Freitag, 28. Juli 2017

Wend Graf zu Eulenburg und Hertefeld - Erinnerung an die Ferien in Hinterstoder

In seinem Buch "Ein Schloß in der Mark Brandenburg" schrieb Wend Graf zu Eulenburg und Hertefeld aus der Erinnerung seiner Jugendzeit über das Schloß Liebenberg und die Ferien im Jagdgut in Hinterstoder.
Wend Graf zu Eulenburg und Hertefeld (geb.1908, gest.1986) wuchs im Schloß Liebenberg auf und musste miterleben, wie durch die Trennung Deutschlands in Ost und West nach dem 2. Weltkrieg Liebenberg an Ostdeutschland fiel und der hunderte Jahre alte Familienbesitz für immer verloren ging. Nach der Deutschen Wiedervereinigung ging das Gut nach mehreren Zwischenbesitzern an die Deutsche Kreditbank AG. Stiftung für gesellschaftliches Engagement, die es als Veranstaltungs- und Seminarzentrum nutzt.

"Fast alle Ferien in unserer Jugendzeit verbrachten wir auf einem Jagdgut einer Tante meiner Mutter in Hinterstoder in Oberösterreich, das sie, wie wir später erfuhren, meiner Mutter zugedacht hatte. Eine aus der Jahrhundertwende stammende, ganz in Zirbelholz getäfelte Villa (Prielervilla) wurde fortan unsere zweite Heimat. Die Reise in das damals noch so stille Stodertal, das der Schriftsteller Sonnleitner um die Jahrhundertwende zum Schauplatz seiner "Höhlenkinder im heimlichen Grund" machte, war für uns jahrelang ein jedesmal wieder aufregendes Erlebnis.
Von Berlin reiste man im Schlafwagen über Passau nach Linz, wo man in die Pyhrnbahn nach Graz umsteigen mußte, mit der man nach eineinhalb Stunden die winzige Bahnstation Dirnbach-Stoder erreichte. Schon lange bevor man dort ankam, wurden unsere zahllosen Gepäckstücke im Gang vor der Tür gestapelt, da der Zug nur wenige Minuten in Dirnbach zu halten pflegte und man mit dem Ausladen der vielen Sachen immer in Zeitnot geriet.
Vor dem Bahnhof standen zwei Fahrzeuge, eine mit zwei großen Pferden bespannte Kutsche für die "Herrschaften", vom Kutscher Hutgrabner gelenkt, und ein Ochsenkarren für das Gepäck und die Dienerschaft, den der "Ochsenjunge Humpl " befehligte. Unsere Leute machten beim Anblick ihres Fahrzeugs recht verdutzte Gesichter und zogen es dann vernünftiger Weise vor, den Weg in das etwa 10 Kilometer entfernte Stodertal zu Fuß zurückzulegen.
Noch heute ist das Betreten des Tales, wenn sich der Blick hinter der engen Talschlucht am Strumboding Wasserfall plötzlich weitet und die grandiose Kette der das Tal abschließenden hohen Berge des "Totengebirges" auftaucht, immer wieder ein Erlebnis. Zwischen den waldigen Vorbergen eingebettet liegt das kleine Dorf Hinterstoder, von saftigen Wiesen umgeben, vor uns. Das alte Kirchlein, die Post und der "Gemischtwarenverschleiß" von Franz Pachleitner - ein paar Häuser noch, und schon hat man das Ende des Dorfes erreicht, biegt in einen kleinen Nebenweg ein und überquert auf einer holprigen  und wippenden Holzbrücke die Steyr, um rechts und links noch einige Bauernhäuser zu passieren, die kleine Pension "Enzian", und dann geht es aufwärts in den Wald hinein. Nach wenigen hundert Metern erscheint aber schon auf einer blühenden Bergwiese unser Ziel, das Prielerhaus, von dessen Veranda Frau Hutgrabner mit einem großen weißen Tischtuch den  Ankömmlingen entgegenwinkt und dabei das Glöcklein auf dem Dachfirst klingen läßst.
Seither hat sich hier und vor allem im einstmals stillen Stodertal so manches geändert. Aus dem unbekannten Tal ist heute ein fast weltweit bekannter Ort geworden und ein Ziel oft Tausender ski- und wanderbegeisterter Touristen, die der gewaltigen Schönheit der Natur - Gott sei Dank - bisher aber noch wenig anhaben konnten".

Liebenberg ca. um 1910


Buchumschlag


Das Stodertal

Prielervilla
    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen