach ältere Landschloß und das unendlich malerisch auf einer kleinen Insel im See liegende Seeschloß Orth, das eine lange Brücke mit dem Land verbindet.

Die Herrschaft Orth mit ihrem ausgedehnten, großen Waldbesitz und dem ältesten Bau des Landschlosses gehörte nach der frühest erhaltenen Kunde Anfang des 
12. Jahrhunderts einem Hartnid von Orth. Er war der Ahnherr eines mächtigen Geschlechts, in dem sechs Generationen lang der Name Hartnid vorkam. 
Hartnid V. lag in schwerer Fehde mit Herzog Friedrich dem Streitbaren von Österreich, wurde aber schließlich von seinem Landesherrn doch überwältigt und starb 1245 in der Gefangenschaft des Herzogs. Mit seinem Sohn Hartnid VI.starb das Geschlecht im Mannesstamme aus. Die Herrschaft fiel an die Enkel der Gisela, einer Tochter Hartnids V., die den Besitz alsbald verkauften.

Fast sieben Jahrhunderte sind seither vergangen. Kein Nachfahre derer von Orth lebt mehr. Aber ihr Name haftet noch immer an den beiden Schlössern. Und in dem Sagenkreis des Traunsees spielt das Geschlecht der Grafen von Orth eine nicht unbedeutende Rolle. Von einem Hartnid weiß die Sage, dass er bereits in dem Seeschloß lebte. Als er in den Krieg zog, übergab er die Obhut seiner einzigen Tochter dem Burggrafen von Wolfsegg. Dieser gedachte, die junge Gräfin mit seinem Sohn zu vermählen. Aber das Fräulein schenkte ihre Liebe dem benachbarten Ritter von Wartenburg. Darüber ergrimmt, brachte um die Liebenden zu trennen, der Wolfsegger seine Schutzbefohlene ins Frauenkloster Traunkirchen. Seither saß der junge Wartenburger Tag für Tag beim sogenannten „Jungfernlug“ auf dem Westufer des Sees und blickte sehnsuchtsvoll gegen Traunkirchen. Nachts aber schwamm er heimlich vom Eisenauer Schloß über den Traunsee, so oft ihm vom andern Ufer die Lampe der Geliebten das Zeichen gab. Jedoch einmal erlosch während eines Sturms das Licht. Der kühne Schwimmer ertrank und sein Leichnam wurde am nächsten Morgen beim so genannten “Antlasstein“ an Land gespült. Darüber außer sich vor Schmerz, stürzte sich das Fräulein von Orth vom Söller (Dachterrasse) in den See um dort gleichfalls den Tod zu finden. Der Stein wird heute noch als „Jungfernsprung“ bezeichnet.
Eine ähnliche andere Sage weiß allerdings nichts von einem Grafen von Orth und seiner Tochter. Sie berichtet nur von einem Sohn des Ritters von Eisenau, der auf der Jagd ein Reh über den See bis Traunkirchen verfolgte und dabei die junge Nonne Luitgard kennen und lieben lernte. Da sein Vater ihn deshalb in die Ferne senden wollte, schwamm er um von Luitgard Abschied zu nehmen über den See. Dabei ereilte ihn ein Sturm und warf ihn gegen die Felsen. Durch Luitgards Verzweiflung bei der Auffindung der Leiche erfuhr man im Kloster Traunkirchen von der Liebe der jungen Nonne zu dem Ritter. Die Nonne Luitgard wurde deshalb lebendig eingemauert.
Von den Herren von Orth erwarben die Ritter von Wallsee das Schloß in der Traunseebucht. Sie erbauten etwa 1380 das Seeschloß Orth. Der massige Torturm des Seeschlosses, der erst viel später einen Zwiebelhelm erhielt, die gotischen Fensterstöcke und das Tor entstammen dieser Zeit. Nach 150 Jahren Herrschaft der Wallseer kamen Ende des 15. Jahrhunderts Land- und Seeschloss in den Besitz der adeligen Familie Schärffenberg. In dieser Epoche entstanden die Bogengänge im dreieckigen Hof des Seeschlosses, die Außentreppe und die Sgraffitomalereien von 1578 im Schlosshof. 1597 kaufte die Stadt Gmunden um 90.000 Gulden Schlösser und Herrschaft Orth. Dieser Kauf überstieg aber die Mittel der Stadt weit. Man musste Geld aufnehmen. Die Zinsen betrugen mehr als der Ertrag und man war schließlich froh, als man sieben Jahre später Orth gegen Rückzahlung des Kaufpreises dem Kaiser überlassen konnte. Im Jahre 1625 erwarb die Herrschaft der kurbayrische Pfandvogt des Landes ob der Enns, Graf Adam von Herberstorff. So saß der grimmigste Feind und Gegenspieler der Bauernerhebung auf Schloss Orth. Begreiflicherweise übertrug sich Wut und Hass der Bauern auch auf den Wohnsitz ihres Unterdrückers und Feindes. Das Landschloss Orth wurde 1626 von den Bauern zerstört und kurz nachher von Herbersdorff wieder aufgebaut. Aus dieser Zeit stammt die jetzige Form der quadratischen Gebäudegruppe mit den vier Ecktürmen des Landschlosses. 1634 fiel dann das Seeschloss einem Brand zum Opfer, wurde aber vom Schwiegersohn der Gräfin Herberstorff, Graf Preysing, wieder hergestellt und mit den heute noch erhaltenen Stuckverzierungen und dem Zwiebelhelm geschmückt.
Noch im 17. Jahrhundert kam Orth zum zweiten mal in kaiserlichen Besitz. Kaiser Leopold I. erwarb die gesamte Herrschaft um die damals sehr stattliche Summe von 130.000 Gulden.

