"Bei allen Erinnerungen an meine Kindheit dürfen auch die
Zigeuner nicht fehlen. Diese anhänglichen Zuwanderer tauchten oft über Nacht
auf. Die Erlaubnis für ihre Lagerplätze mußte mit der Gendarmerie vereinbart
sein. In das Dorf kamen sie als Bettler,
Händler, Roßtäuscher, Wahrsager, Schirmflicker, Korbflechter, Wachszieher und
Kartenaufschlager. Oft versetzten sie leichtgläubige Leute mit ihren
Prophezeiungen jahrelang in Unruhe, bis das vorhergesagte Unglück dann doch
nicht eintraf.
Ich habe auch oft beim Kartenaufschlagen zugesehen und konnte danach selbst als Wahrsagerin auftreten. Alles was ich meiner Nachbarin
Pepi vorausgesagt habe ist zum Teil auch wirklich eingetroffen.
Wir hatten vor den Zigeunern Angst, weil es hieß Zigeuner
nehmen Kinder mit und verkaufen sie in fremde Länder. Wenn ein Kind bei denen
geboren wurde sagte man, dann wurde es in einem vorbei rinnenden Bach gebadet.
Das war so Sitte, egal ob es Winter oder Sommer war. Wenn das neugeborene Baby
das nicht überlebte und starb, dann sagten sie, es wäre sowieso für ein
Zigeunerleben zu schwach gewesen. Meist sahen Zigeuner recht arm und schmutzig
aus. Aber es gab auch Reiche in der Sippe. Manche Kinder hatten lange,
geflochtene Zöpfe in denen Münzen verborgen waren.
Wenn die Bauern hörten die Zigeuner kommen, dann galt es
sofort, alles was nicht niet- und nagelfest war, in Sicherheit zu bringen. Die
Wäsche musste von der Leine geholt werden. Obst und alle anderen leicht tragbaren
Sachen wurden sofort in den Keller gebracht. Das reisende Volk, wie sie auch
genannt wurden, kam gerne auch bei Einbruch der Dunkelheit oder tagsüber, wenn
sie vorher genau ausgekundschaftet hatten, daß alle auf dem Feld zur Arbeit
waren. Kinder hatten sie genug. Alle mußten zum Betteln herhalten. Die Zigeuner
zogen bald wieder fort, weil die Gemeinde nur für ein paar Tage die
Lagererlaubnis erteilte".Fotos aus Wikipedia |
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