Freitag, 25. März 2022

Geschichten aus vergangenen Tagen

Geschichten aus dem Leben von weltbekannten Persönlichkeiten wie dem italienischen Komponisten Gioachino Rossini, dem Dichter Gotthold Ephraim Lessing, dem US Schriftsteller Mark Twain und dem Zar Nikolaus I Pawlowitsch berichtete das „Vorarlberger Tagblatt" am 14. April 1923. 
Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst. 

Gioachino Rossini (geb.1792, gest.1868)

Einmal empfing Rossini den Besuch eines Neffen von dem großen Komponisten Giacomo Meyerbeer, der ihm eine eigene Komposition vorspielen wollte, einen Trauermarsch zu Ehren Meyerbeers. Rossini hörte sich das Werk an. „Was halten sie von diesem Marsch?" fragte der etwas arrogante, selbstbewusste Neffe des Komponisten. „Nun, meinte Rossini gelassen, „besser wäre es schon gewesen, wenn sie gestorben wären und Ihr Onkel hätte einen Trauermarsch für Sie komponiert."

                                                    
Gotthold Ephraim Lessing (geb.1729, gest.1781)

In einem verschollenen Aufsatz hat Max Ring eine Lessing-Anekdote erzählt, die er der Mitteilung eines Freundes in Wolfenbüttel verdankte. Dort lebte noch um das Jahr 1840 eine uralte Putzfrau, die bei Lessing gedient hatte. Einige Verehrer des Dichters suchten die alte Frau auf, um von ihr etwas über das Leben Lessings zu erfahren. Dabei fragten sie sie auch danach, ob der Dichter geraucht habe. Die Magd, die auf ihren früheren Herrn überhaupt nicht all zu gut zu sprechen war, antwortete unwirsch in ihrem plattdeutschen Dialekt: „Hei harre nix. hei kunne nix, un' dachte ok nix, aber schmöken dau hei 'e ganzen Dag." (Er hatte nichts, er konnte nichts und taugte auch nichts, aber rauchen tat er den ganzen Tag.)

                                              
Mark Twain (geb.1835, gest.1910)

Mark Twain hasste alle Journalisten, die ihn interviewen wollten. Eines Tages kam ein Reporter zu ihm um etwas über sein Familienleben in Erfahrung zu bringen. Es entspann sich folgender Dialog:
„Sind Sie das einzige Kind Ihrer Eltern — oder haben Sie noch Brüder und Schwestern?"
„Ich kann mich leider nicht daran erinnern, mein Herr!"
„Stellt das Bild dort an der Wand, das Ihnen so außerordentlich ähnelt, nicht Ihren Bruder dar?"
„Ach ja!— Ich erinnere mich. Das ist William, der arme, arme William, oder vielmehr der arme Bill, wie man ihn zu nennen pflegte!"
„Ist er denn tot?"
„Gewiss — jedenfalls nehme ich das an! Es ist ein großes Geheimnis um diese Sache. Wir waren Zwillinge, wissen sie, der verstorbene Bill und ich.— Eines Tages — wir waren kaum zwei Wochen alt — vertauschte man uns im Bad! Einer von uns ist dann gestorben, aber wir konnten unmöglich feststellen, wer es eigentlich war. Die einen glaubten, es sei Bill, die anderen nahmen an, ich sei es gewesen. Jetzt will ich Ihnen auch ein weiteres Geheimnis entdecken, das bis heute noch nicht aufgeklärt worden ist: Einer von uns trug ein sehr auffälliges Muttermal auf dem linken Handrücken. Das war ich — und dieses Kind ist gestorben! Ich bin also gar nicht ich, wenigstens weiß ich es nicht!"
Mark Twain hatte die Erzählung mit dem ernstesten Gesicht von der Welt und
mit gesenktem Kopf gemacht. Als er aufsah, war der Reporter nicht mehr anwesend.

                                            
Zar Nikolaus I (geb.1796, gest.1855)

Als der russische Kaiser Zar Nikolaus I. zu Besuch in Berlin war, litt er eines Tages an heftigen Zahnschmerzen. Man rief den Zahnarzt Dr. W., der die Ursache der Schmerzen feststellte und dem Kaiser einen Zahn zog. Als der Arzt von dem Adjutanten des Kaisers gefragt wurde, was man ihm für diese Operation schuldig sei, antwortete der Arzt, er fühle sich reichlich belohnt durch das Glück, den Kaiser von Schmerzen befreit zu haben.
Am anderen Morgen erhielt der Zahnarzt, der niemals über Berlin hinausgekommen war, einen Orden mit der Inschrift: „Für Tapferkeit im Kaukasus".

