Freitag, 30. September 2016

Von meinen Sommerferien in den 1930er Jahren in Hinterstoder.

"Die Schulferien in meiner Volksschulzeit in Hinterstoder, damals vor rund 70 Jahren, waren für mich und meine Geschwister auch nicht  zum Faulenzen da. Wenn das Wetter einigermaßen paßte mußten wir morgens um 6.00 Uhr aufstehen und mit Mutter Erdbeeren und Himbeeren sammeln gehen. Mutter ging gerne mit uns auf die Schmalzer-Alm. Der Weg war steil und dauerte 3 Stunden. Nach 2 Stunden legten wir für eine Jause eine Rast ein. Wir aßen Braunschweiger Wurst, hart gekochte Eier und Brot. Zum Trinken holten wir uns Quellwasser. Am Ziel angekommen genossen wir die herrliche Aussicht auf die Berge. Von einem Hochstand schauten wir über die Wipfel der Lärchen auf das Panorama des Toten Gebirges. Je mehr Kuhfladen auf unserem Steig lagen, umso näher waren wir der Alm. Vor der Hütte war ein Wassertrog aus dem die Kühe ihren Durst löschten. Die Schwelle zur Hütte war ausgetreten und überall wucherten die großen Blätter des wilden Sauerampfers. Am Eingang zur altersschwachen Hütte waren in das Holz viele Namen von einstigen Besuchern eingekritzelt. Die Hütte hatte ganz kleine Fenster. Eine der Scheiben war eingeschlagen. Über dem offenen Herd hing ein Kupferkessel. Die Türen hatten hölzerne Riegel und waren so niedrig, daß man sich beim Eintreten bücken mußte. Obwohl ich noch nicht einmal ganze 10 Jahre alt war reichten mir die kleinen Fenster mit dem oberen Rand kaum bis an die Brust. Der Wand entlang stand eine Bank, auf die man sich setzen mußte, wenn man zum Fenster hinausschauen wollte.  Auf einem Balken an der Decke der Stube stand die Jahreszahl 1744.
Die Sennerin war fast taub und wenn ihr Mutter etwas in das Ohr sagen wollte, schob sie immer ihr Kopftuch zur Seite um besser zu hören. Vor der Hütte stand ein kleines Bretterhäuschen mit einem ausgeschnittenen Herz in der Tür. Das war der Abort. Im Wald der uns umgab wuchsen viele verschiedene Bäume. Bergahorn, Eschen, Eiben, Buchen, Eichen, Tannen und Fichten. Im Holzschlag fanden wir Walderdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Preiselbeeren und im angrenzenden Wald standen Steinpilze, Parasol und Eierschwammerl.
Gefährlich waren die Kreuzottern die sich bei Hitze unter Steinen und Wurzeln versteckten. Einmal als ich auf eine Wurzel trat, schnellte mit einem scharfen Zischen eine Schlange hervor. Mein Bruder Roman haute ihr blitzschnell mit einem Stock auf den Kopf und wir sahen daß es eine Kupfernatter  war. Sie lag einige Augenblicke lang wie leblos auf dem Boden und schlängelte sich dann unter das Gebüsch. Ich getraute mich nicht mehr auf eine Baumwurzel zu treten.
Wir hatten mehrere Milchkannen mit je 3 Liter Inhalt mit, die wir bis zum Abend vollmachen wollten. Die besten Stellen fand immer mein Bruder Roman. Er hatte am schnellsten seine Kannen voll. Er hat uns aber nie verraten wo seine besten Plätze waren.
Mittags kehrten wir bei der Sennerin in ihrer schwarzen Rauchküche ein. Am Herd auf einem Dreifuß stand eine große Pfanne mit Topfennudeln. Die Sennerin war gerade dabei ihr rußgeschwärztes Geschirr mit einem "Riebler" (ein Knäuel aus zusammengepreßten Tierhaaren), den sie in Asche tauchte, abzureiben. Gegen den Durst bekamen wir frische Buttermilch, in der kleine gelbe Butterstückchen schwammen.
Wieder im Dorf angekommen haben wir dann unsere Beeren verkauft. Für das Geld kauften wir Schuhe und Hefte für die Schule. Mutter kaufte Seife zum Wäsche waschen".



 
Foto: Siegfried Kniewasser

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