Die "Oberdonau Zeitung" berichtete am 8.8.1943 von einer, wie man damals sagte, "Gebirgsfahrt" auf den Großen Priel.
Diese "Gebirgsfahrt" war vor rund 80 Jahren. Die Fotos wurden 2019 gemacht.
Der Text wurde etwas gekürzt und der heutigen Schreibweise angepasst.
Aus dem Tal von Hinterstoder hinauf zum Großen Priel. Geblrgsfahrt, einmal nicht ganz streng alpinistisch gesehen.
"Aus der langen Kette unserer nördlichen Kalkalpen schaut die Prielgruppe weit ins Land als nordöstlicher Grenzpfeiler des Toten Gebirges. So gewaltig und mächtig sich der Große Priel auftürmt, ebenso reizvoll und anmutig liegt das grüne Stodertal mit dem Kirchlein an seinem Fuße, zehn Kilometer vom Bahnhof Hinterstoder entfernt. Mit Zaubermacht zieht es uns hinauf zu den Felsenhöhen des Bergriesen. Die Steyrbrücke hinter dem Alpendorf führt ins Tal der Krummen Steyr, die ihre Wiege im Prielgebiet hat. Hinter dem Klinserkogel öffnet sich ein weites Talbecken mit großen Almwiesen, umrahmt vom Hochwald des Ostrawitz und dem stolzen Felsenbau der Spitzmauer, vom waldigen Öttlberg und himmelanragenden Großen Priel. Ein stattlicher Hof, der „Polsterbauer“, gebot einst über diesen wirtschaftlichen Reichtum. Nach zweieinhalbstündiger Wanderung von Hinterstoder aus treten wir auf die freie Höhe der Unteren Polsteralm und erreichen eine halbe Wegstunde später die Obere Polsteralm mit dem Schutzhaus. Unten in der Talsenke erscheint die Klinseralm. Großartig und erhaben ragt die Zackenkrone der Spitzmauer ins unendlich Himmelsblau. Ihr Südgrat fällt, wild zerrissen in tausend Spitzen und Hörner zum vorgelagerten Ostrawitz ab, der Ostgrat stürzt scharf und schneidig in die Tiefe und verläuft hier in die Bänder grüner Matten. Der Nordgrat zieht seine stolze Bahn über die Klinserscharte zum Großen Priel. Kühn steigt der Allgewaltige im Süden zu den Mauersäulen des Brotfalles empor, baut daran einen breiten, massigen Felsenkegel und erhebt sich endlich von der Brotfallscharte an im kühnen Aufschwung zum höchsten Gipfel, von dem das Kreuz herunterschaut. Die Alpenblumen entwickeln im Alpenlicht die sattesten und leuchtendsten Farben von höchster Pracht. Weithin strahlen im Frühling und Frühsommer feuerrote Almrosen, goldgelbe Alpenschlüsselblumen (Petergstamm) und tiefblaue Enziane, große Alpennelken neben kleinen, rosenroten "Polsternagerln". Auf einer Blütendolde des weißen Mauerpfeffers sonnt sich ein Paar Alpenfalter. In vornehmer Schönheit entfaltet das Männchen sein Flügelkleid und zeigt das prächtige Schwarz-weiß mit einem Paar karminroter schwarz umringter Kreise auf jedem Hinterflügel. Die Wanderung vom Schutzhaus zum großen Schneefeld währt etwa zwei Stunden, der Aufstieg zur ßrotfallscharte ein halbe Stunde. Nach einstündiger Kammwanderung stehen wir auf dem Gipfel. Eine Rundschau von überwältigender Schönheit öffnet sich vor unseren staunenden Augen. Ein unabsehbares Gipfelmeer wogt in weiten Fernen, von den Zillertaleralpen Tirols, bis zum niederösterreichischen Schneeberg. Das ganze Hochland des Totengebirges mit seinen mannigfachen Felsgestalten liegt in einer Länge von 80 Kilometern vor uns, der Dachstein grüßt in kristallenem Schimmer. Im äußersten Westen aber schließen die Gewaltigsten und Mächtigsten des Alpenreiches, die Beherrscher der Hohen Tauern, den Gesichtskreis, ragen aus Schnee und Eis Großglockner und Großvenediger, mit ihrem Gefolge in die Wolken".
Reg.-Rat Prof. R. BerndL
Fotos: Margit Wright, Edeltraud Pirker
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