Im "Tagblatt" vom 14.4.1929 konnte man Anekdoten aus dem Russland der Zarenzeit von Zar Peter dem Großen, Katharina I und Katharina II der Großen , von Fürst Potemkin und anderen lesen. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.
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Während des Feldzuges auf Otschakoff war Fürst Grigory Potemkin (gesprochen Potjemkin) bis zur Raserei in die Gräfin D. verliebt. Als sie endlich in ein Rendezvous eingewilligt hatte und er mit der Schönen in seinem Zelt war, zog er plötzlich an einer Klingelschnur — und mit einem Male begannen die Geschützbatterien des ganzen Heeres zu donnern.Als die Kaiserin Katharina II. von diesem grotesken Streich ihres Günstlings hörte, zuckte sie gleichmütig mit den Achseln und sagte ironisch in ihrer geistvollen Weise: „Was für ein lautes Kikeriki!"
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Lange bevor Katharina II. 1774 von der Türkei das Land bis zum Bug erwarb, weilte am Petersburger Hof ein Gesandter der Türkei, der durch geistvolle Antworten die Kaiserin sehr für sich einzunehmen wusste. Einmal fragte ihn Katharina: „Warum erlaubt Mohammed den Osmanen mehrere Frauen zu nehmen?" „Um bei mehreren Frauen das zu finden, was bei Ihnen in einer Person vereinigt ist," antwortete der galante Türke.
Die große Katharina war durchaus nicht frei von Eitelkeit und der Gesandte hatte bald darauf Gelegenheit zu bemerken, dass seine wohlgesetzte Schmeichelrede ihm Früchte trug.
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Der Reformator russischen Lebens, Peter der Große, war ein eifriger Schachspieler und wünschte von jedem Russen, dass er diese Kunst erlerne. Bei den von Peter eingeführten Hofempfängen war das Schachspiel eine obligate Unterhaltung, wobei, wie der holsteinsche Edelmann Bergholz in seinen Erinnerungen erzählt, dass die Russen sich als ausgezeichnete Spieler zeigten. Noch zur Zeit Peters fand sich sogar die Geistlichkeit mit dem „gottlosen" Brauch ab und fing selber an, Schach zu spielen. Ein Metropolit (Oberbischof) klagte einst der Kaiserin Katharina dass ihn das Geläute der Kirchenglocken ständig beim Schachspiel störe. Katharina gab ihm den Rat, doch die Glocken einfach zu verkaufen, was auch geschah, so dass sich der Metropolit künftig ungestört des Schachspiels erfreuen konnte.
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Peter dem Großen wurde eines Tages Mitteilung von vielen großen Diebstählen gemacht. Er geriet in heftigen Zorn und rief: „Bei Gott, ich will diesen verfluchten Spitzbübereien ein Ende machen!", setzte sich hin und schrieb einen Generalerlass für das ganze Reich, dass jeder Dieb gehängt werden solle, habe er auch nur so viel an Wert gestohlen, als ein Strick zum Hängen koste. Die Gemahlin des Kaisers, die spätere Katharina I., sagte verwundert: „Aber Peter Alexejowitsch, bedenke doch die Folgen eines solchen Erlasses! Wollen wir denn ganz ohne Bediente und Untertanen bleiben?" Der Zar überlegte und dann zerriß er den Generalerlass.
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Fürst Potemkin, der berühmteste Schachspieler zur Zeit Katharinas II., erfuhr eines Tages, dass in der Provinzstadt Tula ein Kaufmann lebe, der ausgezeichnet Schach spiele. Er ließ den Mann postwendend nach Petersburg kommen, ernannte ihn zu seinem „Leibschachspieler" und nahm ihn sogar auf seinen Feldzügen mit. Wenn der Günstling der großen Katharina Schach spielte, durfte er nicht gestört werden. Manchmal warteten die Minister mit dringendsten Rapporten stundenlang, bis der allmächtige Fürst seine Partie beendet hatte. Die Kaiserin sagte darüber einmal zu einem ihrer anderen Günstlinge: „Mit der einen Hand spielt dies Ungeheuer Schach, mit der anderen spielt er mit dem Volk."
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Der russische Hofbankier Emil Suderland wurde plötzlich ins Gefängnis geworfen. Man sagte ihm, es geschähe auf Befehl der Kaiserin Katharina. Katharina habe angeordnet, ihn ausstopfen zu lassen. Der Bankier war der Verzweiflung nahe. Alles was er erreichen konnte, war, dass man sich bereit erklärte, ein Gnadengesuch der Kaiserin zu übermitteln. Als der Kanzler, Graf v. Bruce, Katharina das Gesuch Suderlands vorgelesen hatte, brach sie in ein unbändiges Gelächter aus und erklärte dem Kanzler dann, dass der Pechvogel von Bankier das Opfer einer Verwechslung geworden sei. Sie hatte nämlich seit langen Jahren einen Hund besessen, der gleichfalls „Suderland" hieß und der tags zuvor gestorben war. Da sie das Tier lieb hatte, gab sie den Befehl, Suderland sofort ausstopfen zu lassen!
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Einmal, es war einige Jahre vor der Ermordung ihres Gemahls Peter III., wurde die spätere Kaiserin Katharina II. von der Gräfin Solttskow gefragt, welcher ihrer beiden Liebhaber ihr denn lieber sei, August Poniatowski oder Gregor Orlow. Katharina antwortete: „Wenn einer von ihnen bei mir ist, so ist mir immer der Abwesende der liebste."
Katharina I (geb.1684, gest.1727) |
Katharina II die Große (geb.1729, gest.1796) |
Katharina II die Große |
Zar Peter der Große (geb.1672, gest.1725) |
Fürst Grigory Potemkin (geb.1739, gest.1791) |
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