Freitag, 29. September 2017

Schulanfang in Hinterstoder

Eine Stodertalerin erinnert sich an ihre Jugend vor rund 70 Jahren.
"Ich war schon 7 Jahre alt als ich endlich in die Schule gehen durfte. Zum normalen Schulbeginn mit sechs Jahren durfte ich noch nicht in die Schule. Ich hatte ein Fliegengewicht, dünn, sehr zart und wog nur fünfzehneinhalb Kilo, obwohl wir auf unserem Bauernhof  genug Essen hatten. Das war für ein Mädchen wenig. Deshalb wurde ich  um ein Jahr zurückgestellt. Mein älterer Bruder, wir waren zwei Mädchen und zwei Buben, ging schon zur Schule. Er hatte eine Schachtel mit einzelnen Buchstaben zum Zusammensetzen  von Wörtern und eine Rechenmaschine mit Holzkugeln. Ich konnte mich stundenlang mit den Buchstaben und der Rechenmaschine beschäftigen. Dadurch lernte ich bereits mit vier Jahren lesen.
Das Klassenzimmer war ein heller freundlicher Raum mit einem Podium auf dem ein Katheder (Schreibtisch) für den Lehrer stand. Wir hatten Bänke mit einem grün gestrichenen Pult. An der Stirnseite war ein Kreuz und ein Bild von Kaiser Franz Josef der in erhabener Ruhe und unnahbar auf uns herunterblickte. Auf der Fensterseite war eine Tafel auf der eine Unzahl von Vögeln abgebildet waren.
Als ich zur Schule kam musste ich das Lesebuch von rückwärts nach vorne beginnen, weil die Lehrerin glaubte, ich hätte alles auswendig gelernt. Im Lesebuch stand:
"a,a,a, der Winter der ist da,
e,e,e, nun gibt es Eis und Schnee,
o,o,o, wie sind wir Kinder froh".
Von 53 Schülerinnen war ich die Leichteste in der ganzen Schule. Ich war unglaublich beweglich und meine Mutter hatte große Bedenken wie ich es mit dem Stillsitzen in der Schule aushalten würde.
Ich hatte eine schwarze Schiefertafel, die mit einem Holzrahmen eingefasst war. Im Rahmen war ein Loch, durch das eine Schnur  eingezogen war, an der ein Fetzen und ein Schwamm hing. Mit dem Griffel geschriebene Buchstaben oder Zeichnungen konnte man mit dem feuchten Schwamm und dem Fetzen wieder weglöschen. Eine Seite der Tafel war rot liniert. Zwischen 2 Linien übte ich als erstes  schiefe Striche. Einen neben dem anderen. Mit viel Mühe machte ich Strich um Strich bis der Griffel abbrach. Schönschreiben war ein Unterrichtsfach. Schreiben lernten wir damals in Kurrentschrift. 
Die Bücher für den Unterricht bekamen wir von der Schule. Sie waren alle alt und abgegriffen, weil sie schon  Jahre davor, immer wieder, Schüler im Unterricht benützt haben. Neue Bücher bekam man nur ganz schwer. Da mussten schon vom alten Buch Seiten fehlen oder es musste so zerrissen sein, dass es nicht mehr verwendet werden konnte. Wenn man die Bücher in der Schule bekam mussten sie zuerst einmal in Packpapier eingebunden werden. damit sie möglichst geschont wurden. Darauf wurde sehr geachtet, sonst bekam man eine Strafarbeit. Die Schachtel für die Griffel und die Griffel mussten die Eltern kaufen. Ich bekam ein hölzernes Penal das ich heute nach 70 Jahren immer noch besitze.
Der Zustand der Bücher wurde vom Lehrer immer wieder kontrolliert und der Rahmen der Schiefertafel musste immer sauber gewaschen sein. Sonst gab es Strafen. In der Eile, weil es bequem war, verwendeten wir zum Löschen oft Spucke (Speichel) und zum Abtrocknen die Schürze oder den Ärmel.Wenn wir gelaufen sind haben die Tafel und die Griffelschachtel in der Schultasche ziemlich laut geklappert."

