Sonntag, 26. Februar 2017

Freitag, 24. Februar 2017

Vom Schicksal des kleinen Michl

Es war im Stodertal vor rund 100 Jahren. Heute noch kennen manche alten Leute diese Geschichte.
Beim großen "Grabenbauer" (Name geändert) arbeitete neben anderen Knechten und Mägden auch eine junge, geistig etwas zurückgebliebene "Dirn" (Magd). Sie nannten sie die "Grabenbauer Lies" (Name geändert). Sie hatte einen Buckl (gekrümmtes Rückgrat), trug immer nur geschenkte, alte viel zu große Kleider. Die Lies  hatte bestimmt keine erbliche Geistesschwäche. Vielmehr lag es an der Erziehung und der mieserablen Ernährung  von Klein auf. Sie wurde schon als kleines Kind von Bauern ausgeschunden und bekam nie ein kindgerechtes Essen und Pflege.
Heute kann man sich kaum mehr vorstellen wie manche Kinder auf Bauernhöfen behandelt wurden. Der "Zuzl" (Schnuller) wurde in Schnaps und Zucker getaucht und den Kleinkindern in den Mund gesteckt, so dass sie ruhig waren und lange schliefen. Damit sie nichts anstellen konnten und die Eltern Ruhe bei der Arbeit hatten wurden sie oft in einen großen, alten Bottich gesetzt aus dem sie nicht alleine herausklettern konnten. Gelegentlich bekamen sie etwas zu essen und zu trinken. Oft mussten sie den ganzen Tag in so einem "Gefängnis" ausharren.
Die Lies hatte schon mehrere uneheliche Kinder. Manche Knechte und Burschen nahmen sie einfach, weil sie sich nicht wehren konnte und sie gerade ein Bedürfnis verspürten. Ihre Kinder kamen alle verstreut zu verschiedenen Bauern. Sie wusste nicht einmal wo ihre Kinder hingekommen sind. Man könnte fast sagen, dass das wie bei einer Katze war, der man die Jungen weggenommen hat. Wenn kein Vater bekannt war zahlte die Gemeinde 10 Schilling Alimente im Monat. Wer die Väter der Kinder waren wurde früher nie eruiert. Die Kinder, von denen der Vater unbekannt war, fielen der Heimatgemeinde zur Last.
Im Dorf wurde hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass auch ein Kind vom Bauern selbst dabei war und zwar der "Michl" (Name geändert). Michael wurde er genannt weil er zu Michaeli geboren wurde.
Eines Morgens hat sich beim Grabenbauer folgendes zugetragen. Die Schweinemagd hat in der Früh wie immer den Schweinestall gereinigt. Dazu musste sie auch frisches Stroh holen. Sie hörte unter dem Stroh ein Wimmern und glaubte zunächst eine Katze hätte Junge geworfen. An diesem Tag war es ziemlich kalt und deshalb wollte sie die jungen Kätzchen in den warmen Stall bringen. Unter einem Strohballen fand sie statt der jungen Kätzchen ein neugeborenes Kind mit einer abgerissenen Nabelschnur. Sie holte sofort die Bäuerin, die gleich sagte: "das kann nur die Lies gewesen sein". Niemand hatte die Schwangerschaft bei der Lies bemerkt, denn sie trug immer nur alte, viel zu große Kleider. Die Bäuerin und die Magd suchten sofort nach der Lies. Sie fanden sie draußen auf dem Erdäpfelacker (Kartoffelacker) bei der Arbeit. Auf dem Acker fanden sie auch Blutspuren, wo die Nachgeburt abging. Die Bäuerin nahm die Lies sofort mit und legte sie in das Bett. Kindswäsche hatte man nicht und so wickelte man das Kind in alte Hemden und legte es in der Stube auf einen Polster. Die Bäuerin war zwar nicht erfreut über das Kind, doch sie hatte Erbarmen mit dem armen "Hascherl" (hilflosem Baby).  Das Kind bekam ein "Mehlkoch", das war geröstetes Mehl  in Milch eingekocht. Das gab man früher den Kindern statt Muttermilch.

Je älter der Michl wurde, desto mehr sah er dem Bauer ähnlich. Die Lies sagte nie wer der Vater zu ihrem Kind war. Der Bauer hat ihr auch gedroht und sie geschlagen wenn sie nicht schnell genug bei der Arbeit war. Sie hatte ungeheure Angst vor ihm und sie hätte bestimmt nie etwas gesagt. Die Bäuerin aber musste etwas gewusst haben, denn sie hat den Michl großgezogen. Michael ist zu einem stattlichen, feschen Mann herangewachsen und blieb als angenommener Sohn beim Grabenbauer.





