Dienstag, 15. März 2016

Über die Entstehung des Turnverein Hinterstoder und der Turnhalle


Vor 90 Jahren, 1926, gründete der junge Besitzer des "Fröstlgutes" Michael Lattner mit 12 Burschen als aktive Mitglieder, den Turnverein Hinterstoder.
Zunächst wurden mit eigenen, geringen finanziellen Mitteln und mit Spenden von Förderern die wichtigsten Turngeräte angeschafft. Geturnt wurde in der alten Veranda im Jaidhaus. Bald aber, besonders im Winter, zeigte sich, dass die alte Veranda kein geeigneter Platz zum Turnen war, weil die Turngeräte nach dem Turnen jeweils unter der Veranda verstaut werden mussten. Das Turnen wurde deshalb in den Wagenschuppen der "Huem" verlegt. Dort war es zwar beengt aber in der wärmeren Jahreszeit konnte dort ohne Probleme geturnt werden.

Durch gute Kontakte mit dem Obmann des Deutschen Turnerbundes, Kupka, und dem Bundesturnwart Hammer, die als Gäste das Turnen in der "Huem" besuchten und die Begeisterung der Turner trotz der mangelhaften und fast ungeeigneten Möglichkeiten zum Turnen sahen, versprachen sie einen Zuschuss  zum Bau einer Turnhalle in der Höhe von 10.000,-- ÖS. (Entspricht heute ca. 30 000 €). Dieses Angebot wurde von den Turnern mit Begeisterung aufgenommen und sofort suchte man nach einem geeigneten Bauplatz. Zunächst sollte die Turnhalle beim Jaidhaus gebaut werden. Herrn Hackl vom Jaidhaus wurde der Antrag gemacht die Halle dort zu bauen wo später dann das Jaidhauser Bad gebaut wurde. Sie sollte dem Jaidhaus von Juli bis September als Gastlokal zur Verfügung stehen, denn in dieser Zeit könnten die Turner auch im Freien ihre Übungen machen. Nach 99 Jahren sollte die Halle in das Eigentum des Jaidhaus übergehen. Dieses Angebot wurde aber abgelehnt.

Herr Michael Lattner aus Klaus, der Vater des Turnvereinsobmannes  Michael Lattner, half aus und schenkte dem Turnverein eine Bauparzelle unterhalb des Schmalzerhofs. Dieser Platz war leider für eine Turnhalle ungeeignet. Es bot sich jedoch die Gelegenheit diesen Bauplatz mit dem damaligen Besitzer des "Gasthof zur Post" Buchschachermeier zu tauschen und der Bau der Turnhalle am heutigen Standort konnte beginnen. (Jetzt ist die Feuerwehr in dieser Halle untergebracht).
Da  der Bauplatz zur Hälfte das frühere, tiefer gelegene Flußbett der Steyr war, mußte dieser Teil mit 200 Kubikmeter Steinen die aus der Steyr geholt wurden, aufgefüllt werden. Sonst wäre keine Zufahrt möglich gewesen.
Im Frühjahr 1926 konnten bereits 16 Turner und 12 Turnerinnen mit dem Bau der Turnhalle beginnen. In einer Bauzeit von 3 Jahren haben sowohl die Turner als auch die Turnerinnen in tausenden von Arbeitsstunden unermüdlich am Bau gearbeitet. Alle Arbeiten, mit Ausnahme der Zimmererarbeiten am Dachstuhl wurden in Eigenregie gemacht.
Die vom Turnerbund erhaltenen 10 000,-- ÖS waren durch den Kauf des Baumaterials bald verbraucht. Die Gemeinde Hinterstoder versprach auch einen Beitrag von 10 000,-- ÖS. Die Auszahlung verzögerte sich jedoch. Die Turnhalle sollte auch der Schuljugend, der Ortsmusik, für Theateraufführungen und für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Es gab auch Gegner des Bauprojekts und die hofften schon der Bau würde eingestellt. Zum Glück sprang der Jagdpächter Jochems mit einem Hypothekarkredit von 15 000,-- ÖS ein. Damit konnten Materialschulden beglichen werden.
Neben den aktiven Arbeiten am Bau veranstalteten die Turner Sommerfeste und Theateraufführungen im Freien um Geld zu verdienen.

1929 starb der junge Obmann des Vereins Michael Lattner, 27 Jahre alt
und hinterließ tief trauernde Turnkollegen.



