Freitag, 3. April 2020

Das Ende eines wunderschönen Urlaubs in Hinterstoder

Es war am 28. August 1963 in Hinterstoder.
Dr. Oscar und Marianne Pollak, er war langjähriger Chefredakteur der „Arbeiter-Zeitung“ und Präsident des internationalen Presseinstituts, sie war Nationalratsabgeordnete und Chefredakteurin der Zeitschrift „Die Frau“, verbrachten hier ihren Urlaub.

Für die jüngeren Leser: Die "Arbeiter-Zeitung" gab es von 1889 bis 1991 und "Die Frau" von 1892 bis 1983. Nur der 2. Weltkrieg unterbrach die Herausgabe der Zeitungen. Beide Zeitschriften hatten zu dieser Zeit viele Leser und die Arbeiter-Zeitung den Ruf: "Die traut sich was", weil sie in der Besatzungszeit auch russisches Fehlverhalten scharf und schonungslos aufzeigte.

Dr. Pollak und Gattin machten mit Sekretärin Grete Helfgott Ferien in Hinterstoder. 
Nachstehend Auszüge aus dem Schreiben der Sekretärin, das in der Zeitschrift „Die Frau“ veröffentlicht wurde.

Wir verbrachten in Hinterstoder einen wunderschönen Urlaub. Oscar und Marianne Pollak, der Hund Bessie und ich. Oscar und Marianne waren damals schon in Pension. Beide hatten schweren Herzens ihre Tätigkeit bei ihren Zeitungen aufgegeben, die sie geleitet hatten. Für beide war ihre Zeitung Lebensinhalt und sie waren bereit, dafür und für die sozialistische Partei jedes Opfer zu bringen.
Wir hatten einen prächtigen Urlaubstag genossen; es war allerdings ziemlich heiß gewesen und der Hund hatte seinen Herrn in der Sonne herumgehetzt. Am nächsten Morgen, es war der 28. August kam Oscar Pollak sichtlich bedrückt zum Frühstück: “Heute Nacht hat es mich gehabt!“. Ein paar Stunden später war er tot.
Marianne war wie versteinert. Ihre Augen blieben völlig trocken und sie besprach mit mir ganz ruhig und sachlich, was jetzt zu tun sei. Sie rief selbst in der „Arbeiter-Zeitung“ an um der Redaktion den Tod des Chefredakteurs bekannt zu geben und sie verhandelte mit den zuständigen Stellen wegen der Überführung des Leichnams nach Wien.

"Diese Frau ist mir unheimlich", sagte die Leiterin des Hotels, nachdem sie Marianne ein kleines Nachtmahl aufs Zimmer gebracht hatte.
Am nächsten Tag brachte ich Marianne und den Hund mit meinem Wagen nach Wien. „Um den Hund musst du dich kümmern“ sagte sie mir noch vor der Abfahrt „am besten du nimmst ihn zu dir“.
So weit kam es nicht. Sie hatte es sich anders überlegt. Als wir in Wien ankamen sprach sie nicht mehr über den Hund. Sie bat mich in die Redaktion zu fahren und dort alles Nähere wegen des Begräbnisses zu besprechen. „Ich brauche jetzt unbedingt Ruhe“, sagte sie noch.

In der selben Nacht nahm sie Schlaftabletten und gab sie auch dem Hund. Dann drehte sie den Gashahn auf.
Das war Marianne. Sie war mit Oscar so verbunden, dass sie sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen konnte. 




Dr. Oscar Pollak  (geb. 7. Oktober 1893 in Wien,
 gest. 28. August 1963 in Hinterstoder)

Marianne Pollak (geb.29. Juli 1891 in Wien;
 gest. 30. August 1963 in Wien) 


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