  

Freitag, 17. Februar 2017

Erinnerungen an die Schule und meine Lehrer in den 1930er Jahren

Als ich 1930 eine Schülerin in der Volksschule Hinterstoder war.
"Besonders gerne erinnere ich mich an unsere Handarbeitslehrerin. Sie hatte keine besondere Schulbildung und auch das Handarbeiten hatte sie sich selbst erlernt. Damals musste man noch keine besonderen Prüfungen machen um Handarbeitslehrerin zu werden.
Gleich im ersten Schuljahr hatten wir Handarbeiten und dabei lernten wir hauptsächlich nützliche Dinge für das tägliche Leben. Wir lernten stricken, stopfen, häkeln und machten schon in der ersten Klasse ein weißes Täschchen mit Noppenmuster für den Fronleichnamsumzug. Wir stickten das Alphabet in allen Formen und Größen mit Kreuzstichen, häkelten ein Musterband und strickten eine doppelte Ferse für Stutzen. Später lernten wir Paspelieren, Hinterstiche, Vorderstiche, Perteln, Einlassen, Anstückeln, Zwickel einsetzen, Hexenstiche und Knopflöcher nähen. Während wir nähten erzählte sie uns schöne Geschichten. Wir mussten aber fleißig arbeiten und ruhig sein. Handarbeiten hatten wir jeden Tag von 14 bis 15 Uhr.
Als ich in die 2. Klasse kam bekamen wir einen neuen Lehrer. Er war schon etwas älter und hatte eine ganz tiefe Stimme. Seine Stimme gefiel mir, sie war so wie Öl, tief und weich. Er hatte einen schwarzen Schnurbart wie ein orientalischer Pascha. Sein Gesicht war braun mit dunklen Augen. Er hatte buschige Augenbrauen und ganz dunkle Haare. Wir hatten ihn nicht lange, er war auf einmal weg. Man munkelte dass er ein "warmer Bruder" gewesen sein soll. Damals wusste ich nicht was das war.
Statt ihm kam ein junger schlanker Lehrer mit einer Stehfrisur. Er war sehr streng und beim Unterricht sah er genau darauf, dass jedes Kind seine Hände auf der Bank hatte. Erwischte er einmal ein Kind auch wenn es sich nur die Haare zurückstrich, kam er schon angerannt. Das Kind musste 4 Finger auf die Bank legen, den Daumen nach unten halten und dann schlug er mit der Linealkante auf die Finger bis sie ganz blau waren. Das tat so weh, dass man nicht schreiben konnte. Wenn die Stunde vorbei war, konnte man die Finger unter kaltes Wasser halten, das linderte die ärgsten Schmerzen.
Die Lehrer machten auch unter den Kindern soziale Unterschiede. Das äußerte sich darin, dass einem Kind von gut situierten Eltern weniger auf die Finger geklopft wurde als Kindern von ärmeren Leuten, die oft sprachlich nicht so gewandt waren. Manche Lehrer nahmen auch Geschenke an, die nicht nur aus Blumensträußchen bestanden.
Wir wurden ständig belehrt anständig zu sein, bitte und danke zu sagen und alle Leute freundlich zu grüßen.
Auf den Religionsunterricht, bei unserem alten Pfarrer, habe ich mich immer sehr gefreut. Besonders berührt hat mich die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Wenn wir davon gelesen haben, habe ich immer aus Mitleid weinen müssen.

Im Unterricht, so gegen Mittag hatten wir immer Hunger. Äpfel und Brot gab uns Mutter in die Schule mit und oft jausneten wir im Unterricht ganz heimlich. Pech hatte man nur, wenn man aufgerufen wurde und den Mund voll hatte. Als Willi einmal unter der Bank ein Stück von seinem Speck abschnitt, war auch der Lehrer schon da und sein Messer war weg. "Gib her den Taschenveitl, schleifen darfst ihn auch wieder einmal und voller Dreck ist er auch. Was hast denn du damit geschnitten? Pfui Teifl!"