Freitag, 18. März 2022

Anekdoten aus dem alten Russland


Im "Tagblatt" vom 14.4.1929 konnte man Anekdoten aus dem Russland der Zarenzeit von Zar Peter dem Großen, Katharina I  und Katharina II der Großen , von Fürst Potemkin und anderen lesen. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.
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Während des Feldzuges auf Otschakoff war Fürst Grigory Potemkin (gesprochen Potjemkin) bis zur Raserei in die Gräfin D. verliebt. Als sie endlich in ein Rendezvous eingewilligt hatte und er mit der Schönen in seinem Zelt war, zog er plötzlich an einer Klingelschnur — und mit einem Male begannen die Geschützbatterien des ganzen Heeres zu donnern.
Als die Kaiserin Katharina II. von diesem grotesken Streich ihres Günstlings  hörte, zuckte sie gleichmütig mit den Achseln und sagte ironisch in ihrer geistvollen Weise: „Was für ein lautes Kikeriki!"

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Lange bevor Katharina II. 1774 von der Türkei das Land bis zum Bug erwarb, weilte am Petersburger Hof ein Gesandter der Türkei, der durch geistvolle Antworten die Kaiserin sehr für sich einzunehmen wusste. Einmal fragte ihn Katharina: „Warum erlaubt Mohammed den Osmanen mehrere Frauen zu nehmen?" „Um bei mehreren Frauen das zu finden, was bei Ihnen in einer Person vereinigt ist," antwortete der galante Türke.
Die große Katharina war durchaus nicht frei von Eitelkeit und der Gesandte hatte bald darauf Gelegenheit zu bemerken, dass seine wohlgesetzte Schmeichelrede ihm Früchte trug.
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Der Reformator russischen Lebens, Peter der Große, war ein eifriger Schachspieler und wünschte von jedem Russen, dass er diese Kunst erlerne. Bei den von Peter eingeführten Hofempfängen war das Schachspiel eine obligate Unterhaltung, wobei, wie der holsteinsche Edelmann Bergholz in seinen Erinnerungen erzählt, dass die Russen sich als ausgezeichnete Spieler zeigten. Noch zur Zeit Peters fand sich sogar die Geistlichkeit mit dem „gottlosen" Brauch ab und fing selber an, Schach zu spielen. Ein Metropolit (Oberbischof) klagte einst der Kaiserin Katharina dass ihn das Geläute der Kirchenglocken ständig beim Schachspiel störe. Katharina gab ihm den Rat, doch die Glocken einfach zu verkaufen, was auch geschah, so dass sich der Metropolit künftig ungestört des Schachspiels erfreuen konnte.
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Peter dem Großen wurde eines Tages Mitteilung von vielen großen Diebstählen gemacht. Er geriet in heftigen Zorn und rief: „Bei Gott, ich will diesen verfluchten Spitzbübereien ein Ende machen!", setzte sich hin und schrieb einen Generalerlass für das ganze Reich, dass jeder Dieb gehängt werden solle, habe er auch nur so viel an Wert gestohlen, als ein Strick zum Hängen koste. Die Gemahlin des Kaisers, die spätere Katharina I., sagte verwundert: „Aber Peter Alexejowitsch, bedenke doch die Folgen eines solchen Erlasses! Wollen wir denn ganz ohne Bediente und Untertanen bleiben?" Der Zar überlegte und dann zerriß er den Generalerlass.
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Fürst Potemkin, der berühmteste Schachspieler zur Zeit Katharinas II., erfuhr eines Tages, dass in der Provinzstadt Tula ein Kaufmann lebe, der ausgezeichnet Schach spiele. Er ließ den Mann postwendend nach Petersburg kommen, ernannte ihn zu seinem „Leibschachspieler" und nahm ihn sogar auf seinen Feldzügen mit. Wenn der Günstling der großen Katharina Schach spielte, durfte er nicht gestört werden. Manchmal warteten die Minister mit dringendsten Rapporten stundenlang, bis der allmächtige Fürst seine Partie beendet hatte. Die Kaiserin sagte darüber einmal zu einem ihrer anderen Günstlinge: „Mit der einen Hand spielt dies Ungeheuer Schach, mit der anderen spielt er mit dem Volk."

