Freitag, 24. März 2023

Anekdoten und wahre Geschichten

Im Neuen Wiener Tagblatt und im Prager Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen.
Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


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Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 14. September 1874
Da war einst ein Mann, der hatte sich dem Trunk ergeben und die Folgen stellten sich bald ein. Er wurde schwerhörig und konsultierte einen Ohrenarzt, der sofort den Grund des Übels erkannte. „Herr, sie trinken zu viel. Was trinken Sie denn?“ „Branntwein, Herr Doktor.“
„Gut, so meiden sie den Branntwein und sie werden wieder besser hören.“ „Aber was mache ich um die Langweile zu vertreiben?“
„Gehen Sie ins Theater, besuchen sie Gesellschaften, Vereine, hören sie öffentliche Redner.“
Nach Wochen kommt der Patient wieder mit derselben Klage. „Haben Sie meinen Rat befolgt?“ „Jawohl, ich stellte das Trinken ein und hörte in der Tat besser, aber ich griff dann doch wieder zum Glas .“ „Weshalb denn?“ „Das will ich Ihnen sagen, Herr Doktor. Als ich wieder hörte, ging ich in die Kirchen und hörte predigen, in die Theater und hörte die neuesten Dichter, im Parlament hörte ich die geschultesten Abgeordneten.
Allein alles, was ich da hörte, war bei weitem nicht so gut, als ein tüchtiger Schluck Branntwein.
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Giuseppe Verdi (geb.1813, gest.1901)
Italienischer Komponist der Romantik


Die Gegenprobe
Prager Tagblatt 12. Januar 1913

Eine hübsche Anekdote von Verdi erzählt die „Comödia“. 
Als der Komponist eben die letzte Hand an den Troubadour gelegt hatte, besuchte ihn in seinem Arbeitszimmer einer seiner intimsten Freunde, zugleich einer der mächtigsten Musikkritiker. Verdi bat ihn um ein Urteil über das eben vollendete Werk und spielte ihm zunächst einen Chor vor. „Nun, wie findest du's?" fragt er, nachdem er geendet hatte. „Schund!" antwortet der Kritiker. Verdi reibt sich lachend die Hände und fährt eifrig fort: „Also jetzt musst du noch etwas hören!" Er spielt weiter und blickt seinen Richter fragend an. Doch der hat nur das lakonische Urteil: „Schund!" Da springt Verdi auf und umarmt ihn mit einem Freudenausbruch. „Aber was soll denn das?" meint der andere verwundert. „Ach, mein Teurer," antwortete der Maestro, „ich habe eine Volksoper komponiert, bei der ich entschlossen war, allen zu gefallen, nur nicht den gestrengen Kritikern. Hätte es dir gefallen, dann hätte es keinem andern gefallen. 
Was Du mir sagst, macht mich des Erfolges sicher. Von jetzt ab in drei Monaten wird der Troubadour überall gesungen und wieder gesungen und auf allen Pianos und Leierkästen in ganz Italien gespielt werden."

Verdi war diesmal wieder ein guter Prophet.

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Prager Tagblatt 24. September 1932
Bei einem Empfang in der exklusiven englischen Gesellschaft bittet Monseigneur Trench um einen Partner für ein Schachspiel. Eine Dame, die das Spiel fabelhaft beherrscht, bietet sich an.
Er ist nicht mehr jung und lebt in der ständigen Furcht vor einer Lähmung. Nachdem er einige Zeit lang sehr konzentriert gespielt hatte, machte er heftige Bewegungen, wird totenblass und lässt sich auf den Stuhl zurücksinken. Die erschrockene Gesellschaft fragt ihn nach seinem Befinden. Er sagt mit Resignation: „Das, was ich schon lange befürchtete, ist eingetreten. Ich bin auf der rechten Seite gelähmt".— „Aber wieso, das ist doch unmöglich!"— „Ich bin ganz sicher, ich zwickte mich in das Bein und spürte nichts mehr."—
„Dann brauchen Sie nichts zu fürchten, Monseigneur," sagte lächelnd seine Partnerin: „Es war mein Bein in das sie zwickten“.

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Bekanntlich dringen in England Frauen, die die Wahlpropaganda gut verstehen, bis in die Heime vor, drücken der Hausfrau die Hand, waschen Wäsche für sie, säubern die Jungens und passen auf den Kochtopf auf, während sie für ihre Kandidaten werben.
Eines Tages bewirbt sich Lady Astor, von zwei Matrosen begleitet, um die Stimmen in den Docks von Southampton. Sie klopft an eine Haustüre, ein kleines Mädchen öffnet. „Ist deine Mutter zu Hause, Kleine?"—
„Nein, sie ist fortgegangen. Aber sie hat gesagt, wenn jemand mit einem Matrosen käme, könnten sie das Schlafzimmer haben, wenn Sie neun Pence auf dem Kamin zurücklassen. Bitte!"

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