Freitag, 17. Februar 2017

Erinnerungen an die Schule und meine Lehrer in den 1930er Jahren

Als ich 1930 eine Schülerin in der Volksschule Hinterstoder war.
"Besonders gerne erinnere ich mich an unsere Handarbeitslehrerin. Sie hatte keine besondere Schulbildung und auch das Handarbeiten hatte sie sich selbst erlernt. Damals musste man noch keine besonderen Prüfungen machen um Handarbeitslehrerin zu werden.
Gleich im ersten Schuljahr hatten wir Handarbeiten und dabei lernten wir hauptsächlich nützliche Dinge für das tägliche Leben. Wir lernten stricken, stopfen, häkeln und machten schon in der ersten Klasse ein weißes Täschchen mit Noppenmuster für den Fronleichnamsumzug. Wir stickten das Alphabet in allen Formen und Größen mit Kreuzstichen, häkelten ein Musterband und strickten eine doppelte Ferse für Stutzen. Später lernten wir Paspelieren, Hinterstiche, Vorderstiche, Perteln, Einlassen, Anstückeln, Zwickel einsetzen, Hexenstiche und Knopflöcher nähen. Während wir nähten erzählte sie uns schöne Geschichten. Wir mussten aber fleißig arbeiten und ruhig sein. Handarbeiten hatten wir jeden Tag von 14 bis 15 Uhr.
Als ich in die 2. Klasse kam bekamen wir einen neuen Lehrer. Er war schon etwas älter und hatte eine ganz tiefe Stimme. Seine Stimme gefiel mir, sie war so wie Öl, tief und weich. Er hatte einen schwarzen Schnurbart wie ein orientalischer Pascha. Sein Gesicht war braun mit dunklen Augen. Er hatte buschige Augenbrauen und ganz dunkle Haare. Wir hatten ihn nicht lange, er war auf einmal weg. Man munkelte dass er ein "warmer Bruder" gewesen sein soll. Damals wusste ich nicht was das war.
Statt ihm kam ein junger schlanker Lehrer mit einer Stehfrisur. Er war sehr streng und beim Unterricht sah er genau darauf, dass jedes Kind seine Hände auf der Bank hatte. Erwischte er einmal ein Kind auch wenn es sich nur die Haare zurückstrich, kam er schon angerannt. Das Kind musste 4 Finger auf die Bank legen, den Daumen nach unten halten und dann schlug er mit der Linealkante auf die Finger bis sie ganz blau waren. Das tat so weh, dass man nicht schreiben konnte. Wenn die Stunde vorbei war, konnte man die Finger unter kaltes Wasser halten, das linderte die ärgsten Schmerzen.
Die Lehrer machten auch unter den Kindern soziale Unterschiede. Das äußerte sich darin, dass einem Kind von gut situierten Eltern weniger auf die Finger geklopft wurde als Kindern von ärmeren Leuten, die oft sprachlich nicht so gewandt waren. Manche Lehrer nahmen auch Geschenke an, die nicht nur aus Blumensträußchen bestanden.
Wir wurden ständig belehrt anständig zu sein, bitte und danke zu sagen und alle Leute freundlich zu grüßen.
Auf den Religionsunterricht, bei unserem alten Pfarrer, habe ich mich immer sehr gefreut. Besonders berührt hat mich die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Wenn wir davon gelesen haben, habe ich immer aus Mitleid weinen müssen.

Im Unterricht, so gegen Mittag hatten wir immer Hunger. Äpfel und Brot gab uns Mutter in die Schule mit und oft jausneten wir im Unterricht ganz heimlich. Pech hatte man nur, wenn man aufgerufen wurde und den Mund voll hatte. Als Willi einmal unter der Bank ein Stück von seinem Speck abschnitt, war auch der Lehrer schon da und sein Messer war weg. "Gib her den Taschenveitl, schleifen darfst ihn auch wieder einmal und voller Dreck ist er auch. Was hast denn du damit geschnitten? Pfui Teifl!"









Daniel in der Löwengrube
   

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