Unsere alte Schule gegenüber der Kirche

Kinder vor der Schule

Dir. Angerhofer links mit Schülern, die ein Theaterstück von ihm aufführten  

Altes Klassenzimmer im Museum Windischgarsten


Freitag, 22. September 2017

Helmut Wallner, unser Bürgermeister, feierte seinen 70. Geburtstag

Zahlreiche Gratulanten fanden sich am 19. September in der Hößhalle ein, um Glückwünsche zu überbringen. Immerhin ist Helmut Wallner seit 1991, also seit 26 Jahren, Bürgermeister von Hinterstoder.
Rainer Schlesinger, Schuldirektor von Vorderstoder in Pension, hat einmal in einem Gedicht aufgezählt was Helmut als Bürgermeister alles für die Gemeinde tut. Das Gedicht ist sehr lang, aber das alles was wir unserem Bürgermeister zu danken haben, sollte zu diesem Anlaß in Erinnerung gerufen werden.

.....vom Amt des Bürgermeisters:
..es ist net alles nur schen,
des Amt ist schwer
und kann da ordentlich auf die Nerven gehn!

Er hat ja tausend Dienstverrichtungen,
und gesellschaftliche Verpflichtungen.
so a gewissenhafter Gemeindevater -
einen endlosen Streß hat er!

Eröffnungen, Besichtigungen, Ehrungen,
Versammlungen und Dichterlesungen und Zehrungen,
Bauverhandlungen und Spatenstiche,
Unterredungen, Aussprachen, Einsprüche,
Vorsprachen, Fürsprachen und Absprachen
und natürlich jede Menge Ansprachen
und noch hundert solche schöne Sachen.

Laufend muss er Sitzungen abhalten
und Politiker aufhalten
und Termine einhalten
und Meckerer aushalten
und sich bei Streitereien möglichst draushalten.

Im Wirtshaus muß er fleißig mithalten
und halbwegs unbeschädigt durchhalten
und die anderen Gäste womöglich freihalten:
und zur rechten Zeit sollte er das Maul halten-
aber trotzdem sollt er immer reden können.

Auf freche Kritiker darf er nie spinnen:
der Opposition muß er standhalten;
die Gemeindestreithanseln muß er auseinanderhalten,
aber seine Fraktion sollte er gut zusammenhalten!
Für seine Mitarbeiter muß er herhalten;
Antragsteller schön lang hinhalten,
und die Wähler bei der Stange halten,
sonst kann er sich als Bürgermeister nicht lange halten.

Und für was diese Strudlerlei in aller Welt?
Für Ruhm und Ehr?
Oder leicht gar fürs Geld?
Nimmermehr!
Nur für eure Zukunft, liebe Bürger,
muß er seine Baustellen schön in Gang halten!
Nur für euer Wohl
geht er seinen schweren Weg!............
...............................

                                                     Erinnerungen an die Jugendzeit


Erste Auftritte von Helmut mit Cousine beim Gedichtevortrag 





                                     Die Geburtstagsfeier in der Hösshalle am 19.9.2017
















 Julia Körber von der Gemeinde hat den Beitrag ermöglicht.
 Die Bilder vom Geburtstagsfest sind von:  BezirksRundschau/Staudinger

Freitag, 15. September 2017

Eröffnung des Kindergartens in Hinterstoder vor 60 Jahren

1957 wurde in Hinterstoder der erste Kindergarten eröffnet.
Lehrerin Maria Moser, die zur Kindergarteneinweihung sprach, drückte damals schon Sorgen aus, die allerdings im Laufe der Jahre noch viel, viel größer geworden wären. Was würde Maria Moser wohl heute zu der Reizüberflutung durch Internet und Massenmedien sagen?

