"Wenn wir Kinder krank waren hatte meine Mutter für alle
Wehwehchen ein Heilmittel parat. Sie sagte immer: "Wenn es für das Vieh gut
ist, dann ist es auch für die Menschen gut."
Bei Fieber bekamen wir einen Kranz aus Krenscheiben um die
Gelenke gewickelt. Die Krenscheiben wurden ganz trocken und zogen das Fieber
heraus. Auf den Bauch legte sie uns
Leinsamen und feuchte Lehmbeutel. Zum Trinken bekamen wir Hollundersaft und Lindenblütentee.
Wir waren nicht traurig wenn wir krank waren, denn dann gab es immer besonders
gute Sachen zum Essen. Eingeweichte Semmel in Milch war meine Leibspeise. Wenn
wir uns in den Finger schnitten, war das weniger angenehm. Da wurden wir mit
Jod eingepinselt, das wie Feuer brannte.
Ein verstauchter Knöchel wurde mit essigsaurer Tonerde
umwickelt. Mutter hatte aber auch immer jede Menge Heilkräuter auf Lager. Z.B.
Rosmarin, Sauerampfer, Beifuß und Tausendguldenkraut für die Magenbeschwerden
von Vater. Rhabarber als Abführmittel und Bohnenkraut bewirkte das Gegenteil.
Brennesseltee war zum Blut reinigen und Harn treibend. Eibisch, Habichtskraut,
Spitzwegerich waren bewährte Hustenmittel. Schafgarbe und Huflattich wirkten
bei Erkältungen und Kamille bei allen Entzündungen. Bei Magenbeschwerden half
auch Kalmuswurzel. Baldrian und Pfefferminztee bekam ich bei Herzklopfen und
Angstzuständen.
Beim Zähneziehen hatte Vater eine eigene Methode. Er band
den schmerzenden Zahn an einen
starken Zwirn und das andere Ende an die Türschnalle der offenen Tür. Dann
schlug er mit Schwung die Tür zu und der Zahn war herausgerissen.
Wenn bei uns einer Masern oder Mumps hatte, dann hatten es
immer gleich alle vier Kinder. Meine zwei Brüder, meine Schwester und ich.
Einmal hatten wir alle Scharlach und lagen gemeinsam so lange in einer Kammer
bis wir wieder gesund waren. Mutter hatte auch einige Medizinbücher, die sie bei unserer Behandlung zu Rate zog.
Es war schon schlimm wenn jemand bei uns krank war, aber fast noch schlimmer war es wenn eine Kuh oder ein Schwein krank war.
Es war schon schlimm wenn jemand bei uns krank war, aber fast noch schlimmer war es wenn eine Kuh oder ein Schwein krank war.
Wenn eine Kuh kalben sollte schaute Vater immer vor dem
Schlafengehen in den Stall ob auch alles in Ordnung war. Wenn ein Kälbchen
geboren wurde durften wir Kinder nicht zusehen. Trotzdem konnten die
Erwachsenen das nicht verhindern. Wir knieten uns vor die Öffnung, bei der die
Hühner aus dem Stall ein und aus gingen nieder und spähten durch das Loch in den Stall. Dort
konnten wir sehen wie das Kälbchen aus der Mutterkuh herausgezogen wurde. An
den Beinen wurden Stricke festgebunden und dann wurde mit vereinten Kräften
gezogen. Wenn es dann da war, ganz nass, wurde es sofort mit Stroh
abgerieben damit es nicht fror. Es hat auch gleich verstanden wo man bei der
Mutterkuh die Milch saugen konnte um den Hunger zu stillen".
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