Ganz alte Hinterstöderer wußten noch, aus Erzählungen ihrer
Vorfahren, die Geschichte von einem Taglöhner,
der irrtümlich einen Burschen erstochen hat und sich gleich als er es erkannte bei seinem Opfer dafür entschuldigt hat. Da war es aber schon zu spät. Nachstehend der Bericht dazu in der Steyrer Zeitung vom 16.12.1883.
Der 24 Jahre alte ledige Taglöhner zu Mitterstoder Johann
Bieda saß wegen des Verbrechens des Totschlags auf der Anklagebank.
Der Anklageschrift entnehmen wir hierüber Folgendes:
Am 28. Oktober 1883 sollte zu der zum Stögergute (Stegergut) des Johann
Hotz in Hinterstoder gehörigen "Haarstube" gebrechelt werden (Flachs
zu Leinen verarbeiten). Mehrere Burschen von Hinterstoder, darunter der
Bauernknecht Franz Baumschlager, trugen für die Dirnen (Mägde) die
Brechelmaschinen in die Haarstube, in der sich bereits der Hüttlersohn Anton
Prieler und Johann Bieda eingefunden hatten. Als Baumschlager des Bieda
ansichtig wurde, schimpfte er denselben, weil dieser dem Stögergutsbesitzer
Hotz angeblich mitgeteilt hatte, dass er des Nachts Besuche bei dessen Magd
mache. Bieda entfernte sich bald darauf aus der "Haarstube"und ging
gegen das Stögergut, wo er als Taglöhner bedienstet war, ohne weiter etwas zu
sagen. Prieler folgte ihm aber auf dem Fuß nach, trotzdem er von Baumschlager
vor Bieda gewarnt wurde und räusperte sich in sehr auffälliger Weise so lange
er hinter Bieda ging. Wie nun der Besitzer des Stögergutes Johann Hotz angibt,
hörte er damals seinen Taglöhner Bieda rufen: "Lasst mich gehen, ich steh
sonst für nichts gut". Gleich darauf schrie einer zum Vorhaus hinein:
"Stöger, deinen Knecht hat einer gestochen." Als Bieda in das Haus
kam rief er fluchend: "Heut ist`s mir schon alles eins, weil ich schon gar
keinen Frieden haben kann, wenn ich auch einen erstochen hab`". Baumschlager,
der dem Prieler nachging hörte, als dieser und Bieda schon nahe dem Stall
waren, den Bieda rufen, ohne zu vernehmen was derselbe schrie und gleich darauf
kam Prieler mit den Worten zurück: "Aus ist`s mich hat er gut
gestochen". Prieler ging noch ein paar Schritte und fiel dann tot zu
Boden. Sein Tod erfolgte nach dem gerichtsärztlichen Gutachten durch
Verblutung, indem durch ein spitzes Messer die linke Halsschlagader unter dem
Schlüsselbein durchschnitten war. Der Stich war mit großer Heftigkeit geführt
worden.
Johann Bieda - der nach seiner blutigen Tat floh, sich aber
bald darauf selbst stellte - war, wie in der Voruntersuchung so auch vor dem
Schwurgericht seiner Tat vollkommen geständig, nur behauptet er, seine
Verfolger (Baumschlager und Prieler) hätten ihn in der Mitte gehabt und einer
habe ihn mit der Achsel gestoßen, der andere ihn am Rock gezupft. Er will
keinen der Beiden gekannt haben und erst als laut geschrien wurde, sei er zur
Kenntnis gekommen, dass es Prieler sei, den er getroffen habe. Er sei
schauerlich in Zorn gewesen und habe kaum gewusst was er tut. Auf Vorhalt des
Herrn Präsidenten, daß nach den Aussagen aller Anton Prieler ein sehr
gutmütiger, fröhlicher und harmloser Mensch gewesen sei, den alle gern hatten, der
niemand etwas zu Leide getan hat, brach der Angeklagte in heftiges Schluchzen
aus und beteuerte: Er habe den Prieler um den ihn sehr leid tue, nicht
umbringen wollen und überhaupt nicht gewusst nach wem er stach. Bei dem
offenen Geständnis des Angeklagten (dessen Leumundszeugnis dahin lautet, dass er
roh und gewalttätig sei) beschränkte sich der Herr Verteidiger in seinem
Plädoyer wesentlich auf Geltendmachung der zu Gunsten des Angeklagten
sprechenden vielfachen Milderungsgründe, so dessen heftiger Charakter, das
fortwährende Reizen, die vielfache Verhöhnung, die gänzlich mangelnde Absicht
zu töten, das umfassende Geständnis usw. - Die Geschworenen gingen ihrerseits
noch weiter und verneinten nach längerer Beratung mit 8 gegen 4 Stimmen die
Frage ob Bieda des Totschlags schuldig sei. Dieser wurde darauf vom Gerichtshof
freigesprochen und sofort aus der Haft entlassen.
Die alte "Haarstube" links (gibt es nicht mehr), rechts die Stegerkapelle ca.1880. |
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