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Der russische Hofbankier Emil Suderland wurde plötzlich ins Gefängnis geworfen. Man sagte ihm, es geschähe auf Befehl der Kaiserin Katharina. Katharina habe angeordnet, ihn ausstopfen zu lassen. Der Bankier war der Verzweiflung nahe. Alles was er erreichen konnte, war, dass man sich bereit erklärte, ein Gnadengesuch der Kaiserin zu übermitteln. Als der Kanzler, Graf v. Bruce, Katharina das Gesuch Suderlands vorgelesen hatte, brach sie in ein unbändiges Gelächter aus und erklärte dem Kanzler dann, dass der Pechvogel von Bankier das Opfer einer Verwechslung geworden sei. Sie hatte nämlich seit langen Jahren einen Hund besessen, der gleichfalls „Suderland" hieß und der tags zuvor gestorben war. Da sie das Tier lieb hatte, gab sie den Befehl, Suderland sofort ausstopfen zu lassen!
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Einmal, es war einige Jahre vor der Ermordung ihres Gemahls Peter III., wurde die spätere Kaiserin Katharina II. von der Gräfin Solttskow gefragt, welcher ihrer beiden Liebhaber ihr denn lieber sei, August Poniatowski oder Gregor Orlow. Katharina antwortete: „Wenn einer von ihnen bei mir ist, so ist mir immer der Abwesende der liebste."

Katharina I (geb.1684, gest.1727)

Katharina II die Große
 (geb.1729, gest.1796) 

Katharina II die Große

Zar Peter der Große
(geb.1672, gest.1725)

 Fürst Grigory Potemkin
(geb.1739, gest.1791) 

Freitag, 11. März 2022

Anekdoten aus vergangenen Tagen

Manchmal findet man in alten Zeitungen interessante und lustige Anekdoten. Diese Geschichten der drei nachfolgenden Persönlichkeiten sind schon mehr als hundert Jahre alt und geben ein klein wenig Einblick in ihr Leben.

George Bernard Shaw (geb.1856, gest.1950) war ein irischer Dramatiker, der 1925 den Nobelpreis für Literatur bekam. Z.B. sein Theaterstück Pygmalion bzw. das Musical "My Fair Lady", das daraus entstand, ist weltbekannt.

Die Oskar-Preisträgerin Joan Crawford (geb.1905, gest.1977) gilt unter Filmhistorikern als Personifizierung des klassischen US–Hollywoodstars.

Benito Mussolini (geb.1883, gest.1945) war von 1922 bis 1943 Ministerpräsident des Königreiches Italien. Als Duce del Fascismo („Führer des Faschismus“) und Capo del Governo („Chef der Regierung“) stand er ab 1925 als Diktator an der Spitze Italiens.

George Bernard Shaw
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Es ist nicht immer so einfach, mit einem berühmten Mann verheiratet zu sein. Das muss auch die Frau des Mannes, den die ganze Welt unter den Buchstaben GBS. kennt, erfahren, denn die Frau von George Bernard Shaw muss immer guter Laune sein — das verlangt ihr Mann. Eines Abends hatte Familie Shaw Besuch und George Bernard Shaw erzählt den ganzen Abend Geschichten, eine Anekdote, einen Witz nach dem anderen. Mrs. Shaw saß ganz ruhig dabei und strickte an einem langen dunkelbraunen Strumpf. Als eine der Damen liebenswürdig Mrs. Shaw fragte, ob ihr Mann nur selbstgestrickte Strümpfe trage, erwiderte Mrs. Shaw: „Ich stricke nur, um meine Finger zu beschäftigen. Denn täte ich dies nicht, so wäre ich gezwungen, meinen Mann zu erwürgen, so oft habe ich nämlich schon seine Geschichten gehört.“

Joan Crawford

Joan Crawford wurde von einem hartnäckigen Anbeter unablässig verfolgt. Der verzweifelte Liebhaber ging so weit, dass er sich vor Joan auf die Knie warf und seufzte: „Ich liebe Sie, Mrs. Crawford. Ihretwegen könnte ich sogar einen Mord begehen!“ Joan antwortete unberührt: „Ich bin bescheidener, ich bin schon mit einem raschen Selbstmord zufrieden!“