Den letzten Schimmer einer romantischen Verklärung empfing Orth aber erst durch seine Besitzer Ende des vorvorigen Jahrhunderts. Damals gehörte das Landschloss dem Großherzog von Toskana, der später einer Liebesheirat wegen allen seinen Titeln und Würden entsagte und den Namen Leopold Wölfling annahm. Dagegen erwarb das Seeschloss Erzherzog Johann Salvator. Auch er löste sich aus dem Verband der kaiserlichen Familie und nahm nach seinem Lieblingsschloss den bürgerlichen Namen Johann Orth an. Seit einer langen Seereise gilt er als verschollen.

Neue Warte am Inn 15. August 1891
Johann Orth.
Immer mehr macht die traurige Gewissheit sich geltend, dass Kapitän Johann Orth (Erzherzog Johann) den Tod in den Wellen gefunden hat. Die österreichische Kriegsmarine hat es nicht an Bemühungen fehlen lassen, Sicheres über das Schicksal des kühnen Seefahrers festzustellen, aber vergeblich. Über diese Bemühungen finden wir einen ausführlichen Bericht, aus welchem unter anderem hervorgeht, dass die Korvette „Saida", unter dem Kommando des Fregattenkapitäns Wachtel von Eltenbruck, die auf einer Weltumseglungsreise begriffen ist, sich im Mai dieses Jahres in der Magellanstraße aufhielt und daselbst, sowie in den Gewässern des Kap Horn Nachforschungen anstellte, die sich bis zu den Falkland-Inseln erstreckten. Der Kommandant erhielt zwar viele Mitteilungen vom Gouverneur in der Provinz Magellans, vom Hafenkapitän in Punta Arenas und dem dortigen englischen Kapitän Stubenrauch, ferner von den dort wohnenden Eigentümern mehrerer Küstenfahrzeuge, von Lotsen und Seeleuten, allein dieselben beruhten insgesamt nur auf Vermutungen und gaben keine positiven Aufschlüsse. Der Gouverneur hatte eine eigene Kommission an Bord des chilenischen Avisodampfers „Toro" unter Kapitän Garzia entsendet, die mehrwöchentliche Fahrten im Süden der Magellanstraße unternommen hat, ohne eine Spur des Schiffes zu finden. Kapitän Garzia zog Erkundigungen bei allen Missions- und Rettungsstationen ein und trat auch mit Indianerstämmen in Verbindung. Er hatte dabei sogar einen Kampf mit einem Indianerstamm zu bestehen und fand im Besitze desselben eine Marinekarte. Über die Herkunft dieser Karte befragt, deuteten die Indianer nach den großen Inseln im Süden. Von dem Eigentümer eines Küstenfahrzeugs erfuhr der Kommandant, das im August vorigen Jahres an der Südküste von Staaten Island während eines Südweststurmes zwei Schiffe gesehen wurden, eines davon mit vier Masten (die „Margerita" war dreimastig), welche sich nicht mehr von der Küste freisegeln konnten. Von einem dieser Schiffe rettete sich ein englischer Matrose, der aber über das zweite Schiff keine Auskunft geben konnte. Der Domherr der katholischen Kirche in Punta Arenas ließ auf Intervention der Mutter Orths von Rom aus an alle Missionen einen Aufruf ergehen, der aber auch keinen Erfolg hatte. Nur so soviel steht fest, dass in den Monaten Juni, Juli und August 1890 ungewöhnlich viele Stürme wüteten, welchen die meisten in das Kap Horn segelnden Schiffe zum Opfer fielen. Die Untersuchung der Buchten der Falklandinseln ergab gleichfalls kein Resultat.

Gewaltige Berge bewachen das Schloss im See, murmelnde Wellen umspülen es. Von Hartnid von Orth und seiner unglücklichen Tochter bis zum geheimnisvollen Ende seines letzten Besitzers aber reißt der Kranz von Sagen und Legenden nicht ab, der sich um das stille Schloß schlingt.                                     L.G.Bachmann.

 Traunsee mit Schloss Orth von 1656 von Matthaeus Merian



 Adam von Herberstorff


Erzherzog Johann Salvator
Johann Orth

Erzherzog Johann Salvator

Großherzog von Toskana
Leopold Wölfling


Leopold Wölfling

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