"Mährisches Tagblatt" 15. April 1897 Grazer Tagblatt 31. März 1897
Wer entdeckte Amerika?
Der berühmte Humorist Mark Twain besuchte in Gesellschaft einiger Landsleute Italien. In Genua angelangt, bekam die Reisegruppe einen außerordentlich geschwätzigen Führer mit einem überströmenden Enthusiasmus. Mark Twain und seine Freunde spotteten darüber den Enthusiasmus ihres Führers nicht zu teilen und im Gegenteil die schönsten Aussichtspunkte und die wunderbarsten Kunstgegenstände, die er ihnen zeigte, erbärmlich zu finden.
Vor einer Auslage, die ein wertvolles Pergament barg, sagte der Führer mit einer von innerer Bewegung zitternden Stimme: „Meine Herren, ein Dokument von Christoph Columbus."— „Von wem?" fragte Twain kalt.— „Von Christoph Columbus." — „Christoph ... wie sagen Sie?"— „Christoph Columbus."— „Wer ist das, Christoph Columbus?“ „Aber, meine Herren, Christoph Columbus, der Entdecker Amerikas.
Mark Twain zuckte hierauf die Achsel und rief: „Amerika entdeckt? Es gäbe jemanden, der Amerika entdeckt hätte? Was ist denn das wieder für eine alte italienische Legende?" „Aber, mein Herr, das ist doch keine Legende, das ist doch verbürgte Geschichte.“ Twain wendete sich zu seinen Landsleuten um und fragte: „Haben Sie je von einem Italiener sprechen gehört, der Amerika entdeckt hätte? Und alle antworteten, ohne eine Miene zu verziehen: „Wir haben nie so etwas erzählen hören, selbst von den ältesten Ammen nicht!"— „Sie sehen wohl, mein lieber „Cicerone" (Fremdenführer) , sagte darauf Twain zu diesem, „dass Sie schlecht unterrichtet sind“. Meine Freunde und ich sind Amerikaner und wenn jemand Amerika entdeckt hätte, müssten wir es doch zuerst wissen". Und darauf das Pergament betrachtend, rief er aus: „Das soll ein Mann von dreißig Jahren geschrieben haben!
Wenn Sie nach Amerika kommen, werden wir Ihnen viel deutlicher geschriebene Schulhefte von achtjährigen Knaben zeigen, die wir aber nicht wie die Autographen (eigenhändige Niederschrift) dieses — wie nennen Sie ihn doch — Christoph Columbus öffentlich auslegen um sie den uns besuchenden Fremden zu zeigen wagen."
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Kolumbus Handschrift |
"Czernowitzer Tagblatt" 31. August 1905
Das gestörte Klavierkonzert
Einem Berliner Blatt wird eine lustige Anekdote von dem weltberühmten Pianisten Arthur Rubinstein aus Marienbad gemeldet: Rubinstein ist angekommen, wird von einer Schaar begeisterter
Anhänger umringt und bestürmt, in die Tasten zu greifen. Bösendorfer hat umsichtig dem Meister gleich zwei Konzertflügel zur Verfügung gestellt. Im Victoria-Hotel war es, wenn ich mich recht erinnere.
Rubinstein spielt, die Zuhörer schwimmen in Entzücken — da erscheint der Hotelkellner und überbringt Rubinstein eine Visitkarte. Sofort verstummen die Töne und Rubinstein macht das verdutzteste Gesicht. Die Visitenkarte trug den fein lithographierten Namen einer Dame, einer Frau L. und darunter mit Bleistift die wenigen klassischen Worte: „Ich bitte meine Nachtruhe nicht zu stören." Die Töne verstummten.
Tags darauf soll die Dame in recht trübseliger Stimmung abgereist sein, als sie erfuhr, wem sie ihre Karte geschickt hatte.
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Arthur Rubinstein |
Czernowitzer Tagblatt" 31.August 1905
Der Schah und der Spargel.
Die Europareise des Schahs von Persien erinnert den „Goulois" an eine hübsche Anekdote, die vor Jahren über den in mehr als einer Hinsicht originellen Nasr eddin, den Vater des jetzt regierenden Perserkaisers, erzählt wurde.Als Nasr eddin seine erste Reise nach Europa machte, weilte er auch einige Tage in London; bei dieser Gelegenheit lud ihn der Prinz von Wales, jetzt Eduard VIl., zu einem Galaessen ein. Unter anderen köstlichen Gerichten gab es auch Spargel. Der Schah, der dieses Gemüse noch nie gesehen hatte, saß den dicken Stangen ratlos gegenüber, da er keine Ahnung hatte, wie so etwas zu essen sei. Endlich fasste er einen Entschluß: er nahm die erste Spargelstange, biss ihr den Kopf ab und .... warf den Rest hinter sich! Große Bestürzung der ganzen Tischgesellschaft und gut gespielte Ohnmachtsanfälle etlicher Hofdamen!
Der Prinz von Wales aber blieb kühl bis ins Herz hinein: mit einem Blick überschaute er die kritische Situation und beschloss, die Regeln unter allen Umständen zu wahren, um seinen Gast aus dem Morgenland keiner Blamage auszusetzen. In aller Gemütsruhe, als wäre das die allgemein übliche Art, Spargel zu essen, biss er den Stangen gleichfalls die Köpfe ab und warf das, was übrig blieb, auf den Fußboden.
Nun mussten natürlich auch die Hofschranzen tun, wie ihr Herr und Gebieter tat. Man kann sich denken, wie erstaunt die Dienerschaft war, als sie beim Betreten des Zimmers Dutzende von Spargelstangen durch die Luft fliegen sah!
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Schah von Persien |
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