Freitag, 20. September 2019

Als Anton Bruckner die Burg Altpernstein in Micheldorf besuchte.

Die "Oberdonau Zeitung" vom  4.6.1943 berichtet über die Burg Altpernstein und von einem Besuch des weltberühmten Komponisten Anton Bruckner.
Der Text wurde geringfügig gekürzt und an die Schreibweise der heutigen Zeit angepasst.

"Durchblätterst du die Geschichte Altpemsteins, begegnen dir bekannte Namen der Heimatgeschichte, die Jörger von Tollet, die SchloßBärnstain“ als Geschenk von Kaiser Ferdinand I. erhielten. Unter ihnen wurde Pemstein ein Bollwerk der protestantischen Bewegung, denn die Jörger waren fanatische Anhänger der neuen Lehre und brachten auch den Prediger Michael Stambl ins Kremstal, dem sie das Kirchlein auf dem Georgenberg erbauten.
Adam Graf von Herberstorff, gefürchtet und gehaßt von den Bauern des Landes ob der Enns, zählte ebenfalls zu den Besitzern der Burg. 
Die Chronik Altpemsteins berichtet auch von den Hexen- und Zauberprozessen des 17. Jahrhunderts. Der „Zauberer Jakl“, richtig Hans Jakob Ranftl, und Wolf Langemann, Weißgerber in Kirchdorf, wurden der Hexerei angeklagt und nach qualvoller Folter hingerichtet
Wie um alle alten Burgen und Ruinen unserer Heimat rankt sich auch um Altpernstein ein Sagenkranz. Auf dem steilen Felsen gegenüber Altpemstein stand einst die stolze Burg Schellenstein. Zwei Brüder waren die Besitzer dieser benachbarten Festen. Doch der Altpemsteiner — so wird erzählt — war von tiefem Haß gegen seinen erfolgreichen und wohlhabenden Bruder erfüllt. Der Neid nagte unausgesetzt an ihm und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Da beschloß er, seinen Bruder zu töten. Eines Tages lud er den Schellenberger zu einem Gastmahl auf seine Burg. Dieser kam guter Dinge, freute er sich doch, daß sein Bruder Neid und Gram überwunden hatte. Die Mannen des Altpemsteiner aber überfielen, kaum daß der Burgherr seine Feste verlassen hatte, die ahnungslose Besatzung des Schellensteins und steckten die Burg in Brand. Auf Altpernstein ging es währenddessen hoch her. Da plötzlich aber, während eines Trinkspruches, schlug der Widerschein einer grellen Feuerröte in den Saal von Altpemstein. Scheinbar bestürzt eilte der Gastgeber an das Fenster und rief, das Gesicht vom Feuerschein rot überflammt, in den plötzlich totenstillen Saal: Schellensteiner, deine Burg steht in hellen Flammen". Keines Wortes mächtig, stürzte der Angerufene ans Fenster und sah, weit über die Brüstung gebeugt, seine so stolze Feste in einem Flammenmeer. Diesen Augenblick hatte der falsche Bruder nur erwartet; er stürzte ihn mit aller Kraft über die turmhohen Felsen. Zerschellt blieb der Herr der Feste Schellenstein unten liegen.
Diese aber erhob sich niemals mehr aus ihren Trümmern. Nachteulen und Turmfalken nur steigerten mit ihren schrillen und heiseren Rufen die Unheimlichkeit des Ortes, bis mitleidig Efeu und Gras die stehengebliebenen Trümmer überwucherte.

Diese Burg auf kühnem Felsvorsprung, ein Stück Heimatgeschichte umfassend, hat auch der große Sohn unserer Heimat, Meister Anton Bruckner, besucht. Wie ein anhängliches Kind der Mutter nachgeht — und kindhaft ist der große Künstler sein Leben lang geblieben. So zog es Bruckner immer wieder in die engere Heimat, nach St. Florian, Steyr, Kremsmünster, Kirchdorf und Hinterstoder zum Ausruhen, Erleben und Schaffen. Bruckners Werk ist in Musik übertragene Heimatliebe, in ihr klingt und lebt das Mühlviertel, St. Florian, das gotische Steyr und unsere herrliche Berglandschaft.
Es wäre Dichtung", schreibt Holzer, „der Steigerung der zweiten Hälfte des Adagios der Siebenten Sinfonie einen Landschaftseindruck zu unterlegen, aber ich habe zwingend das Bild der Polsterluke im Stodertal vor mir; oder wer hat nicht bei der Fünften, Siebenten oder Neunten ... Größe und Macht der von Orgelton und Glockenklang umrauschten Stifte St. Florian, Kremsmünster oder Schlierbach vor Augen?“
In dieser Verbundenheit mit der Heimat und den Bergen zog es Bruckner im Urlaub auch nach Kirchdorf, Micheldorf und Hinterstoder. Weinbauer erzählt in seiner „Heimatkunde des politischen Bezirkes Kirchdorf" nach einer Schilderung Oberlehrers Greck von einem Besuch Bruckners auf Altpem­stein.
Danach beschloß Bruckner eines Abends, als er im Haus des Rechtsanwaltes Dr. Kaltenbrunner in Kirchdorf weilte, mit seinen Freunden einen Ausflug auf Altpemstein zu machen. Oberlehrer Greck und Oberförster Vogl begleiteten ihn. Oben ließ sich Bruckner vom Kastellan zu den unterirdischen Burgverliesen führen, die in ihrer Enge kaum so viel Raum boten, daß darin ein Mann aufrecht sitzen kann.
Bruckner wollte die Schrecken der Kerker in ihrer Grausamkeit erleben und ließ es sich nicht nehmen, hineinzukriechen und sich auf einige Minuten einsperren zu lassen. Zutiefst beeindruckt von der Finsternis und der Vorstellung dieser Qual rief er, als er wieder ins Freie trat; „Resurrexit!" (wieder auferstanden).
Dieser Eindruck Bruckners war so nachhaltig, daß er in ihm mancherlei Gedanken an Tod und Auferstehung auslöste, von denen er sich auch auf dem Heimweg nicht losmachen konnte. Das „Credo", das er in der Folgezeit schuf, dürfte der musikalische Niederschlag jenes Erlebnisses auf Altpemstein sein.
Heute ist es still auf der Burg, eine Gastwirtschaft im ehemaligen Rittersaal ist für die fremden Besucher eingerichtet".


                                                  Burg Altpernstein

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