Abschied von Michael Lattner in der neuen Turnhalle


Nachruf von Josef Angerhofer

Trotz des schmerzhaften Verlustes war 1930 die Halle fertig gestellt. Die Schulden und Zinsen an Jochems sollten durch den Betrieb eines Lichtspieltheaters getilgt werden. Dabei hat sich Herr Riedler als Betriebsleiter besonders verdient gemacht.
Durch politische Unruhen sollte 1934 der Turnverein  aufgelöst und die Turnhalle zwangsversteigert werden. Ein Gönner der nicht genannt werden wollte spendete 8 000,-- ÖS und die Gemeinde konnte die Halle um 19 240,-- ÖS erwerben.

Zuletzt sollten auch die Spender und Gönner des Turnvereins genannt werden.
Michael Lattner und sein Vater spendeten Grund und Baumaterial, Architekt Siegfried Theiss aus Wien erstellte kostenlos die Baupläne (siehe auch den Beitrag vom 16.1.2016 in diesem Blog), Zimmermeister Georg Auer verlieh kostenlos eine Maschine zur Herstellung von Betonhohlsteinen, Ing. Josef Jüngling übernahm kostenlos die Bauaufsicht, Großkaufmann Reichl stiftete den Vorhang für das Theater, Der Turnverein Linz spendete 2 Öfen, die Württembergische Forstverwaltung stellte viele Fahrten mit Fuhrwerken kostenlos zur Verfügung, Pfarrer Hausjell erlaubte den Anschluß an die Wasserleitung des Pfarrhofs und gestattete die Zufahrt und die Turnvereine von Wels, Steyr, Kirchdorf, Windischgarsten und Spital halfen bei der Arbeit.

Die Eröffnung der Turnhalle erfolgte bei strahlend schönem Wetter am Pfingstsonntag 1930.


Haus der Feuerwehr - früher Turnhalle

Auszug aus dem Artikel in der Tages Post vom 12.Juni 1930
Den Festabend in der dicht gefüllten Turnhalle eröffnete der Obmann des Turnvereines Hinterstoder Oberförster Leopold Hummelberger. Er gedachte gleich eingangs seiner Rede in bewegten Worten zweier heimgegangener Turnbrüder, die den Grundstein des Vereines und der Turnhalle in Hinterstoder gelegt haben: Des Bundesturnwartes Hammer und des Vereinsgründers und ersten Obmannes Michael Lattner. Zum Zeichen der Trauer über diese unersetzlichen Verluste, die die Turnsache in den Jahren 1928 und 1929 erlitten hat, wurde dieser Teil der Rede von den Festgästen stehend angehört. Des weiteren begrüßte Obmann Hummelberger viele der anwesenden Fest- und Ehrengäste, darunter besonders die Eltern des Vereinsgründers Frau und Herrn Marie und Michael Lattner aus Klaus, die dem Verein den Baugrund gespendet hatten und die nun unter Überreichung eines schönen Oelbildes mit Widmung zu Ehrenmitgliedern des Vereines ernannt wurden. Er begrüßte und würdigte die besonderen Verdienste um das Zustandekommen der Turnhalle, unter anderen ferner die Herren Bauräte Theiß und Jaksch aus Wien, die den Gesamtplan und alle Einzelpläne vollkommen kostenlos zur Verfügung gestellt hatten, Bürgermeister Hans Fessl von Hinterstoder, einen stets begeisterten Förderer dieses turnerischen Werkes, der alles Bauholz kostenlos verschnitten hatte, Kaufmann Franz Pachleitner, der alle gelieferten Baumaterialien und die verschiedensten Festartikel stets zu wahren Ausnahmspreisen und vieles umsonst beigestellt, und viele andere Spender und Gönner, die es durch kleinere oder größere Spenden und Leistungen ermöglichten, die Halle fertigzubringen. Des weiteren konnte er begrüßen: Den Obmann des Donau-Turngaues Direktor Seidl aus Linz, den Vertreter des Kreisturnrates Sepp Linnemayer, den Hauptvorstand des österreichischen Ski Verbandes Notar Rigele aus Linz, die um die Festvorbereitungen sehr verdienten Turnbrüder Burner aus Steyr und den Gauturnwart Oskar Richter aus Enns, die Obmänner und Vertreter der einzelnen Turnbezirke und Vereine darunter sogar Lang-Enzersdorf — und viele andere. Seine weiteren Ausführungen waren erfüllt von berechtigtem Stolz und hoher Freude am endlichen Gelingen des mit zähem Willen geschaffenen Werkes, sowie von herzlichstem Dank an alle, die beigetragen haben, die Halle unter den günstigsten Bedingungen zu erbauen. 

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