Daniel in der Löwengrube
   

Dienstag, 14. Februar 2017

Veranstaltungen in Hinterstoder

Diese Übersicht über die nächsten Veranstaltungen in Hinterstoder hat Julia Körber von der Gemeinde  zur Verfügung gestellt:





Freitag, 10. Februar 2017

Mein Schulweg im Winter

Erinnerungen an die Schulzeit eines Mädchens in den 1930er Jahren:
"Der lange Schulweg, manchmal durch Meter hohen Schnee, Lawinen, Wildbäche, dort wo sich Fuchs und Henne -gute Nacht- sagen, das war oft ein Abenteuer für ein Mädchen mit damals sieben Jahren. Im Winter waren die Temperaturen wochenlang unter minus 20/30 Grad Celsius. Auf den Wimpern der Schulkinder bildete sich Raureif, der manchmal bis über die Augen fiel.
Wenn es Reif gab konnte man herrlich die steilen Hänge auf den Schuhen hinunter rutschen und den Weg abkürzen. Wir beherrschten das bestens und wetteiferten miteinander, wer die schönste Spur hinterließ. Es kam nicht selten vor, dass wir bis zu den Hüften im Schnee wateten. Der Erste in der Reihe, der die Spur machen musste, hatte es am anstrengendsten. Wir wechselten uns aber ab, damit nicht immer derselbe vorwaten musste. Wenn wir zur Schule kamen und bevor wir hinein gingen, drehten wir unsere Rock- und Hosensäcke um und leerten den Schnee aus. Wenn wir nach dem Unterricht wieder nach Hause gingen war der Weg oft wieder so verschneit, dass wir unsere Spuren nicht mehr erkennen konnten. Ich ging auch gerne bei Schneefall und es machte mir nichts aus durch die wirbelnden Schneeflocken zu gehen. Es war eine sonderbare Stille über dem Land. Die Flocken fielen leise  und so dicht, dass man stellenweise nichts als den Schnee unter den Füßen und die Flocken rundherum sehen konnte.Auf meinem Schulweg kam ich über eine große Wiese, da gab es eine Stelle, auf die von November bis Februar keine Sonne schien. Wenn es längere Zeit kalt war bildete sich dort ein Raureif, der von Tag zu Tag größer und schöner wurde. Auf dem Schnee waren ganz dichte, feine, glasklare Raureifblättchen. Wenn man mit der Hand über diese Blättchen streifte, dann klingelten sie wie lauter winzige Glöckchen. Wenn man über Wiesen mit dickem Raureif ging oder bei starkem Schneetreiben über Pulverschnee, dann hatte man das Gefühl man würde auf Federn gehen. Im Februar, wenn die Sonne diese Wiese erreichte, war es für uns das erste Anzeichen für den kommenden Frühling".

                                                       Winter im Stodertal









Der Frühling kündigt sich an

    

Freitag, 3. Februar 2017

Wenn die Kirchenglocken läuten

Erinnerungen an die 1930er Jahre als ich noch ein Schulmädchen war.
"Die Kirchenglocken zur Sonntagsmesse oder zu Festtagen durften nur auserwählte Buben läuten. Wer an den Glockensträngen ziehen durfte bestimmte der Herr Pfarrer. Die Buben zogen an den Seilen so fest sie nur konnten und ließen sich dann von den, durch das Gewicht der Glocken, hochschnellenden Seilen in die Luft heben. Die Klöppel in den Glocken waren jeweils mit mehrfachen Lagen von Riemen innen an einem Metallring angehängt. Durch den ständigen starken Schwung, den die Glocke beim Leuten bekam, konnte es vorkommen, dass die Befestigungsriemen brüchig wurden und ein Bronzeklöppel abriss. Von alten Leuten wurde erzählt, dass einmal so ein Klöppel durch ein Seitenfenster des Turmes auf das Schuldach flog. Dort durchschlug er die Dachschindeln und blieb auf dem Gewölbe der Decke liegen. Ein anderes Mal sauste ein Klöppel  beim gegenüberliegenden Fenster hinaus und landete im Friedhof".

Heute kann das nicht mehr passieren. In den Jahren 1996/97 wurde das Glockengeläut restauriert und mit neuen Glocken ergänzt. Die Inschrift auf einer Glocke erinnert an die Spender Kardinal Francis Spellman, Erzbischof  von New York und  US. General Mark W. Clark, wenn auch die Namen nicht ganz richtig geschrieben sind. (Siehe auch Blogbeitrag vom 9.2.2013 und 20.1.2014) 


Kardinal Francis Spellman, Erzbischof von  New York

US General Mark W. Clark