"Es ist mir ein Herzensbedürfnis die Gründung dieses Kindergartens zu begrüßen und dem schönen, fröhlichen Betrieb mit unseren 3 - 6jährigen Stöderern wärmstens allen Segen zu wünschen. Denn aus diesem Kindergarten werden die Buben und Mädchen später durch die Tür nebenan in meine Klasse kommen und dort ihr 1. und 2. Schuljahr verbringen. So kommt ihnen schon jetzt ein großes Maß von Liebe und Freude und ein warmes Umsorgen entgegen.
Alle Lehrer und Erzieher bestätigen, daß die Kinder, die leicht lernen und gut auffassen, mit jedem Schuljahr seltener werden, weil in unserer Zeit die Fähigkeit, sich sammeln zu können, wie bei den Erwachsenen so auch bei den Kindern immer seltener wird. Das große Maß von Reizüberflutung durch Radio, Kino usw., von ständig wechselnden Ablenkungen von sich selbst ist die unbestrittene Ursache.
Wie schwer es für die Eltern, für die Erzieher und nicht zuletzt für das Kind selbst ist, wenn es schwer lernt und begreift, das wissen alle davon Betroffenen. Wenn es eine Erfahrungstatsache ist, daß Kinder, die durch den Kindergarten gegangen sind, jenen Kindern, die den Kindergarten nicht besuchten, um 1 Jahr in der Schule voraus sind, so ist es bestimmt auch deshalb, weil hier im Kindergarten, neben allem fröhlichen Spiel auch gesorgt wird, daß die Kinder sich sammeln lernen zu einem kleinen Gebet, einem kleinen Lied oder Gedicht, daß sie still werden im Anhören einer von Kindern so sehr geliebten Geschichte.
Wie selten findet daheim noch die Mutter dazu Zeit und wieviel an Schönem und Wertvollem geht dadurch dem Kinde verloren. Gerade in der Sammlung zur Stille werden Anlagen geweckt, im frohen, klug gelenktem Tun erhalten sie die Kraft sich auszuwirken für ein ganzes Leben.
Wollen wir alle im Kinde keine Last sehen, kein Spielzeug, sondern eine Gnade und ein Gottesgeschenk, wollen wir vor allem aber in jedem Kind einen Gottesgedanken sehen, der durch unsere Hilfe, durch Liebe und Strenge, Kraft bekommen soll sich in dieser Welt auszuwirken.
So wollen wir alle dankbar sein, daß auch in unserem schönen Heimattal, in diesem schönen Raum, in den die Berge hereinschauen, ein Kindergarten zustande kam. Möge er sich auswirken als Segen Gottes für die Kleinen, für Eltern und Erzieher, als Segen für unser Stodertal."

Maria Moser und Kinder



Sonntag, 10. September 2017

Konzert „Alois Mühlbacher & friends“

Am achten September veranstaltete der Soroptimistclub Windischgarsten-Kremstal ein Konzert mit Alois Mühlbacher & friends im Bernardisaal im Stift Schlierbach. Begleitet wurde Alois – wie gewohnt – von Mag. Franz Farnberger am Klavier. Für Abwechslung sorgten ein Männerensemble und vier Florianer Sängerknaben.

Der Erlös dieser Veranstaltung wurde Stefanie Stöttinger, die allen Stoderern genauso wie Alois bekannt ist, gewidmet.

Der Barocksaal des Stiftes war bis auf den letzten Platz ausgebucht und die Veranstaltung mit dem liebevoll zusammengestellten Programm grandios. Alois gelang es mit seiner gefühlvollen Interpretation alle zu fesseln und mit seiner stimmlichen Bandbreite in Erstaunen zu versetzen. Das Publikum war begeistert und dankbar, so einen schönen Abend erlebt zu haben.

Den Abend moderierte ein Kollege von Alois, Herr Florian Eschelmüller.


von links: Stefanie Stöttinger, Silvia Sturmberger




Stefanie Stöttinger vorne, v.l.n.r. Dr.Marianne Reifberger, DI.Christiane Holter,
Silvia Sturmberger, Angelika Diesenreiter



Alois Mühlbacher, DI Christiane Holter


Bericht: DI Christiane Holter

Freitag, 8. September 2017

Der weite Weg von Hinterstoder nach Kalifornien.

