Freitag, 7. August 2020

Ergebnisse der gerichtspolizeilichen Tätigkeit der Gendarmerie


Der Artikel wurde etwas gekürzt und an unsere Zeit angepasst:
"Anfangs der 1860er Jahre kamen auf den Almen der Bezirke Windischgarsten 
und Liezen viele Viehdiebstähle vor, ohne dass es jemals gelungen wäre die Täter zu ermitteln.
Am 27. September 1865 wurde auf der Hofalm, Gemeinde Spital am Pyhrn wieder ein Ochs von unbekannten Tätern gestohlen. Auf der am 28. September beim k. k. Gendarmerieposten Windischgarsten erstatteten Anzeige ging der Gendarmerieinspektor Lachnitt auf Recherche. Nachdem auf der genannten Alm bereits der Kopf des entwendeten Ochsen gefunden worden war, so konnte nicht mehr gezweifelt werden, dass das Tier geschlachtet und das Fleisch in nicht allzu große Entfernung verschleppt wurde. Wenn die Diebe aus größerer Entfernung gekommen wären, wäre der Transport im lebendem Zustand viel leichter gewesen.
Es wurde nun die Gegend genau überprüft und aus den Spuren entnommen, dass sich die Täter in nordwestlicher Richtung gegen Spital oder Edelbach entfernt hatten. Dem Gendarmerieinspektor war bekannt, dass die Bewohner dieser Gegend im Spätherbst gewöhnlich in den Wäldern für den Winter Streu zu gewinnen suchten. Es wurde daher Nachfrage gehalten und auch eine Person gefunden, die einen Mann und ein Weib am 27. Sept. von der Hofalm her kommen sah, die in Säcken etwas trugen und in der Richtung gegen Oberweng gingen. Der Gendarm ging auch in diese Richtung weiter, kam zu einer bewohnten Almhütte und traf da eine Sennerin, die ihm mitteilte, dass am Tag zuvor, am 27. ein Mann zu ihr in die Hütte gekommen ist und angab ein Wilddieb zu sein.
Er habe sie ersucht Fleisch kochen zu dürfen, da er sehr hungrig sei. Da nun der Wilddiebstahl in dieser Gegend von der Bevölkerung als nicht entehrend betrachtet wird, so erlaubte die Sennerin ganz anstandslos, dass sich der Mann Fleisch kochen durfte. Derselbe kochte ein größeres Stück, genoss einen Teil davon und nahm den Rest mit sich. Weiters gab die Sennerin noch an, dass sie diesen Mann in Spital am Pyhrn schon öfters gesehen habe. Obwohl noch nicht sichergestellt war, ob es ein Ochsen- oder ein Wilddieb gewesen ist, so vermutete der Gendarm doch, dass dies derjenige sei, den er suche, da angenommen werden konnte, dass das Weib, das er bei sich hatte, im Wald auf den Mann wartete und er für sie das Fleisch aus der Hütte mitnahm. Jedenfalls waren diese Personen in der Gegend zu finden. Es wurden daher über alle Bewohner bedenklicher Orte in der Gegend Erkundigungen eingezogen und die Nachforschungen ergaben, dass in der Stücklbauernhütte, einem kleinen hölzernen Haus, sich mehrere verdächtige Personen aufhalten. Es war mittlerweile Nacht geworden und der Gendarmerieinspektor dachte sich, nun haben diese Leute Fleisch und werden davon essen. Da nun gerade durch den Kamin dieses Häusels starker Rauch hervorkam, so war anzunehmen, dass die Bewohner ihr Nachtmahl bereiteten.
Der Inspektor holte sich ein Paar Kollegen und trat in das Haus ein. Im Ofen brannte Feuer, darauf stand ein großer Topf, in dem ein Stück Rindfleisch kochte. Es waren vier Personen anwesend. Das Erste was nun geschah war, dass die anwesenden Personen von einander abgesondert wurden. Nach kurzer Zeit brachte der Gendarmerieinspektor ein Weib und dann alle anderen zum Geständnis. Es hieß nämlich, dass noch ein Maurer Namens Georg H. da wohne, der mit der Tochter des Hauses ein Liebesverhältnis habe. Diese zwei hätten am 27. September das Fleisch gebracht und seien am 28. mit einer Ochsenhaut nach Windischgarsten gegangen, dürften jedoch in kurzer Zeit zurückkehren. Es wurde nun beschlossen deren Rückkehr abzuwarten um dann die ganze Gesellschaft auf einmal festnehmen zu können.
Zwei Gendarmen wurden im Haus zur Überwachung der Hausbewohner belassen. Es wurde für Licht Sorge getragen und die Fenster gut verwahrt, damit keine Signale nach außen gegeben werden konnten. Da es hieß, dass der Georg ein verwegener Bursche sei, so erwartete der Inspektor denselben vor dem Hause in einem Versteck. Es verging Stunde um Stunde, Mitternacht war längst vorüber, die Kälte fast unerträglich und Georg kam mit seiner Geliebten noch immer nicht. Der Gendarmerieinspektor kroch aus dem Verstecke hervor um in der Gegend herumzuspähen und sah auf einmal beim Stücklbauernhaus ein Licht, das sich hin und her bewegte, er ging dahin und traf den Bauern selbst, welcher angab eine verlorene Geldbörse zu suchen. Das wurde ihm untersagt und das Licht ausgelöscht, da er ja am Morgen das Verlorene auch suchen konnte. Einige Zeit, nachdem das Licht verschwunden war, sah der Gendarm ein Weib gegen das Haus herum schleichen. Diese stieg über einen Zaun und musste einen kurzen über einen Graben führenden Steg passieren. Am Ende des Steges stand ein dicker Baum, hinter dem ein lauernder Gendarmeriebeamter stand. Da sie diesem in die Nähe kam, wurde sie so abgefasst, dass sie keinen Laut von sich geben konnte. Als sie durch Zeichen versprochen hatte, wenn man sie loslässt ruhig zu bleiben, so wurde sie losgelassen und gab an, dass der Georg noch im Walde unten sei und dass sie sich wegen des Lichtes beim Stücklbauern nicht heraufgetraut haben, denn dieser sei schon seit neun Uhr Abends dort herumgegangen.
Der Gendarm fragte sie, ob kein Zeichen verabredet wurde um den Georg zum Heraufkommen zu veranlassen. Sie sagte, da müsste sie husten. Also huste, befahl ihr der Gendarm und sei dann ruhig. Nachdem sie das Signal gegeben hatte, kam der Georg sorglos denselben Weg den seine Geliebte gegangen war, stieg über den Zaun und passierte den Steg. Hinter dem Baum stand ebenfalls wieder der Gendarm und fasste ihn an der Kehle, Georg erkannte die Gefahr und suchte mit Anwendung seiner ganzen Kraft sich loszureißen. Es entstand ein kurzer Kampf, wobei beide Kämpfer in den Graben, über den der Steg führte, stürzten. Während des Sturzes gelang es dem Gendarm, den Georg H. nach unten zu bringen, wodurch sich die Situation für letzteren sehr übel gestaltete, denn der Gendarm kniete ihm auf der Brust und setzte ihm das Bajonett an die Kehle. Georg H. sah, dass jeder Widerstand nutzlos war und ergab sich.

Es gelang den Beamten zehn Personen wegen einer ganzen Serie von Diebstählen auf die Anklagebank zu bringen, wo sie vom Gericht zu mehrjährigem Kerker verurteilt wurden".



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