Freitag, 18. November 2022

Alte Zeitungen erzählen interessante Anekdoten.

Im Salzburger Kirchenblatt, im Pilsner Tagblatt und im Prager Tagblatt konnte man folgende Anekdoten lesen.

Die Artikel wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.

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Duell
Salzburger Kirchenblatt 4. August 1870
Der Duellunfug.
Für diejenigen, die das Duell als die beste Methode eine Beleidigung oder Beilegung eines Streites ansehen, sei hiermit folgende Anekdote erzählt, die aus Südamerika herüberkommt.
Ein reicher Kaufmann in Valparaiso, von einem Offizier zum Zweikampf herausgefordert, richtet an seinen Gegner nachstehenden einfachen Brief: 
“Ich habe nicht den mindesten Wunsch sie zu töten, noch viel weniger wünsche ich getötet zu werden. Hören sie meinen Vorschlag: Gehen sie zu dem nächsten Gehölz, suchen sie einen Baum von etwa meiner Stärke aus, stellen sie sich ihm 50, 30 oder gar 15 Schritte – ganz nach ihrem Belieben gegenüber und feuern sie tapfer auf den Baum los. Treffen sie ihn so will ich bekennen dass ich im Unrecht war und Abbitte tun.“
Der Offizier lachte und sein Zorn verrauchte. Er lud seinen Gegner zum Essen ein und beim vollen Glas wurde die Versöhnung geschlossen.

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Gustav Klimt (geb.1862, gest.1918) "Der Kuss" 

Pilsner Tagblatt 29. Mai 1935

„Was ist süßer als Met? (Honigwein)  
Der Tau des Himmels. Und was ist süßer als Tau? Honig von der Bergwiese und was ist süßer als Honig? Nektar und als Nektar? Ein Kuss." 
Noch vor einem Viertel Jahrhundert galt „ein Kuss ohne Bart" als „ein Ei ohne Salz". So klagt in einer rumänischen Ballade ein junger Mann: „Ach ich bin noch zu jung zum heiraten, mein Bart ist noch nicht gesprossen. Welche Frau würde mich denn küssen?"
Und auf Jütland sagten die Mädchen: „Einen Burschen ohne ein bisschen Tabak und ohne Bart küssen, das ist, als ob man eine Lehmwand küsst".
Über die Wirkung des Kusses gibt es sehr verschiedene Äußerungen.
Ein italienisches Sprichwort behauptet: „Ein Mund ist darum nicht schlechter, weil er geküsst worden ist" und ein französischer Dichter sagt: „Auch zwei Küsse tauscht man aus wie zwei Kugeln, die das Ziel verfehlen und der Ehre ist genüge getan."
In Norwegen heißt es in einem Lied: „Jens Johannsen der tapfere Gote, gab dem Mädchen einen guten Kuss auf den Mund, er küsste sie einmal und immer wieder aber jedes Mal war sie in gleicher Weise froh“.
In Deutschland sagt man, einen Kuss kann man zwar abwischen aber das Feuer im Herzen nicht löschen.
Den Gedanken, den wir mit der Redensart bezeichnen: “Einen gestohlenen Kuss zurück geben“, drückt der Spanier so aus: „Schimpft die Mutter die Tochter, dass sie sich einen Kuss hat geben lassen, so gib ihn ihr zurück, liebes Mädchen, denn dann muss sie den Mund halten“.
Auch eine französische Anekdote berichtet von einem Studenten, der sich die Freiheit nahm, ein junges Mädchen zu küssen. Sie wurde jedoch sehr ärgerlich und nannte ihn einen unverschämten Affen, woraus er mit unwiderlegbarer Logik entgegnete: „Aber mein Fräulein, kränken sie sich nicht! Wenn der Kuss ihnen unangenehm ist, so geben Sie ihn mir zurück."
Freundschaftlicher scheint das Übereinkommen zwischen einem dänischen Brautpaar  gewesen zu sein, das die Verlobung auflösen wollte. „Es ist am besten, wenn wir die ausgetauschten Briefe zurück geben" sagte er gemessen. „Gut", erwiderte sie, „sollten wir aber nicht gleichzeitig auch alle unsere Küsse zurück geben ?" Das geschah, und so wurde das Verlöbnis neu geschlossen.

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Enrico Caruso (geb.1873, gest.1921)
Einer der bedeutendsten Tenöre der Oper

Prager Tagblatt 4. Mai 1914

Caruso und Crusoe.
Enrico Caruso erzählte gerne in Gesellschaft, dass die berühmten Leute so berühmt sind, wie sie selbst es sich einbilden. Als Beispiel dafür hat er die folgende Anekdote zum Besten gegeben.
Vor einiger Zeit machte Caruso eine Automobilfahrt durch die Vereinigten Staaten. Sein Automobil erlitt eine Panne und während der Fahrer die nötigen Ausbesserungen ausführte, ging er in eine am Wege liegende Farm. Der Farmer und der Sänger plauderten einige Zeit in der Küche vor dem Herd und der Amerikaner erkundigte sich höflich nach dem Namen seines Gastes. Als er hörte, dass dieser Caruso heiße schlug er vor Erstaunen die Hände zusammen und schrie: „Crusoe, Robinson Crusoe, der berühmte Reisende! Ich hätte nie gedacht, dass ich alter Mann noch einmal solch einen berühmten Menschen zu sehen bekomme." Natürlich ließ der Sänger den Farmer bei seinem Glauben.

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