Freitag, 27. Oktober 2017

Das Bergdrama 1911 am Großen Pyhrgas.

Von einem schrecklichen Bergdrama im Herbst 1911 am großen Pyhrgas, bei dem drei junge Menschen ihr Leben lassen mussten, berichtet Emmerich Grillmayr aus Spital am Pyhrn in seinem Heimatbuch.
Der große Pyhrgas, ein Hausberg von Spital, ist 2244m hoch. Der Gipfel ist nicht schwer zu ersteigen und wird daher als leichte alpine Tour gewertet.
Emmerich Grillmayr war damals, am Tag der Tragödie, am Pyhrgas und hat sie direkt miterlebt. Er schreibt als Warnung für viele leichtsinnige Touristen sehr anschaulich, wie schnell ein Berg Todesopfer fordern kann.

Eine Gruppe Ausflügler lagerte an einem schönen Herbstnachmittag  vor der Brandner - Almhütte.
"Was meinen sie, meine Damen, wollen wir zu dritt einen kleinen Abstecher auf den Hofalmsattel machen?" sagte Assessor XY zu den zwei zwanzig bis zweiundzwanzigjährigen Mädchen. "Der Weg ist bequem, nicht weit. Wir sind alle lange zurück , bevor wir uns im Heu der Hütte zum Schlafen legen müssen." "Einverstanden", lachte Minna und sah auf die Uhr. Schnell etwas zum Knabbern - und dann nichts wie los.
Vom Hofalmsattel schweifte der Blick ins oberösterreichische  Land und bot eine großartige Aussicht zu Priel und Spitzmauer im Toten Gebirge. Die drei kamen überein, daß man von weiter oben noch besser sehen könnte. Der Assessor dachte nach und er meinte: "Zwei Stunden von hier und der Gipfel des Pyhrgas wäre erreicht. Retour eine Stunde, wenn wir uns oben nicht aufhalten".
Der Gipfel schien so nahe, es war als lockte sie ein Berggeist.
Der Weg war beschwerlich. Bekleidet, nach der damaligen Mode, mit engem, langem Rock und ungenagelten Bergschuhen, war das Steigen etwas schwierig. Aber das kümmerte die jungen Leute nicht. Auf halben Weg kehrt man nicht um. Die Leute in der Hütte werden Augen machen.
Endlich waren sie oben. Ein herrlicher Ausblick und das Gefühl eine große Leistung vollbracht zu haben beflügelte sie.
Plötzlich ließ sie eine scharfe Brise frösteln. Ringsum wurde es grau und der Berg hat eine Wolkenhaube aufgesetzt. Ratlos blickten sich die drei an. "Es wird schon nicht so arg sein" tröstete der junge Mann. "Wir steigen ab und unter der Wolkengrenze wird das schönste Wetter sein". Er suchte den Rückweg, aber der bergunerfahrene Stadtmensch fand im immer dunkler werdenden Felsen nicht mehr den Weg. Der Rücken des Pyhrgas ist nicht breit und so kam es, dass er statt den Weg -  einen Wildwechsel einschlug. Der Boden wurde schlüpfrig und eines der Mädchen strauchelte. Ehe es die beiden verhindern konnten war das Mädchen über einen Abgrund verschwunden. Die Beiden suchten das abgestürzte Mädchen, umgingen die Felskuppe und fanden ihre Gefährtin ohne Lebenszeichen am Fuß des Felsens liegend.
Wilde Verzweiflung packte sie. Der Assessor fühlte plötzlich die große Verantwortung. Heraus aus dem Nebel und den Abstieg finden, waren seine ersten Gedanken. Sie betteten die Tote auf ihrem Rucksack, dann ging es abwärts. Weinend und frierend folgte das Mädchen. Die Tritte fanden kaum einen Halt. Sie tasteten sich abwärts. Es war ein Irrweg.
Plötzlich riß die Nebelwand auf. Klar zeichnete sich die kleine Waldkuppe gegenüber dem Feuerkaar ab. Felsnasen versperrten den Weg, aber nicht weit  unter ihnen winkte ein Grasband. "Hinunter - und wir sind gerettet. Eine kleine, kaum zwei Meter hohe Felswand unter ihnen trennt sie von dem Grasband. Man wollte sich abseilen. Hemd, Hosenträger und Riemen werden verknüpft und an Latschen befestigt. Diesem "rettenden Seil" vertrauten sie sich an. Sie sahen nicht die turmhohen Wände die unterhalb des Grasbandes abfielen. Sie sahen nur die grüne Waldkuppe, die sie erreichen wollten. Sie fassten das selbst gebastelte Seil, das hielt aber ihrem Gewicht nicht stand und zwei Körper sausten durch die Luft in die Tiefe. Dann war es still. - In der Hütte warteten die besorgten Eltern.

"Opfer der Berge" stand am übernächsten Tag in der "Linzer Tagespost.



     

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