Schwarze Schafe sieht man nachts schlecht – und in einem dunklen Stall schon gar nicht. Doch das kann manchmal richtig nützlich sein.
Die Hirten auf dem weiten Feld vor Bethlehem mochten das schwarze Schaf nicht gern. Obwohl es das Einzige und somit eigentlich etwas Besonderes war. Schwarze Wolle brachte keinen guten Preis, weil man sie schlecht färben konnte. Die weißen Schafe hingegen wurden von den Hirten gehegt und gepflegt. Deren Wolle konnte man nach Belieben einfärben. Rot, gelb, blau, wie es eben gerade Mode war. Das kam gut an bei den Leuten und brachte den Hirten Geld ein. Schwarze Wolle blieb schwarz. Da war nicht viel zu machen. Und so musste sich das schwarze Schaf einiges gefallen lassen. Nicht nur die Hirten ließen es meistens links liegen oder reagierten ihre schlechte Laune an ihm ab. Auch die weißen Schafe waren nicht besonders nett zu ihm. Sie blökten schlecht über das “Schwarze”, traten es unauffällig gegen seine dünnen Beine, schubsten es vom Futtertrog oder von den Stellen mit dem fetten Gras weg und erzählten ihren Jungen, dass es die Bosheit wäre, die ein Schaf schwarz werden lässt, oder die Dummheit. So blieb es ein Einzelgänger und dazu noch ziemlich dünn.
An jenem Abend, als ihnen der Engel erschien, schliefen bereits fast alle. Was dann geschah, ist den meisten Menschen bekannt. Was nicht allen bekannt ist, das “Schwarze” war auch dabei, als die Hirten das Kind im Stall und seine Eltern besuchten und Geschenke brachten – auch weiße, weiche Wolle. Das “Schwarze” war neugierig, hatte aber Angst, die Hirten und die anderen Schafe würden es nicht nach vorne lassen. So drückte es sich zwischen Josef, dem Ochsen und dem Esel vorbei in eine Ecke des Stalls. Von dort konnte es alles genau beobachten. Vor allem das Christuskind. Und einmal blinzelte es ihm sogar zu! Das Schaf war selig!
Irgendwann wurde Maria das Getümmel der Schafe und Hirten zu bunt. Das Kind brauchte dringend Schlaf – und sie selbst vielleicht noch mehr, nach all den Strapazen. Außerdem wollten die Weisen aus dem Morgenland ja auch noch kommen. Also bat Maria kurzerhand alle Gäste, Menschen wie Schafe, nach Hause zu gehen. Sie schloss die Tür, stillte das Baby, legte es in die Krippe, kuschelte sich an Josef, löschte die Laterne aus und schlief ein. Aber das “Schwarze” hatte Maria einfach übersehen. Im Stall war es trotz Laterne ziemlich duster – in der Ecke, in der das “Schwarze” kauerte, erst recht …
Als auch Ochs und Esel leise schnarchten, pirschte sich das schwarze Schaf vorsichtig bis an die Futterkrippe heran, in der das Christuskind lag. Sachte stubste es das Baby mit seiner warmen, feuchten Nase an. Es war noch wach und schmiegte sich an seinen flauschigen Kopf. Die kleinen Hände griffen in das weiche Fell – das Schaf wagte kaum, sich zu bewegen. So hielt es das Kind mit seinem Atem und mit seiner warmen Wolle kuschelig warm bis zum Morgen.
Und weil der kleine Jesus sich auf Anhieb mit dem schwarzen Schaf so gut verstand, schlossen es auch Maria und Josef schnell ins Herz. Es durfte bleiben. Ab jetzt stand es neben Ochs und Esel im Stall.
Von da an hatte Jesus ein Herz für schwarze Schafe.
Autor unbekannt
Für diesen Beitrag hat DI. Erik Holter 5 Bilder zur Verfügung gestellt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen