Samstag, 9. Januar 2016

Eine Geschichte über den ersten Christbaum in Wien

Langsam heißt es Abschied nehmen von unserem Christbaum.
Meist wird er schon bald im neuen Jahr entsorgt. In Bauernhäusern schmückte der Weihnachtsbaum bis 2. Februar, Maria Lichtmess, die Stube. Lichtmess war traditionell der Tag an dem die Dienstboten ihren Arbeitsplatz wechselten.

In der Unterhaltungsbeilage Nr. 52 der "Linzer Tagespost" von 1909 kann man nachlesen wie in Österreich der Christbaum in unsere Wohnungen kam.

Über die erste Weihnachtsfeier mit einem Christbaum gibt es viele Geschichten. Angeblich hat der berühmter Wiener Schauspieler Heinrich Anschütz, der ursprünglich aus der Niederlausitz bei Berlin stammte, diesen Brauch aus seiner Heimat übernommen und mit 36 Jahren, 1821 zum ersten mal Weihnachten in Wien mit einem Christbaum gefeiert. Er erzählt darüber in seinen Erinnerungen:
"Als ich zur Weihnachtszeit 1821 die vorbereiteten Einkäufe besorgen wollte, war ich nicht wenig erstaunt, auf beinahe gänzliches Unverständnis dieser lieblichen Feier zu stoßen. Es kostete mir Mühe ein Tannenbäumchen aufzutreiben. Als ich mein Verlangen auseinandersetzte hörte ich an allen Verkaufsorten die Frage: "Christbescherung, was ist das? Ah, Sie meinen den Nikolo...?" Ich befand mich allerdings in einem katholischen Lande, wo man eigentlich von diesem Fest keine Notitz nimmt. Es war ja in Frankreich nicht anders. Dennoch wunderte ich mich, daß das lebensfrohe fast kindliche Wien nicht längst eine freundliche Sitte nachgeahmt hat, welche durch die Gemahlin des Erzherzogs Karl doch schon bekannt sein mußte. Und doch hatte dieses unvergleichliche Kinderfest faktisch noch keine Ausbreitung gefunden. Ich war eine bekannte Persönlichkeit, meine Einkäufe und Anstalten fielen auf, ein Freundeskreis, der die Vorbereitung meiner Mysterien mit Interesse beobachtete, hatte nichts Eiligeres zu tun, als meinem Beispiele noch in demselben Jahre zu folgen, und ich kann wirklich sagen, dass mein Eintritt in Wien nicht wenig dazu beigetragen hat, das Christfest so schnell in allgemeine Aufnahme zu bringen, denn schon in dem nächsten Winter wurden förmliche Waldungen nach Wien geschleppt und alle Spielwarenhändler und Kaufleute richteten sich für die neuen Marktbedürfnisse ein..."

Der Komponist Franz Schubert war am ersten Weihnachtsabend Gast bei Anschütz und offensichtlich wurde der geschmückte Christbaum bald von Prominenz und Bürgern übernommen.

Heinrich Anschütz (geb. 1785, gest. 1865)


Christmette in Hinterstoder
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