Freitag, 28. September 2018

Lausbuben und Lausmädchengeschichten aus längst vergangenen Tagen.

Eine Stodertalerin, die hier in einem Bauernhaus aufwuchs und später nach Deutschland heiratete, erinnerte sich gerne an ihre Kindheit in den 1930er Jahren und schrieb Erlebnisse aus dieser Zeit auf.

"Jeden Freitag kam mit einem offenen Lastwagen ein Fleischhauer um ein kleines Filialgeschäft in unserer Nachbarschaft, das es schon lange nicht mehr gibt, zu beliefern. Er ließ das Auto auf der Straße stehen und schleppte seine Würste in das Geschäft. Meine Brüder und unsere Freunde warteten schon gut versteckt im Straßengraben. Genau in diesem Moment, in dem das Auto unbewacht war, sprangen meine Brüder auf die Ladefläche und eine Stange Krakauer wechselte ihren Besitzer.
Krakauer war unsere Leibspeise, die sich unsere Eltern leider nur selten leisten konnten. Mit diesem Wurstsegen verschwanden wir alle in den Wald und hielten ein Festmahl. Unsere Eltern durften das natürlich nicht wissen. Aber auch dem reichen Fleischhauer fiel das Fehlen dieser einen Wurst nie auf und deshalb hatten wir damals auch nicht wirklich ein schlechtes Gewissen.

Einmal mussten wir abends Ziegenmilch von der alten Dorfhexe "Züla" holen. Wir haben uns sehr gefürchtet, denn sie konnte zaubern. Sie verwünschte das Vieh und die Leute, erzählte man im Dorf. Als meine Geschwister und ich kamen lag sie angezogen im Bett  Um ihren Kopf hatte sie ein weißes Tuch gebunden und ihre rot umrandeten Augen musterten uns in der Dämmerung. In ihrer Kammer brannte kein Licht, sie wurde nur vom Mond erhellt. Wir saßen auf ihrem Bettrand  und sie zeigte uns verschiedene Kunststücke und lernte uns wie wir mit Spielkarten die Zukunft vorhersagen konnten. Sie war sehr freundlich zu uns. Ihre alte Keusche (kleines Häuschen) stand auf einer Waldwiese, auf der Schafe und Ziegen grasten. Es kam schon vor, dass ein neugieriger Ziegenbock auch ihre Küche erforschte. Vor der Haustür schnurrte ihr Kater, den sie "Wui, Wui" nannte".





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