Vor einigen Wochen besuchte mich Gösta Iwasiuk mit dem ich 1950 meinen Schulbesuch in der         ersten Klasse Volksschule in Hinterstoder begann. Es gab damals noch kein eigenes Schulgebäude. Klassen der Schule waren, wie unsere 1. Klasse, im Haus gegenüber der Kirche untergebracht. Dort wo später jahrelang das Postamt war.
Göstas Eltern mussten im 2. Weltkrieg aus ihrer Heimat Tschernowitz, ehemals Österreichisch-Ungarische Monarchie, vor den Russen flüchten und sein Vater, von Beruf Arzt, wurde im Krieg von 1942 bis 1945 Gemeindearzt von Hinterstoder. Sie bezogen eine Wohnung in der Prielervilla des Fürsten von Eulenburg und Hertefeld. Die Ordination war im Gemeindehaus. Göstas Eltern hatten den Wunsch in die USA zu emigrieren. Es bot sich die Möglichkeit für seinen Vater bei den US Streitkräften als Arzt zu arbeiten. 1954 übersiedelte die Familie nach Amerika und Dr. Iwasiuk sen. arbeitete als Internist in einem Tuberkulose-Krankenhaus in Peoria Illinois.
Gösta vollendete seine Schulausbildung in Peoria und studierte anschließend an der Universität von Illinois Medizin.
1967 erhielt er das Diplom als Doktor der Medizin und praktizierte anschließend im Medical Center Los Angeles. Dort wurde er als Gefängnisarzt eingeteilt. Das war ein begehrter Arbeitsplatz für Praktikanten, weil die Jungärzte dort kaum beaufsichtigt wurden. Lediglich ein paar Mal in der Woche kam eine erfahrene Ärztin mit der sie die Therapien besprechen konnten. Gösta war noch nicht lange dort, als ein Gefangener eingeliefert wurde der eine Glühbirne zerbrochen und gegessen hatte. Einen solchen Fall hatte er in seiner medizinischen Ausbildung noch nie erlebt. Erst später kam er dahinter, dass Gefangene wussten wie man eine Glühbirne essen konnte ohne sich zu verletzen. Sie wollten sich damit nur ein paar schöne Tage im Krankenzimmer bei besserem Essen und mehr Freiheiten machen.
Einmal wurde ein Mörder eingeliefert, der seine Opfer, meistens Verwandte nach Abschluss hoher Lebensversicherungen, ganz raffiniert mit einer Überdosis Insulin tötete, obwohl diese Personen ärztlich betreut wurden. Der Mörder, dem später mehr als 20 Morde nachgewiesen wurden, erzeugte bei den Opfern künstlich Symptome wie bei einem Herzinfarkt. Nachdem Ärzte die Opfer behandelt hatten spritze er heimlich eine Überdosis Insulin, die den Tod herbeiführte. Es wurde angenommen die Patienten starben an Herzversagen. Stark verbesserte Untersuchungsmethoden würden das heute verhindern.
Gösta wurde zum Chirurgen ausgebildet und arbeitete mit medizinischen Robotern in den Krankenhäusern von Ventura, Santa Paula und Santa Barbara in Kalifornien.
Er wurde als Arzt und als Luftwaffenmajor der US Air Force im Vietnamkrieg hochdekoriert und ausgezeichnet.  
Jetzt endlich, wenn er die Zeit dazu hat, schreibt er interessante Bücher, in denen immer wieder seine Verbundenheit mit der alten Heimat Hinterstoder zum Ausdruck kommt.
Den Gemälden seines Vaters Vladimir, der nicht nur ein ausgezeichneter Arzt sondern auch ein begabter Maler war, widmete er das Buch "Vladimirs Visionen" (Blogbeitrag vom 21.7.2017).
Sein Leben beschreibt er in dem Buch "Tales of a Country Surgeon" und in dem Buch : "The Jesus Gene" denkt er über die Fragen nach: "Warum sind die Menschen religiös?" und "Woher kommt die Religion". Derzeit arbeitet er an einem neuen Buch, das vorwiegend seiner alten Heimat Hinterstoder gewidmet ist. Der Titel: "Tales From My Hometown".

Gösta mit seinen Eltern in Hinterstoder

Göstas erster Schultag

Klassenfoto 1950

Die Prielervilla

Hochzeit mit Mary Jane

Mit Mary Jane als Offizier der Air Force


Im Operationssaal


Dr. Gösta Iwasiuk

"Geschichten eines Landchirurgen"



Heute, im Ruhestand, lebt Dr. Gösta Iwasiuk mit Familie in einer 110 ha großen Ranch in Santa Paula in Kalifornien mit Pferden und vielen Haustieren. In seinen Plantagen wachsen Avocados, Orangen, Zitronen und Äpfel. .