Benito Mussolini

Mussolini, so erzählt der „Petit Partfien", besuchte in einer kleinen Provinzstadt ein Kino. Da die Vorstellung bereits begonnen hatte, konnte er in der Dunkelheit unerkannt den Saal betreten und nahm in den hinteren Reihen Platz. Unter anderem wurde auch ein Film gezeigt, der ein feierliches faschistisches Ereignis in Rom zum Inhalt hatte an dem sich der Duce persönlich beteiligte.
Als Mussolini auf der Leinwand erschien, erhob sich, wie es in Italien üblich war, der Saal bis auf den leibhaftigen Mussolini selbst, der in seinem Sessel ruhig sitzen blieb. Im Publikum begann man befremdet zu flüstern. Ein Milizsoldat machte Anstalten, sich dem Ruhestörer zu nähern, aber bevor es noch geschehen war, stürzte der erschrockene Kinobesitzer, der einen Skandal vermeiden wollte, auf die unbewegliche Gestalt zu und forderte den Sitzenden auf, sich augenblicklich zu erheben. Er tat dies mit lauter entrüsteter Stimme, so dass man es im ganzen Saal hören konnte, dann aber beugte er sich zum Duce herab und flüsterte ihm gutmütig ins Ohr: „Wissen Sie, hier denken wir ja alle wie Sie, aber es ist doch besser, wenn Sie aufstehen." 

Freitag, 4. März 2022

Mozart und Maria Antoinette

In der Oberdonau Zeitung vom 9.1.1945 berichtete Friedrich Gersthofer in einer Anekdote von einem Besuch Wolfgang Amadeus Mozarts bei Kaiserin Maria Theresia. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

Die Kaiserin Maria Theresia nahm immer großen Anteil an dem genialen Knaben Mozart. Eines Tages war der kleine achtjährige Wolfgang bei Hofe, wo er oftmals konzertierte. Als er seine Aufgabe erledigt hatte bemächtigten sich die ganz jungen Erzherzoginnen (Töchter Maria Theresias) Christina und Maria Antoinette des lebhaften Knaben und huschten mit ihm durch mehrere Zimmer, wobei Mozart auf dem Parkett fiel. Christina stellte sich vor ihn und lachte ihn aus. Da trat die nachmalige Königin von Frankreich, Maria Antoinette, an den Knaben heran, hob ihn auf, trocknete mit ihrem Tüchlein seine Tränen und küsste ihn tröstend auf die Stirne.
Der Junge ließ sie gewähren, sah sie anfänglich nur von der Seite an und sagte endlich rasch entschlossen; „Höre, Antoinette ich werde Dir etwas sagen — ich heirate Dich!“ Die kleine Erzherzogin war darüber außerordentlich vergnügt und sprang in das Zimmer der Kaiserin mit der frohen Botschaft: „Mama, Mama, Mozart heiratet mich!“ „So?“ lächelte Maria Theresia,“ Ei, das wäre gar keine so schlechte Partie für Dich!“ Dann nahm sie den kühnen, kleinen Knaben auf ihren Schoß und fragte ihn was ihn zu diesem raschen Entschluss bewogen habe. Mozart erklärte, die Erzherzogin Christina sei an seinem Fall schuld gewesen und habe ihn obendrein noch ausgelacht. Antoinette aber habe ihm ihre Teilnahme bezeugt, sie sei also gut. Darum heirate er sie auch, denn er wolle nur eine gute Frau haben. „Ja, das ist richtig und gut“, meinte die Kaiserin, „aber wenn Du sie zur Frau willst, brauchst Du auch Kleider wie ein Erzherzog!
Am nächsten Tag kam ein Hoffourier (Hoffourier war ein Mitglied des Hofstaats) mit einer kaiserlichen Equipage, brachte einen vollständigen Hofanzug für Mozart und eine prächtige Robe für dessen Schwester, die nicht ohne Beklemmung Zeugin dieser kindlichen Szene gewesen war. Mozarts Vater ließ ihn damit malen. Dieses Bild des kleinen Wolfgang, das ihn als Miniaturstutzer in violettem Seidenbauschröckchen, Degen und gepuffertem Haar darstellt, ist heute noch im Mozarteum zu Salzburg zu sehen.

Wolfgang Amadeus Mozart

Maria Antoinette wurde am 16.10.1793
 in Folge der Französischen Revolution enthauptet

Maria Antoinette