Freitag, 17. Januar 2020

Filmkulisse Hinterstoder



Die Oberösterreichischen Nachrichten berichteten am Freitag, den 13. Juni 1947, also bald nach dem 2. Weltkrieg schon, von einem Filmprojekt, das in Hinterstoder entstehen sollte. Seither war Hinterstoder für viele Spielfilme Schauplatz und Kulisse.

„Soeben habe ich mit dem Spielleiter und Schauspieler der Welser Bauernbühne, Ernst Cech, der schon bei der Bavaria vor der Kamera stand und im Film Sepp Ernst heißt, den Kontrakt für unseren ersten Film unterzeichnet", so begrüßt mich Will Jmmerl, Chef der Alp-Film in Linz, Walterstraße 20. Auf meine Frage nach den Plänen der Alp-Film antwortet der Leiter: „Ich will den psychischen Film und den hundertprozentig oberösterreichischen Film drehen. Die herrliche Landschaft unserer Heimat soll nicht Szenerie, sondern Handlung sein. Ich beabsichtige, meine Filme zum größten Teil im Freien und nur etwa ein Drittel im Atelier aufzunehmen. Die Schwierigkeiten, die wir überwinden müssen, sind natürlich ungeheuer groß, sie liegen vor allem in der Materialbeschaffung. An fanatischem Willen mangelt es jedoch bei unserer Arbeitsgemeinschaft keinesfalls. Im übrigen bin ich einmal als Ultra-Hyper-Super-Optimist bezeichnet worden, und ich hoffe, dass sich mein Optimismus auf die Firma gut auswirken wird."
Das Drehbuch für den ersten oberösterreichischen Film stammt von der dramaturgischen Abteilung der Alp-Film nach einer Idee von Prof. Tschöpe. Die Dreharbeiten beginnen in der ersten Hälfte des Juli in Hinterstoder. Bis Ende August, glaubt der Produktionschef, wird der Film abgedreht sein, so dass sein Start in Linz für September bevorsteht. Der Film, in dessen Hauptrollen sich Sepp Ernst und weitere bewährte Mitglieder des Welser Bauerntheater-Ensembles teilen, hat ein tragikomisches Thema zum Inhalt.
Für die Alp-Film ist es ein Gebot, unsere Bauern mit ihrem Witz und nicht, wie in der Regel in bäuerlichen Lustspielen, als lächerliche Figuren zu zeigen. Gründer der Alp-Film ist Will Immerl, ein „alter Hase" vom Theater, der als Tänzer ein Begriff ist. Ihm kommt das Verdienst zu, Pionier des oberösterreichischen Films zu sein. Seine künstlerischen Leistungen bei ausländischen Filmfirmen bürgen dafür, dass die Erwartungen des oberösterreichischen Filmpublikums nicht enttäuscht werden. Mit der Inszenierung des ersten Alp-Films wird er sich erstmalig als Filmregisseur vorstellen. Geschäftsführer des Unternehmens ist Stellwag v. Carion. Das musikalische Element betreut Musikdirektor Prof. Tschöpe. Als Kameramann fungiert Hans Hoffermann. Die technische Leitung hat Ing. Walter Richter inne.
Selbstverständlich muss eine Filmgesellschaft über ein Studio verfügen. Will Immerl hegt den Wunsch, in Wegscheid, wo viele Baracken stehen, ein Filmatelier aufzubauen. Dass es ein schöner Anblick für ein künstlerisches Auge sein wird, ist für diesen Vollblutkünstler Herzenssache. Damit Linz die Chance hat, mit Wien und Tirol zum Zentrum des deutschsprachigen Films zu werden, ist die Unterstützung der Landesregierung und offizieller Stellen unbedingt erforderlich. Es ist zweifellos sehr zu begrüßen, dass sich ehrgeizige, junge Leute finden, die mit Begeisterung und Talent darangehen und ihre künstlerischen Ziele in die Tat umsetzen. Es ist zu wünschen und zu hoffen, dass die zuständigen Stellen Will Immerl eine Baubewilligung für ein Haus des österreichischen Films auf oberösterreichischem Grund und Boden erteilen, damit wir Linzer vielleicht eines Tages auf „unseren Rosenhügel" stolz sein können. 

                                                     Fotos: Georg Kainz, Traude Schachner


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