Freitag, 15. November 2019

In den Tälern der Krems, Steyr und Teichl

Die "Oberdonau-Zeitung" vom 8. Februar 1944 berichtet von den Tälern der Krems, Steyr und Teichl und wie Ortsnamen entstanden sind. Der Text wurde etwas gekürzt und der heutigen Schreibweise angepasst.

In unserer Heimat waren einst ilyrische und keltische Völker, aus deren Zeit die Gräberfunde von Hallstatt stammen. Sie bevölkerten auch das Mühlviertel, Innviertel und Hausruckviertel. 

Von 15 vor der Zeitenwende bis gegen Ende des 5. Jahrhunderts kam unsere Heimat und damit auch das Kremstal unter römische Herrschaft, die schließlich in den Stürmen der Völkerwanderung endete und der Besiedlung durch die Bajuwaren Platz machte. Zur römischen Zeit waren viele Teile des Bezirks Kirchdorf, die Gegenden um Kremsmünster, an der Steyr, zwischen Steyr und Pießling, die Käserau (heute Gleinkerau) im Becken von Windischgarsten noch bewaldet, so daß auch die Römerstraße Ovilava (Wels) — Vetoniana (Voitsdorf) — Tutatio (Klauser Gegend) — Emelotia (Windischgarsten) weithin durch Waldungen führte. Eine Urkunde von 1225 sagt, daß das Tal von Windischgarsten zwischen rauhen, wilden Bergen liegt, und noch im 13. Jahrhundert verließen Benediktiner Spital am Pyhrn wegen der Unwirtlichkeit der Gegend. Eine Unzahl von Berg-, Fluß- und Ortsnamen leitet sich aus der Besiedlung durch Kelten, Römer und Bajuwaren her. Da aber vom 8. Jahrhundert an gerade in der Südostecke Oberösterreichs, im Bezirk Kirchdorf und Steyr, viele Urkunden auch die Anwesenheit von Slawen bezeugen, so 903 im Tal von Kirchdorf, zirka 992 um Kremsmünster, 1110 in Hausmanning bei Kirchdorf und 1122 in Steinbach am Ziehberg, so stoßen wir in diesem Gebiet vielfach auf slawische Berg-, Fluß- und Ortsnamen. Allerdings handelte es sich hier meist nicht um geschlossene Siedlungen, denn die Slawen wurden von den Grundherrschaften Kremsmünster, Spital am Pyhrn, Klaus und Scharnsteln zur Rodung und Entsumpfung des Landes als Forstarbeiter, Jäger und Fischer ins Land gerufen. Solcherart gaben sie Flüssen, Bergen usw., auf die sie bei der Rodungsarbeit stießen, Namen in ihrer Sprache. An Waldrändern, auf Waldblößen und am Wasser siedelten diese „windischen“ Holzknechte und benützten auch den „Wienerweg“, der von Micheldorf nach Frauenstein führte, dessen Name mit der Stadt Wien gar nichts zu tun hat. So wie der Kreis Kirchdorf heute noch (im Jahr 1944) am dünnsten von allen Bezirken besiedelt ist, so waren auch vor tausend Jahren nur wenige windische Siedler hier. Aus dem Sprachschatz der Slawen erhielten sich in der Mundart u. a. der Ausdruck „Janka“ für das Kleidungsstück, „Dildaitsek“ für Mörserstößel (besonders auch für den Holzstößel gebräuchlich, mit dem man den Zucker im Mostglas zerstößt). Vorübergehend erhielten Slawen auch Grundbesitz; so verlieh König Ludwig 903 einem gewissen Zwetboch mehrere Huben bei Kirchdorf. Daraus ist auch erklärlich, daß das Tal von Kirchdorf im 10. Jahrhundert nach einem windlschen Grundbesitzer Ouliupestal benannt wurde. Der freie bajuwarische Bauer hat jede Vermischung mit den Windischen vermieden. In die Besitzer kleinerer Huben und die dienende Volksschicht ist allerdings slawisches Blut eingeflossen. Nach den Kieselsteinen (slawisch Kremen) erhielt die Krems Ihren Namen, und auch die Steyr wurde slawisch benannt nach dem Wort Struga (Flut). In die etwas ruhigere (richu = ruhig) Teichel mündet die sandige Pießling (pesek = Sand). Der Mandelgraben hieß im 13. Jahrhundert Tybnikh, vom slawischen Timeno (= Sumpf). Die Retschitz bei Vorderstoder und unsere Retschitzegger im Bezirk leiten sich von recica (= kleiner Fluß) her, die Göritz aber benennt sich nach dem slawischen jezera (= Tümpel). 
Die herrliche Bergwelt des Bezirks Kirchdorf bildet die große Wasserscheide, (slawisch predel), spitz (slawisch ostru) ragt der Ostrawitz in die Lüfte. Pyhrgas, Bosruck und der Flurname „in der Loigis“ sind ebenfalls windischer Herkunft. Das Heu auf der Alm (slawisch seno) benannte das Sengsengebirge, und die vorgelagerten Grestenberge mögen gewiß vor der Rodung und forstlichen Bewirtschaftung mehr Gestrüpp (slawisch hvrastu) getragen haben als heute. Der Hausname Prebl in Kogl, Gemeinde Molln, leitet sich von prevalu = Gießbach her, das Dorf Göritz in Nußbach von gora = Berg; das Bauernhaus Prälitz in Schlierbach und das Dorf Wanzbach (warenice = Gemüse, Kraut) können Ihre slawische Herkunft nicht bestreiten. (Schiffmann, „Das Land ob der Enns“.) Das Stodertal selbst ist namensverwandt mit dem früher so bezeichneten Landstrich Ztoderania, in dem heute Potsdam liegt.
So sprechen unsere Berge und ihre Namen von der Heimat vor tausend Jahren.

Römische Münze Sesterze (Museum Windischgarsten)

Bronze Kanne 2.Jhdt (Museum Windischgarsten)

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