Freitag, 12. April 2024

Dies und das aus der Vergangenheit

In der "Linzer Tagespost", im "Prager Tagblatt" und im "Mährischen Tagblatt" konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Linzer Tages-Post 29. Mai 1896
Man schreibt uns aus Innerstoder am 25. d.M.:
Obwohl es am Pfingstsamstag heftig regnete, folgte am Pfingstsonntag klare Witterung. Im Gebirge liegt noch Massenschnee. Die Schneegrenze liegt an 1000 bis 1300 Meter.
Ein Herr aus Amsterdam unternahm mit dem Bergführer Auer am Pfingstsonntag nachmittags den Aufstieg zum Prielschutzhaus um am folgenden Tag die Prielspitze zu ersteigen und über das Tote Gebirge zum Grundlsee und nach Aussee überzugehen. Nachdem eine Rückkehr zu Tal bis jetzt nicht erfolgte, dürfte die Bergtour zur Prielspitze oder durch die Klinserscharte und danach weiter ausgeführt worden sein. Auer ist noch nicht zurück.
Man ist auf dessen Mitteilungen neugierig. Dieser Herr aus Amsterdam hat in Wien eine Wette gemacht, zu Fuß von Wien in die Schweiz zu gehen, mit Fristung bis 
1. August. Er hat bis jetzt den Schneeberg, Ötscher, kleinen Buchstein und den Gang übers Tote Gebirge gemacht. Es obliegt ihm noch, den Sarstein, Dachstein, Glockner und Venediger zu ersteigen oder doch mindestens einen Jochübergang in diesen Gebieten zu machen. Umgehung der Gebiete auf den Straßen ist ausgeschlossen.

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Hinterstoder

Linzer Tages-Post 26. September 1925
Ein starkes Erdbeben in Hinterstoder.

Am 23. September um 5 Uhr 44 Minuten wurde in der Gemeinde Hinterstoder ein starkes Erdbeben wahrgenommen. Das stoßförmige Beben dauerte zwei Sekunden und war von einer solchen Heftigkeit, dass die Bevölkerung teilweise aus dem Schlafe gerüttelt wurde. Die Fenster klirrten und die in 
den  Schlafzimmern stehenden Kästen sowie das auf den Waschtischen befindliche Geschirr bewegten sich. Schon um 1 Uhr 30 Minuten desselben Tages wurde von einzelnen Bewohnern eine schwächere Erschütterung wahrgenommen, der dann um 5 Uhr 44 Minuten die vorbeschriebene und heftigere folgte. Schaden wurde indes keiner angerichtet.

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List im Konzert

Prager Tagblatt 1. September 1885
Von dem berühmten Komponist Franz Liszt wird folgende charakteristische Anekdote erzählt: 
Während seines zweiten Aufenthalts in Sankt Petersburg lud ihn Zar Nikolaus zu einem Fest ein und ersuchte ihn, etwas vorzutragen. Er setzte sich an den Flügel und begann. Mitten im Spiel fiel aber sein Blick auf den Zaren, der sich, statt dem Konzert aufmerksam zu folgen, mit einem seiner Generäle unterhielt. Der Künstler spielte zwar noch weiter; da der Kaiser aber nicht zuhörte, brach er plötzlich mitten im Vortrag ab und stand auf. Man sah sich verwundert an und Zar Nikolaus ließ fragen, was den Meister an der Fortsetzung des Spiels gehindert hätte. 
„O", gab Liszt mit flammendem Blick zur Antwort, „wenn seine Majestät spricht, hat jeder Andere zu schweigen. Er verließ sogleich den Saal. 
Doch der Kaiser zeigte sich nicht verletzt, sondern schickte dem Künstler am nächsten Morgen ein kostbares Geschenk.

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100 Rubel

Mährisches Tagblatt 7. Juni 1886
Eine kleine Anekdote, die beweist, dass das Heitere in unserer ernsten Zeit durchaus noch nicht ausgestorben ist und die sich des Vorzuges der Wahrheit erfreut, wird aus Moskau mitgeteilt: 
Zwei wohlhabende Juden, der eine Witwer mit einem hoffnungsvollen Sohn, der andere mit einer heiratslustigen Tochter gesegnet, trafen das schriftliche Abkommen, dass die beiden Kinder sich heiraten sollten; im Falle eines Kontraktbruches sollte der schuldige Teil die Summe von 5000 Rubel als Reuegeld erlegen. 
Man hatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht; denn als Jacob seine Braut Lea zum ersten Male erblickte, stieß er einen lauten Angstschrei aus und stürzte spornstreichs aus dem Zimmer. Man suchte ihn acht Tage lang vergebens, bis es endlich dem trostlosen Vater gelang, den Flüchtling zu entdecken, jedoch betrat dieser das elterliche Haus nur unter der Versicherung, dass man ihn nicht weiter zu einer Ehe mit der fürchterlich hässlichen Lea zurede. 
In Anlehnung dieser stark ausgeprägten Abneigung gab der Alte mit schwerem Herzen das Projekt auf. Um nun aber nicht die 5000 Rubel zu verlieren, fasste er einen heroischen Entschluss. Schon nach einer Woche konnte er dem erschreckten Sohn die Lea als seine Stiefmutter vorstellen. 
Ob dieselbe, die ihr angetane Unbill ihrem nunmehrigen Sohn entgelten lassen wird, bleibt abzuwarten.

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