Freitag, 24. Juni 2022

Über "menschlich" denkende Soldaten im Krieg


Das Prager Tagblatt vom 27.2.1931 druckte die folgende Begebenheit. Das Neue Wiener Journal berichtete ebenfalls in der Ausgabe vom 
8. März 1931 darüber.
Es zeigt, dass es auch in Weltkriegen, immer wieder, so wie hier im ersten Weltkrieg, auch „menschlich“ denkende Soldaten gab.

Im ersten Weltkrieg wird der junge französische Flieger Graf de la Fregeoliere  auf einem Erkundungsflug über den deutschen Linien vom deutschen Piloten Werner Zahn abgeschossen. Er landet aber wohlbehütet und erklärt seinem
 deutschen Besieger: „Ich bin Ihr Gefangener. Das ist ganz in Ordnung. Das ist der Krieg. Aber meine Mutter weiß nicht, was aus mir geworden ist“. Und er errötet. Der deutsche Flieger fragt: „Wie alt sind sie?" „Achtzehneinhalb Jahre", antwortet der Junge. Da sagt der Deutsche: „Schreiben Sie sofort einen Brief an Ihre Mutter: Sie seien Kriegsgefangener, würden nach den Regeln behandelt und seien im übrigen unverletzt. Dann setzen wir in meinem Flugzeug über die französische Linie und Sie werfen den Brief ab." Die beiden. Sieger und Besiegter, steigen auf und beförderten den Brief. Der Graf warf den Brief auf den Gutshof seiner Eltern ab. Drei französische Kampfflieger verfolgten sie. Mit Mühe erreichten der Deutsche und sein gefangener Franzose wieder das deutsche Gebiet und damit die Sicherheit.

Wie wäre es, wenn zu der Anekdote vom Hauptmann Zahn und dem dankbaren Grafen de la Fregeoliere noch tausend weitere Berichte edelster Handlungen im Kriege hinzugefügt würden, zu einem monumentalen Sammelband der Humanität mit den Kapiteln: Rußland, Amerika, Türkei, England, Frankreich, Deutschland. Tausend und eine Tat des Friedens.

Jahre vergingen. Der deutsche Hauptmann a. D. Zahn gewann mit seiner Mannschaft in St. Moritz am 10. und 11. Februar 1931 die Weltmeisterschaft im Viererbob. Im geschlagenen Feld befand sich auch der Viererbob des französischen Grafen de la Fregeoliere. Nach den offiziellen Ansprachen und der Preisverteilung nahm der französische Graf das Wort und erzählte: „Als junger Flieger wurde ich auf einem Erkundungsflug über den deutschen Linien abgeschossen, kam aber heil zu Boden. Ich ergab mich und wurde gefangen genommen. Das war ganz in Ordnung. Das ist der Krieg." Aber meine Mutter wusste nicht, was aus mir geworden ist", gestand ich meinem Besieger Werner Zahn. „Wie alt sind Sie?" fragte er mich. „18 Jahre!" Da sagte der Deutsche : „Schreiben Sie schnell einen Brief an Ihre Mutter; sie seien kriegsgefangen, unverletzt und würden nach der Regel behandelt. Dann setzen wir in meinem Flugzeug über die französische Linie und sie werfen den Brief ab." Wir beide, Sieger und Besiegter, stiegen auf; ich konnte meinen Brief vor meinem Elternhaus abwerfen. Drei französische Kampfflieger verfolgten uns, aber der Deutsche und ich,  erreichten doch noch das deutsche Gebiet und landeten in Sicherheit.

Dann nahmen der Graf de la Fregeoliere und die drei anderen Franzosen den Hauptmann Zahn, auf ihre Schultern und trugen ihn im Saal umher und die aus so vielen Ländern versammelten Sportsleute huldigten stürmisch, nicht nur dem Bobmeister, noch mehr dem Sieger, der sich seines Besiegten in so kameradschaftlicher Weise angenommen hatte.

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