Dienstag, 5. April 2016

Von einer Wilderertragödie aus Molln

Gegen Ende des 1. Weltkrieges, als es immer weniger zu essen gab, war die  Hungersnot groß. Wildern in den Revieren reicher Jagdbesitzer war eine willkommene Gelegenheit zur Nahrungsaufbesserung. Die heimkehrenden Soldaten hatten teils noch Waffen und waren in deren Gebrauch gut geschult. In den Wäldern trieben sich ganze Wildererbanden herum. Am dramatischsten wurden die Auseinandersetzungen in Molln.

Der Pfarrer von Molln berichtet in der Pfarrchronik: „Am 17. Oktober 1918 wurde der Förster Johann Daxner von einem Wilderer erschossen. Das Entsetzen über diese Tat, die einem Vater von 10 Kindern das Leben kostete, war allgemein. Am 16. Jänner 1919 wurde im Gegenzug ein Wilderer mit Namen Vinzenz Bloderer von dem Lamberg'schen Förster Friedrich Lugner mit einem Schuss von hinten ermordet.“
Am Sonntag darauf wurde Bloderer beerdigt und da er, wie der Pfarrer berichtet, ein Anhänger der Sozialdemokraten war, nahmen viele seiner Parteifreunde am Leichenbegängnis teil, obwohl sie sonst nie in die Kirche kamen. Am Friedhof kam es dann zu hässlichen Szenen.  Der Zorn gegen das Forstpersonal wurde durch Schimpf- und Pfuirufe am offenen Grab lautstark wiedergegeben.
Das spiegelte sich auch bei den am 16. Februar stattfindenden ersten Wahlen in die National-Versammlung wider, bei denen die Sozialdemokraten in Molln einen Erdrutschsieg verbuchten, der überwiegend auf dieses Ereignis zurückgeführt werden konnte, da er sich später nie mehr wiederholte.

Der Forstadjunkt Lugner wurde übrigens bald darauf nach Großraming versetzt wo er einige Jahre später als Revierförster bei einem Pirschgang ebenfalls ermordet wurde. Am 23. Juli 1932 wurde er mit einem Schuss im Genick tot aufgefunden. Ob er lokalen Wilderern zum Opfer fiel oder ob ein Zusammenhang mit den Vorgängen in Molln bestand, konnte nicht ermittelt werden.

Die Stimmung der durch die Hungersnot im Nachkriegs-Molln verzweifelten Bevölkerung war nach den Todesfällen vom 17. Oktober 1918 und 16. Jänner 1919 auf das Äußerste gespannt. Fünf Mollner, die der gewerbsmäßigen Wilderei verdächtig waren, wurden im März 1919 verhaftet und warteten im Grünburger Bezirksgericht auf ihren Abtransport nach Steyr, wo ihnen der Prozess gemacht werden sollte. Am Grünburger Bahnhof wurden sie am 14. März 1919 gewaltsam befreit und im Triumphzug nach Molln heim geholt, wo im Gasthof Dolleschal eine "Siegesfeier" stattfand. Die Obrigkeit witterte in den vom Chaos geschüttelten ersten Tagen der Republik "Aufruhr" und setzte von Steyr aus eine Kompanie Junggendarmen in Marsch. Das Wirtshaus wurde umstellt und auf die sich mit Worten und Mostgläsern zur Wehr setzenden Wilderer und Sympathisanten auf Befehl des Gendarmeriemajors das Feuer eröffnet. Schließlich gab es neben mehreren Verletzten drei tote Mollner, ein viertes Todesopfer forderte eine "Razzia" in einem Ramsauer Bauernhof.

Die Mollner Vorfälle wurden zu einer der ersten großen gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen im neuen republikanischen Oberösterreich. Parteien und Presse machten, je nach politischer Couleur, die Täter oder die Opfer zu Helden: Rebellen der Berge oder Aufrührer und Verbrecher gegen Ordnung und Staat. Im Oberösterreichischen Landtag, im Wiener Parlament, aber auch während des Begräbnisses in Molln, an dem Tausende demonstrativ teilnahmen, kam es zu erbitterten politischen Schuldzuweisungen.                                             (Aus Forum OÖ. Geschichte)

Zur Erinnerung an die Tragödie in Molln

Der Förster stellt einen Wilderer                        Wilderermuseum St. Pankraz

Ein Wilderer wird abgeführt

Eine in einem Baumstamm versteckte und eingewachsene,
vergessene Wildererwaffe     Wilderermuseum St. Pankraz

Wilderer mit geschwärztem Gesicht

Tages - Post 18.3.1919


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen